Lepra

Von 
Dr. med. Fabian Sinowatz

Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Die Lepra (Aussatz) ist eine bakterielle Infektionskrankheit, deren Symptome je nach Schwere der Erkrankung variieren. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose günstig und die Lepra mit geeigneten Medikamenten heilbar. Lesen sie hier alles Wichtige zur Lepra.

Patient mit Lepra

Kurzübersicht

  • Symptome: Die Symptome richten sich nach der jeweiligen Verlaufsform der Lepra. Zu den möglichen Symptomen zählen unter anderem Hautveränderungen, Verlust der Tastempfindung und Lähmungen.
  • Prognose: Lepra ist heilbar, wenn sie richtig behandelt wird. Bleibt eine frühzeitige Behandlung jedoch aus, führt die Erkrankung möglicherweise zu fortschreitenden und dauerhaften Schäden.
  • Ursachen: Die Lepra wird durch das Bakterium Mycobacterium leprae verursacht.
  • Risikofaktoren: Lepra kommt insbesondere in tropischen und subtropischen Ländern mit hoher Bevölkerungsdichte und niedrigen Hygienestandards vor.
  • Diagnose: Die Diagnose erfolgt auf Grundlage der Krankengeschichte, einer körperlichen Untersuchung sowie spezieller Untersuchungsmethoden zum Erregernachweis.
  • Behandlung: Die Lepra wird mit einer Kombination aus verschiedenen Antibiotika behandelt.
  • Vorbeugen: Bei der Behandlung und Pflege von Leprakranken ist auf eine angemessene Basishygiene und das ordnungsgemässe Entsorgen infektiöser Materialien zu achten.

Was ist Lepra?

Lepra ist eine ansteckende bakterielle Krankheit, die auch Aussatz, Hansen-Krankheit oder Morbus Hansen genannt wird. Sie wird durch das Mycobacterium leprae hervorgerufen und kommt weltweit vor. Die Bakterien zerstören die Haut und Schleimhäute und befallen die Nervenzellen.

Die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) beträgt in manchen Fällen bis zu 20 Jahre, im Durchschnitt aber drei bis sieben Jahre.

Zu den von Lepra besonders betroffenen Ländern zählen Indien, Brasilien und Indonesien. Zu den weiteren betroffenen Staaten gehören unter anderem Nepal, die Republik Kongo, Mozambique und Tansania.

Allgemein gehen die Erkrankungszahlen in Afrika, Amerika, Südostasien und am südöstlichen Mittelmeer seit dem Jahr 2003 zurück. Dennoch gibt es Lepra noch und jedes Jahr erkranken weltweit Tausende von Menschen neu daran – viele davon sind Kinder.

So wurden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2019 beispielsweise 202.256 Neuinfektionen gemeldet, darunter befanden sich 14.893 Kinder unter 14 Jahren.

In Deutschland sind in den letzten Jahren allerdings nur vereinzelt Fälle von eingeschleppter Lepra registriert worden. Im Jahr 2019 belief sich ihre Anzahl auf einen gemeldeten Lepra-Fall. Im Jahr 2018 wurde den zuständigen Behörden hingegen kein Fall gemeldet.

Lepra im Mittelalter

Lepraerkrankungen waren im Mittelalter auch in Europa sehr weit verbreitet. Die Krankheit galt als „Strafe Gottes“: Der ursprüngliche Name „Aussatz“ stammt vermutlich daher, dass leprakranke Personen ausserhalb menschlicher Siedlungen (ausgesetzt) leben mussten.

Was sind die Symptome von Lepra?

Die Lepra betrifft vorrangig die Haut und das Nervensystem. Sie befällt aber unter Umständen auch die Augen, die oberen Atemwege, das Knochenmark oder die Hoden. Es gibt verschiedene Verlaufsformen der Lepra, welche sich durch unterschiedliche Symptome äussern.

Mediziner unterscheiden folgende Verlaufsformen der Lepra:

Die Lepra indeterminata ist eine sehr leichte Verlaufsform der Krankheit, bei der es zu vereinzelten, schwächer pigmentierten (hypopigmentierten) Hautflecken kommt. In 75 Prozent der Fälle heilen diese spontan aus.

Die tuberkuloide Lepra oder Nervenlepra ist die leichtere Verlaufsform der Krankheit. Hautveränderungen treten nur vereinzelt und scharf begrenzt auf. Die Areale sind schwächer pigmentiert (hypopigmentiert) oder gerötet und jucken nicht. Bei dieser Verlaufsform stehen die Folgen der Nervenschäden als typische Lepra-Symptome im Vordergrund.

Die Tastempfindung (Temperatur-, Berührungs- und Schmerzempfindung) geht verloren. Da die Betroffenen Schmerzen nicht frühzeitig genug spüren, verletzen sie sich häufig. Die Muskeln verkümmern, es kommt zu Lähmungen und teilweise zu schweren Deformationen. Die Hautveränderungen heilen möglicherweise von selbst ab.

Die lepromatöse Lepra ist eine schwere Verlaufsform der Infektionskrankheit, die bei schlechter Immunabwehr auftritt. Auf der Haut tauchen zahlreiche geschwulstartige Knoten auf, die dem Gesicht das Aussehen eines Löwenkopfes verleihen („Facies leontina“).

Auch die Nasen- und Mundschleimhäute sowie die Augen sind möglicherweise betroffen. Häufig kommt es zu Verstümmelungen an Gesicht, Händen, Füssen und Rücken. Die Gefühlsverluste der befallenen Gebiete treten erst im späteren Krankheitsverlauf auf. Im Endstadium breitet sich die lepromatöse Lepra auf den gesamten Organismus aus.

Die sogenannte Borderline-Verlaufsformen der Lepra sind Mischformen, die verschiedene Symptome der anderen Verlaufsformen vereinen.

Ist Lepra heilbar?

Lepra ist eine chronische Erkrankung der Haut, Schleimhäute und Nervenzellen. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose günstig.

Unbehandelt führt sie jedoch unter Umständen zu fortschreitenden und dauerhaften Schäden an Haut, Augen, Gliedmassen und Nerven.

Bereits eingetretene Schädigungen wie Verstümmelungen oder Lähmungen lassen sich nicht rückgängig machen. Weltweit sind etwa zwei bis drei Millionen Menschen durch Lepra (Aussatz) dauerhaft beeinträchtigt.

Lepra: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursache der Lepra ist das Bakterium Mycobacterium leprae. Das Bakterium wurde im Jahr 1873 von dem norwegischen Arzt Armauer Hansen als Ursache der Infektionskrankheit entdeckt. Das Mycobacterium leprae ist ein wenig aggressives Bakterium, welches, genau wie der Tuberkuloseerreger, in den infizierten Wirtszellen lebt.

Dies hat zur Folge, dass das Immunsystem den Erreger nur direkt mit Abwehrzellen („zelluläre Abwehr“) bekämpft und eine Abwehrreaktion über Antikörper („humorale Abwehr“) fast nicht stattfindet. Nur bei massiver und länger andauernder Exposition gegenüber dem Bakterium kommt es zum Aussatz.

Lepra tritt vor allem in tropischen und subtropischen Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte und niedrigem hygienischem Standard auf.

Wie die Übertragung von Lepra genau erfolgt, ist noch nicht abschliessend geklärt. Eine wichtige Rolle scheint jedoch ein langfristiger, enger Kontakt zu unbehandelten Leprakranken zu spielen. Die Infizierten scheiden grössere Mengen des Lepra-Erregers mit dem Nasensekret oder über die entstehenden Hautgeschwüre aus.

Die Bakterien werden dann vermutlich über kleine Hautwunden oder die Atemwege als Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Übertragung des Erregers während der Schwangerschaft auf das ungeborene Kind ist möglich, wenn die Mutter an Lepra erkrankt ist.

Im Gegensatz zur weitverbreiteten Ansicht ist der Aussatz keine hochansteckende Krankheit! Eine Isolierung von Menschen mit Leprakrankheit ist daher im Regelfall nicht notwendig.

Untersuchungen und Diagnose

Ein Institut für Infektions- und Tropenmedizin ist die richtige Anlaufstelle bei Verdacht auf Lepra. Für die Diagnose ist die Krankengeschichte (Anamnese) sehr wichtig.

Entscheidend ist die Frage nach einem Aufenthalt in Lepra-Risikogebieten in den vergangenen Jahren, da die Leprakrankheit in den Industrieländern ausgerottet ist. Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt auf typische Hautveränderungen, Nervenveränderungen und Gefühlsstörungen.

Weitere Untersuchungen

Eine Kultivierung (Anzucht) des Lepra-Erregers ist äusserst schwierig und wird daher nicht durchgeführt. Das Bakterium lässt sich allerdings in Abstrichen der Haut oder Schleimhaut beziehungsweise in Gewebeproben (Biopsien) unter dem Mikroskop nach spezieller Färbung nachweisen (Nachweis „säurefester Stäbchen“).

Eine weitere Möglichkeit zur Diagnose sind sogenannte molekularbiologische Nachweisverfahren, zum Beispiel der Nachweis des Erbguts von Mycobacterium leprae durch eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Damit ist es möglich, die Leprakrankheit im Frühstadium zu diagnostizieren. Das Verfahren dient daneben auch der Absicherung der Diagnose.

Der Lepromintest (Mitsuda-Reaktion) ist ein Antikörpersuchtest, der die Abwehrlage des Körpers untersucht. Dieser Test ermöglicht es, zwischen der tuberkuloiden und der lepromatösen Lepra zu unterscheiden.

Lepra: Behandlung

Die Therapie der Lepra hängt von der Menge der Erreger ab. Es wird eine Kombination verschiedener Antibiotika eingesetzt. Bei tuberkuloider Lepra sind es zumeist die Wirkstoffe Dapson und Rifampicin, bei der lepromatösen Lepra zusätzlich Clofazimin.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Therapie über sechs Monate bei sogenannter erregerarmer Lepra (). Eine erregerreiche Lepra () wird dagegen über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten mit entsprechenden Antibiotika behandelt.

In Einzelfällen wird die Behandlung noch länger fortgesetzt. Gegebenenfalls ist es dann notwendig, auf Ersatzmedikamente („Reserve-Leprostatika“) zurückzugreifen.

Um den Aussatz wirklich vollständig zu heilen, sind oft mehrere Jahre Therapie notwendig. Eine unterstützende Bewegungstherapie hilft, Lähmungen durch die Lepra zu verhindern.

Zusätzlich ist eine Wundbehandlung wichtig. Wenn die Hautveränderungen der Lepra nach erfolgreicher Therapie abgeheilt sind, werden Rehabilitationsmassnahmen empfohlen. Ihr behandelnder Arzt wird Sie dahingehend beraten.

Vorbeugung

Um eine Übertragung von Mycobacterium leprae zu vermeiden, ist bei der Behandlung wie auch bei der Pflege von Leprapatienten auf eine Basishygiene sowie die ordnungsgemässe Entsorgung infektiöser Materialien (zum Beispiel Nasen- und Wundsekreten) zu achten. Für Personen, die mit an multibazillärer Lepra erkrankten Patienten in Kontakt gekommen sind, wird empfohlen, diese über mindestens fünf Jahre auf klinische Symptome zu kontrollieren.

Demnach sind engere Kontaktpersonen möglichst alle sechs Monate auf eine Infektion zu testen. Diese Untersuchungsintervalle sind zu verkürzen, wenn bei diesen Personen zusätzliche Risikofaktoren bestehen wie zum Beispiel eine Immunschwäche, die durch Medikamente oder Infektionen verursacht ist.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Andreas Ploch
Autor:
Dr. med.  Fabian Sinowatz

Dr. med. Fabian Sinowatz ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

ICD-Codes:
B92A30
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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