Hypoplastisches Linksherzsyndrom

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Das hypoplastische Linksherzsyndrom (HLHS) ist ein schwerer angeborener Herzfehler. Die linke Herzhälfte und die Hauptschlagader sind unterentwickelt (= hypoplastisch) beziehungsweise weisen Defekte auf. Die Folge ist eine Herzschwäche - das Herz kann nicht genug Blut durch den Körper pumpen. Werden betroffene Babys nicht schnell behandelt, sterben sie. Lesen Sie hier mehr über das hypoplastische Linksherzsyndrom!

Untersuchung eines Babys auf HLHS

Kurzübersicht

  • Was ist ein hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)? Ein schwerer angeborener Herzfehler, bei dem die linke Herzkammer und der davon abgehende Teil der Hauptschlagader unterentwickelt sind. Ausserdem sind die Herzklappen der linken Herzhälfte verengt oder verschlossen. Manchmal begleiten noch weitere Defekte ein hypoplastisches Linksherzsyndrom.
  • Ursachen: mehrere Veränderungen (Mutationen) in verschiedenen Genen
  • Auswirkungen: Herzschwäche (Herzinsuffizienz), durch die zu wenig Blut in den Körper gepumpt wird. Unbehandelt endet das HLHS innerhalb kurzer Zeit nach der Geburt tödlich.
  • Symptome: z.B. schnelle Atmung, Atemnot, blass-kühle Haut, schwacher Puls, bläulich verfärbte Haut und Schleimhäute
  • Diagnose: mittels Herzultraschall; selten ist auch eine Herzkatheteruntersuchung nötig
  • Behandlung: Medikamente zur Überbrückung der Zeit, bis eine mehrstufige Operation oder eine Herztransplantation ein längerfristiges Überleben ermöglichen können.

Was ist ein hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)?

Ein hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS) ist ein schwerer angeborener Herzfehler. Er betrifft vor allem die linke Herzhälfte und die davon abgehende Hauptschlagader (Aorta). Das HLHS verursacht eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz), deren Folgen ohne rasche Behandlung zum Tode führen.

Ist wie beim HLHS nur eine Herzkammer (Ventrikel) voll ausgebildet, sprechen Ärzte auch von einem Einkammerherz oder univentrikulären Herz.

Im Detail betrachtet ist ein hypoplastisches Linksherzsyndrom durch eine Kombination folgender Fehlbildungen gekennzeichnet:

Unterentwicklung der linken Herzkammer: Die linke Herzkammer ist stark unterentwickelt (hypoplastisch), also sehr klein. Sie ist dadurch kaum oder nicht in der Lage, ihre Aufgabe zu erfüllen - nämlich Blut in die abgehende Hauptschlagader (Aorta) und damit weiter in den Körper (Bauchorgane, Arme, Beine etc.) zu pumpen.

Unterentwicklung der Aorta ascendens: Die Aorta ascendens ("aufsteigende" Aorta) ist der von der linken Herzkammer abgehende erste Abschnitt der Hauptschlagader (Aorta). Sie ist bei HLHS ebenfalls nicht richtig ausgebildet.

Unterentwicklung des Isthmus aortae: Der Isthmus aortae ist eine natürliche Engstelle in der Aorta am Übergang zwischen Aortenbogen (zweiter Abschnitt der Aorta) und der Aorta descendens ("absteigende" Aorta; dritter Abschnitt der Aorta).

Hochgradige Verengung (Stenose) bzw. Verschluss (Atresie) von Herzklappen: Betroffen sind die Mitralklappe (zwischen linkem Vorhof und linker Kammer) und die Aortenklappe (zwischen linker Kammer und Aorta). Je nach Art der Herzklappenfehler gibt es vier Subgruppen eines hypoplastischen Linksherzsyndroms, etwa MA/AoA (Mitral- und Aortenklappenatresie) oder MS/AoA (Mitralklappenstenose und Aortenklappenatresie)

Manchmal geht ein hypoplastisches Linksherzsyndrom mit weiteren Fehlbildungen des Herzens und der Gefässe einher, wie etwa einem Ventrikelseptumdefekt: Bei dieser Art von Herzfehler ist die Scheidewand zwischen den beiden Herzkammern nicht vollständig verschlossen. Oder es gibt zusätzlich Fehlbildungen der Herzkranzgefässe. Auch ausserhalb des Herzens haben manche HLHS-Kinder weitere Anomalien, etwa eine nicht durchgängige Speiseröhre oder einen unterentwickelten Zwölffingerdarm (Ösophagus- bzw. Duodenalatresie).

Ein hypoplastisches Linksherzsyndrom tritt in bis zu zehn Prozent der Fälle im Rahmen von genetischen Syndromen wie Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder Turner-Syndrom auf.

Hypoplastisches Linksherzsyndrom: Häufigkeit

Ein hypoplastisches Linksherzsyndrom ist selten: Es findet sich bei etwa ein bis drei von 10.000 lebend geborenen Kindern. Knaben sind häufiger betroffen als Mädchen.

Von allen angeborenen Herzfehlern entfallen etwa ein bis zwei Prozent auf das hypoplastische Linksherzsyndrom. Allerdings ist es eine der häufigsten Ursachen von Herzschwäche (Herzinsuffizienz) bei Neugeborenen. Zudem ist das HLHS die häufigste herzbedingte Todesursache bei Babys in der ersten Lebenswoche.

Was passiert beim HLHS?

Ein hypoplastisches Linksherzsyndrom hat ernste Folgen: Die Unterentwicklung und Fehlbildungen der linken Herzhälfte machen diese mehr oder weniger funktionsunfähig. Die rechte Herzhälfte muss also deren Aufgabe übernehmen: das Blut in den Körperkreislauf pumpen. Problemlos möglich ist dies nur bei Kinder bis kurz nach der Geburt, weil bei ihnen "Kurzschlüsse" im Blutkreislauf bestehen:

Ductus arteriosus und Foramen ovale

Der Ductus arteriosus ist eine beim Ungeborenen bestehende direkte Gefässverbindung zwischen der Lungenschlagader (entspringt der rechten Herzkammer und führt in den Lungenkreislauf) und der Aorta - genauer gesagt der "absteigenden" Aorta (Aorta descendens), die in den Körperkreislauf führt. Sie ist wichtig für den Blutkreislauf des Fötus:

Die kindliche Lunge muss und kann im Mutterleib noch nicht ihre Funktion erfüllen (also das Blut mit Sauerstoff beladen). Stattdessen liefert die Mutter dem Fötus mit Sauerstoff angereichertes Blut. Es gelangt über die Nabelschnur in die untere Hohlvene des Kindes und weiter in den rechten Vorhof. Von dort fliesst es über die rechte Herzkammer in die Lungenschlagader. Hier wird nur ein kleiner Teil des Blutes in die noch "stillgelegte" Lunge geleitet. Stattdessen wird der grösste Teil über den Ductus arteriosus direkt in die Hauptschlagader (Aorta) und damit weiter in den Körperkreislauf transportiert.

Auch über das Foramen ovale ist eine Umgehung der Lunge, die erst nach der Geburt ihre Arbeit aufnimmt, möglich: Es handelt sich dabei um eine natürliche kleine Öffnung in der Vorhofscheidewand beim Fötus (Ungeborenes ab der 9. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt). Über diese Öffnung kann ein Teil des sauerstoffreichen Nabelschnurblutes direkt aus dem rechten in den linken Vorhof fliessen und so dem Körperkreislauf zugeführt werden.

Nach der Geburt verschwinden die "Kurzschlüsse"

In den ersten Tagen nach der Geburt schliesst sich der Ductus arteriosus, und der Lungenkreislauf wird ausgebaut: Das aus der rechten Herzkammer in die Lungenschlagader strömende Blut gelangt nun vollständig in die Lunge, wo es über die eingeatmete Luft mit Sauerstoff beladen wird. Es kehrt dann über die Lungenvenen zurück zum Herzen, und zwar in die linke Herzhälfte, die es dann in den Körperkreislauf pumpt - zumindest bei Babys ohne HLHS.

Auch das Foramen ovale schliesst sich normalerweise kurz nach der Geburt von allein. Manchmal bleibt es aber auch teilweise oder ganz bestehen (offenes Foramen ovale).

HLHS: Nach der Geburt “Kurzschlüsse“ überlebenswichtig

Ein offener Ductus arteriosus und ein offenes Formen ovale sichern das Überleben der Neugeborenen mit HLHS: Mit Sauerstoff angereichertes Blut, das aus der nun entfalteten Lunge stammt und in den linken Vorhof fliesst, kann über das offene Foramen ovale in den rechten Herzvorhof gelangen. Dort mischt es sich mit dem sauerstoffarmen Blut aus dem Körper.

Das Herz pumpt dieses „Mischblut“ weiter über die rechte Herzkammer in die Lungenschlager. Davon abgehend fliesst ein Teil des Blutes über den noch offenen Ductus arteriosus in den Körperkreislauf und erhält so die Versorgung der Organe und übrigen Gewebe aufrecht.

Ein Verschluss des Ductus arteriosus kurz nach der Geburt hat folglich dramatische Folgen, wenn das hypoplastische Linksherzsyndrom vorliegt. Die unterentwickelte linke Herzkammer kann kaum oder gar nicht den Körperkreislauf aufrechterhalten.

Durch den Verschluss des Foramen ovale staut sich zudem das Blut im linken Vorhof zurück in die Lunge, weil es nun nicht mehr in den rechten Vorhof abfliessen kann. Die rechte Herzkammer pumpt jedoch weiter Blut in die Lunge. Das Blutvolumen in der Lunge nimmt rasch zu und die Atmung verschlechtert sich zusehends.

Hypoplastisches Linksherzsyndrom: Symptome

Ein hypoplastisches Linksherzsyndrom macht sich mit Symptomen bemerkbar, sobald sich der Ductus arteriosus nach der Geburt zu schliessen beginnt (HLHS-Kinder erscheinen daher unmittelbar nach Entbindung meist noch gesund). Betroffene Babys entwickeln rasch Anzeichen eines kardiogenen Schocks (= Schock, der seinen Ursprung im Herz hat):

  • schnelle Atmung
  • Atemnot
  • schwacher Puls
  • Blässe
  • bläuliche Verfärbung von Haut und Schleimhäuten (Zyanose)
  • niedrige Körpertemperatur (Hypothermie)
  • stoffwechselbedingte Übersäuerung (metabolische Azidose)
  • Teilnahmslosigkeit (Lethargie)
  • verringertes oder ausbleibendes Wasserlassen (Oligurie bzw. Anurie) - also kaum nasse Windeln

Durch die Unterentwicklungen und Fehlbildungen der linken Herzhälfte und der Aorta landet zu wenig sauerstoffreiches Blut im Körperkreislauf. Zudem nimmt die Lungendurchblutung durch verschiedene Mechanismen immer weiter zu. Das belastet die Atmung enorm.

Wenn sich die Kreislaufsituation weiter verschlechtert, drohen Herzinfarkt und Hirninfarkt (Schlaganfall durch Minderdurchblutung). Auch Schäden an anderen Organen (wie Leber, Darm) können aufgrund der Unterversorgung mit Blut entstehen.

Wird der Ductus arteriosus nicht sofort wieder eröffnet, sodass die rechte Herzhälfte über diesen "Kurzschluss" zumindest vorerst weiter Blut in den Körperkreislauf pumpen kann, stirbt das Baby an einem Herz-Kreislauf-Versagen!

Wenn ein Neugeborenes Symptome, wie oben beschrieben zeigt, ergibt sich der Verdacht auf ein hypoplastisches Linksherzsyndrom. Das gilt besonders dann, wenn sich nach Sauerstoffgabe die stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes (metabolische Azidose) verschlimmert - ein häufiges und charakteristisches Anzeichen für HLHS. Manchmal werden die Beschwerden anfänglich auch als „Anpassungsstörung“ fehlgedeutet. Wenn Sie sich Sorgen um Ihr Baby machen, sprechen Sie am besten erneut mit dem zuständigen Kinderarzt.

Hypoplastisches Linksherzsyndrom: Diagnose

Nach jeder Geburt hören Kinderärzte unter anderem das Herz ab und messen die Sauerstoffsättigung im Blut (Pulsoxymetrie). Diese Untersuchungen sind beim HLHS zunächst jedoch oft unauffällig.

Sicher nachweisen lässt sich ein hypoplastisches Linksherzsyndrom anhand einer Herzultraschall-Untersuchung (Echokardiografie). Mit ihrer Hilfe kann der Arzt beurteilen, wie ausgeprägt die Unterentwicklung und die Fehlbildungen der linken Herzhälfte und der Aorta sind und welcher Subtyp des HLHS vorliegt. Nur selten ist für die Diagnose auch eine Untersuchung mittels Herzkatheter notwendig (mehr zu diesem Verfahren lesen Sie hier).

Weitere Untersuchungen liefern Hinweise auf die Auswirkungen und eventuelle Folgeschäden des hypoplastischen Linksherzsyndroms. Beispielsweise zeigen verschiedene Blutwerte an, wie ausgeprägt die Stoffwechselentgleisung (Übersäuerung) ist. Die beim hypoplastischen Linksherzsyndrom meist bestehende Vergrösserung des Herzmuskels (Kardiomegalie) kann man auf Röntgenbildern des Brustkorbs (Röntgen-Thorax) erkennen - ebenso wie eine verstärkte Lungengefässzeichnung. Eventuell zeigt sich im Röntgen auch eine Flüssigkeitsansammlung in der Lunge (Lungenödem).

Bei den meisten betroffenen Kindern wird das hypoplastische Linksherzsyndrom bereits im Mutterleib entdeckt - bei einer der Ultraschalluntersuchungen, wie sie in der Schwangerschaft vorgesehen sind, oder einer Herzultraschalluntersuchung des Fötus. Sofort nach der Geburt leiten Ärzte dann die Behandlung des HLHS ein.

Wie wird ein hypoplastisches Linksherzsyndrom behandelt?

Babys mit hypoplastischem Linksherzsyndrom verlegen Ärzte sofort auf eine Neugeborenenintensivstation oder eine Intensivstation für Kinder mit Herzerkrankungen. Dort kann man sie nicht nur kontinuierlich überwachen, sondern auch so weit stabilisieren, bis eine Operation möglich ist.

Bis dahin muss man vor allem den Ductus arteriosus offen halten: Dazu bekommt das Baby eine Infusion mit Prostaglandin E1 (PEG1) verabreicht. Dieser Wirkstoff kann verhindern, dass sich die Kurzschlussverbindung zwischen Lungen- und Hauptschlagader schliesst beziehungsweise kann den Kurzschluss wieder vollständig öffnen.

Haben Ärzte den Herzfehler bereits im Mutterleib festgestellt, bekommt das Neugeborene sofort nach seiner Geburt die Prostaglandin-Infusion.

Darüber hinaus werden Babys mit HLHS je nach Bedarf stabilisiert und behandelt. Schwer kranke Babys müssen unter Umständen maschinell beatmet werden, um die Sauerstoffversorgung des kleinen Körpers sicherzustellen. Manchmal braucht ein HLHS-Baby auch Medikamente zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Funktion.

Dreistufiges Operationsverfahren

Für das weitere Überleben von Babys mit hypoplastischem Linksherzsyndrom empfehlen Ärzte in der Regel ein mehrstufiges Operationsverfahren: In drei Eingriffen werden Herz und herznahe Gefässe (wie Aorta, Lungenschlagader) "umgebaut". Dadurch kann die rechte Herzkammer künftig die Funktion der unterentwickelten linken Kammer übernehmen: Sie pumpt sauerstoffreiches Blut aus den Lungen in den Körperkreislauf.

Das von den Organen zurückfliessende „verbrauchte“, sauerstoffarme Blut wiederum fliesst über eine Umleitung ganz ohne Pumpunterstützung des Herzens direkt in die Lungen. Nach den drei Eingriffen funktionieren Lungen- und Körperblutkreislauf praktisch voneinander getrennt mit nur einer Herzkammer als „Motor“ (Fontan-Kreislauf).

Der Zeitplan des dreistufigen Operationsverfahrens:

  • 1. Stufe (Norwood-Verfahren/Norwood-Operation I, alternativ: Hybrid-Therapie): in der ersten Lebenswoche
  • 2. Stufe (bidirektionales Glenn- oder Hemi-Fontan-Verfahren, auch Norwood-Operation II genannt): im Alter von drei bis sechs Monaten
  • 3. Stufe (Fontan-Verfahren, auch Norwood-OP III): im Alter von 24 bis 36 Monaten

Herztransplantation

In besonders schweren Fällen ist eine Herztransplantation manchmal die bessere Therapiewahl für ein hypoplastisches Linksherzsyndrom als der dreistufige Herz- und Gefässumbau. Bis ein geeignetes Spenderherz verfügbar ist, halten Ärzte das Baby weiterhin mit Prostaglandin-Infusionen (und anderen notwendigen Massnahmen) am Leben. Leider gelingt das nicht immer, weil das Angebot an Spenderherzen begrenzt ist. So sterben etwa 20 Prozent der Babys mit HLHS während der Wartezeit auf ein Transplantat.

Manche Kinder mit einem Einkammer-Herz entwickeln auch nach einer Operation im Laufe der Zeit eine ausgeprägte Herzschwäche. In diesen Fällen ist dann oft ebenfalls eine Herztransplantation notwendig.

Leben mit HLHS

Ein hypoplastisches Linksherz erfordert von manchen Betroffenen, dauerhaft gerinnungshemmende Medikamente einzunehmen, damit sich keine Blutgerinnsel bilden. Viele Kinder brauchen auch eines oder mehrere Medikamente zur Unterstützung der Herzfunktion.

Vor einem Zahnarztbesuch sowie bestimmten Operationen (z.B. im Bereich der Atemwege) müssen manche Kinder mit HLHS Antibiotika einnehmen. Das soll einer bakteriellen Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) vorbeugen, wie sie als Folge solcher Eingriffe auftreten kann.

Kinder, denen ein Spenderherz transplantiert wurde, müssen lebenslang Immunsuppressiva einnehmen - also Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, so dass es das fremde Organ nicht abstösst. Als Nebenwirkung sind die Betroffenen aber anfälliger für Infektionen. Ausserdem verursachen die Immunsuppressiva bei vielen Kindern innerhalb der ersten fünf Jahre krankhafte Veränderungen an den herzversorgenden Gefässen (Herzkranzgefässen). Dann wird eine neue Herztransplantation notwendig.

HLHS: Komplikationen

Manche Kinder bekommen Herzrhythmusstörungen. Schlägt das Herz zu langsam, kann ein Herzschrittmacher notwendig sein. Ein operiertes HLHS-Herz kann aber auch sehr schnell schlagen. In diesen Fällen helfen ebenfalls Medikamente. Möglicherweise veröden Ärzte eine gewisse Herzmuskelstelle (Ablation), damit sich die elektrischen Impulse wieder regelhaft ausbreiten.

Eine mögliche Folge des HLHS ist - auch nach einer erfolgreiche Operation - ein schwächer werdendes Einkammerherz. Dagegen können bei leichten Formen Medikamente wirken. Manchmal ist jedoch eine Herztransplantation nötig.

Nach einer HLHS-OP ändern sich die Druckverhältnisse im Blutkreislauf. Beispielsweise ist der Druck in den Hohlvenen erhöht. Infolgedessen treten Eiweisse aus dem Blut etwa in den Darm aus, wo sie Durchfälle verursachen (Eiweissverlust-Syndrom/-Enteropathie). Kinder mit einem hypoplastischen Linksherzsyndrom können diese Komplikation mit zunehmendem Alter entwickeln. Dadurch tritt der Eiweissverlust bei manchen erst im Jugendalter auf.

Auch die Lunge, genauer die Bronchien können von einem derartigen Geschehen betroffen sein (Bronchitis fibroplastica). Betroffene Kinder erleiden durch die ausgetretene Eiweiss- und Fibrin-haltige Flüssigkeit starke Hustenanfälle und entwickeln teils schwere Atemprobleme. Die Beschwerden Ärzte versuchen dann durch verschieden Untersuchungen und Massnahmen die Beschwerden zu lindern. Eine eiweissreiche Ernährung kann hilfreich beziehungsweise notwendig sein, wenn zu viel Eiweiss verloren geht.

Bei einem hypoplastischen Linksherzsyndrom bestehen oft Entwicklungsstörungen. Deshalb ist es wichtig, dass die Kinder dauerhaft von spezialisierten Kinderärzten betreut werden und eine gezielte Frühförderung erhalten.

Lebensqualität von Kindern mit HLHS

Die allgemeine Lebensqualität unterscheidet sich von Fall zu Fall. Manche HLHS-Kinder können nahezu normal leben (Spielen, Kindergarten, Schule, leichte sportliche Betätigung). Andere haben immer wieder teils schwere Leistungseinbussen. Die körperliche Leistungsfähigkeit bei Menschen mit einem hypoplastischen Linksherzsyndrom ist aber für gewöhnlich generell eingeschränkt im Vergleich zu gesunden.

HLHS: Lebenserwartung

Verlauf und Prognose bei hypoplastischem Linksherzsyndrom hängen wesentlich von Art und Schwere der Herzfehler sowie dem Zeitpunkt der Behandlung ab. Das HLHS ist aber auf jeden Fall lebensbedrohlich: Kommt ein Baby mit HLHS zur Welt, hängt sein unmittelbares Überleben davon ab, dass der Ductus arteriosus medikamentös offen gehalten oder wieder eröffnet wird, bis das Kind operiert wird (oder ein neues Herz bekommt). Unbehandelt stirbt es innerhalb weniger Tage bis Wochen.

Wie bei einem operierten hypoplastischen Linksherzsyndrom die Lebenserwartung und langfristige Prognose aussehen, lässt sich nicht genau vorhersagen. Verschiedenen Studien zufolge leben nach fünf Jahren noch 50 bis 80 Prozent der betroffenen Kinder. Die 10-Jahres-Überlebensrate wird mit etwa 50 bis 70 Prozent angegeben.

Die 5-Jahres-Überlebensrate nach einer Herztransplantation ähnelt der nach dem mehrstufigen Operationsverfahren.

Ein Grossteil der Kinder mit HLHS kann heute dank verbesserter Therapien wahrscheinlich das Erwachsenenalter erreichen. Tritt ein hypoplastisches Linksherzsyndrom im Rahmen von genetischen Syndrom (wie Trisomie 21, Turner-Syndrom) oder zusammen mit anderen Fehlbildungen auf, verschlechtert sich allerdings die Prognose.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
Q23
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Bundesverband Herzkranke Kinder e.V.: "Leitfaden - HLHS und das univentrikuläre Herz" (Stand: 2017)
  • Deutsches Herzzentrum Berlin: "Der Fontan-Kreislauf", unter: www.dhzb.de (Abruf: 16.04.2021)
  • Deximed: "Hypoplastisches Linksherzsyndrom" (Stand: 2018), unter: www.deximed.de (Abruf: 12.04.2021)
  • Haas, N. A. et al.: Kinderkardiologie, Thieme Verlag, 8. Auflage, 2018
  • Kainer, F.: Facharzt Geburtsmedizin, Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 2015
  • Kinderherzzentrum Wien, Medizinische Universität Wien: "Hypoplastisches Linksherz (HLHS)", unter: www.meduniwien.de (Abruf: 12.04.2021)
  • Kramer, H.H.: "Das hypoplastischeLinksherzsyndrom (HLHS) - Leben mit nur einer Herzkammer", in: herzblatt Sonderdruck, Deutsche Herzstiftung, November 2013
  • Leitlinie "Hypoplastisches Linksherzsyndrom" der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (Stand: 2013)
  • OrphaNet: "Hypoplastisches Linksherzsyndrom", unter: www.orpha.net (Abruf: 16.04.2021)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch, unter: www.pschyrembel.de (Abruf: 12.04.2021)
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