Meningeom

Von , Ärztin
und , Biologin und Medizinredakteurin
Dr. med. R. Schwarz

Dr. Schwarz studierte Medizin in Würzburg, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Nach sehr vielseitigen Aufgaben während der medizinischen praktischen Ausbildung (PJ) u.a. in der Inneren Medizin und Chirurgie ist sie nun als Fachärztin für Radiologie tätig.

Dr. Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

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Das Meningeom ist ein meistens gutartiger Tumor der Hirnhaut. Er wächst langsam und verursacht oft erst spät Symptome wie Krampfanfälle oder Kopfschmerzen. Die Geschwulst bildet sich vor allem bei Frauen im Alter von etwa 50 Jahren. Der Tumor ist mithilfe einer Operation und Strahlentherapie gut behandelbar, kehrt jedoch in vielen Fällen nach einigen Jahren zurück. Hier lesen Sie alles Wichtige über das Meningeom.

Gehirntumor Meningeom

Kurzübersicht

  • Prognose: Gutartige Meningeome sind meist operabel und haben eine gute Prognose. Diese verschlechtert sich mit dem Schweregrad. Häufig bildet sich der Tumor erneut aus (Rezidiv).
  • Symptome: Längere Zeit kaum Beschwerden, später Müdigkeit, Kopfschmerzen, neurologische Störungen wie Lähmungen der Glieder, Seh-, Sprach- und Riechstörungen, Krampfanfälle, psychische Veränderungen und Verhaltensauffälligkeiten
  • Ursachen: Auslöser sind noch nicht vollständig geklärt. Strahleneinwirkungen und Erbkrankheiten wie Neurofibromatose Typ 2 gelten als Risikofaktoren.
  • Diagnose: Körperliche und neurologische Untersuchung, Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT), Röntgenuntersuchung (Angiografie)
  • Behandlung: Überwachung mittels MRT und CT, Operation, Strahlentherapie oder Radiochirurgie

Was ist ein Meningeom?

Meningeome sind Tumoren der weichen Hirnhaut (Pia mater). Mit einem Anteil von ungefähr 25 Prozent zählen sie zu den häufigsten Neubildungen im zentralen Nervensystem. An einem Meningeom erkranken meistens Erwachsene um das fünfte Lebensjahrzehnt. Nur zwei Prozent dieser Tumoren kommen bei Kindern und Jugendlichen vor. Frauen sind bei dieser Form der Hirntumoren doppelt so oft betroffen wie Männer.

Etwa 90 Prozent der Meningeome sind gutartig und wachsen langsam über mehrere Jahre hinweg. Nur selten ist ein Meningeom bösartig und wächst schneller. Der Tumor grenzt sich in der Regel gut von den benachbarten Hirnstrukturen ab, wächst knotig oder flächig und meist nicht in andere Gewebe ein — er wirkt verdrängend beziehungsweise raumfordernd. In manchen Fällen verkalkt er auch. Oft ist der Schädelknochen über dem Tumor verdickt.

In über 90 Prozent der Fälle wächst ein Meningeom im Schädel (intrakraniell). Dort findet sich diese Tumor-Form meistens an der Hirnhaut, die beide Hirnhälften voneinander trennt. Manchmal bildet es sich gleich an mehreren Stellen, seltener in der Keilbeinhöhle. Ein Meningeom entsteht mitunter auch an der Hirnhaut des Rückenmarks im Wirbelsäulenkanal. Je nachdem, wo sich der Tumor ansiedelt, ruft er unterschiedliche Beschwerden hervor.

Meningeom-Einteilung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt Meningeome in drei verschiedene Schweregrade ein:

  • WHO-Grad 1: Meningeom
  • WHO-Grad 2: Atypisches Meningeom
  • WHO-Grad 3: Anaplastisches Meningeom

Sowohl die Behandlung als auch die Prognose sind von dieser Einstufung beeinflusst.

Das Grad-1-Meningeom macht über 85 Prozent aller Meningeome aus. Es ist gutartig und lässt sich durch eine Operation meistens komplett entfernen.

Etwa zehn Prozent der Meningeome sind atypisch (Grad 2). Sie wachsen etwas schneller und kehren oft auch nach einer erfolgreichen Operation wieder (Rezidiv).

Das anaplastische Meningeom (Grad 3) ist mit einem Anteil von zwei bis drei Prozent eher selten. Es ist als bösartig eingestuft und streut unter Umständen in entfernte Organe (Metastasen-Bildung).

Wie ist die Lebenserwartung bei einem Meningeom?

Der Krankheitsverlauf und die Prognose hängen sehr davon ab, welchen WHO-Grad der Tumor hat und ob er vollständig entfernbar ist. Nach einer vollständigen operativen Entfernung ist die Prognose meist sehr gut, obwohl der Tumor etwa bei jedem fünften Patienten innerhalb von zehn Jahren zurückkehrt (Rezidiv-Bildung). Nach unvollständiger Operation ist das bei mehr als jedem zweiten Betroffenen so. Diese Zahl lässt sich jedoch durch eine Strahlentherapie nach dem Eingriff fast halbieren. So ist ein normales Leben mit einem Meningeom in vielen Fällen möglich.

Ein bösartiges Meningeom (WHO-Grad 3) hat eine sehr viel schlechtere Prognose als gutartige Formen (WHO-Grad 1 und 2). Trotz Operation und Strahlentherapie kehrt es in bis zu 80 Prozent der Fälle zurück. Deswegen kontrolliert der Arzt den Therapieerfolg bei einem Meningeom regelmässig.

Was sind Anzeichen für ein Meningeom?

Bis ein Meningeom Symptome verursacht, vergehen manchmal mehrere Jahre. Das liegt daran, dass der Tumor meistens sehr langsam wächst. Erst wenn er benachbarte Strukturen wie Nerven oder wichtige Hirnregionen verdrängt, treten die ersten Krankheitszeichen auf. Die meisten Meningeom-Symptome sind aber eher unspezifisch, etwa verstärkte Müdigkeit, und kommen auch bei anderen Krankheiten vor.

Neurologische Störungen gehören mit zu den möglichen Krankheitszeichen. Liegt der Tumor im Bewegungszentrum, lähmt das einzelne Muskelgruppen beispielsweise an den Armen oder Beinen. Wächst er hingegen in der Riechrinne, treten Geruchsstörungen auf. Einige Betroffene riechen dann mit der Zeit immer weniger, was vielen gar nicht auffällt. Manche Betroffene leiden unter Kopfschmerzen. Generell sind auch psychische Veränderungen und Wesensveränderungen, Seh- und Sprachprobleme denkbar.

Ein Meningeom reizt in einigen Fällen die Hirnhäute und löst mitunter einen Krampfanfall aus. Sehr selten wachsen die bösartigen Zellen in den Knochen und die darüberliegende Kopfhaut ein. Dann lassen sie sich unter Umständen ertasten.

Oft wächst ein Meningeom aber so langsam, dass sich das Gehirn mit der Zeit an diese Neubildung anpasst und gar keine Beschwerden auftreten. Dann entdeckt der Arzt es manchmal zufällig bei einer bildgebenden Untersuchung wie der Magnetresonanztomografie (MRT) im Zuge einer anderen Vorsorge oder Diagnostik.

Was verursacht ein Meningeom?

Ein Meningeom bildet sich aus den Deckzellen der weichen Hirnhaut. Die weiche Hirnhaut überzieht das Gehirn. Nach aussen schliessen sich die Spinnengewebshaut (Arachnoidea), die harte Hirnhaut (Dura mater) und der Schädel an.

Ein Meningeom entsteht, wenn die Deckzellen unkontrolliert zu wachsen beginnen. Warum dies passiert, ist bisher nicht vollständig geklärt. Ein höheres Risiko für die Erkrankung haben jedoch Menschen, die wegen einer anderen bösartigen Erkrankung eine Bestrahlung erhalten oder bekommen haben. Ausserdem ist die erbliche Erkrankung Neurofibromatose Typ 2 mit der Bildung eines Meningeoms assoziiert. Nicht selten liegen bei dieser Krankheit sogar mehrere Meningeome vor.

Wie lässt sich ein Meningeom erkennen?

Verursacht ein Meningeom Symptome, ist ein Facharzt für Nervenheilkunde (Neurologe) der richtige Ansprechpartner. Er erkundigt sich zunächst nach den Beschwerden und ihrem zeitlichen Verlauf sowie nach eventuellen Vor- und Grunderkrankungen (Erhebung der Krankengeschichte = Anamnese). Im Rahmen einer neurologischen Untersuchung untersucht er einzelne Nerven, den Geruchssinn und die Augen. Danach schliessen sich weitere Untersuchungen an.

So fertigt der Arzt Bilder vom Kopf oder Rückenmarkskanal an. Meistens geschieht das mithilfe der Computertomografie (CT). Einige Patienten erhalten für die Untersuchung ein Kontrastmittel in eine Vene gespritzt. In der CT erkennt der Arzt verkalkte Strukturen und eine Schwellung des umliegenden Hirngewebes gut. Das Kontrastmittel reichert sich im Meningeom an, sodass dieses auf dem Bild als helle Struktur sichtbar ist.

Mit einer Kernspinuntersuchung (Magnetresonanztomografie, MRT) lässt sich der Tumor ebenfalls sehr gut darstellen. Beide Verfahren ermöglichen es dem Arzt, die genaue Grösse und Position der Neubildung zu ermitteln.

Aufschlussreich ist auch eine Röntgenuntersuchung der Blutgefässe (Angiografie) des Kopfes. Dadurch finden die Ärzte heraus, welche Gefässe mit dem Tumor in Verbindung stehen und deshalb bei einer Operation zu beachten sind. Ausserdem erkennen Ärzte durch diese Untersuchung, ob der Tumor bestimmte Gefässe verlegt hat und dadurch den Blutfluss einschränkt.

Lesen Sie mehr über Untersuchungsmethoden im Beitrag Hirntumoren.

Was sind Behandlungsmöglichkeiten bei einem Meningeom?

Nicht jedes Meningeom bedarf einer sofortigen Behandlung. Ist der Tumor klein und verursacht keine Beschwerden, ist es manchmal sinnvoll, ihn erst einmal zu beobachten. Dazu fertigt der Radiologe in regelmässigen Abständen eine Bildgebung mittels CT oder MRT an und kontrolliert, ob der Tumor wächst.

Wann eine Behandlung erforderlich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Es kommt darauf an, wo der Tumor sitzt, wie gross er ist und wie aggressiv er wächst. Ausserdem ist die körperliche Verfassung des Betroffenen entscheidend.

Meningeom-Operation

Die Operation ist bei dieser Form von Hirntumor die geeignetste Form der Therapie. Der Chirurg öffnet dabei den Schädelknochen und versucht, den Tumor möglichst vollständig zu entfernen. Ist der Tumor von vielen oder grösseren Gefässen versorgt, ist es meist erforderlich, diese vor der Operation zu verschliessen (Embolisation). Dadurch vermeidet der Operateur grössere Blutverluste während der Operation.

Da im Gehirn viele wichtige Strukturen auf engstem Raum nebeneinander liegen, ist die Meningeom-OP manchmal schwierig und birgt gewisse Risiken. Insbesondere bei grösseren Tumoren besteht die Gefahr, Nerven, Blutgefässe und andere Hirnstrukturen zu verletzen, was im schlimmsten Fall bleibende Schäden hinterlässt. Um dies zu verhindern, ist eine andere Therapieform erforderlich und eine vollständige Entfernung mitunter nicht möglich. Dann kommt eine Strahlentherapie infrage, die den Tumor möglichst zerstört.

Eine Operation am Gehirn, bei der der Arzt den Schädel öffnet, ist grundsätzlich mit Risiken und Nachwirkungen verbunden. Diese sind individuell verschieden und hängen unter anderem vom Umfang der Operation und vom Allgemeinzustand des Erkrankten ab.

Es folgt immer eine Phase der Erholung, in der Betroffene in der Regel als arbeitsunfähig gelten und die bei gutem Behandlungsverlauf deutlich kürzer ist. Entscheidend ist auch, ob und welche weiteren Behandlungsmassnahmen notwendig sind. Von diesen hängt ebenfalls ab, von welcher Dauer letztlich der Krankenhausaufenthalt ist.

Strahlentherapie

Der Arzt bestrahlt den Tumor, wenn er durch eine Operation nicht vollständig entfernbar ist oder sich bösartige Zellen im untersuchten Gewebe befinden. Das verbessert die Prognose des Erkrankten. In bestimmten Fällen kommt eine Bestrahlung eines Meningeoms auch ohne vorausgehende Operation zum Einsatz. In der Regel erfolgt eine Strahlentherapie in mehreren Sitzungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg.

Radiochirurgie

Eine weitere Option, die eine Alternative zur Operation und mehrfachen Strahlentherapie bietet, ist die stereotaktische Radiochirurgie. Dabei setzt der Arzt eine einzelne, hochgradige Strahlendosis sehr präzise gelenkt von aussen auf einen klar umschriebenen Gewebebereich, also direkt am Tumor. Das ist aber nur bei deutlich abgegrenzten Tumoren wie beispielsweise dem Meningeom möglich.

Weitere Informationen über die Behandlung finden Sie im Beitrag Hirntumoren.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Dr. med. R. Schwarz
Dr. med.  R. Schwarz

Dr. Schwarz studierte Medizin in Würzburg, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Nach sehr vielseitigen Aufgaben während der medizinischen praktischen Ausbildung (PJ) u.a. in der Inneren Medizin und Chirurgie ist sie nun als Fachärztin für Radiologie tätig.

Dr. rer. nat. Monique Amey-Özel
Dr.  Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

ICD-Codes:
D43C71D33
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Bender, A. et al.: Kurzlehrbuch Neurologie. Urban & Fischer, 3. Auflage, 2018
  • Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC): Meningeome, unter www.dgnc.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • Deutsche Krebsgesellschaft (DKG): Meningeome, unter www.krebsgesellschaft.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • Deutsches Ärzteblatt: Neue Klassifikation von Meningeomen verbessert Diagnostik und Therapie, unter: www.aerzteblatt.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • Deutsches Ärzteblatt: Suche nach Gründen für Wiederauftreten von Meningeomen, unter: www.aerzteblatt.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ): Hirntumoren, unter www.krebsinformationsdienst.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • Hufschmidt, A. et al.: Neurologie compact. Georg Thieme Verlag, 5. Auflage, 2009
  • Louis, D.N. et al.: The 2021 WHO classification of tumors of the central nervous system: A summary, in: Neuro Oncol 2021, 23:1231-1251
  • Maas, S.L.N. et al.: Integrated Molecular-Morphologic Meningioma Classification: A Multicenter Retrospective Analysis, Retrospectively and Prospectively Validated, in: Journal of Clinical Oncology 2021, 39(34): 3839-3852
  • Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ): Schnelltests für genauere Diagnose bei Hirntumoren, unter: www.dkfz.de (Abrufdatum: 17.12.2021)
  • S1-Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) und der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH): Leitsymptome und Diagnostik der ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter, (Stand: September 2016, in Überarbeitung), unter: www.awmf.org
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