Gliom

Von , Ärztin
und , Biologin und Medizinredakteurin
Dr. med. R. Schwarz

Dr. Schwarz studierte Medizin in Würzburg, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Nach sehr vielseitigen Aufgaben während der medizinischen praktischen Ausbildung (PJ) u.a. in der Inneren Medizin und Chirurgie ist sie nun als Fachärztin für Radiologie tätig.

Dr. Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

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Ein Gliom ist eine Art von Hirntumor, der sich aus Stützzellen des Nervengewebes (Gliazellen) bildet. Je nachdem, aus welcher Art von Gliazellen der Tumor hervorgeht, unterscheidet man verschiedene Tumor-Formen wie Astrozytom, Glioblastom und Mischtumoren. Als Therapie-Optionen kommen Operation, Bestrahlung und Chemotherapie in Betracht. Die Prognose variiert – manche Gliome sind heilbar, andere nicht. Hier lesen Sie alles Wichtige über die Krankheit.

Gliom: Nervenzellen mit Synapsenverbindung

Kurzübersicht

  • Prognose: Die Prognose ist bei weniger bösartigen (niedriggradigen) Gliomen gut. Je bösartiger der Tumor ist, desto schwieriger ist er zu behandeln, wodurch die Prognose ebenfalls schlechter ist.
  • Symptome: Erste Anzeichen für ein Gliom sind neu auftretende Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel. Je nach Lage des Tumors kommen Verhaltens- und Empfindungsstörungen wie Kribbeln hinzu. Auch Sehstörungen sind mögliche Symptome. Oft kommt es auch zu Krampfanfällen.
  • Diagnose und Therapie: Wie bei anderen Hirntumoren erfolgt die Diagnose meist mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) und einer Gewebeuntersuchung (Biopsie). Je nach Schweregrad eines Glioms kommt eine Operation, Bestrahlung und/oder eine Chemotherapie infrage. Die Therapie umfasst in der Regel auch psychologische Betreuung.
  • Ursachen: Die Ursache für die Entstehung von Hirntumoren ist meist unklar. Auslöser sind beispielsweise familiäre oder genetische Faktoren, die auf eine andere Erkrankung wie die Neurofibromatose zurückgehen, aber auch Strahleneinwirkungen im Rahmung einer Strahlentherapie.

Was ist ein Gliom?

Gliom ist ein Überbegriff für verschiedene Hirntumoren, die sich aus Stützgewebe des Nervensystems (Gliazellen) entwickeln. Es gibt verschiedene Arten von Gliazellen im Gehirn:

  • Astrozyten (sternförmige Zellen mit teils langen Zellfortsätzen)
  • Oligodendrozyten (Zellen mit kurzen Fortsätzen, ummanteln und isolieren die Nervenfasern (Axone))
  • Ependymzellen (kleiden Liquor-gefüllte Räume im Gehirn (Ventrikel) aus)
  • Mikrogliazellen (von Fresszellen des Immunsystems abstammende Zellen im Hirngewebe)

Ausserhalb des Gehirns ist das Nervengewebe ebenfalls von Gliazellen umgeben, vor allem die Nervenfasern in den Nervensträngen, die in die entfernten Körperbereiche ziehen. Auch hier kommt es in manchen Fällen zur Entwicklung von Gliomen.

Jährlich erkranken etwa fünf bis sechs von 100.000 Menschen an einem Gliom. Damit handelt es sich beim Gliom um die häufigste primäre Hirntumorart. Manche Arten von Gliomen treten bereits im Kindesalter auf, andere bilden sich erst im Erwachsenenalter.

Einteilung gemäss der WHO-Grade

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt Gliome genau wie andere Hirntumoren in WHO-Grade ein – je nachdem, wie gut- oder bösartig sie sind. Die Einteilung reicht von WHO-Grad 1 (gut abgegrenzt wachsend und operabel, günstige Prognose) bis WHO-Grad 4 (schnell wachsender bösartiger Tumor, nicht heilbar). Sie beeinflusst die Behandlung und gibt einen Hinweis auf den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf.

WHO-Grad

Gliom

1

2

  • Diffuses Astrozytom (fibrillär, gemistozytisch, protoplasmatisch, pilomyxoid)
  • Oligodendrogliom
  • Oligoastrozytom

3

  • Anaplastisches Astrozytom
  • Anaplastisches Oligodendrogliom
  • Anaplastisches Oligoastrozytom

4

Mit Abstand am häufigsten kommt das Glioblastom vor. Danach folgen die verschiedenen Astrozytome. Am seltensten ist das Oligodendrogliom.

Niedriggradige Gliome gehen unter Umständen in eine hochgradige Variante über. Darum steigt das durchschnittliche Erkrankungsalter mit dem WHO-Grad an. Das bedeutet, dass niedriggradige Gliome öfter im Kindesalter und bei jüngeren Erwachsenen vorkommen, während an hochgradigen Gliomen wie dem Glioblastom eher ältere Personen leiden.

Die verschiedenen Arten von Gliomen

Da Gliazellen im gesamten Gehirn vorkommen, besteht die Möglichkeit, dass sich Gliome an unterschiedlichen Stellen im zentralen Nervensystem bilden. Je nachdem, wo der Tumor liegt, erfolgt eine Einteilung nach seiner Lokalisation. So gibt es beispielsweise ein Optikusgliom (Geschwulst am Sehnerv am Auge) oder ein Ponsgliom (Geschwulst am Hirnstamm).

Eine andere Möglichkeit der Einteilung basiert darauf, aus welcher Art von Gliazellen sich der Tumor entwickelt. Demnach unterscheidet man beispielsweise:

Astrozytom

Ein Astrozytom entsteht aus sogenannten Astrozyten. Diese Zellen bilden den grössten Anteil der Stützzellen (Gliazellen) im zentralen Nervensystem. Sie grenzen das Nervengewebe gegenüber der Hirnoberfläche und den Blutgefässen ab. Es gibt verschiedene Astrozytome, die in die WHO-Grade 1 bis 3 eingeteilt sind. Zweit- und drittgradige Astrozytome entwickeln sich häufiger zu einem Glioblastom (Grad 4).

Weitere Informationen lesen Sie im Beitrag Astrozytom.

Glioblastom (Astrozytom Grad 4)

Das Glioblastom ist ein sehr aggressiver, bösartiger Hirntumor mit dem WHO-Grad 4. Seine Ursprungszellen sind Astrozyten. Ein primäres Glioblastom geht direkt aus gesunden Astrozyten hervor. Dagegen entwickelt sich das sekundäre Glioblastom aus einem bereits bestehenden Tumor (etwa einem Astrozytom Grad 2).

Mehr über diesen gefährlichen Hirntumor lesen Sie im Beitrag Glioblastom.

Oligodendrogliom

Ein Oligodendrogliom bildet sich aus sogenannten Oligodendrozyten, einer anderen Art von Gliazellen. Sie ummanteln wie eine Isolierschicht einzelne Nervenbahnen im Gehirn und beschleunigen dadurch den Informationsfluss. Wie alle Zellen im Körper erneuern sich die Oligodendrozyten von Zeit zu Zeit. Entstehen dabei Fehler, vermehren sich die Zellen manchmal unkontrolliert und bilden dann einen Tumor.

In der Bildgebung des Gehirns zeigen Oligodendrogliome oft verkalkte Strukturen. Sie kommen im WHO-Grad 2 und 3 vor und haben eine deutlich bessere Prognose als Astrozytome des gleichen WHO-Grades, da sie weniger in andere Hirnbereiche vordringen und sich somit weniger aggressiv ausdehnen. Ausserdem lassen sie sich durch eine Chemo- oder Strahlentherapie besser behandeln. In einzelnen Fällen geht ein Oligodendrogliom in ein sekundäres Glioblastom über.

Gangliogliom

Beim Gangliogliom handelt es sich um einen gemischten Tumor, der aus sogenannten Ganglienzellen entsteht. Ganglien sind Nervenknoten sowohl ausserhalb als auch innerhalb des Gehirns, in denen meist zahlreiche Zellkörper von Nervenzellen gesammelt liegen. In diesen Ganglien befinden sich neben den Nervenzellen auch Gliazellen, die sich beim Gangliogliom fehlerhaft entwickeln oder neubilden (neoplastische Gliazellen).

Ein Gangliogliom kommt prinzipiell im gesamten Nervensystem vor, die meisten liegen aber direkt im Gehirn. Dort sind Gangliogliome häufig im Schläfenlappen, Kleinhirn oder Hypothalamus zu finden. Es handelt sich in der Regel um einen langsam wachsenden, oft gutartigen Tumor (WHO-Grad 1 oder 2), der vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen vorkommt. In wenigen Fällen gibt es Varianten vom WHO-Grad 3 bis 4. Insgesamt ist dieser Tumor sehr selten.

Gliomatosis cerebri                                  

Den Begriff Gliomatosis cerebri verwenden Mediziner, wenn in mindestens drei Gehirnlappen diffuse Tumoren bestehen und in einer Gewebeprobe ein Gliom nachweisbar ist. Obwohl die einzelnen Tumorherde zumeist verschiedenen WHO-Graden angehören, wird die Gliomatosis cerebri dem WHO-Grad 2 zugeordnet. Der Krankheitsverlauf ist von der Anzahl und Art der betroffenen Hirnregionen abhängig und variiert stark. Aufgrund des ausgedehnten Befalls ist eine Operation meistens nicht möglich. Meist kommt eine Bestrahlung infrage. Wenn das betroffene Areal und damit das Bestrahlungsfeld zu gross ist, ist eine Bestrahlung mitunter ungünstig. In dem Fall ist eine Chemotherapie die entsprechende Alternative.

Ist ein Gliom heilbar?

Neben der Einteilung der WHO-Grade haben das Alter und der allgemeine Zustand des Betroffenen einen Einfluss auf die Prognose der Erkrankung. Je älter und kränker die betroffene Person bei der Diagnose-Stellung ist, desto schlechter ist seine Prognose. Nach fünf Jahren leben im Durchschnitt noch 20 Prozent der Erkrankten, wobei das Geschlecht keine Rolle spielt. Wie hoch die Lebenserwartung ist, hängt aufgrund der vielen verschiedenen Varianten und Grade vom Einzelfall ab und ist individuell verschieden.

Was sind Anzeichen für ein Gliom?

Gliome gehören zu den primären Hirntumoren und sind durch entsprechende Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen gekennzeichnet.

Weitere Informationen zu den Symptomen erhalten Sie im Beitrag Hirntumor – Symptome.

Wie wird ein Gliom diagnostiziert und therapiert?

Die grundlegende Diagnostik und die üblichen Therapieverfahren bei einem Gliom entsprechen im Wesentlichen denen bei anderen Hirntumoren. Es gibt aber einzelne Besonderheiten, etwa hinsichtlich des Tumor-Nachweises:

Ein Gliom besteht aus Gliafasern, die in einer Gewebeprobe nachweisbar sind. Dazu werden das Gliafaserprotein (GFAP) oder das Protein 100 farblich markiert. So ist eine Unterscheidung zu anderen Tumoren im Gehirn möglich, weil diese die genannten Proteine nicht enthalten.

Weitere Informationen zu den üblichen Diagnose- und Therapieverfahren erhalten Sie im Beitrag Hirntumor.

Wodurch entsteht ein Gliom?

Über die Ursachen, die ein Gliom auslösen, ist kaum etwas bekannt. Mediziner vermuten, dass primäre Tumoren wie Gliome teilweise genetische Ursachen haben und vererbt werden. Manche Gliome entstehen auch durch erhöhte Strahleneinwirkungen, beispielsweise im Zuge einer Strahlenbehandlung einer anderen Krebserkrankung. Das ist jedoch nur sehr selten der Fall.

Autoren- & Quelleninformationen

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Dr. med. R. Schwarz
Dr. med.  R. Schwarz

Dr. Schwarz studierte Medizin in Würzburg, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Nach sehr vielseitigen Aufgaben während der medizinischen praktischen Ausbildung (PJ) u.a. in der Inneren Medizin und Chirurgie ist sie nun als Fachärztin für Radiologie tätig.

Dr. rer. nat. Monique Amey-Özel
Dr.  Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

ICD-Codes:
D43C71D33
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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