Sick-Sinus-Syndrom

Von , Arzt
Clemens Gödel

Clemens Gödel ist freier Mitarbeiter der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Bei einem Sick-Sinus-Syndrom (Sinusknotensyndrom, SSS) arbeitet der sogenannte Sinusknoten im Herzen fehlerhaft. Er ist eigentlich für die Bildung und die Schnelligkeit des Herzschlages verantwortlich. Bei dieser Rhythmusstörung schlägt das Herz deshalb zu langsam, manchmal auch phasenweise zu schnell. Lesen Sie hier alles über das Syndrom.

Sick-Sinus-Syndrom: Frau hält sich das Herz

Was ist das Sick-Sinus-Syndrom?

Bei einem Sick-Sinus-Syndrom, auch Sinusknotensyndrom genannt, ist der Sinusknoten im Herzen geschädigt. Er löst als körpereigener Herzschrittmacher die elektrischen Impulse aus, die den Herzmuskel bei jedem Herzschlag zum Kontrahieren bringen. Die fehlerhafte Funktion des Sinusknotens führt zu unterschiedlichen Arten von Herzrhythmusstörungen.

Am häufigsten sind eine Sinusbradykardie, bei der das Herz zu langsam schlägt, und eine Sinusarrhythmie, bei der das Herz unregelmässig schlägt. Teilweise wechseln sich beim Sick-Sinus-Syndrom Phasen mit langsamem und schnellem Herzschlag ab.

In einigen Fällen ist die Überleitung der elektrischen Signale vom Sinusknoten zu den Herzmuskelzellen zwischenzeitlich oder andauernd gestört. Ärzte sprechen dann von einem sinuatrialen Block (SA-Block). Im schlimmsten Fall gelangen gar keine Signale mehr an den Herzmuskel. In diesem Fall handelt es sich um einen sogenannten Sinusknotenarrest (Sinusknotenstillstand). Der Sinusknotenarrest und der totale SA-Block sind lebensgefährlich.

Das Sick-Sinus-Syndrom tritt häufig bei älteren Menschen auf, deren Herz geschwächt ist. Oft leiden sie bereits unter einer anderen Rhythmusstörung.

Symptome

Welche Symptome ein Sinusknotensyndrom hervorruft, hängt davon ab, welche Art von Herzrhythmusstörung es auslöst. Leichte Formen des Sick-Sinus-Syndroms bleiben häufig unbemerkt. Wenn das Herz zu langsam oder zu schnell schlägt, treten zuweilen Symptome wie Schwindel, Ohnmacht oder plötzliche Schmerzen in der Brust (Angina pectoris) auf.

Bei einem zu schnellen Herzschlag kommt es zu sogenannten Palpitationen. Das bedeutet, dass die Betroffenen den eigenen Herzschlag beispielsweise als ungewöhnlich stark, schnell oder unregelmässig empfinden. Auch andere Symptome einer Herzrhythmusstörung sind möglich, zum Beispiel Atemnot, Brustschmerzen und Müdigkeit.

Ursachen und Risikofaktoren

Der Sinusknoten im Herzen ist für die Erzeugung eines Herzschlages und dessen Schnelligkeit verantwortlich. Er bildet circa 60 bis 80 elektrische Signale pro Minute, die zu den Herzmuskelzellen geleitet werden. Wenn die Muskelzellen das elektrische Signal erhalten haben, kontrahieren sie sich und bilden so einen Herzschlag.

Beim Sick-Sinus-Syndrom ist der Sinusknoten vernarbt und verliert dadurch seine Funktion. Ursache hierfür ist häufig eine Herzerkrankung wie die koronare Herzkrankheit, eine muskuläre Fehlfunktion des Herzens (Kardiomyopathie) oder eine Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis).

Manche Betroffene leiden auch an einer angeborenen Fehlfunktion bestimmter Ionenkanäle. Ionenkanäle sind Proteine, die am Transport von Elektrolyten beteiligt sind. Elektrolyte sind Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Magnesium. Elektrolytverschiebungen über Ionenkanäle sind für die Weiterleitung der elektrischen Impulse, die der Sinusknoten erzeugt, unverzichtbar.

Untersuchung und Diagnose

Die Diagnose des Sinusknotensyndroms erfolgt, wie bei vielen Herzrhythmusstörungen, mithilfe eines Elektrokardiogramms (EKG). Beim EKG leitet der Arzt die Herzströme über Elektroden ab und zeichnet sie auf. Eine Herzrhythmusstörung lässt sich daher sehr gut erkennen. Häufig ist es erforderlich, das EKG über mehrere Tage zu schreiben, da die Herzrhythmusstörungen nur phasenweise auftreten. Hierfür gibt es spezielle Langzeit-EKG-Geräte, die Betroffene am Körper tragen.

Manchmal führt der Arzt das EKG unter körperlicher Belastung auf dem Ergometer durch. Steigt die Herzfrequenz unter der Belastung nur unzureichend an, ist dies unter Umständen ein Hinweis auf das Sick-Sinus-Syndrom.

Bei einem sogenannten Atropin-Test erhält der Betroffene Atropin über die Vene. Atropin sorgt eigentlich für einen Anstieg der Herzfrequenz. Wenn ein Sick-Sinus-Syndrom besteht, bleibt der Anstieg der Herzfrequenz aus.

Behandlung

Beim Sick-Sinus-Syndrom ist es notwendig, einen Herzschrittmacher einzusetzen, der die Aufgabe des Sinusknotens übernimmt. Der Schrittmacher wird meistens oberhalb der rechten Brust unter die Haut implantiert. Das Gerät ist über zwei Sonden mit dem Herzen verbunden. Fällt die Funktion des Sinusknotens aus, übernimmt der Schrittmacher seine Aufgabe. Bei Herzrasen sind Medikamente erforderlich. Wechseln sich Phasen eines zu langsamen Herzschlags mit Herzrasen ab, erhalten Betroffene einen Herzschrittmacher und Medikamente.

Da dem Sick-Sinus-Syndrom häufig eine andere Herzkrankheit zugrunde liegt, ist es notwendig, auch diese zu behandeln.

Krankheitsverlauf und Prognose

Wurde die Bradykardie, also der zu langsame Herzschlag, mit einem Herzschrittmacher therapiert, besteht eine gute Prognose. Die Betroffenen sind nach der Implantation meistens beschwerdefrei. Allerdings ist bei einem Sick-Sinus-Syndrom im Krankheitsverlauf häufig das Risiko für einen Schlaganfall erhöht.

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Autor:
Clemens Gödel

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ICD-Codes:
R00I48I46I47I49I45I44
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • AMBOSS: Sick-Sinus-Syndrom, unter: www.amboss.com (Abrufdatum: 09.12.2021)
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  • Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer-Verlag. 8. Auflage 2021
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