Hepatitis E

Von 
und , Medizinredakteurin und Biologin
Dr. med. Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Hepatitis E (Leber-Entzündung Typ E) ist eine akute Entzündung der Leber, die durch das Hepatitis-E-Virus verursacht wird. Der Erreger wird hauptsächlich über kontaminiertes Trinkwasser oder verunreinigte Lebensmittel übertragen. Die Erkrankung heilt meist von alleine aus. Chronische und schwere Verläufe sind selten. Alles Wissenswerte über Hepatitis E erfahren Sie hier.

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Was ist Hepatitis E?

Hepatitis E ist eine durch das Hepatitis-E-Virus (HEV) ausgelöste Leber-Entzündung. Sie verläuft häufig ohne Beschwerden (asymptomatisch) und bleibt dann oft unentdeckt. Wenn Symptome auftreten, sind sie meist leicht und klingen von allein wieder ab. Seltener kommt es zu schweren Verläufen mit der Gefahr eines akuten und tödlichen Leber-Versagens (etwa bei Schwangeren). Hepatitis E ähnelt damit insgesamt der ebenfalls virusbedingten Leber-Entzündung vom Typ A (Hepatitis A).

Am häufigsten von symptomatischen Hepatitis-E-Infektionen betroffen sind Männer

Hepatitis E verläuft in der Regel akut. Eine chronische Infektion kommt hauptsächlich bei geschwächtem Immunsystem vor, etwa bei Menschen mit HIV oder im Falle einer Krebs-Erkrankung während einer Chemo-Therapie.

Häufigkeit

Hepatitis E kommt weltweit vor. In Europa steigen die Fallzahlen stetig an. Das liegt aber wahrscheinlich nicht daran, dass immer mehr Menschen an Hepatitis E erkranken. Der Grund ist wohl eher, dass die Ärzte zunehmend aufmerksam auf Hepatitis E werden und häufiger entsprechende Untersuchungen durchführen. Auch verbesserte Test-Methoden tragen wahrscheinlich zu einem Anstieg der Fallzahlen bei.

Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz wurden 168 Hepatitis-E-Erkrankungen registriert. Von symptomatischen Infektionen sind meist Männer über 60 Jahre betroffen.

Hepatitis E ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz meldepflichtig.

Welche Symptome treten bei Hepatitis E auf?

Eine Infektion mit dem in Europa und Nordamerika vorherrschenden Hepatitis-E-Virus (HEV-3) verläuft meist ohne Symptome (asymptomatische Infektion). Wenn Symptome auftreten, spricht man von einer symptomatischen Infektion: Sie verläuft meist akut und mit milden Beschwerden, die innerhalb einiger Wochen von allein wieder abklingen. Zu diesen Beschwerden zählen zum Beispiel:

Nicht bei jeder symptomatischen Hepatitis-E-Infektion entwickelt sich eine Gelbsucht!

Manche Betroffene zeigen untypische Symptome, besonders neurologische Anzeichen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis).

Wie steckt man sich mit Hepatitis E an?

In Deutschland und anderen Industrie-Nationen wird Hepatitis E hauptsächlich über unzureichend gegartes Schweine- oder Wildfleisch oder daraus hergestellte Produkte übertragen. Besonders Schweine sind ein wichtiges Reservoir für den Erreger. Möglich ist auch eine Ansteckung über Meeresfrüchte (wie Muscheln). Sie filtrieren das umgebende Wasser und reichern den Erreger dadurch in sich an. Extrem selten (wenn überhaupt) wird der in Europa und Nordamerika verbreitete Hepatitis-E-Virus Virus-Genotyp 3 (HEV-3) direkt von Mensch zu Mensch übertragen.

In Regionen mit schlechten Hygiene-Standards, wo die HEV-Virustypen 1 und 2 verbreitet sind, überträgt sich das Hepatitis-E-Virus vor allem fäkal-oral über eine Schmier-Infektion. Das bedeutet: Die von Betroffenen über den Stuhl ausgeschiedenen Erreger gelangen auf unterschiedlichen Wegen in den Mund von Gesunden und infizieren diese ebenfalls.

Das passiert beispielsweise, wenn Infizierte sich nach dem Stuhlgang nicht richtig die Hände waschen. Sie übertragen den Erreger dann auf Gegenstände in der Umgebung wie Türklinken oder Besteck. Berührt ein Gesunder die kontaminierten Gegenstände, gelangen die Viren über die Hände leicht an den Mund und von hier aus in den Körper. Ausserdem ist eine Hepatitis-E-Übertragung auch über mit Fäkalien verunreinigtes Wasser und kontaminierte Lebensmittel möglich.

Gelegentlich wird Hepatitis E auch parenteral übertragen, das heisst unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes. Das geschieht etwa über die Verabreichung von kontaminierten Blut-Transfusionen.

Dauer der Ansteckungsfähigkeit

Bislang ist unklar, wie lange Betroffene ansteckend sind. Im Stuhl lässt sich der Erreger etwa ab einer Woche vor bis vier Wochen nach Beginn der Gelbsucht nachweisen. Bei einer chronischen Hepatitis E besteht eine Ansteckungsgefahr wahrscheinlich so lange, wie die Infektion andauert.

Inkubationszeit

Die Zeitspanne zwischen Ansteckung und Auftreten der ersten Symptome von Hepatitis E (Inkubationszeit) schwankt zwischen 15 und 64 Tagen. Im Mittel beträgt sie 40 Tage.

Untersuchungen und Diagnose

Bei Verdacht auf Hepatitis E erhebt der Arzt zunächst in einem ausführlichen Gespräch die Krankengeschichte (Anamnese). Dabei lässt er sich die auftretenden Beschwerden genau schildern und fragt nach Reisen in Risiko-Gebiete. Dann erfolgt eine körperliche Untersuchung mit Blutabnahme. Die Blutprobe wird auf Antikörper gegen Hepatitis E-Viren untersucht. Der Nachweis von IgM-Antikörpern gegen das Virus deutet auf eine akute Infektion hin. Spezifische IgG-Antikörper zeigen dagegen eine früher durchlebte Infektion an. 

Ausserdem ist es möglich, das Blut oder den Stuhl des Betroffenen auf das Erbgut des Erregers (Virus-RNA) zu untersuchen. Ein solcher direkter Erreger-Nachweis ist aber nur in bestimmten Fällen nötig. Das gilt etwa bei Menschen mit Immunschwäche. Bei ihnen sind Tests auf Antikörper gegen Hepatitis E nicht aussagekräftig. Auch bei Betroffenen, die zwar spezifische IgM-Antikörper im Blut haben, aber keine oder nur untypische Symptome einer Hepatitis E-Infektion zeigen, ist ein direkter Erreger-Nachweis sinnvoll.

Die Blutprobe wird auch im Hinblick auf weitere Laborwerte analysiert. So weisen etwa erhöhte Leberwerte (wie die Transaminasen AST und ALT) häufig auf eine Leber-Erkrankung hin.

Bei Schwangeren mit Hepatitis E wird der Arzt nach Aufenthalten in Afrika oder Asien (besonders Bangladesch und Nordindien) fragen. Wenn die Frau dort war, besteht die Möglichkeit, dass die Hepatitis E von Genotyp 1 verursacht wird. Dann ist das Risiko für einen schweren (fulminanten) Verlauf erhöht.

Therapie

Eine akute Hepatitis E bei Menschen mit gesundem Immunsystem erfordert meist keine Behandlung. Sie heilt in der Regel von allein aus. Bei Bedarf lassen sich die Beschwerden lindern, etwa mit einem Medikament gegen Übelkeit und Erbrechen.

Bei Menschen mit vorgeschädigter Leber (etwa durch Alkohol-Missbrauch oder Hepatitis B oder C) besteht die Gefahr, dass die Hepatitis E einen fulminanten Verlauf nimmt. Das heisst: Sie tritt sehr plötzlich auf, verläuft schnell und schwerwiegend und eventuell sogar tödlich. Auch bei Menschen mit unterdrücktem Immunsystem sind schwere Verläufe möglich. Die Betroffenen werden im Krankenhaus behandelt. Dabei kommen meist antiviral wirkende Medikamente wie Ribavirin zum Einsatz.

Bei einer fulminant verlaufenden Hepatitis-E-Infektion ist es möglich, dass die Leber versagt. Dann besteht die derzeit einzige Therapie-Möglichkeit in einer Leber-Transplantation.

Behandlung bei chronischer Hepatitis E

Bei chronischer Hepatitis E zielt die Behandlung darauf ab, die Erreger im Körper zu eliminieren. Nur dann ist der Betroffene nicht mehr ansteckend und seine Leber nimmt keinen weiteren Schaden.

Ein chronischer Krankheitsverlauf zeigt sich in der Regel bei Menschen mit Immunschwäche. eine solche "Unterdrückung" des Immunsystems (Immun-Suppression) wird etwa durch Erkrankungen wie HIV/Aids oder durch Medikamente (Immun-Suppressiva) ausgelöst. Wenn es möglich ist, die Immun-Suppression zu verringern, heilt die Hepatitis E meist von allein aus. Lässt sich die Immun-Suppression dagegen nicht reduzieren, behandeln Ärzte die Leber-Entzündung meist mit antiviral wirkenden Medikamenten.

Hepatitis-E-Therapie: Was Sie selbst tun können

Bei jeglicher Form von Hepatitis sollten Betroffene unbedingt auf Alkohol verzichten. Deren Entgiftung würde die kranke Leber zusätzlich belasten.

Aus dem gleichen Grund sollten Menschen mit Hepatitis E möglichst keine leberschädigenden Medikamente einnehmen. Dazu gehören zum Beispiel Wirkstoffe wie Paracetamol (Schmerzmittel), Tetrazykline (Antibiotika) oder Methotrexat (Krebs- und Rheumamittel). Auch Halothan (Narkosemittel), Chlorpromazin (Mittel bei psychischen Erkrankungen), hormonelle Verhütungsmittel und Anabolika sollten Betroffene meiden. Besprechen Sie vor jeder Medikamenten-Anwendung mit Ihrem Arzt, ob die Gefahr einer Leber-Schädigung besteht.

Wer aufgrund einer anderen Erkrankung leberschädigende Medikamente einnimmt, sollte diese im Fall einer Hepatitis-Erkrankung nicht eigenmächtig absetzen. Stattdessen ist es ratsam, Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu halten.

Eine spezielle Diät ist bei Hepatitis E nicht notwendig. Mediziner empfehlen aber eine leichte Kost, die möglichst kohlenhydratreich und fettarm ist. Das entlastet die Leber.

Verlauf und Prognose

In der Regel stellt Hepatitis E keine besondere Gefahr dar. Wenn Beschwerden auftreten, sind sie meist nur mild. Ausserdem verläuft die Infektion fast immer akut und heilt von allein und folgenlos aus.

Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem (zum Beispiel durch eine HIV-Infektion oder eine Chemo-Therapie) kommt es manchmal zu einem chronischen Verlauf der Hepatitis E. Auch in diesem Fall haben die Betroffenen meist keine ausgeprägten Symptome, es kommt aber als Spätfolge häufiger zu einer Leber-Zirrhose. Dabei vernarbt die Leber und verliert zunehmend ihre Funktion. Versagt die Leber im fortgeschrittenen Stadium der Leber-Zirrhose, ist eine Leber-Transplantation unvermeidlich.

Bei bereits bestehenden Leberschäden und chronisch Leberkranken verläuft Hepatitis E unter Umständen schwer oder endet sogar tödlich. Das gleiche gilt insbesondere auch für Schwangere bei Infektion mit dem Genotyp 1: Besonders eine Hepatitis-E-Infektion im letzten Schwangerschafts-Drittel ist lebensgefährlich – die Sterblichkeitsrate liegt hier bei 20 bis 25 Prozent. Auch Früh- oder Fehlgeburten sind möglich.

Vorbeugen

Um sich vor Hepatitis-E-Viren in tierischen Lebensmitteln zu schützen, sollten Fleischwaren und Innereien nur durchgegart verzehrt werden. Das heisst: Sie sollten für mindestens 20 Minuten auf mindestens 71 Grad Celsius erhitzt werden. Das inaktiviert eventuelle Hepatitis-E-Viren.

Ausserdem ist es wichtig, bei der Zubereitung der Speisen auf eine sorgfältige Küchen-Hygiene zu achten. So lässt sich eine Kreuz-Kontamination vermeiden, also die Virus-Übertragung von (eventuell) infizierten Fleischwaren auf Gegenstände und andere Lebensmittel.

Wer in Gebiete reist, in denen Hepatitis E vermehrt vorkommt, sollte darauf achten, sich vor möglichen Infektionsquellen zu schützen (Expositions-Prophylaxe):

  • Verzehren Sie in diesen Gebieten kein ungeschältes Obst und Gemüse sowie keine rohen oder nicht ausreichend erhitzte Speisen. Halten Sie sich an den Grundsatz "Cook it, peel it or forget it!" (Koch es, schäle es oder vergiss es!).
  • Trinken Sie nur Wasser aus versiegelten Flaschen beziehungsweise ausreichend abgekochtes Leitungswasser. Meiden Sie Eiswürfel – sie sind möglicherweise aus nicht abgekochtem Wasser hergestellt.

Gegen Hepatitis E gibt es in Europa keine Impfung. In China ist zwar ein Impfstoff verfügbar, dieser ist aber in Europa nicht zugelassen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Andreas Ploch
Autoren:
Dr. med. Mira Seidel
Dr. med.  Mira Seidel

Dr. med. Mira Seidel ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
B18B17
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Bieber, C. et al.: Duale Reihe Innere Medizin. Georg Thieme Verlag, 4. Auflage 2018
  • Braun, J. et al.: Basislehrbuch Innere Medizin. Elsevier Verlag, 6. Auflage 2017
  • Bundesamt für Gesundheit (BAG): Meldepflicht übertragbare Krankheiten und Erreger: Leitfaden zur Meldepflicht 2020, unter: www.bag.admin.ch (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Bundesamt für Gesundheit (BAG): Zahlen zu Infektionskrankheiten, unter: www.bag.admin.ch (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Deutsche Leberhilfe e. V.: www.leberhilfe.org (Abruf: 23.06.2022)
  • Medix-Guideline: "Hepatitis" (Stand: September 2021), unter: www.medix.ch (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Rechtsinformationssystem des Bundes: Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Epidemiegesetz 1950, Fassung vom 05.04.2022, unter: www.ris.bka.gv.at (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Robert Koch-Institut: Hepatitis E, unter: www.rki.de (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2020, unter: www.rki.de (Abrufdatum: 05.04.2022)
  • Statistik Austria: Gemeldete Fälle anzeigepflichtiger Krankheiten 2020 nach Bundesland, unter: www.statistik.at (Abrufdatum: 05.04.2022)
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