Endokarditisprophylaxe

Von Christina Trappe
und , Arzt
Aktualisiert am
Florian Tiefenböck

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

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Unter einer Endokarditisprophylaxe versteht man verschiedene Massnahmen, die einer einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokard) vorbeugen sollen. Meistens bezieht sich der Ausdruck Endokarditisprophylaxe auf eine Antibiotikatherapie im Vorfeld von bestimmten medizinischen Eingriffen, die mit einem erhöhten Risiko für eine anschliessende infektiöse Endokarditis einhergehen. Lesen Sie hier mehr zur Endokarditisprophylaxe.

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 Was ist eine Endokarditisprophylaxe?

Der Begriff Endokarditisprophylaxe umfasst verschiedene Massnahmen, die einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) vorbeugen sollen. In den meisten Fällen entsteht eine infektiöse Endokarditis, wenn die Herzinnenhaut durch eine Vorerkrankung angegriffen ist.

Dies könnte zum Beispiel bei einem angeborenen Herz- oder Herzklappenfehler vorkommen, aber auch, wenn sich im höheren Alter beispielsweise die Aortenklappe durch eine Arteriosklerose (Arterienverkalkung) verändert hat.

Jede Schädigung der Herzinnenhaut, aus der auch die Herzklappen bestehen, bietet eine Angriffsfläche für Krankheitserreger. Auch nach bestimmten Herzoperationen besteht daher eine Gefahr einer Herzinnenhautentzündung.

Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Beitrag Endokarditis.

Einer Endokarditis kann man somit am besten vorbeugen, wenn die Grunderkrankungen frühzeitig behandelt beziehungsweise operiert werden. Gleichzeitig muss man vermeiden, dass grössere Mengen an Bakterien in den Blutkreislauf und somit ins Herz gelangen – oder man muss sie zumindest so schnell wie möglich unschädlich machen. An dieser Stelle setzt die Endokarditisprophylaxe an.

Endokarditisprophylaxe: Für wen?

Folgende Patienten und Patientinnen zählen zur Hochrisikogruppe für eine Herzinnenhautentzündung beziehungsweise für einen schweren Verlauf. Sie erhalten deswegen eine Endokarditisprophylaxe:

  • Patienten mit künstlichen Herzklappen (mechanischer Klappenersatz oder gefertigt aus tierischem Material)
  • Patienten mit rekonstruierten Herzklappen, die künstliches Material erhalten (in den ersten sechs Monaten nach der OP)
  • Patienten, die bereits eine Endokarditis hatten
  • Patienten mit bestimmten angeborenen („zyanotischen“) Herzfehlern
  • Alle mit Prothesen behandelten Herzfehler (in den ersten sechs Monaten nach der OP, lebenslang, wenn Teile krankhafter Veränderungen bestehen bleiben, z. B. ein residueller Shunt oder Klappenschwäche)
  • Alle mit Prothesen behandelten Herzfehler (in den ersten sechs Monaten nach der OP, lebenslang, wenn Teile krankhafter Veränderungen bestehen bleiben, z. B. ein residueller Shunt oder Klappenschwäche)

Endokarditisprophylaxe – Antibiotikatherapie

Als Endokarditisprophylaxe im engeren Sinn bezeichnet man die Behandlung mit Antibiotika im Vorfeld bestimmter Eingriffe. Eine antibiotische Endokarditisprophylaxe wird jedoch nur noch für Hochrisikogruppen bei bestimmten Eingriffen empfohlen.

Folgende Eingriffe sind mit einem hohen Risiko für eine Endokarditis behaftet und erfordern bei Hochrisikopatienten eine prophylaktische Antibiotikagabe:

  • Zahnextraktion
  • Eingriffe am Zahnhalteapparat
  • Einsetzen eines Zahnimplantats
  • Wurzelbehandlung
  • Zahnsteinentfernung
  • Mundhygiene
  • Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) aus dem Mundraum
  • Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie)

Der Patient erhält das Antibiotikum in der Regel 30 bis 60 Minuten vor dem Eingriff. Beispiele für Antibiotika sind Amoxicillin, Ampicillin oder Cefazolin. Im Falle einer Allergie gegen einen dieser Wirkstoffe, kommen alternativ Antibiotika wie Cephalexin, Clarithromycin oder Doxycyclin zum Einsatz.

Abhängig vom verwendeten Wirkstoff erfolgt die Einnahme oral in Tablettenform oder direkt in die Vene als Infusion.

Bei Eingriffen im Magen-Darm-Trakt, im Urogenitaltrakt, im Atemtrakt oder an der Haut erhalten Hochrisikopatienten das Antibiotikum erst nach der Operation – allerdings nur dann, wenn im Operationsgebiet eine Infektion vorliegt. Das ist beispielsweise bei Wundinfektionen, bei der Drainage von Abszessen oder bei einem Pleuraempyem (Ansammlung von Eiter im Brustfell) der Fall.

Eine generelle Empfehlung zur Endokarditis-Prophylaxe gibt es nur noch bei bestimmten Behandlungen im Mundraum und nur für Hochrisikopatienten!

Endokarditisprophylaxe: Allgemeinmassnahmen

Allgemeine Massnahmen zur Verhinderung einer Endokarditis sind vor allem für Personen wichtig, die ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung haben. Die Empfehlungen gelten jedoch auch für Menschen ohne Risikofaktoren.

Zahn- und Mundhygiene

Auch ohne Vorerkrankung des Herzens oder medizinische Eingriffe kann es zu einer vorübergehenden Bakteriämie (Bakterien im Blut) kommen, die eine Endokarditis nach sich zieht. Beim Kauen oder Zähneputzen beispielsweise können durch kleine Verletzungen in der Mundschleimhaut Bakterien in den Blutkreislauf eindringen.

Damit Ihr Zahnfleisch gesund und widerstandsfähig bleibt, ist eine sorgfältige Mundhygiene wichtig. Auch die Anzahl der schädlichen Bakterien in der Mundflora können Sie so verringern.

Es ist für alle Menschen empfehlenswert, mindestens zweimal täglich die Zähne zu putzen sowie Zahnseide und gegebenenfalls Mundspülungen zu verwenden. Fachleute empfehlen, zweimal im Jahr zu einer zahnärztlichen Kontrolle zu gehen. Ist eine Zahnsanierung vor einem operativen Eingriff notwendig, sollte diese bereits zwei Wochen zuvor abgeschlossen sein.

Haut- und Nagelpflege

Um zu verhindern, dass Bakterien über die Haut in den Körper eindringen, ist eine gute Haut- und Nagelhygiene empfehlenswert. Achten Sie beispielsweise darauf, sich beim Nägelschneiden nicht zu verletzen.

Zudem ist es wichtig, bakterielle Hauterkrankungen wie Akne behandeln zu lassen. Verzichten Sie zudem auf unnötige Verletzungen der Haut, wie sie bei Piercings oder Tätowierungen entstehen.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Christina Trappe

Florian Tiefenböck hat Humanmedizin an der LMU München studiert. Im März 2014 stieß er als Student zu NetDoktor und unterstützt die Redaktion seither mit medizinischen Fachbeiträgen. Nach Erhalt der ärztlichen Approbation und einer praktischen Tätigkeit in der Inneren Medizin am Uniklinikum Augsburg ist er seit Dezember 2019 festes Mitglied des NetDoktor-Teams und sichert unter anderem die medizinische Qualität der NetDoktor-Tools.

ICD-Codes:
I33I09I01I38I39
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • European Society of Cardiology, 2023 ESC Guidelines for the management of endocarditis, DOI: 10.1093/eurheartj/ehad193
  • European Society of Cardiology, 2023 ESC Guidelines for the management of endocarditis, DOI: 10.1093/eurheartj/ehad193
  • Herold G. et al.: Innere Medizin, Selbstverlag, 2018
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Leitlinie Infektiöse Endokarditis und Endokarditisprophylaxe im Kindes- und Jugendalter, Stand: 2022, unter: www.register.awmf.org (Abrufdatum: 06.11.2023)
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