Umgang mit Demenz

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Der Umgang mit Demenz erfordert viel Verständnis und Geduld – sowohl von Angehörigen und Betreuern als auch von den Betroffenen selbst. Symptome wie nachlassendes Gedächtnis und zunehmende Orientierungslosigkeit verstärken sich oftmals, wenn Mitmenschen mit Frustration und Ungeduld darauf reagieren. Lesen Sie hier mehr über den Umgang mit Demenz – die richtige Kommunikation, sinnvolle Beschäftigung für Demenzkranke, Unterstützung im Alltag!

Umgang mit Demenz

Umgang mit Demenz: Tipps für Betroffene

Die Diagnose Demenz löst bei vielen Betroffenen Ängste, Sorgen und Fragen aus: Wie lang kann ich noch selbst für mich sorgen? Wie soll ich mit den zunehmenden Demenzsymptomen umgehen? Was kann ich tun, um sie zu lindern?

Im Frühstadium der Demenz kommen Betroffene erfahrungsgemäss am besten in ihrem Alltag zurecht, wenn sie über die Erkrankung gut informiert sind, offen damit umgehen und sich bei Bedarf Hilfe holen.

Sozialkontakte und Hobbies pflegen

Für einen guten Umgang mit Demenz ist es wichtig, aktiv zu bleiben. Regelmässige Treffen mit Freunden, Ausflüge und Hobbies, die man schon vor der Diagnose gepflegt hat, sollten so lang wie möglich beibehalten werden. Wer aktiv ist, kann Erlerntes länger behalten und trainiert seine Selbstständigkeit. Ausreichend Aktivität am Tag sorgt ausserdem für einen guten Schlaf in der Nacht.

Sinnvoll ist auch die Teilnahme an Freizeit- oder Seniorengruppen. In fortgeschrittenen Demenzstadien sollten Betroffene sich einer Betreuungsgruppe für Demenz-Patienten anschliessen.

Bei der Planung und Gestaltung des Freizeitlebens sollten sich Betroffene nicht überfordern: Besser ist es, man führt weniger Beschäftigungen in Ruhe aus, als dass man durch den Tag hetzt von einer Aktivität zur nächsten.

Aktivitäten anpassen und Neues lernen

Manchen Demenz-Patienten fallen alte Hobbies zunehmend schwer, zum Beispiel das Lesen dicker Bücher, das Lösen komplizierter Rätsel oder der Bau von aufwendigen Modellflugzeugen. Zum richtigen Umgang mit Demenz gehört es, solche Aktivitäten dann möglichst nicht aufzugeben, sondern sie entsprechend anzupassen.

Man kann zum Beispiel bevorzugt Kurzgeschichten und Zeitungsartikel lesen, sich leichtere Rätsel vornehmen beziehungsweise sich leichtere Modelle mit grösseren Bauteilen besorgen.

Solche Aktivitäten sind ein gutes Gehirn- und Gedächtnistraining. Demenz-Kranke sollten sich aber nicht nur an Bewährtes halten, sondern auch Neues erlernen wie Tanzen, Musizieren, Malen oder Puzzle legen. Ebenso sinnvoll sind Spiele für Demenzkranke, etwa Gesellschaftsspiele (eventuell vereinfacht), Ballspiele oder Wortspiele (wie Sprichwörter erraten oder ergänzen).

Tag strukturieren

Der Umgang mit Demenz und seinen Symptomen fällt Betroffenen leichter, wenn sie ihren Tag gut strukturieren. Für alle Aktivitäten wie Schlafen, Essen, Waschen, Spaziergang, Treffen mit Freunden, Sport etc. sollte man sich möglichst feste Zeiten angewöhnen. Das hilft bei der Orientierung und vermeidet Stress.

Mobil bleiben

Der richtige Umgang mit Demenz erlaubt es vielen Betroffenen, noch lange den Haushalt selber zu führen, also zum Beispiel zu kochen, einzukaufen, Wäsche zu waschen oder im Garten zu arbeiten. Falls notwendig, können Angehörige oder Betreuer Hilfestellung leisten.

Regelmässiger Sport ist ebenfalls von Vorteil bei Demenz. Er trainiert die Muskeln, das Koordinationsvermögen und den Gleichgewichtssinn. Demenzkranke sollten dabei eine Sportart wählen, die sie gut ausführen können und ihnen gefällt. Das kann zum Beispiel Gymnastik, Schwimmen oder Tanzen sein. Noch mehr Spass macht es, gemeinsam mit anderen zu trainieren, etwa in einem Sportverein.

Wenn Gehen und Stehen Probleme bereiten, können Gehhilfen und Rollatoren weiterhelfen.

Ausgewogen essen und viel trinken

Wenn Patienten sich nicht ausgewogen ernähren und zu wenig trinken, kann dies die Demenz-Symptome verschlechtern. Deshalb sind eine abwechslungsreiche Kost und ausreichende Flüssigkeitszufuhr sehr wichtig.

Bei manchen Patienten gehen aber der Geschmackssinn, die Freude am Essen und der Appetit verloren. Strategien dagegen sind intensiveres Würzen der Speisen und mehr Abwechslung auf dem Speiseplan. Man kann auch kleine Schälchen mit Obst-, Gemüse- und Schokoladenstücken in der Wohnung verteilen. Das verleitet Demenzkranke dazu, immer wieder zuzugreifen. Wer nicht mehr selber kochen kann, hat die Möglichkeit, sich „Essen auf Rädern“ zu bestellen.

Die tägliche Trinkmenge sollte mindestens 1,5 Liter betragen, am besten in Form von Suppen, Wasser, Säften oder Tee. Auch hier ist es sinnvoll, an mehreren Stellen in der Wohnung Getränkeflaschen aufzustellen.

Tipps gegen die Vergesslichkeit

Demenzpatienten sollten versuchen, wichtige Gegenstände, die sie öfters brauchen (Schlüssel, Geldtasche, Brille etc.) immer am gleichen Ort aufzubewahren. Wichtige Telefonnummern und Adressen sollten stets griffbereit sein, am besten sowohl an einem festen Platz in der Wohnung als auch in der Handtasche/Brieftasche.

Termine und Verabredungen sollte man in einen Kalender eintragen.

Umgang mit Demenz: Tipps für Angehörige und Betreuer

Angehörigen und Betreuern fällt ebenso wie Betroffenen der Umgang mit Demenz leichter, wenn sie über Art und möglichen Verlauf der Erkrankung Bescheid wissen. Ausserdem gibt es noch weitere Tipps, die den Umgang mit Demenzkranken verbessern und erleichtern können.

Richtig kommunizieren

Zu einer guten Demenzbetreuung gehört die richtige Kommunikation mit den Patienten. Diese wird aber im Verlauf der Erkrankung zunehmend schwierig – die Patienten sind immer vergesslicher, können sich an Namen, Daten, Wortbedeutungen nicht mehr erinnern und oft nur noch langsam Sätze formulieren. Das erfordert von Mitmenschen viel Verständnis und Geduld.

Erinnerungsstützen können hier hilfreich sein: Man kann zum Beispiel auf kleinen Zetteln Informationen zum Tagesablauf oder Antworten auf häufige Fragen der Patienten (etwa nach dem Wochentag, dem Wohnort etc.) notieren. Diese Zettel klebt man dann an frequentierte Stellen wie die Kühlschrank- oder Badezimmertür.

Eine weitere Erinnerungsstütze, welche die Kommunikation bei Demenz erleichtern und fördern kann, ist ein Erinnerungsbuch. Dort klebt man Fotos von wichtigen Ereignissen und Menschen aus dem Leben des Patienten ein und schreibt jeweils einen kurzen Hinweis (Art des Ereignisses, Namen etc.) darunter.

Im Gespräch mit Demenzkranken sollte man folgende Kommunikations-Tipps beherzigen:

  • Den Demenzkranken loben, wenn er etwas richtig gemacht hat. Für Fehler nicht kritisieren.
  • Geduldig warten, bis der Patient auf Fragen antwortet oder einer Aufforderung nachkommt.
  • Fragen möglichst so formulieren, dass der Patient darauf mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann.
  • Vor jedem Gespräch Blickkontakt herstellen und den Patienten mit Namen ansprechen.
  • Langsam, deutlich und in kurzen Sätzen sprechen.
  • Ironische oder satirische Bemerkungen vermeiden – der Demenzkranke versteht sie meist nicht.
  • Wichtige Informationen mehrmals wiederholen, etwa die Uhrzeit, zu der man zu einem Arzttermin oder Spaziergang aufbrechen möchte.
  • Diskussionen vermeiden.
  • Anschuldigungen und Vorwürfe des Demenzkranken möglichst ignorieren – sie sind oft nicht persönlich gemeint, sondern spiegeln nur Angst, Frustration und Hilflosigkeit des Betroffenen wider.
  • Nicht mehr als zwei Angebote (etwa beim Essen oder bei Getränken) zur Auswahl stellen – alles andere verwirrt Demenzkranke.

Ein wichtiges Modell für die Kommunikation mit dementen Menschen nennt sich Validation: Demenz-Patienten werden dort zu erreichen versucht, wo sie gewissermassen stehen. Man belässt sie in ihrer eigenen Welt und zweifelt ihre Meinungen und Ansichten nicht an. Es geht also um Wertschätzung und Ernstnehmen (= Validation) des Demenzkranken. 

So viel Hilfe wie nötig – nicht mehr!

Im Umgang mit Demenz-Patienten sollten Angehörige und Betreuer Geduld haben: Bei Tätigkeiten wie Anziehen, Kämmen oder Blumengiessen sind Demenzkranke oft recht langsam. Aus Ungeduld oder übertriebener Fürsorge versuchen Angehörige und Betreuer dann oft, mehr Hilfestellung zu leisten als notwendig.

Besser ist es aber, dem Patienten nicht alles abzunehmen, sondern ihm Zeit zu geben, die Dinge selber zu erledigen. Das trainiert nicht nur das Gehirn, sondern verhindert auch, dass sich Demenzkranke wie ein Kind behandelt fühlen.

Wenig hilfreich ist es auch, wenn man ungeduldig daneben steht. Dann fühlen sich Demenzkranke zusätzlich unter Druck gesetzt.

Sinne anregen

Vertraute Gerüche aus der Vergangenheit können verschüttet geglaubte Erinnerungen wecken. Das kann etwa das Parfum der eigenen Mutter sein oder der Geruch von Maschinenöl, wenn ein Demenzkranker früher in einer Autowerkstatt gearbeitet hat.

Auch andere Sinnesreize (tasten, schmecken, sehen) können Demenzkranke stimulieren, ihnen Freude bereiten und Erinnerungen wecken.

Für die eigene Entlastung sorgen

Geduld, Kraft, Zeit, Verständnis – der Umgang mit Demenz-Patienten ist anstrengend und verlangt Angehörigen und Betreuern viel ab. Regelmässige Erholung und Entlastung sind daher sehr wichtig.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Johannes Pichler
Autor:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
F03F02F01G31F00G30
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., Selbsthilfe Demenz: "Häufig gestellte Fragen", unter: www.deutsche-alzheimer.de (Abruf: 12.08.2021)
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., Selbsthilfe Demenz: "Tipps für den Alltag", unter: www.deutsche-alzheimer.de (Abruf: 12.08.2021)
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., Selbsthilfe Demenz: "Umgang und Kommunikation", unter: www.deutsche-alzheimer.de (Abruf: 12.08.2021)
  • Internetportal „Wegweiser Demenz“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: "Altagssituationen", unter: www.wegweiser-demenz.de (Abruf: 12.08.2021)
  • Schaade, G.: Ergotherapeutische Behandlungsansätze bei Demenz und dem Korsakow-Syndrom, Springer-Verlag, 2. Auflage, 2016
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich