Covid-19: Kreuzimpfungen

Von , (Bio-)Chemiker
und , Medizinredakteurin
Dr. Maximilian Reindl

Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.

Mag. Astrid Leitner

Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.

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Unter Kreuzimpfungen versteht man die zeitlich versetzte Gabe unterschiedlicher Impfstofftypen gegen denselben Krankheitserreger. Sie sind eine weitverbreitete Impfoption. Mehr zu Kreuzimpfungen, lesen Sie hier.

Verschiedene Ampullen mit Impfstoffen.

Was ist eine Kreuzimpfung?

Als eine Kreuzimpfung bezeichnet man in der Medizin eine Impfserie, die aus (mindestens) zwei unterschiedlichen Impfstoffen gegen einen bestimmten Erreger besteht. Diese zeitlich versetzten Impfungen nennt man dann auch heterologes Impfschema.

Haben Sie (mindestens) zwei gleiche Impfstoffe erhalten, nennt sich dies im Gegensatz dazu homologes Impfschema.

Kreuzimpfungen kommen in der Regel dann zum Einsatz, wenn:

  • sich die positiven Eigenschaften einzelner Impfstoffe gut ergänzen könnten.
  • Impfkampagnen flexibler gestaltet werden sollen (beispielsweise bei Impfstoffknappheit).
  • Impfstoffe an neue Virusstämme angepasst werden müssen.

Beispiele für gekreuzte Impfschemata

Das wohl bekannteste Beispiel für ein gekreuztes Impfschema ist die jährliche Impfung gegen die saisonale Grippe (Influenza). Der Erreger der Influenza bleibt zwar über die Jahre hinweg „immer ein Grippevirus“, es verändert seine Zelloberfläche jedoch rasch von Jahr zu Jahr. Daher passen Hersteller in regelmässigen Abständen ihre Vakzine an, um dieser schnellen Veränderung des Erregers entgegenzuwirken.

Jüngstes Beispiel für Kreuzimpfungen ergab sich aus dem Kontext der Impfkampagne gegen das Coronavirus: Ein Teil der Bevölkerung erhielt zunächst Vektorimpfstoffe – ihre Zweit- oder Drittimpfung jedoch als einen mRNA-Impfstoff.

Nun steht die nächste Generation angepasster „Omikron-Impfstoffe“ für kommenden Herbst in den Startlöchern, so dass wohl weitere Personenkreise ein gekreuztes Impfschema gegen Sars-CoV-2 durchlaufen werden.

Wie wirksam sind Kreuzimpfungen?

Pauschale Aussagen zur Wirksamkeit sind nicht ohne weiteres möglich. Bezogen auf das Coronavirus – beruhen die europaweit verfügbaren Vakzine auf unterschiedlichen Technologien. Sie unterscheiden sich daher leicht hinsichtlich Wirkprinzip, Wirksamkeit gegenüber einzelnen Virusvarianten, Nebenwirkungen und in der Dauer des bestehenden Impfschutzes.

Je nach Kombination der Impfstoffe, ergeben sich leichte Unterschiede mit Blick auf Wirksamkeit oder Länge des Impfschutzes. In der Praxis spielen diese Unterschiede jedoch meist eine nur untergeordnete Rolle.

Vorübergehend stärkere Impfreaktionen wie fiebrige Reaktionen, Frösteln, Kopfschmerz oder Schmerzen an der Einstichstelle wurden in Studien diskutiert (ComCov-Studie).

Sind Kreuzimpfungen überall anerkannt?

Innerhalb der Europäischen Union sind Kreuzimpfungen anerkannt. Dies, sofern sie mit in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffen erfolgten. Das heisst, wer zwei unterschiedliche Coronavirus-Impfstoffe erhalten hat, gilt als grundimmunisiert – mit drei Impfungen als „geboostert“ und im Falle von Viertimpfungen entsprechend als „doppelt geboostert“.

Alle von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Impfstoffe sollten auch weltweit anerkannt sein. Doch bei Reisen in Gebiete ausserhalb der Europäischen Union könnten sich in Einzelfällen Abweichungen ergeben.

Unerwartet kurzfristig angepasste Einreisebestimmungen (bspw.: aufgrund neuer Virusvarianten) könnten eine Einreise erschweren. Sie sollten sich also vor Beginn der Reise über die aktuell geltenden individuellen Einreiseformalien des jeweiligen Landes zeitnah informieren.

Hat man bereits in der Vergangenheit Erfahrungen mit Kreuzimpfungen gemacht?

Ja. Das heterologe Impfschema ist nicht neu. In der Medizin und der aktuellen Forschung ist eine Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff, der denselben Erreger „anvisiert“, nicht unüblich. Insbesondere dann, wenn der Erreger eine hohe genetische Variabilität – also eine hohe Zahl an unterschiedlichen Virusvarianten – aufweist.

Sputnik V: Ein Beispiel für ein gekreuztes Covid-19-Impfschema ist der kontrovers diskutierte Impfstoff Sputnik V (Gam-Covid-Vac). Dieses Vakzin war das weltweit erste zugelassene gegen Sars-CoV-2. Derzeit hält es eine Sonderzulassung in vielen Ländern – etwa in Brasilien, Ungarn, Indien oder etwa in den Philippinen. Ob eine Marktzulassung in Europa erfolgt, ist ungewiss. Sputnik V setzt zwei unterschiedliche Vektoren ein – den sogenannten rAd26-Vektor als Erstimpfung und den rAd5-Vektor für die Booster-Impfung.

Weitere ähnliche Beispiele stammen von Untersuchungen aus der Zeit vor der Corona-Pandemie. Das heisst, die folgenden Beispiele beziehen sich explizit nicht auf Impfungen gegen Sars-CoV-2. Sie zeigen jedoch, dass das Konzept Kreuzimpfung bekannt ist und vielversprechend sein kann.

Ebola-Impfstoff: Grosse Erfolge feierten Forscher mit einem gekreuzten Ansatz bei der Bekämpfung des Ebola-Virus. Auch hier umfasst der von der EMA bereits zugelassene Impfstoff zwei unterschiedliche Vektoren: Eine vollständige Impfserie besteht dabei aus dem sogenannten Zabdeno® (Ad26.ZEBOV) sowie dem Mvabea® (MVA-BN-Filo) Vektor. Gemeinsam bieten sie einen wirksamen Schutz vor dem meist tödlich verlaufenden viralen (hämorrhagischen) Fieber einer Ebola-Erkrankung.

Hepatitis-C-Impfung: Ein zusätzliches in der Entwicklung befindliches Beispiel, stellt die Impfung gegen das Hepatitis-C-Virus (HCV) dar. HCV verfügt über eine enorme genetische Diversität.

Hier dient ein Vektor als Erstimpfung, der die Information für unterschiedliche Oberflächenproteine des Virus speichert (Schimpansen-Adenovirus, ChAd3). Als Zweitimpfung verwenden Ärzte dann ein modifiziertes Kuhpockenvirus (modified vaccinia Ankara, MVA). Trotz der vielversprechenden Zwischenergebnisse steckt dieser Ansatz allerdings in einer frühen klinischen Phase.

HIV-Mosaik-Impfstoff: Ein Impfstoff gegen HIV zu entwickeln gilt als herausfordernd. Neuere Entwicklungen verfolgen den Ansatz der sogenannten „Mosaikimpfstoffe“. Sie befinden sich in frühen Phasen der Entwicklung. Im Tiermodell zeigte dieser Ansatz vorsichtig optimistische Signale in Form eines vorbeugenden Schutzes gegen die Immunschwächekrankheit HIV.

Der Impfstoffentwickler Janssen (Johnson & Johnson) setzt dabei als Erstimpfung virale Vektoren ein. Dabei tragen diese Vektoren mehrere Varianten von HIV-Strukturgenen (Gag, Pol, env). Die zweite Impfdosis folgt jedoch auf einem anderen Wirkmechanismus: Als Zweitimpfung setzen die Forscher einen sogenannten Proteinimpfstoff auf Basis des HI-viralen Hüllproteins gp140 ein.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:

Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.

Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.

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