Corona-Medikamente

Von , (Bio-)Chemiker
Dr. Maximilian Reindl

Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.

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Ein Teil der Risikopatienten erkrankt schwer an Covid-19, so dass eine ärztliche Behandlung im Krankenhaus erfolgen muss. In diesen Fällen helfen Medikamente die Schwere des Krankheitsverlaufs zu mindern. Andere Medikamente hingegen können die Beschwerden bei leichten und moderaten Verläufen lindern. Welche Medikamente Ärzten in der intensivmedizinischen Akutbehandlung zur Verfügung stehen, und was Sie bei milden Verläufen selbst tun können, erfahren Sie hier.

Medikamente gegen Corona

Welche Medikamente helfen bei Corona?

Bei Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, setzen Ärzte in der medikamentösen Akuttherapie zwei Behandlungsstrategien ein:

  • Immunmodulatorische Medikamente: Sie bremsen eine überschiessende (selbstschädigende) Reaktion des Immunsystems ab.
  • Antivirale Medikamente: Sie bremsen die Vermehrung des Coronavirus im Körper.

Darüber hinaus setzen Ärzte in Einzelfällen nach individueller Abwägung weitere Begleitmedikationen ein.

Immunmodulatorische Medikamente

Entzündungshemmende Medikamente (Immunsuppressiva) helfen bei schweren Covid-19-Verläufen. Sie verhindern, dass das Immunsystem der betroffenen Patienten in solchen Fällen oftmals bei der Virusabwehr fehlgeleitet wird und auch den eigenen Körper angreift.

Dexamethason: Krankenhauspatienten, die etwa einen erhöhten Sauerstoffbedarf haben oder eine künstliche Beatmung benötigen, erhalten aktuell Kortikosteroide als Standardbehandlung. Hier nimmt der Wirkstoff Dexamethason eine Schlüsselrolle ein. Es verringert das Risiko an einer schwer verlaufenden Infektion zu sterben.

Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren): Daneben setzen sich auch entzündungshemmende Behandlungsalternativen auf Antikörperbasis durch: die sogenannten Januskinase-Inhibitoren. Typische Vertreter dieser Substanzklasse sind beispielsweise Baricitinib, Tofacitinib oder Ruxolitinib. Sie werden in der Medizin unter anderem auch gegen Autoimmunerkrankungen wie die Rheumatoide Arthritis oder etwa bei schwerer Neurodermitis angewendet.

Interleukin-6-Antagonisten (IL-6-Antagonisten): Eine weitere Gruppe von entzündungshemmenden Medikamenten sind die sogenannten Interleukin-6-Antagonisten – hier insbesondere der Wirkstoff Tocilizumab. Es wird allerdings nur bei Patienten mit sich schnell verschlechterndem Gesundheitszustand nach individueller Risiko-Nutzen-Abschätzung erwogen.

Fluvoxamin: Vor einigen Jahren entdeckten Ärzte, dass bestimmte Medikamente gegen Depressionen – sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) – ebenfalls antientzündlich wirken. Daher können Mediziner Fluvoxamin bei Hochrisikopatienten – also älteren oder vorerkrankten Menschen – mit einer bestätigten Sars-CoV-2-Infektion im Einzelfall anwenden.

Detaillierte Informationen zum Wirkstoff Dexamethason finden Sie hier.

Antivirale Medikamente

Seit Beginn der Pandemie wurden verschiedene neue antivirale Medikamente zur Behandlung von Covid-19 entwickelt. Mediziner widmeten aber auch bereits bekannte Virostatika zur Covid-19-Behandlung um.

Der Begriff antivirale Medikamente deckt ein breites Spektrum an Medikamentengruppen ab. Sie reichen von klassischen kleinen Molekülen (mit individuell unterschiedlichen Wirkmechanismen) hin zu biotechnologisch produzierten Antikörper-Präparaten.

Monoklonale Antikörper

Antikörpermedikamente: Sie wirken ähnlich wie Antikörper, die der Körper selbst produziert: Sobald diese Präparate (meist intravenös) verabreicht werden, fangen sie das im Körper frei zirkulierende Virus ab. Dazu heften sie sich an bestimmten Strukturen der Aussenhülle des Erregers an und blockieren diese.

In der Regel binden diese monoklonalen Antikörper-Medikamente das Spike-Protein. Da die Virenpartikel dann nicht mehr in der Lage sind, in die menschliche Zelle einzudringen, wird dies in Fachkreisen auch „Neutralisation“ genannt. Die Folge: Die Vermehrung der Viren wird gebremst oder idealerweise ganz gestoppt.

Ein bekanntes von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassenes Antikörper-Präparat ist Ronapreve. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Casirivimab plus Imdevimab. Die beiden Antikörper wirken meist nur in der frühen Krankheitsphase und sollten daher idealerweise in einem Zeitraum von maximal sieben Tagen nach Symptombeginn verabreicht werden.

Allerdings zeigt sich, dass die Wirksamkeit dieser Medikamente gegenüber der Omikron-Variante teils deutlich gesunken ist. Da sich das Spike-Protein des Virus durch Mutationen verändert hat, erkennen die Antikörper es nun schlechter. Das neu auf dem europäischen Markt erhältliche Antikörper-Medikament Sotrovimab soll diese Versorgungslücke schliessen und Schutz vor Omikron bieten.

Detaillierte Informationen zum Wirkstoff Sotrovimab finden Sie hier.

Jüngst erhielt ein weiteres Kombipräparat mit dem Handelsnamen Evusheld™ (mit den beiden Wirkstoffen Tixagevimab und Cilgavimab) eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA. Es ist speziell für die präventive Behandlung gefährdeter Risikopatienten mit Immunschwäche gedacht, bei denen die Wirkung einer Impfung herabgesetzt ist.

Detaillierte Informationen zu den Wirkstoffen Tixagevimab und Cilgavimab finden Sie hier.

Darüber hinaus werden weitere Medikamente desselben Wirkprinzips derzeit klinisch erprobt und durch Behörden begutachtet.

Plasmatherapie: Aus Blutplasmaspenden bereits genesener Patienten können ebenfalls therapeutische Antikörper gegen das Coronavirus gewonnen werden. Diese Behandlungsoption steht jedoch nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung. Auch die Wirksamkeit und Verträglichkeit ist sehr individuell und variiert daher stark.

Ein Einsatz der Plasmatherapie ausserhalb klinischer Studien wird deshalb derzeit nicht empfohlen.

Virostatika

Virostatika greifen direkt oder indirekt in den Vermehrungsmechanismus von Viren innerhalb der menschlichen Zelle ein:

Paxlovid: Dieses Präparat des Unternehmens Pfizer kann als Tablette eingenommen werden und kombiniert zwei Substanzen: den „eigentlichen Wirkstoff“ Nirmatrelvir, der als sogenannter Protease-Inhibitor die Vermehrung des Virus hemmt, sowie sein Wirkverstärker Ritonavir. Letzteres verhindert, dass Nirmatrelvir von der Leber zu schnell abgebaut wird. Paxlovid besitzt seit Januar 2021 in Europa eine vorläufige Zulassung für den europäischen Markt.

Detaillierte Informationen zum Wirkstoff Paxlovid finden Sie hier.

Molnupiravir: Der in der Entwicklungsphase auch MK-4482 oder EIDD-2801 genannte Wirkstoff greift direkt in den Vervielfältigungsprozess von Sars-CoV-2 ein und unterbindet so dessen Vermehrung im Körper. Der Wirkmechanismus von Molnupiravir beruht darauf, gezielt virale Mutationsprozesse, die bei der Vervielfältigung des Virus-Erbguts auftreten, zu befördern. Dabei entstehen häufig Fehler, die das Virus funktionsuntüchtig machen.

Noch befindet sich Molnupiravir in der Begutachtungsphase europäischer Behörden. Daher ist es noch nicht in der Praxis verfügbar. Auch sind derzeit keine abschliessenden Aussagen zur Wirksamkeit, Verträglichkeit und Unbedenklichkeit möglich.

Detaillierte Informationen zum Wirkstoff Molnupiravir finden Sie hier.

Remdesivir: Das antivirale Mittel Remdesivir war das erste Medikament, das die Europäische Arzneimittelbehörde EMA umgewidmet und damit auch für die Behandlung von Covid-19 zugelassen hat. Je nach Studie gehen die Einschätzungen zur Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 stark auseinander – der Nutzen einer solchen Covid-19-Behandlung gilt als umstritten. Daher besteht derzeit keine klare Empfehlung für den routinemässigen Einsatz von Remdesivir als Covid-19-Medikament.

Begleitmedikationen

Antibiotika wirken zwar nicht gegen das Coronavirus. Allerdings kann die Gabe von Antibiotika bei einem Verdacht auf eine bakterielle Begleitinfektion oder eines septischen Verlaufs (bakterielle Blutvergiftung) sinnvoll sein.

Detaillierte Informationen zur Anwendung von Antibiotika finden Sie hier.

In manchen Fällen leiten Ärzte eine Thromboembolieprophylaxe ein. Das gilt insbesondere, wenn eine Covid-19-bedingte schwere Lungenentzündung vorliegt. In solchen Fällen beobachtete man häufig die Bildung von Blutgerinnseln in den Geweben der Lunge.

Stationär behandelte Patienten erhalten daher oftmals einen starken Gerinnungshemmer (bspw.: niedermolekulares Heparin) als vorbeugende Massnahme. Verträgt der Patient kein Heparin, setzen Ärzte das Alternativmedikament Fondaparinux ein.

Detaillierte Informationen zum Wirkstoff Heparin finden Sie hier.

Welche Medikamente lindern die Symptome?

In der überwiegenden Zahl der Fälle schützen Coronavirus-Impfungen in gesunden (immunkompetenten) Menschen zuverlässig vor schweren Verläufen. Dennoch: Auch ein vermeintlich „milder“ Verlauf, kann mit Beschwerden einhergehen.

Hilfreich ist dann eine gut ausgestattete Hausapotheke. Zur Linderung möglicher Symptome sollte sie folgende Mittel enthalten:

Pulsoxymeter: Neben dem Fieberthermometer kann ein sogenanntes Pulsoxymeter helfen, Ihren Gesundheitszustand zu überwachen. Ein solches Pulsoxymeter ist ein Gerät, das Sie sich auf Ihre Fingerkuppe klemmen, wo es die Sauerstoffsättigung Ihres Blutes misst.

Fällt die Sauerstoffsättigung ab, deutet dies auf einen sich verschlechternden Gesundheitszustand und einen erhöhten Sauerstoffbedarf hin.

Allerdings gehen die Meinungen zur Notwendigkeit einer solchen Anschaffung weit auseinander: Befürworter sehen in einem häuslichen Pulsoxymeter eine gute Möglichkeit, eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustands rechtzeitig zu erkennen.

So lässt sich frühzeitig eine notwendige Versorgung im Krankenhaus arrangieren. Andere hingegen weisen auf die Ungenauigkeit des Messverfahrens selbst, und die hohen Anschaffungskosten hin. Sie sehen daher keine pauschale Notwendigkeit.

Die Behandlung mit freiverkäuflichen (apothekenpflichtigen) Medikamenten kann die Covid-19-Genesung allenfalls ergänzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, sich nicht bessern oder sogar verschlimmern, sollten Sie immer umgehend ärztlichen Rat einholen.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

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Maximilian Reindl studierte Chemie und Biochemie an der LMU in München und ist seit Dezember 2020 Mitglied der NetDoktor-Redaktion. Er arbeitet sich für Sie in medizinisch-naturwissenschaftliche und gesundheitspolitische Themen ein, um diese gut verständlich und nachvollziehbar aufzubereiten.

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