Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Von , Medizinredakteurin
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

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CMD ist eine weit verbreitete Störung des Kausystems. Es fallen darunter mehrere Erkrankungen der Kiefergelenke und Kaumuskeln sowie Störungen der Zahnkontakte, die einzeln oder gemeinsam auftreten. Auch psychische Aspekte spielen oft eine Rolle. CMD wird vielfach erst spät erkannt und behandelt. Welche Symptome auf eine CMD hinweisen, welche Therapiemöglichkeiten es gibt und was Sie selbst tun können, erfahren Sie hier!

Kieferschmerzen

Kurzübersicht

  • Symptome: u.a. Schmerzen in Kaumuskeln oder Kiefergelenken, Zahnschmerzen, Bewegungseinschränkungen des Unterkiefers, Knacken oder Reiben im Kiefergelenk; ggf. auch Kopf-, Nacken-, Rückenschmerzen, Tinnitus usw.
  • Behandlung: z.B. Aufbissschiene, zahnärztliche oder kieferorthopädische Korrekturmassnahmen, Physio- und Osteotherapie; ggf. Medikamente, Psychotherapie, Biofeedback, Akupunktur
  • Was können Sie selbst tun? u.a. Kiefer gezielt entspannen (z.B. in Stresssituationen), Entspannungstechniken, Ausdauersport, ausgewogene Work-Life-Balance
  • Ursachen & Risikofaktoren: u.a. Zahnverlust, zu hohe Füllungen oder Kronen, Zahn- oder Kieferfehlstellungen, psychischer Stress, Zähneknirschen
  • Diagnostik: anhand typischer Zeichen für CMD (wie Zahnfehlstellungen, Knacken im Kiefergelenk, verspannte Kaumuskulatur), ggf. Magnetresonanztomografie (MRT)

CMD: Symptome

Die eindeutigsten Zeichen für eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) sind Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Kopf-Hals-Bereich:

  • Kieferschmerzen können beim Kauen oder in Ruhe, einseitig oder beidseitig im Ober- oder Unterkiefer auftreten.
  • Der Kiefer fühlt sich verspannt an oder es sind Schmerzen im Kiefergelenk spürbar (zum Beispiel beim Kauen harter Speisen).
  • Die Kiefergelenke und/oder Kaumuskeln können berührungsempfindlich sein.
  • Auch Zahnschmerzen sind möglich.

Gleichzeitig gibt es bei CMD oft Probleme, den Mund weit zu öffnen – manche Betroffene bekommen ihn gar nicht richtig weit auf. In anderen Fällen sind die Kiefergelenke überbeweglich und "kugeln" leicht aus (Kiefersperre).

Oft weisen Menschen mit CMD einen Fehlbiss auf: Sie können die Zähne von Unter- und Oberkiefer nicht ganz passend, sondern nur versetzt zusammenbringen. Zusätzlich kann sich beim Kauen oder Sprechen ein Knacken und Reiben im Kiefergelenk bemerkbar machen.

Viele CMD-Patienten knirschen mit den Zähnen (Bruxismus), entweder tagsüber oder nachts. Umgekehrt ist das Risiko für eine CMD erhöht, wenn Patienten mit den Zähnen knirschen. Sie reiben dabei den Zahnschmelz ab. In der Folge reagieren die Zähne überempfindlich auf Heisses, Kaltes, Süsses oder Saures.

Ausserdem folgen auf die ständige Muskelanspannung beim nächtlichen Zähneknirschen Schmerzen oder morgendliche Steifigkeit in den Kaumuskeln oder in angrenzenden Muskelgruppen. Meist sind die Regionen der Wange und der Schläfe betroffen. Zusätzlich beginnen die Kiefergelenke aufgrund der Überbelastung zu schmerzen.

Begleitsymptome

Bei einer CMD können auch einige Symptome auftreten, die auf den ersten Blick nicht mit dem Kausystem oder Kieferschmerzen zusammenzuhängen scheinen (immer vorausgesetzt, es gibt keine diagnostizierten anderen Erkrankungen, die für diese Symptome verantwortlich sind):

  • Ohrenschmerzen und/oder subjektive Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Kopfschmerzen, meist in der Schläfenregion
  • Schwindelgefühl
  • Schluckbeschwerden (Dysphagie)
  • Störungen der Stimme
  • Verspannungen und Schmerzen in Nacken, Schultern oder im Rücken
  • Druck hinter den Augen und in den Nebenhöhlen
  • Schmerzen von Frauen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
  • emotionaler Stress
  • Angststörungen oder Depressionen

Dass bei CMD Schmerzen oder Beschwerden in angrenzenden Körperregionen wie Schultern, Nacken oder Rücken auftreten, ist keine Seltenheit. Verspannte Kaumuskeln führen dazu, dass sich Muskeln im Kopf- und Halsbereich ebenfalls verspannen. Diese Verspannungsspirale kann sich noch weiter bis in den Rücken fortsetzen. Die Muskeln beginnen zu schmerzen (Myalgien), sich zu verhärten (Myogelose) oder sogar zu entzünden (Myositis).

Tipp: Tinnitus und CMD hängen oft zusammen. Wird die CMD frühzeitig behandelt, kann sich manchmal auch der Tinnitus verbessern. Besteht der Tinnitus aber schon länger als drei Monate (chronischer Tinnitus), ist er nur noch schwer behandelbar.

Was ist CMD?

Der Begriff Craniomandibuläre Dysfunktion setzt sich aus mehreren Wörtern bzw. Wortteilen zusammen:

  • cranio: abgeleitet von dem lateinischen Wort cranium, was Schädel bedeutet.
  • mandibulär: medizinische Fachausdruck für "zum Unterkiefer gehörend".
  • Dysfunktion: Beeinträchtigung der Funktion.

Es handelt sich demnach um eine Funktionsstörung des Kausystems. Gleich mehrere Erkrankungen werden unter diesem Begriff zusammengefasst, die einzeln oder in unterschiedlicher Kombination auftreten können:

  • Erkrankung der Kaumuskulatur (Myopathie)
  • Erkrankung der Kiefergelenke (Arthropathie)
  • Okklusionsstörung (Okklusopathie): Der Kontakt zwischen den Zähnen des Ober- und Unterkiefers ist fehlerhaft – die oberen und unteren Zähne treffen gar nicht oder nicht passend aufeinander.

Manchmal ist auch von der Myoarthropathie des Kausystems (MAP; engl. "temporomandibular disorder") die Rede. Dies ist eine Untergruppe der CMD und bezieht sich nur auf die Erkrankungen der Kaumuskulatur und der Kiefergelenke und lässt die Okklusionsstörung aussen vor.

CMD: Häufigkeit

Etwa 15 Prozent der erwachsenen Deutschen leiden unter behandlungsbedürftigen CMD-Beschwerden. Jeder sechste bis siebte Patient in der Zahnarztpraxis hat demnach eine Craniomandibuläre Dysfunktion.

CMD: Behandlung

Verschiedene Erkrankungen und Beschwerden gehören zur CMD dazu. Das erfordert eine ganzheitliche Therapie. An dieser können neben dem Zahnarzt beispielsweise auch ein Kieferorthopädeg, Physiotherapeut, Osteopath und/oder Psychotherapeut beteiligt sein. Sollten Sie unter Grunderkrankungen wie Rheuma, Arthrose oder Arthritis leiden, ist zudem eine Behandlung durch einen Rheumatologen angezeigt.

Behandlung beim Zahnarzt und Kieferorthopäden

Das Ziel der CMD-Behandlung ist es, die Muskeln zu entspannen und gleichzeitig die Schmerzen zu reduzieren. Dafür erhalten Sie vom Zahnarzt eine Aufbissschiene (Okklusionsschiene). Ausserdem gleicht er nicht passende Zahnkontakte aus, korrigiert zu hohe Füllungen oder Kronen und/oder erneuert unbrauchbaren Zahnersatz.

Aufbissschiene

Bei CMD ist eine Schiene für die Zähne die wichtigste Therapiemassnahme. Der Zahnarzt passt Ihnen die Schiene individuell an, sodass die Zähne von Ober- und Unterkiefer richtig zueinander passen. Zähneknirschen wird so verhindert und beim Zähnepressen verteilt sich der Druck. Damit schützt die Schiene die Zahnhartsubstanz und den Zahnhalteapparat.

Daneben entlastet eine Aufbissschiene die Kiefergelenke und richtet sie wieder richtig aus. Die Kiefermuskeln entspannen sich, was zu einer entspannten Lage von Ober- und Unterkiefer verhilft und die Schmerzen lindert. Wahrscheinlich verändern sich langfristig sogar die Verschaltungen zwischen Muskeln und Nerven, die Kaumuskulatur organisiert sich neu, die Gelenke werden anders belastet.

Standardmässig verwenden Zahnärzte eine Okklusionsschiene vom Typ Michigan. Diese Michigan-Schiene besteht aus hartem Kunststoff und bedeckt alle Zähne des Oberkiefers. Es gibt aber noch weitere Schienentypen und Systeme aus mehreren Schienentypen.

Müssen Sie eine Kieferschiene tagsüber tragen, sollten Sie nach spätestens einer Woche wieder normal sprechen können. Wenn nicht, wenden Sie sich an Ihren Zahnarzt!

Manchmal verschieben sich einzelne Zähne oder der Unterkiefer mit der Okklusionsschiene. Deshalb sind regelmässige Kontrollen beim Zahnarzt wichtig bei einer Aufbissschiene. Nebenwikrungen lassen sich so frühzeitig erkennen und vermeiden. Auch nach dem Besuch einer Manualtherapie oder einer Osteopathie muss der Zahnarzt den Sitz der Schiene überprüfen.

Immer wieder wird der Zahnarzt zudem die Zeiten, an denen Sie die Schiene tragen sollen, an Ihre Bedürfnisse anpassen. Eventuell bekommen Sie sogar verschiedene Schienen, die Sie im Wechsel tragen müssen. Diese Massnahmen verhindern, dass Sie wegen der Aufbissschiene die Zähne zusammenpressen oder sich aufgrund der Schiene neue Verspannungen oder Fehlhaltungen entwickeln.

Auch Kinder mit CMD können Schienen erhalten, solange nicht gerade ein Zahnwechsel stattfindet.

Weitere Massnahmen

Wenn die Aufbissschiene Ihre CMD-Symptome verbessert, indem sie Zahnfehlstellungen oder fehlerhafte Zahnkontakte ausgleicht, können Zahnarzt und Kieferorthopäde zusätzlich weitere Massnahmen ergreifen. Dazu zählen:

  • Einschleifen von Zähnen
  • Schliessen von Zahnlücken
  • Rekonstruktion einzelner Zähne mit Kronen oder Brücken
  • kieferorthopädische Korrekturmassnahmen

Für solche Massnahmen werden zunächst Langzeitprovisorien eingesetzt, um zu testen, ob sich die CMD-Beschwerden bessern. Wenn ja, werden die Zähne permanent entsprechend angepasst.

Sind die Kiefergelenke abgenutzt und chronisch entzündet (arthritische Erkrankungen), kann eine Kiefergelenkspülung (Arthrozentese) helfen. Dabei bringt der Zahnarzt Kanülen in das Kiefergelenk ein und spült das Gelenk vorsichtig. So lassen sich etwa Entzündungszellen entfernen. Manchmal muss aber auch operiert werden, eventuell mit Ersatz des Kiefergelenks.

Physiotherapie und Osteopathie

Die Physiotherapie und unter Umständen auch Osteopathie sind ebenfalls oft wichtige Bausteine der CMD-Behandlung. Sie verbessern die Wirkung der zahnärztlichen Massnahmen.

Das gesamte Skelettsystem, die dazugehörigen Muskeln und das Bindegewebe hängen zusammen. Eine Fehlhaltung im Kiefer, aber auch im restlichen Skelett, kann daher eine muskuläre Spannungsspirale verursachen, die sich womöglich durch den ganzen Körper zieht. Diese Verspannungskaskade kann man mit Physiotherapie und Osteopathie durchbrechen.

Verspannte Muskeln lassen sich durch physiotherapeutische Übungen lockern. Die passiven und aktiven Übungen fördern auch die Durchblutung des Muskel- und Bindegewebes und helfen dabei, die Kiefer koordinierter zu bewegen.

Viele Übungen sind effektiver, wenn Sie sie zuhause weiterführen. Lassen Sie sich entsprechende Übungen von Ihrem Physiotherapeuten zeigen.

Neben physiotherapeutische Übungen gehören zur CMD-Therapie oft auch Wärme- oder Kälteanwendungen sowie ein Behandlung mit Rotlicht, Mikrowellen oder Ultraschall. Schmerzen in Muskeln und Gelenken lassen sich auch mit Kiefermassagen, Manualtherapie und osteopathischen Techniken lindern.

Psychotherapie

Stress im Beruf oder im Privatleben tragen oft dazu bei, dass die Betroffenen mit den Zähnen knirschen oder die Zähne aufeinanderpressen. Zusätzlich können psychische Erkrankungen wie eine Depression oder eine Persönlichkeitsstörung die CMD-Symptome verschlechtern. Vor allem, wenn die zahnärztliche Behandlung nicht anschlägt oder sich die Beschwerden verschlimmern, sollten Sie sich an einen Psychotherapeuten wenden. Er kann Ihnen beim Umgang und Abbau von Stress helfen und eventuell vorhandene psychische Erkrankungen behandeln.

Zu den psychotherapeutischen Massnahmen gehören Verhaltenstherapie und Biofeedback-Verfahren. Auch kann der Psychotherapeut Ihnen Kurse für Entspannungsmethoden wie progressive Muskelrelaxation, Yoga oder autogenes Training vermitteln.

Biofeedback

Biofeedback-Verfahren sind wirksam bei Zähneknirschen. Da Zähneknirschen und CMD oft zusammenhängen, ist es auch hier hilfreich. Zähneknirschen oder Zähnepressen passiert unbewusst. Bei Biofeedback-Verfahren lernen Sie mithilfe elektronischer Geräte, sich diese Prozesse bewusst zu machen und dann zum Beispiel die Kiefermuskeln gezielt zu entspannen. Der Muskelschmerz lässt so langfristig nach.

Medikamente

In manchen Fällen können auch Medikamente bei CMD weiterhelfen. Dazu zählen je nach Bedarfsfall beispielsweise:

  • Schmerzmittel (Analgetika)
  • Entzündungshemmer wie nicht-steroidale Antirheumatika oder Kortikoide ("Kortison")
  • Muskelrelaxantien (entspannen die Kiefermuskeln und andere angespannte Muskeln)
  • Schlaf- und Beruhigungsmittel
  • Antidepressiva

Botulinumtoxin

In manchen CMD-Fällen vergrössern sich bestimmte Kaumuskeln. Dies kann man reduzieren, indem das Nervengift Botulinumtoxin zielgerichtet injiziert wird. Botulinumtoxin ist allerdings für diese Anwendung nicht zugelassen und kann dafür nur "off-label" (ausserhalb der Zulassung als individueller Heilversuch) angewendet werden.

Nachteil der Botox-Injektionen ist, dass die Kaukraft abnimmt. Das Gift muss also exakt dosiert werden, damit der Patient hinterher noch normal kauen kann.

Ausserdem lässt die Botox-Wirkung ungefähr nach einem halben Jahr nach. Danach muss die Injektion eventuell wiederholt werden. Wichtig sind deshalb begleitende physiotherapeutische Übungen.

Zurzeit untersuchen Forscher die Wirkung von Botulinumtoxin zur Schmerzlinderung bei CMD.

Alternative Heilmethoden

Manchmal können bei Craniomandibulärer Dysfunktion auch alternative Therapieverfahren hilfreich sein. So kann man etwa versuchen, mittels Akupunktur und Akupressur Muskeln zu entspannen, Schmerzen zu verringern und psychische Einflüsse zu verbessern.

Alternative Methoden können die schulmedizinische Behandlung der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

CMD: Was können Sie selbst tun?

CMD ist eine komplexe Erkrankung, in der auch psychische Faktoren eine grosse Rolle spielen. An diesem Punkt können Sie selbst aktiv werden:

Fangen Sie an, sich selbst zu beobachten: In welchen Situationen leiden Sie verstärkt unter Schmerzen? Wann neigen Sie dazu, besonders mit den Zähnen zu knirschen oder die Zähne aufeinanderpressen? Wann nehmen Sie eine Fehlhaltung ein? In solchen Situationen können Sie versuchen, aktiv den Kiefer zu entspannen. Darüber hinaus sollten Sie Übungen, die Ihnen Ihr Physiotherapeut zeigt, konsequent auch zuhause machen.

Zusätzlich können Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung, Yoga oder autogenes Training bei CMD helfen. Auch Ausdauersport mehrmals in der Woche steigert Ihr Wohlbefinden.

Ganz entscheidend sind auch soziale Kontakte: Treffen Sie regelmässig Freunde und verbringen Sie Zeit mit Ihrer Familie. Und nicht zuletzt: Pflegen Sie geliebte Hobbies – auch das fördert Entspannung und Wohlbefinden.

Tipp: Auch Kinder können Übungen zur Muskelentspannung machen. Durch Selbstbehauptungstraining lassen sich zudem bestehende Ängste abbauen.

CMD: Ursachen

An der Entstehung einer Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) sind viele Faktoren beteiligt, die sich auch gegenseitig beeinflussen können. Diskutiert werden unter anderem folgende Faktoren:

  • Zahnunfälle, Zahnverlust
  • zu hohe Füllungen oder Kronen, unbrauchbarer Zahnersatz
  • Zahnfehlstellungen, Zahnverschiebungen oder Zahnwanderungen
  • KieferfehlstellungenStörungen der Zahnkontakte
  • ungünstiges Schädelwachstum
  • hormonelle Störungen
  • emotionaler Stress
  • psychische Probleme (Angst, Depressivität)
  • ungünstige Verhaltensweisen
  • Grunderkrankungen wie Rheuma, Arthrose und Arthritis

Zähneknirschen bei Tag oder Nacht erhöht zusätzlich das Risiko für eine CMD.

Die genannten Faktoren bewirken, dass die Kiefermuskeln permanent unter Spannung stehen und sich letztendlich verspannen. Problematisch ist hierbei weniger eine maximale Anspannung, sondern eher das anhaltende niedrigschwellige Anspannen der Kaumuskeln. Dies verschiebt unter anderem Teile der Kiefergelenke wie zum Beispiel die Gelenkzwischenscheibe (Discus artikularis). Die Folge: Die Kiefergelenke schmerzen und/oder man kann den Mund nicht mehr weit öffnen.

Das wiederum kann beispielsweise Ohrenschmerzen, Tinnitus, Schwindel, Kopfschmerzen oder Nackenverspannungen nach sich ziehen. Ausserdem können die Probleme im Kausystem Wirbelsäulenprobleme verstärken, was wahrscheinlich mit einer Fehlsteuerung in der Nervenweiterleitung zu tun hat.

CMD: Untersuchungen und Diagnose

Mögliche Anzeichen für eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) sollten Sie zeitnah abklären lassen. Gehen Sie also zum Zahnarzt, wenn:

  • das Kauen schmerzt,
  • sich der Unterkiefer morgens nach dem Aufwachen steif anfühlt,
  • Sie den Mund nicht weit öffnen können,
  • Sie Geräusche beim Bewegen der Kiefergelenke bemerken,
  • Sie tagsüber öfter mit den Zähnen knirschen oder diese fest aufeinanderpressen bzw. eine nahe stehende Person Sie auf nächtliches Zähneknirschen hinweist.

Suchen Sie auch unbedingt den Zahnarzt auf, wenn plötzlich Beschwerden nach einer zahn- oder kieferorthopädischen Behandlung auftreten (wie Schmerzen, ein Knacken im Kiefergelenk oder die Unfähigkeit, den Mund weit zu öffnen):

Manche Menschen haben nämlich eine CMD, ohne dass diese sich mit Symptomen deutlich bemerkbar macht oder aber nur mit nächtlichem Zähneknirschen, von dem der Betroffene nichts mitbekommt. Dann kann ein neuer Zahnersatz plötzlich zu Problemen führen, weil einige Füllungen aus Keramik das Zähneknirschen nicht langfristig aushalten.

Oder eine grössere zahnärztliche Behandlung, bei der Sie für längere Zeit den Mund offenhalten müssen, überfordert das Kiefergelenk.

Vor umfangreicheren Zahnbehandlungen sollte ein Zahnarzt jeden Patienten kurz auf CMD und Zähneknirschen hin untersuchen.

So wird eine CMD diagnostiziert

Ihr Zahnarzt wird in den oben genannten Verdachtsfällen ein CMD-Screening durchführen. Er prüft dabei, ob einer oder mehrere der folgenden Punkte, die für eine CMD sprechen, bei Ihnen gegeben sind:

  • Sie können den Mund nicht weit genug öffnen.
  • Sie öffnen den Mund schief bzw. asymmetrisch.
  • Sie können den Mund nicht ausreichend seitlich bewegen.
  • Manche Zähne des Ober- und Unterkiefers treffen ungünstig aufeinander.
  • Es gibt Anzeichen für Zähneknirschen wie Zahnabdrücke in Zunge und Wange, glatt polierte Kauflächen, Risse und Absprengungen am Zahnschmelz, Absprengungen an der Zahnhartsubstanz, den Zahnhälsen und den Schneidekanten oder schmerzempfindliche Zähne.
  • Die Kiefergelenke knacken oder reiben hörbar aufeinander.
  • Die Kaumuskulatur und womöglich auch die umliegenden Muskeln bis hin zu den Nackenmuskeln sind druckempfindlich oder verhärtet.

Vermutet der Zahnarzt eine Blockade des Kiefergelenks, kann er dies mithilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT, auch Kernspintomografie genannt) genauer untersuchen. Sollten sich Ihre Symptome trotz Behandlung nicht bessern, kann zur weiteren Abklärung ebenfalls ein MRT sinnvoll sein.

Zusätzlich zur körperlichen Untersuchung wird der Zahnarzt Sie zu Ihrem psychischen Befinden befragen. Er erkundigt sich zum Beispiel, ob Sie unter Ängsten oder emotionalem Stress leiden.

Bestätigen die Informationen aus dem Patientengespräch und die Untersuchungen den Verdacht auf eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD), wird der Zahnarzt Ihnen eine geeignete Therapie vorschlagen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

ICD-Codes:
K07
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik- und therapie: „Begriffsbestimmungen: Funktionsstörung, Dysfunktion, craniomandibuläre Dysfunktion (CMD), Myoarthropathie des Kausystems (MAP)“ (Stand: Januar 2016), unter https://www.dgzmk.de
  • Gemeinsame Wissenschaftliche Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und –therapie et al.: „Zur Therapie der funktionellen Erkrankungen des kraniomandibulären Systems“ (Stand: November 2015), unter: https://www.dgzmk.de
  • Grobleben, L.: „CMD-Screening: Ran an den Kiefer!“. Der junge Zahnarzt. Jahrgang 9, Ausgabe 3, 2018
  • Hellmann, D., Schindler, H.J. „Funktionstherapie mit Okklusionsschienen“. Der junge Zahnarzt, Jahrgang 11, Ausgabe 1, 2020
  • Imhoff, B. „CME Zahnärztliche Fortbildung. Neue Therapieansätze bei kraniomandibulärer Dysfunktion“. Wissen kompakt, Jahrgang 13, Ausgabe 1, 2019
  • Köneke C. et al. „Tinnitus bei craniomandibulärer Dysfunktion“. Manuelle Medizin, Jahrgang 43, Ausgabe 6, 2005
  • Peroz, I. „CME Zahnärztliche Fortbildung – Bruxismus und kraniomandibuläre Dysfunktionen“. Wissen kompakt, Jahrgang 12, Ausgabe 1, 2018
  • Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 25.02.2020)
  • S2k-Leitlinie „Instrumentelle zahnärztliche Funktionsanalyse“ der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Stand: Dezember 2015), unter: https://www.dgzmk.de
  • S3-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung von Bruxismus“ der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Stand: Mai 2019), unter https://www.dgzmk.de
  • Sauer, H. „Craniomandibuläre Dysfunktion und HNO-Heilkunde“. HNO-Nachrichten. Jahrgang 42, Ausgabe 5, 2012
  • Schmitter, M. „Funktionsanalyse vor prothetischer Versorgung – Wann ist sie sinnvoll und nötig?“. Der Freie Zahnarzt, Jahrgang 63, Ausgabe 5, 2019
  • Wojak, W.: „Die Behandlung von craniomandibulären Dysfunktionen (CMD) als wesentlicher Teil der Diagnose und Therapie von Kopfschmerzen unbekannter Genese“. Zeitschrift für Akupunktur & Aurikulomedizin, Jahrgang 39, Ausgabe 3, 2013
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