Aortenisthmusstenose

Von , Medizinredakteurin
Mag. Astrid Leitner

Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.

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Eine Aortenisthmusstenose liegt vor, wenn ein natürlicherweise enger Bereich der Hauptschlagader (Aorta) zusätzlich verengt ist. Die Fehlbildung der Aorta ist angeboren. Sie verursacht abgängig davon, wie ausgeprägt die Verengung ist, unterschiedliche Symptome. Lesen Sie hier, welche Lebenserwartung Betroffene haben und wie die Aortenisthmusstenose behandelt wird.

EKG-Untersuchung junger Frau

Kurzübersicht

  • Was ist eine Aortenisthmusstenose? Angeborene Engstelle der Hauptschlagader (Aorta)
  • Krankheitsverlauf und Prognose: Nach erfolgreicher Behandlung der Fehlbildung ist die Prognose sehr gut.
  • Ursachen: Fehlentwicklung der Hauptschlagader in den ersten Wochen der Embryonalentwicklung
  • Risikofaktoren: In manchen Fällen tritt eine Aortenisthmusstenose familiär gehäuft auf. Manchmal in Kombination mit anderen Syndromen wie beispielsweise dem Turner-Syndrom.
  • Diagnostik: Typische Symptome, Herzultraschall, bei Bedarf Röntgen, Computertomografie, Magnetresonanztomografie
  • Behandlung: Operation (Entfernung des erweiterten Abschnitts der Aorta und „End-zu-End-Anastomosierung“), Überbrückung durch ein Gefässtransplantat oder eine Kunststoffprothese, Erweiterung des verengten Gefässabschnitts mit einem Ballon und Einfügen eines Stents (Gefässstütze)
  • Vorbeugen: Keine Vorbeugemassnahmen möglich

Was ist eine Aortenisthmusstenose?

Der Aortenisthmus ist eine natürliche Engstelle der Hauptschlagader (Aorta). Er liegt in der Nähe des Herzens am Übergang des Aortenbogens in die absteigende Schlagader, die den Körper mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Als „Stenose“ bezeichnen Ärzte eine krankhafte Verengung. Von einer Aortenisthmusstenose (Koarktation der Hauptschlagader, Coarctatio aortae, CoA) spricht man, wenn der Aortenisthmus zusätzlich verengt ist. Der Innendurchmesser der Aorta schrumpft mitunter von üblichen zehn Millimetern auf ein bis zwei Millimeter.

Die Engstelle an der Schlagader stellt ein Hindernis für den Blutfluss dar: Es gelangt nicht mehr ausreichend Blut in die untere Körperhälfte – Bauchorgane und Beine werden nur noch unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Vor der Engstelle staut sich Blut in der linken Herzkammer an, das Herz muss stärker pumpen, um gegen den Widerstand anzukämpfen. Dies führt zu einer enormen Druckbelastung in der Herzkammer. Die Folge: Sie vergrössert sich und verdickt. Schliesslich zeigen sich erste Symptome einer Herzschwäche. Zusätzlich steigt der Blutdruck in jenen Gefässen, die oberhalb der Engstelle liegen und den Kopf sowie die Arme versorgen.

Welche Symptome auftreten, hängt davon ab, wie weit die Aorta eingeengt ist und wo die Engstelle genau liegt. Manche Patienten zeigen keine Symptome, bei anderen ist die Hauptschlagader so stark verengt, dass sich rasch ein lebensbedrohlicher Zustand entwickelt.

Was ist der Ductus arteriosus Botalli?

Vor der Geburt atmet das Ungeborene nicht über die Lunge, sondern erhält den benötigten Sauerstoff über die Nabelschnur. Da die Lunge noch nicht arbeitet, wird das Blut weitgehend am Lungenkreislauf (der im rechten Herzen beginnt, durch die Lunge führt und im linken Vorhof endet) vorbeigeführt.

Das Blut gelangt – ohne die Lunge zu passieren – von der Lungenarterie über eine offene Verbindung (Ductus arteriosus Botalli) direkt in die Aorta. Der Ductus mündet direkt im Bereich des Aortenisthmus. Sobald das Neugeborene selbstständig atmet, beginnt sich der Ductus arteriosus zu schliessen. Das Blut wird in den Lungenkreislauf geleitet und in der Lunge mit Sauerstoff angereichert. Das Baby ist nun in der Lage, selbst zu atmen.

Formen der Aortenisthmusstenose

Es gibt unterschiedliche Formen von Aortenisthmusstenosen. Mediziner unterscheiden zwischen „kritischen“ und „nicht kritischen“ Stenosen.

Nicht kritische Aortenisthmusstenose: Bei dieser Form liegt die Engstelle dort, wo der Ductus arteriosus Botalli in die Aorta mündet. Das Herz des Ungeborenen hat sich bereits im Mutterleib an den erhöhten Widerstand angepasst, die Durchblutung der Beine ist eingeschränkt. Um die Blutversorgung aufrechtzuerhalten, bilden sich Blutgefässe, die die Engstelle umgehen (Kollateralgefässe). Schliesst sich der Ductus nach der Geburt, bestehen meist nur milde Symptome. Unter Umständen entwickeln sich diese erst im Erwachsenenalter.

Kritische Aortenisthmusstenose: Bei dieser Form liegt die Einengung meist vor der Einmündung des Ductus arteriosus Botalli. Da das Blut des Fötus durch den Ductus ungehindert an der Engstelle vorbeifliesst, werden alle Körperregionen uneingeschränkt durchblutet. Kollateralgefässe bilden sich nicht. Zu Problemen kommt es erst, wenn sich der Ductus in den Tagen nach der Geburt schliesst. Abhängig davon, wie eng die Aorta am Isthmus ist, kommt es mit dem Verschluss des Ductus zu plötzlich auftretenden Beschwerden: Das unvorbereitete Herz ist schlagartig überlastet, und die Bauchorgane und Beine werden nicht mehr ausreichend durchblutet. Das Neugeborene gerät schnell in einen lebensbedrohlichen Zustand. Ohne Behandlung sterben die meisten betroffenen Babys in den ersten Tagen nach der Geburt.

Häufigkeit

Drei bis fünf Prozent aller angeborenen Herzfehler sind Aortenisthmusstenosen. Eine Aortenisthmusstenose betrifft etwa eines von 3.000 bis 4.000 Neugeborenen, Knaben sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.

In 70 Prozent der Fälle tritt die Aortenisthmusstenose als einzige Fehlbildung des Herzens auf, in 30 Prozent gemeinsam mit anderen Herzfehlern wie etwa einem Ventrikelseptumdefekt oder einem sich nicht schliessenden Ductus arteriosus Botalli (persistierender Ductus arteriosus Botalli).

Wie ist die Lebenserwartung bei einer Aortenisthmusstenose?

Wird die Aortenisthmusstenose rechtzeitig erkannt und behandelt, ist die Prognose sehr gut. Nach erfolgreicher Korrektur ist die Lebenserwartung vergleichbar mit jener der Normalbevölkerung. Allerdings ist es wichtig, regelmässig Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen: In manchen Fällen verengt sich die Aorta trotz erfolgreicher Behandlung erneut. Manchmal bilden sich im Laufe der Zeit an der Hauptschlagader sogenannte Aneurysmen: Dabei erweitert sich die Aorta ballonförmig und droht im schlimmsten Fall zu reissen.

In manchen Fällen bleibt der erhöhte Blutdruck auch nach der Operation bestehen. Diese Patienten erhalten lebenslang blutdrucksenkende Mittel.

Unbehandelt führt eine kritische Aortenisthmusstenose in neun von zehn Fällen zum Tod des Neugeborenen. Von Kindern mit weniger schweren Formen, die die ersten beiden Jahre überleben, sterben ohne Behandlung 25 Prozent. Die mittlere Überlebenszeit dieser Betroffenen liegt bei 32 Jahren.

Welche Symptome treten bei einer Aortenisthmusstenose auf?

Welche Symptome bei einer Aortenisthmusstenose auftreten, hängt davon ab, wie stark und an welcher Stelle die Aorta verengt ist.

Symptome bei der nicht kritischen Aortenisthmusstenose

Bei der nicht kritischen Aortenisthmusstenose hat sich der Organismus bereits im Mutterleib an den erhöhten Widerstand im Gefässsystem angepasst. Abhängig davon, wie eng die Aorta ist, bestehen unterschiedliche Symptome:

Patienten mit nur geringer Einengung zeigen unter Umständen keine oder nur milde Beschwerden. Sie werden beispielsweise sehr schnell müde.

Bei einer ausgeprägteren Einengung treten typischerweise folgende Symptome auf:

  • Hoher Blutdruck in der oberen Körperhälfte: Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten, Tinnitus
  • Blutdruck in der unteren Körperhälfte niedrig oder normal: Abgeschwächter Puls in den Beinen und der Leiste, Bauchschmerzen, Hinken, Schmerzen in den Beinen, kalte Füsse
  • Chronische Druckbelastung in der linken Herzkammer: Betroffene Kinder zeigen ein bis zwei Tage nach der Geburt Zeichen einer Herzschwäche und stabilisieren sich dann meist wieder.

Symptome bei kritischer Aortenisthmusstenose

Bei der kritischen Aortenisthmusstenose floss das Blut des Fötus im Mutterleib noch ungehindert. Probleme entstehen erst dann, wenn sich der Ductus arteriosus Botalli verschliesst. Das Blut muss nun durch die verengte Aorta fliessen. Die rechte Herzkammer ist schlagartig überlastet, da sich das Blut vor der Engstelle anstaut. Gleichzeitig wird die untere Körperhälfte nicht oder nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Der Puls fällt in den Beinen, es entwickelt sich eine schnell fortschreitende Herzschwäche mit typischen Symptomen wie Trinkschwäche, schnelle Atmung, Lebervergrösserung und graublasse Haut. Unbehandelt kommt es innerhalb kurzer Zeit zum Multiorganversagen.

Ursache und Risikofaktoren

Die Ursache für eine Aortenisthmusstenose liegt in einer Fehlentwicklung der Hauptschlagader in den ersten Wochen der Embryonalentwicklung. Wie es dazu kommt, ist ungeklärt. In den meisten Fällen entwickelt sich die Fehlbildung spontan.

Risikofaktoren

Aortenisthmusstenosen kommen in manchen Familien gehäuft vor. Eine genetische Veranlagung ist wahrscheinlich, aber noch nicht abschliessend nachgewiesen. Bei familiärer Häufung ist das Risiko einer Aortenisthmusstenose leicht erhöht: Ist die Mutter selbst betroffen, steigt das Risiko für die direkten Nachkommen auf fünf bis sieben Prozent, das Wiederholungsrisiko für Geschwister liegt bei zwei bis drei Prozent.

In einigen Fällen tritt eine Aortenisthmusstenose in Kombination mit anderen angeborenen Syndromen auf: So leiden etwa 30 Prozent aller Mädchen, die mit einem Turner-Syndrom zur Welt kommen, an einer Verengung des Aortenisthmus. Seltener sind Patienten mit anderen Erkrankungen wie dem Williams-Beuren-Syndrom oder Neurofibromatose betroffen.

Untersuchung und Diagnose

Körperliche Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt auf typische Veränderungen wie ein Herzgeräusch (oft bis zum Ende der vierten Lebenswoche nicht hörbar), bläuliche Verfärbung der Haut, schnelle Atmung oder unterschiedliche Blutdruckwerte in Armen und Beinen.

Herzultraschall

Mittel der Wahl, um eine Aortenisthmusstenose zu diagnostizieren, ist die Herzultraschall-Untersuchung (Echokardiografie). Sie dauert nur kurz und ist für den Patienten ungefährlich und schmerzlos. Mithilfe moderner Ultraschallmethoden (2D-Bild, Farbdoppler und CW-Doppler) ist es möglich, die Diagnose Aortenisthmusstenose mit einer Sicherheit von 95 Prozent zu stellen, ihren Schweregrad zu bestimmen und mögliche Begleitfehlbildungen des Herzens festzustellen.

Weitere Untersuchungen

Bei Bedarf führt der Arzt weitere Untersuchungen durch. Dazu zählen beispielsweise eine Röntgenuntersuchung, eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT).

Behandlung

Die Behandlung einer Aortenisthmusstenose hängt von ihrer Schwere ab. Eine kritische Aortenisthmusstenose erfordert immer eine intensivmedizinische Behandlung. Betroffene Neugeborene werden maschinell beatmet und erhalten Medikamente, um die Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten. Prostaglandin E (PGE) hält den Ductus offen und stellt den Blutfluss ähnlich wie vor der Geburt wieder her. Zusätzlich helfen Herzmedikamente wie Dopamin, das Herz zu stärken. Ziel der medikamentösen Behandlung ist, den kleinen Patienten so weit zu stabilisieren, dass er innerhalb der ersten 28 Lebenstage operiert werden kann.

Operation der Aortenisthmusstenose

Zur operativen Korrektur einer Aortenisthmusstenose stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Bei Neugeborenen und Säuglingen führt der Arzt am häufigsten eine End-zu-End-Anastomose durch: Dabei durchtrennt er die Hauptschlagader, entfernt die Engstelle (Resektion) und verbindet die beiden Enden der Aorta wieder (End-zu-End-Anastomosierung).

Bei Erwachsenen ist ein sogenanntes Protheseninterponat die Therapie der Wahl: Die verengte Stelle der Aorta wird hier durch ein Gefässtransplantat oder eine Kunststoffprothese überbrückt.

Interventionelle Behandlung

Bei der interventionellen Behandlung der Aortenisthmusstenose erfolgt der Zugang zur Aorta nicht über eine Operation, sondern über einen Herzkatheter, der über die Leistenvene zur Aorta geschoben wird. Nachdem der Arzt die verengte Stelle der Aorta mittels eines Ballons aufgedehnt hat (Ballonangioplastie), platziert er ein kleines Gitterröhrchen aus Metall (Stentimplantation). Der Stent hält das Gefäss dauerhaft offen.

Vorbeugen

Eine Aortenisthmusstenose ist eine angeborene Fehlbildung der Hauptschlagader. Massnahmen, um der Erkrankung vorzubeugen, gibt es nicht. Falls Aortenisthmusstenosen in der Familie gehäuft auftreten, empfiehlt es sich, im Falle einer Schwangerschaft die behandelnden Ärzte zu informieren. Sie nehmen beim Neugeborenen Untersuchungen vor, um eine Aortenisthmusstenose festzustellen und frühzeitig zu behandeln. Eine vorgeburtliche Diagnose der Aortenisthmusstenose (Pränataldiagnostik) ist schwierig, aber ebenfalls möglich.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Astrid Leitner studierte in Wien Tiermedizin. Nach zehn Jahren in der veterinärmedizinischen Praxis und der Geburt ihrer Tochter wechselte sie – mehr zufällig – zum Medizinjournalismus. Schnell war klar: Das Interesse an medizinischen Themen und die Liebe zum Schreiben ergeben für sie die perfekte Kombination. Astrid Leitner lebt mit Tochter, Hund und Katze in Wien und Oberösterreich.

ICD-Codes:
Q25
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
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