Affenpocken – Impfung

Von , Medizinredakteurin
Christiane Fux

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

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Die Affenpockenimpfung wurde ursprünglich zum Schutz vor dem viel gefährlicheren, auf Menschen spezialisierten Pockenvirus Variola entwickelt. Wegen der engen Verwandtschaft der Erreger schützt das Vakzin auch vor Affenpocken. Experten sprechen von einer sogenannten Kreuzimmunität. Lesen Sie hier, wer sich gegen Affenpocken impfen lassen sollte, wie die Impfung abläuft und welche Nebenwirkungen sie haben kann.

Mann erhält Affenpocken-Impfung

Kurzübersicht

  • Beschreibung: Der Pockenimpfstoff Imvanex enthält nicht vermehrungsfähige Lebendviren. Wegen der engen Verwandtschaft schützt er sowohl vor „Menschen-“ als auch vor Affenpocken.
  • Wer sollte sich impfen lassen? Erwachsene Männer und Trans-Personen mit männlichen Sexualpartnern. Personen mit beruflich erhöhtem Ansteckungsrisiko. Menschen nach relevantem Kontakt mit Infizierten oder infektiösem Material.
  • Impfschema: Zur Vorbeugung meist zwei Impfdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen. Für ältere, bereits vor Jahrzehnten Geimpfte, reicht bei intaktem Immunsystem eine Dosis. Für die Impfung nach Kontakt (Postexpositionsprophylaxe) verabreicht man meist eine Dosis, ausser bei geschwächter Immunabwehr.
  • Nebenwirkungen: Sehr häufig sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskelschmerzen, Müdigkeit sowie Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Schwellungen, Rötungen).

Was ist die Affenpockenimpfung?

Gegen Affenpocken (Mpox) impfen Mediziner heute eine Pockenimpfstoff, der in der EU als Imvanex und in den USA als Jynneos auch gegen Mpox zugelassen ist.

In der Schweiz ist der Impfstoff zurzeit überhaupt nicht zugelassen (auch nicht gegen "Menschen-"Pocken), aber verfügbar. Er wird hier im Moment also ohne Zulassung ("no-label") gegen Affenpocken verabreicht und somit ohne spezifische Fach- oder Patienteninformation des Herstellers. Dieser will die Zulassung aber bald beantragen.

Imvanex enthält abgewandelte Lebendviren des sogenannten Vacciniavirus "Ankara". Dieser Erreger ist dem menschlichen Pockenvirus ähnlich. Das Besondere: Diese veränderte Form kann sich im menschlichen Körper nicht weitervermehren. Imvanex ist daher auch für Menschen mit Immunschwäche gut geeignet.

Imvanex gilt insgesamt als besser verträglich als der noch bis in die 1980er-Jahren verwendete Pockenimpfstoff aus vermehrungsfähigen Lebendviren.

Die Schutzwirkung gegenüber einer Ansteckung mit den Affenpocken soll laut Hersteller bei mindestens 85 Prozent liegen. Über die genaue Wirksamkeit im Alltag lassen sich allerdings noch keine abschliessenden Aussagen treffen, da seine Wirksamkeit bisher überwiegend im Labor erprobt wurde.

Auch die älteren Variola-Impfstoffe wirken gegen die Affenpocken. Die meisten der heute Über-50-Jährigen wurden vor der Ausrottung der Pocken noch routinemässig geimpft. All jene besitzen daher vermutlich noch einen gewissen Restschutz vor Pocken – und wegen der grossen Ähnlichkeit der Viren auch vor Affenpocken. Wie hoch dieser Impfschutz nach Jahrzehnten aber tatsächlich noch ist, ist unklar.

Nachdem es gelungen war, die Pocken über Impfprogramme weltweit auszurotten, wurde in der Schweiz im Jahr 1972 die letzte Pockenimpfung verabreicht.

Wer sollte sich jetzt impfen lassen?

Die Eigenössische Kommission für Impffragen (EKIF) empfiehlt die Impfung folgenden Erwachsenen vorbeugend gegen eine Affenpocken-Infektion (Präexpositionsprophylaxe):

  • Männern, die Sex mit Männern haben
  • Trans-Personen mit wechselnden männlichen Sexualpartnern
  • Menschen, die aus beruflichen Gründen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben (z.B. Gesundheitspersonal und Mitarbeitende in Speziallaboren)

Ausserdem gibt es eine Impfempfehlung nach Kontakt mit Infizierten beziehungsweise infektiösem Material (Postexpositionsprophylaxe) für:

  • Kontaktpersonen nach relevantem Kontakt mit einem (wahrscheinlich) Infizierten
  • Gesundheits- und Laborpersonal nach einem relevanten ungeschützten Kontakt mit einem Infizierten oder infektiösem Material

Ein "relevanter Kontakt oder "Risikokontakt" ist in folgenden Fällen gegeben:

  • direkter, enger Körperkontakt mit einem Patienten (z.B. Geschlechtsverkehr)
  • Aufenthalt im Abstand von weniger als einem Meter zu einem bestätigten Affenpocken-Betroffenen ohne Schutz-/Hygienemassnahmen für längere Zeit (drei Stunden und länger)
  • direkter Kontakt mit kontaminiertem Material eines Infizierten (z.B. Kleidung, Bettwäsche)
  • zeitweilige oder dauerhafter Aufenthalt im Haushalt eines Menschen mit bestätigter Mpox-Infektion
  • Gesundheitspersonal, das ohne geeignete Schutzausrüstung direkten und engen Kontakt mit einem bestätigten Affenpocken-Patienten oder infektiösem Material hat

Wie wird geimpft?

Imvanex ist laut Hersteller für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen. Mediziner verabreichen den Impfstoff normalerweise in einer 0,5-ml-Dosierung unter die Haut (subkutan). Ist der Impfstoff knapp, wird alternativ eine 0,1-ml-Dosis in die Haut (intradermal) verabreicht. Die Wirksamkeit der Impfung ist in beiden Fällen die gleiche. Wie lange der Impfschutz anhält, ist noch unklar.

Zur Vorbeugung von Mpox (Präexpositionsprophylaxe) gelten folgende Impfempfehlungen:

  • Wer noch nie gegen Pocken geimpft wurde, benötigt zur Grundimmunisierung zwei Impfstoffdosen in einem Abstand von 28 Tagen.
  • Wer in der Vergangenheit gegen Pocken geimpft wurde, braucht nach Expertenmeinung nur eine Auffrischimpfung (also eine Impfdosis).
  • Menschen mit Immunschwäche (mit oder ohne frühere Pocken-Impfung) bekommen zwei Impfdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen.
  • Menschen, die vor mehr als zwei Jahren zwei Dosen von Imvanex erhalten haben, bekommen eine Auffrischdosis.

Zur Impfung nach Kontakt (Postexpositionsprophylaxe) empfehlen Experten folgendes Impfschema:

  • Sowohl Menschen, die noch nie gegen Pocken geimpft wurden, als auch solche mit früherer Pocken-Impfung erhalten eine Impfdosis.
  • Das Gleiche gilt für Menschen, die vor mehr als zwei Jahren zwei Dosen Imvanex bekommen haben.
  • Immungeschwächte benötigen zwei Impfdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen.

Mehr zum Thema Impfen bei geschwächter Körperabwehr lesen Sie im Beitrag Immunsuppression und Impfung.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Imvanex enthält zwar lebende Viren, doch können diese sich in menschlichen Zellen nicht vermehren. Deshalb sind deutlich weniger Nebenwirkungen zu erwarten als nach der Impfung mit älteren Vakzinen, die noch vermehrungsfähige Viren enthielten.

Sehr häufige Nebenwirkungen (also solche, die mehr als 1 von 10 Behandelten betreffen) sind:

  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit (Nausea)
  • Muskelschmerzen (Myalgien)
  • Müdigkeit
  • Reaktionen an der Injektionsstelle (Schmerzen, Rötung, Schwellung, Verhärtung und Juckreiz)

Weniger häufige Nebenwirkungen sind zum Beispiel Schüttelfrost, Fieber, Gelenkschmerzen, Halsschmerzen, Husten, Schlafstörungen, Erbrechen und Durchfall.

Wer darf nicht geimpft werden?

Patienten, die allergisch auf eine frühere Impfdosis oder auf bestimmte Inhaltsstoffe des Vakzins reagiert haben, dürfen nicht geimpft werden. Dies können etwa Restbestandteile von Hühnereiweiss sein. Solche Spuren gehen auf bestimmte Produktionsschritte bei der Anzucht der Impfviren in Hühnereiern zurück.

Wer schon einmal einen schweren allergischen (anaphylaktischen) Schock auf Hühnereier hatte, sollte dies vor der Impfung dem Arzt oder medizinischen Personal sagen. Es lässt sich nicht ausschliessen, dass dann auch das Risiko, auf die Affenpocken-Impfung allergisch zu reagieren, erhöht ist.

Ebenfalls nicht empfohlen wird die Impfung bei:

  • Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren
  • Schwangeren
  • Menschen, die kürzlich an Affenpocken erkrankt sind

Bei einer akuten fieberhaften Erkrankung (Körpertemperatur ab 38,5 Grad Celsius) sollte man die Impfung verschieben.

In der Stillzeit sollte die Impfung vorsichtshalber nicht verabreicht werden.

Mögliche Wechselwirkungen

Bislang haben Forscher noch keine Studien zu möglichen Wechselwirkungen zwischen Imvanex und anderen Medikamenten (inkl. Impfstoffen) durchgeführt. Sicherheitshalber raten Experten daher von der gleichzeitigen Verabreichung ab. Wer in nächster Zeit weitere Impfungen plant (z.B. eine Coronaimpfung), sollte dies vor der Affenpocken-Impfung dem Arzt / der Ärztin mitteilen.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Christiane Fux studierte in Hamburg Journalismus und Psychologie. Seit 2001 schreibt die erfahrene Medizinredakteurin Magazinartikel, Nachrichten und Sachtexte zu allen denkbaren Gesundheitsthemen. Neben ihrer Arbeit für NetDoktor ist Christiane Fux auch in der Prosa unterwegs. 2012 erschien ihr erster Krimi, außerdem schreibt, entwirft und verlegt sie ihre eigenen Krimispiele.

ICD-Codes:
B04
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Humane Affenpocken (Stand: 28.12.2022), unter: www.sozialministerium.at (Abruf: 18.01.2023)
  • Centers for Disease Control and Prevention (CDC): Smallpox: Prevention and Treatment, unter: www.cdc.gov (Abruf: 18.01.2023)
  • Deutsche Aidshilfe: Affenpocken-Impfung (Stand: 16.11.2022), unter: www.aidshilfe.de (Abruf: 18.01.2023)
  • European Medicines Agency (EMA): Imvanex (modifiziertes Vacciniavirus Ankara, lebend) (Stand: 07/2022), unter: www.ema.europa.eu (Abruf: 18.01.2023)
  • European Medicines Agency (EMA): Produktinformation zu Imvanex (Stand: 22.12.2022), unter: www.ema.europa.eu (Abruf: 18.01.2023)
  • Österreichischer Impfplan 2023, unter: www.sozialministerium.at (Abruf: 18.01.2023)
  • Robert Koch-Institut: Schutzimpfung gegen Mpox/Affenpocken: Häufig gestellte Fragen und Antworten (Stand: 16.08.2022), unter: www.rki.de (Abruf: 18.01.2023)
  • Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Gesundheit (BAG): Analyserahmen und Empfehlungen zur Impfung gegen AffenpockenImpfstoff MVA-BN® (Modified Vaccinia Ankara von Bavarian Nordic) (Stand 01.09.2022), unter: www.bag.admin.ch
  • Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Gesundheit (BAG): Aufklärungsbogen - Impfung gegen Affenpocken mit Jynneos® (Stand: 14.10.2022), unter: www.bag.admin.ch
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