Wundheilung

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Die Wundheilung ist ein sehr komplexer Prozess. Ihr Ziel ist es, Schäden im Körpergewebe zu verschliessen, um Infektionen, Austrocknung oder andere Folgeschäden zu verhindern. Erfahren Sie hier, in welchen Phasen die Wundheilung stattfindet und welche Methoden und Hausmittel es gibt, um die Wundheilung zu beschleunigen!

Wundheilung verläuft in Phasen

Wie funktioniert die Wundheilung?

Nach einer Verletzung, einem Unfall oder einer OP: Die Wundheilung ist ein komplizierter Prozess, an dem viele verschiedene Zellen, Botenstoffe und andere Substanzen beteiligt sind. Sie zielt darauf ab, eine Wunde – also einen defekten Bereich im Gewebe der äusseren oder inneren Körperoberflächen – möglichst schnell zu verschliessen. Das verhindert, dass Infektionen, Temperaturschwankungen, Austrocknung und andere mechanische Reizungen das Gewebe beeinträchtigen.

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten der Wundheilung: die primäre und die sekundäre Wundheilung.

Primäre Wundheilung

Von einer primären Wundheilung sprechen Mediziner, wenn die Wundränder direkt zusammenwachsen und sich eine schmale Narbe bildet. Das passiert entweder von allein oder mit ärztlicher Unterstützung mittels Naht, Klammern oder Pflaster. Die anfangs hellrote, weiche Narbe wird mit der Zeit weisslich und gewinnt an Festigkeit.

Eine primäre Wundheilung findet sich bei unkomplizierten Gelegenheitswunden, wie Schnitt- und Platzwunden, mit glatten Wundrändern und ohne grossen Gewebsverlust. Hierfür darf die Wunde nicht älter als vier bis sechs Stunden sein, wenn sie verschlossen wird. Auch die Wundheilung nach Operationen verläuft primär, wenn es sich um eine nicht-infizierte (aseptische) Operationswunde handelt.

Sekundäre Wundheilung

Grossflächige und/oder klaffende Wunden mit grösserem Gewebeverlust heilen sekundär, das heisst: Die Wundränder wachsen nicht direkt zusammen. Stattdessen wird die Wunde durch Granulationsgewebe vom Grund her aufgefüllt. Solch eine sekundär heilende Wunde weist schliesslich eine breitere Narbenfläche auf, die nicht sehr belastungsstabil ist und häufig kosmetisch stört.

Auch jede mit Bakterien infizierte Wunde verheilt sicherheitshalber sekundär: Bei einem primären Wundverschluss durch eine Hautnaht besteht nämlich die Gefahr, dass sich die Keime in der Wunde vermehren und zu einem Eiterherd (Abszess) führen. Bei einer infizierten Wunde ist daher eine offene Wundheilung mit Granulation aus der Tiefe nach oben wichtig, sodass Wundsekret oder Eiter ungehindert nach aussen abfliessen.

Eine sekundäre Wundheilung entsteht auch bei chronischen Wunden wie einem diabetischen Fussgeschwür oder Dekubitus (Wundliegen).

Wie kann die Wundheilung beschleunigt werden?

Es dauert einige Zeit, bis der Körper Wunden wieder verschliesst. Allerdings gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Wundheilung zu unterstützen.

Zinksalbe fördert die Wundheilung, zum Beispiel nach Verbrennungen, bei diabetischen Fussgeschwüren oder im Anschluss an eine OP.

Silber-Ionen haben eine antibakterielle Wirkung. Daher kommen Silberpuder oder silberhaltige Wundauflagen zum Einsatz, um Infektionen zu verhindern und auf diese Weise die Wundheilung positiv zu beeinflussen.

Viele Menschen setzen Hausmittel wie Kamillentee oder Teebaumöl ein, um die Wundheilung zu fördern. Es gibt erste Hinweise darauf, dass Honig die Wundheilung möglicherweise beschleunigt.

Vaseline hält wunde, raue Haut geschmeidig und wird von vielen Menschen als angenehm empfunden.

Auch die Ernährung spielt für die Wundheilung eine wichtige Rolle. Der Körper braucht Mineralstoffe wie Eisen und Zink, Vitamine wie Vitamin C oder Vitamin E und insbesondere auch Eiweisse, um die Haut gesund zu halten und Wunden heilen zu lassen. Eiweisse und ihre Bestandteile, die Aminosäuren, werden gebraucht, um zum Beispiel im Anschluss an eine Operation neues Gewebe herzustellen.

Wovon Ärzte dringend abraten, ist der Genuss von Alkohol. Im Gegensatz zur geläufigen Meinung "desinfiziert" er nicht von innen, sondern stört sogar die Wundheilung.

Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.

Welche Phasen der Wundheilung gibt es?

Es lassen sich grob drei Phasen der Wundheilung unterscheiden, die sich häufig auch überlappen und parallel ablaufen.

Exsudations- oder Reinigungsphase

Direkt nach Entstehen der Wunde beginnt bereits die Exsudationsphase, die auch Reinigungs- oder Entzündungsphase genannt wird.

Durch Gefässverengung (Konstriktion) und Aktivierung der Blutgerinnungskaskade (Bildung von Fibrin = Eiweissfasern) werden eventuelle Blutungen gestillt. Geschädigte Gefässwände werden abgedichtet. Die Freisetzung von Botenstoffen wie Histamin löst eine lokale Entzündungsreaktion aus, in deren Folge unter anderem die Wanddurchlässigkeit der feinsten Blutgefässe (Kapillaren) zunimmt. Dadurch tritt im Wundbereich vermehrt Blutplasma aus (Exsudation).

Mit diesem Wundsekret, auch Wundflüssigkeit genannt, versucht der Körper, die Wunde zu säubern. Das Sekret schwemmt Zelltrümmer, Fremdkörper und Bakterien aus. Eingewanderte weisse Blutkörperchen vom Typ der Makrophagen (Fresszellen) und Granulozyten unterstützen diesen Prozess: Granulozyten beseitigen wie Makrophagen Krankheitskeime. Die Fresszellen bauen auch Zelltrümmer ab.

Die Dauer der Exsudationsphase beträgt in der Regel bis zu drei Tage.

Granulations- oder Proliferationsphase

In dieser zweiten Phase der Wundheilung beginnen kleinste Blutgefässe, sogenannte Kapillaren, und Bindegewebszellen von den Wundrändern her in das Wundbett einzuwachsen und ein festes Netzwerk zu bilden. Dieses gefässreiche Gewebe ist an der Oberfläche tiefrot, feucht-glänzend und körnig. Mediziner bezeichnen dies als Granulationsgewebe (lat. granulum = Körnchen).

Die Bindegewebszellen produzieren Vorstufen von Kollagen. Diese stabilisierenden Eiweissfasern lassen die Wunde schrumpfen – so werden die Wundränder zueinander gezogen und die Wundoberfläche verringert sich.

Die Granulationsphase dauert ungefähr zehn Tage.

Regenerationsphase

Im letzten Abschnitt der Wundheilung nimmt der Anteil an Gewebswasser und Gefässen im Granulationsgewebe ab. Die zuvor angelegten Kollagenfasern vernetzen und stabilisieren sich. So bildet sich ein erstes Narbengewebe. Die von den Wundrändern einwandernden Epithelzellen bedecken schliesslich die gesamte Wundoberfläche (Epithelisierung).

Die Regenerationsphase hält meist mehrere Wochen bis Monate an. Erst nach etwa drei Monaten hat die Narbe ihre maximale Belastbarkeit erreicht.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Felicitas Witte
Autor:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
T89T79T81
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Birkelbach, D.: Wundheilung gestört? Auch an einen Zinkmangel denken, unter www.der-niedergelassene-arzt.de (Abruf am 10.02.2022)
  • Curtis, B. J. et al.: Episodic Binge Ethanol Exposure Impairs Murine Macrophage Infiltration and Delays Wound Closure by Promoting Defects in Early Innate Immune Responses. Alcohol Clin Exp Res 2014; 38 (5): 1347–1355
  • Danzer, S.: Palliative Wundversorgung. Kohlhammer Verlag, 2016
  • I care – Pflege. Georg Thieme Verlag, 2. Auflage 2020
  • Jull, A. B. et al.: Honig zur örtlichen Behandlung von akuten und chronischen Wunden (Stand 2014), unter www.cochrane.org (Abruf am 10.02.2022)
  • Krischak, G.: Traumatologie für Physiotherapeuten. Georg Thieme Verlag, 2. Auflage 2011
  • Lauber, A., Schmalstieg, P.: Pflegerische Interventionen. Georg Thieme Verlag, 2012
  • Paetz, B.: Chirurgie für Pflegeberufe. Georg Thieme Verlag, 24. Auflage 2021
  • S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie et al.: Wunden und Wundbehandlung (Stand 07/2021), unter www.awmf.org (Abruf am 10.02.2022)
  • Winterhagen, I.: Silberner Schutz. Silberhaltige Wundauflagen fördern die Wundheilung. DAZ 2015; 11: 30
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