Akne inversa

Von , Studentin der Humanmedizin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Akne inversa (Acne inversa) ist eine Hauterkrankung, bei der grossflächige Entzündungen vor allem im Achsel- und Genitalbereich auftreten. Die Behandlung erfolgt durch Medikamente, Operationen oder eine Lasertherapie. Welche Ursachen hinter der Erkrankung stecken, ist bis heute nicht abschliessend geklärt. Lesen Sie hier alles Wichtige über die Akne inversa und erfahren Sie, was gegen die Erkrankung hilft.

akne inversa

Kurzübersicht

  • Behandlung: Medikamentös, operativ oder mittels Lasertherapie
  • Ursachen und Risikofaktoren: Nicht abschliessend geklärt, vermutlich hormonell, erbliche Veranlagung oder durch ein gestörtes Immunsystem, Triggerfaktoren verstärken die Krankheit
  • Symptome: Entzündungen in der Haut mit tastbaren Knoten und Verdickungen, später Eiteransammlungen, Fisteln und Narben
  • Diagnose: Krankengeschichte (Anamnese), körperliche Untersuchung, Probenentnahme und bildgebende Verfahren
  • Krankheitsverlauf und Prognose: Unbehandelt entwickelt sich möglicherweise ein chronisches Leiden. Komplikationen wie eine Blutvergiftung oder Spätfolgen wie ein bösartiger Hauttumor sind möglich.

Was ist die Akne inversa?

Akne inversa (Acne inversa) ist eine entzündliche Hauterkrankung, die zu den Autoimmunerkrankungen zählt. Von ihr sind vor allem die Regionen betroffen, in denen sich leicht Hautfalten bilden (Achseln, Intimbereich). Es kommt hier zu grossflächigen Entzündungen, Eiteransammlungen und Eiterbeulen (Abszessen).

Ausserdem bilden sich möglicherweise Verbindungsgänge von der Haut zu anderen Organen (Fisteln). Akne inversa führt darüber hinaus unter Umständen zu ausgeprägten Narben und Behinderungen. Der Schweregrad der Erkrankung lässt sich in unterschiedliche Grade beziehungsweise Stadien einteilen:

  • Stadium I: Es haben sich einzelne Abszesse gebildet, Fistelgänge und Vernarbungen fehlen.
  • Stadium II: Patienten sind von einem oder mehreren Abszessen, die weit auseinander liegen, betroffen. Es kommt zur Bildung von Fistelgängen und Narben.
  • Stadium III: Die Abszesse treten grossflächig auf. Es kommt zur Bildung von Fistelgängen und Narbenzügen.

Frauen erkranken häufiger an Akne inversa als Männer. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung nach der Pubertät und vor dem 30. Lebensjahr das erste Mal auf.

In vielen Fällen tritt Akne inversa zusammen mit der bekannteren Akne vulgaris auf.

Wie wird Akne inversa behandelt?

Die Behandlung von Akne inversa ist schwierig und hängt vom Stadium (Schweregrad) der Erkrankung ab. Manchmal lindern Medikamente die Symptome und verschaffen dem Patienten beschwerdefreie oder zumindest beschwerdearme Phasen.

Häufig lassen sich aber chirurgische Eingriffe nicht vermeiden. Allgemein gilt: Die Therapie einer Akne inversa erfolgt in medizinischen Zentren, die auf Hauterkrankungen spezialisiert sind.

Medikamente bei Akne inversa

Für die lokale Wundbehandlung der Akne inversa verordnet der Arzt antiseptische (antimikrobielle) Präparate etwa in Form von Lösungen oder Salben (zum Beispiel mit Polyhexanid, Octenidin oder PVP-Iod). Zudem verschreibt der Arzt oft Antibiotika, um bakterielle Infektionen in den Griff zu bekommen, die den Krankheitsverlauf von Akne inversa unter Umständen erheblich beeinflussen.

Die Wahl der Wirkstoffe richtet sich nach den Keimen, die in entnommenen Abstrichen und Gewebeproben vorkommen. Zur Verfügung stehen beispielsweise Clindamycin, Rifampicin und Tetracycline. Sie sind lokal aufzutragen oder in Tablettenform einzunehmen.

Schwerere Fälle von Akne inversa behandelt der Arzt manchmal mit dem sogenannten TNF-Hemmer Adalimumab (TNF = Tumornekrosefaktor). Es handelt sich um einen biotechnologisch hergestellten monoklonalen Antikörper, der Entzündungsprozesse im Immunsystem bremst.

Er kommt deshalb beispielsweise auch bei rheumatoider Arthritis, Schuppenflechte (Psoriasis), Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und anderen Autoimmunerkrankungen zum Einsatz.

Frauen mit Akne inversa verschreibt der Arzt gelegentlich Antiandrogene. Sie hemmen die männlichen Sexualhormone, die im weiblichen Körper in geringen Mengen vorkommen. Das wirkt sich gegebenenfalls positiv auf den Krankheitsverlauf aus.

Seltener kommen in der Therapie von Akne inversa weitere Medikamente zur Anwendung, beispielsweise Kortikosteroide (Kortison) oder Acitretin. 

Manche Betroffene versuchen gegebenenfalls, die Akne inversa mit Hilfe von Hausmitteln zu behandeln. Allgemein gilt jedoch, dass die Wirksamkeit von Hausmitteln nicht immer wissenschaftlich belegt oder nicht ausreichend untersucht ist.

Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.

Chirurgische Behandlung

In vielen Fällen bedarf es bei Akne inversa auch einer Operation (OP). So ist es häufig nötig, dass der Arzt Entzündungsherde öffnet: Er schneidet die Eiterbeulen (zum Beispiel in den Achseln) während der OP auf, entleert und spült sie mit Antibiotika.

Nachhaltig heilen lässt sich fortgeschrittene Akne inversa meist nur durch die chirurgische Entfernung erkrankter Hautpartien. Je nach Grösse der Wunde und eventuell bestehenden Wundheilungsstörungen kommen drei Möglichkeiten der Wundbehandlung in Betracht:

  1. Sekundärheilung: Hierbei werden die Wundränder miteinander vernäht, und es bildet sich eine Narbe an der Schnittstelle. Die sekundäre Heilung der Akne inversa eignet sich vor allem bei kleineren Hautarealen.
  2. Nahlappenplastik: Bei einer Nahlappenplastik wird gesunde Haut aus der Umgebung verschoben, um die Wunde zu verschliessen. Dabei achtet der Chirurg darauf, dass durch die Spannung, die in der Haut entsteht, die Bewegungsfähigkeit nicht eingeschränkt wird.
  3. Spalthauttransplantation: Bei der Spalthauttransplantation entnimmt der Arzt gesunde Haut beispielsweise vom Hinterkopf oder vom Oberschenkel und setzt diese in die Wunde. Die Stelle, von der er die Haut entnommen hat, heilt selbstständig, etwa wie eine Schürfwunde.

Wie lange Sie nach einem operativen Eingriff aufgrund einer Akne inversa arbeitsunfähig sind, richtet sich beispielsweise nach dem Schweregrad der Erkrankung und dem Heilungsverlauf.

Sonstige Therapiemassnahmen

Eher selten wendet der Arzt Lasertherapien bei Akne inversa an, etwa zum Abtragen erkrankten Gewebes oder als Bestrahlungstherapie.

Egal, auf welche Weise sie Akne inversa behandeln lassen – der Therapieerfolgt hängt auch davon ab, ob es gelingt, Triggerfaktoren zu vermeiden. Vor allem ist es wichtig, dass Patienten nicht rauchen und Übergewicht vermeiden beziehungsweise abbauen.

So raten Experten bei einer Akne inversa unter anderem zu einer kalorienbewussten Ernährung und körperlicher Bewegung.

Welche Ursache liegt Akne inversa zugrunde?

Die genauen Ursachen der Akne inversa sind bis heute nicht bekannt. Experten vermuten, dass Störungen des Immunsystems und hormonelle Einflüsse bei der Entstehung der schweren Hauterkrankung eine Rolle spielen. Zudem haben manche Menschen offenbar eine erbliche Veranlagung für Akne inversa.

Gesichert ist, dass bestimmte Faktoren die Hautkrankheit auslösen oder verstärken. Zu diesen Triggerfaktoren zählen:

  • Rauchen
  • Starkes Übergewicht (Adipositas)
  • Stress und psychische Belastungen
  • Schwitzen
  • Mechanische Irritation (zum Beispiel durch enge Kleidung)
  • Entfernung der Körperhaare (Rasuren)
  • Bakterielle Besiedelung der Haarfollikel (vor allem mit Staphylococcus aureus)

Darüber hinaus beobachtet man oft einen Zusammenhang zwischen Akne inversa und einigen anderen Erkrankungen (Begleiterkrankungen) wie etwa den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.

Welche Symptome ruft Akne inversa hervor?

Bei Akne inversa entzünden sich an den betroffenen Hautarealen zunächst nur die Haarwurzeln und die damit verbundenen Talg- und Schweissdrüsen. Es bilden sich tastbare Knoten und Verdickungen, die aussehen wie vergrösserte Mitesser.

Der entzündungsbedingte Rückstau von Talg und Schweisssekret führt mit der Zeit gegebenenfalls zur Bildung von Eiteransammlungen (Abszessen) im Bereich der Schweissdrüsen. Das Drüsengewebe wird zerstört. Es bilden sich darüber hinaus möglicherweise verzweigte Gänge in tiefere Gewebeschichten oder zur Körperoberfläche (Fisteln).

Die Eiteransammlungen entleeren sich manchmal spontan und Eiter, Talg oder ein schlecht riechendes Sekret wird frei. Nach einigen Jahren sind die betroffenen Regionen meist durch eine Vielzahl von Narben früherer Entzündungsherde gekennzeichnet.

Von diesen Krankheitsvorgängen der Akne inversa sind unter anderem folgende Körperregionen betroffen:

  • Achseln
  • Leisten
  • Genitalregion: Vulva, Hodensack (Skrotum)
  • Gesäss
  • Bauchfalten
  • Falten unter der weiblichen Brust

Die Akne inversa tritt seltener an Körperregionen wie Gesicht, Augenlidern und Rücken auf.

Akne inversa: Untersuchungen und Diagnose

Bis Akne inversa diagnostiziert wird, vergehen oft Jahre. Das liegt etwa daran, dass viele Betroffene aus Schamgefühl erst spät zum Arzt gehen. Ausserdem ist die Erkrankung so selten, dass viele Mediziner wenig Erfahrung damit haben und deshalb nicht gleich die richtige Diagnose stellen.

Zur Abklärung der Hautveränderungen erhebt der Arzt zuerst im Gespräch mit dem Patienten dessen Krankengeschichte(Anamnese). Dazu lässt er sich unter anderem alle Symptome und Beschwerden genau schildern und fragt, wie lange diese schon bestehen.

Ausserdem erkundigt er sich nach wichtigen Risikofaktoren von Akne inversa, beispielsweise, ob andere Familienmitglieder an der Hautkrankheit erkrankt sind und ob der Patient raucht. Der Arzt wird Gewicht und Körpergrösse des Patienten messen, um dessen Body-Mass-Index (BMI) zu bestimmen. Starkes Übergewicht ist neben Tabakkonsum ein wichtiger Triggerfaktor von Akne inversa.

Danach folgt eine körperliche Untersuchung. Beispielsweise begutachtet der Arzt sorgfältig die Hautveränderungen und tastet das Gewebe ab. Eventuelle Fisteln untersucht er mithilfe einer Sonde genauer. Meist nimmt der Arzt auch Blutproben, um etwa Entzündungsparameter wie Blutsenkung und C-reaktives Protein zu bestimmen.

Aufschluss geben zudem Abstriche der Hautoberfläche und Proben aus tieferen Gewebeschichten an den krankhaft veränderten Hautarealen. Darin vorhandene Keime lassen sich im Labor nachweisen.

Mithilfe bildgebender Verfahren stellt der Arzt die Tiefenausdehnung der Erkrankung beziehungsweise der Fistelgänge fest. Zum Einsatz kommen etwa Ultraschall und Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT).

Bei seinen Untersuchungen schliesst der Arzt andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen aus. Dazu zählen zum Beispiel eine wiederkehrende Haarbalgentzündung (Follikulitis), die tiefe, eitrige Entzündung eines einzelnen Haarbalgs (Furunkel) oder mehrerer benachbarter Haarbälger (Karbunkel) sowie Haut-Tuberkulose.

Welche Auswirkungen und Folgen hat Akne inversa?

Aufgrund der körperlichen Symptome sind Akne-inversa-Patienten in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigt. Zudem hat die Erkrankung unter Umständen weitere Auswirkungen, die das Alltags-, Berufs- und Beziehungsleben der Betroffenen negativ beeinflussen. Dazu gehören:

  • Schmerzen
  • Schlafstörungen
  • Bewegungseinschränkungen
  • Fettsucht (Adipositas)
  • Ekelgefühl
  • Entstellungsproblematik verbunden mit Schamgefühl
  • Nässegefühl, Verschmutzung der Kleidung (bei Eiterentleerung)
  • Weichteilschwellungen unter der Haut aufgrund einer Störung im Bereich des Lymphgefässsystems (Lymphödeme)
  • Eingeschränkte Leistungsfähigkeit
  • Beeinträchtigung des Sexuallebens
  • Angst vor Folgeerkrankungen: Blutarmut (Anämie), Entwicklung eines Tumors im Anus- und Genitalbereich
  • Angst vor Belastungen in der Familie/im sozialen Umfeld
  • Angst vor Arbeitslosigkeit/finanziellen Problemen
  • Angst vor genetischer Belastung/Vererbbarkeit

Prognose

Unbehandelt entwickelt sich Akne inversa unter Umständen zu einem chronischen Leiden, das mit starken Schmerzen und einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergeht. Viele Betroffene ziehen sich aus dem Sozialleben zurück, einige entwickeln sogar Depressionen. Deshalb ist es sehr wichtig, sich bei Verdacht auf Akne inversa frühzeitig von einem erfahrenen Hautarzt untersuchen und behandeln zu lassen.

Kommt es zu einer Erregerausbreitung, droht zudem eine Blutvergiftung (Sepsis). Zu den möglichen, aber seltenen Spätfolgen zählt das Plattenepithelkarzinom – ein bösartiger Hauttumor.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
L73
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Ärzte Zeitung Online (02.11.2017): "lAight-Therapie" gegen Akne inversa
  • Breuninger, H. & Wienert, V.: Acne inversa, Dt Ärztebl 2001, 98: A 2889–2892.
  • Dissemond, J. & Kröger, K.: Chronische Wunden: Diagnostik – Therapie – Versorgung. Urban & Fischer Verlag, 1. Auflage 2020
  • Eisenbach, A.M.: Akne inversa: Ursachen "therapieresistenter" Hautkrankheiten, Cosana, 2005
  • Goebeler, M. & Hamm, H.: Basiswissen Dermatologie. Springer Verlag, 1. Auflage 2017
  • Jähne, J. et al.: Was gibt es Neues in der Chirurgie? Berichte zur chirurgischen Weiter-und Fortbildung. ecomed MEDIZIN. 2016
  • Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) et al.: Therapie der Hidradenitis suppurativa/Acne inversa (Stand: Dezember 2012), unter: www.awmf.org
  • Meixner, D. et al.: Acne inversa, JDDG, 2008 3(6):189–196.
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 04.02.2022)
  • Rose, N.R. & Mackay, I.R.: The Autoimmune Diseases. Academic Press, 6. Auflage 2020
  • Therapie- und Forschungsschwerpunkt Acne inversa an der an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité Universitätsmedizin: www.acne-inversa-charite.de (Abrufdatum: 04.02.2022)
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