Wundversorgung: Chronische Wunden

Von Lena Machetanz, Ärztin
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Als chronische Wunden bezeichnet man Wunden, die sich langsam entwickeln und über längere Zeit bestehen. Häufige Gründe für ihre Entstehung sind Durchblutungsstörungen, Diabetes („Zuckerkrankheit“) oder eine Schwäche des Immunsystems. Lesen Sie hier alles über die Wundversorgung chronischer Wunden, welche Gefahren bestehen und was Sie beachten müssen.

wunden; chronisch

Chronische Wunden: Definition

Eine Wunde, die über einen Zeitraum von über vier Wochen nicht abheilt, bezeichnet man als chronisch. Die schlechte Wundheilung ist häufig Folge einer Durchblutungsstörung, eines Immundefekts oder eines Diabetes mellitus. Eine häufige chronische Wunde ist das Wundliegegeschwür (Dekubitus) oder das Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris).

Auch eine akute Wunde, die nicht fachgerecht gepflegt wird, kann chronisch werden. Verschlechtert wird die Wundheilung zusätzlich durch Rauchen oder Übergewicht. Häufig sind die Patienten im Alltag durch ihre chronischen Wunden erheblich eingeschränkt, die zahlreichen Arztbesuche können auch die Psyche belasten. Wird die Ursache nicht behoben, besteht kaum Chance auf Heilung. Darum muss neben der optimalen Versorgung der Wunde auch die Grunderkrankung bestmöglich behandelt werden!

Chronische Wunden: Säuberung und Bekämpfung von Infektionen

Eine zerstörte Hautbarriere begünstigt den Eintritt von Erregern. Chronische Wunden sind daher besonders gefährdet für Verschmutzungen und Infektionen. Daher gehört zu ihrer Behandlung eine sorgfältige Säuberung, etwa mit medizinischen Spüllösungen.

Ist das Gewebe im Wundbereich bereits abgestorben, muss es entfernt werden, damit die Verletzung heilen kann. Das bezeichnet man als Débridement: Der Arzt entfernt unter Betäubung mit einer Klinge das abgestorbene Gewebe. Alternativ kann er enzymatisch wirkende Stoffe auftragen oder Maden auf die Wunde setzen, welche die toten Zellen ablösen. Welches Verfahren für das Débridement geeignet ist, hängt von Art und Grösse der Verletzung ab.

Ist die Wunde von Bakterien befallen, ist zusätzlich zur Wundreinigung eine Antibiotikatherapie notwendig. Diese wird meist über einen venösen Zugang verabreicht, kann aber auch als Tablette eingenommen werden.

Chronische Wunden: Wundauflagen

Da sich chronische Wunden, solange sie infiziert sind, nicht verschliessen lassen, müssen sie sicher abgedeckt werden. So vermeidet der Arzt erneute Infektionen und das Austrocknen der Wundränder. Die richtige Wundauflage spielt eine grosse Rolle bei der Wundversorgung.

Unterschieden werden inaktive Wundauflagen, die lediglich Wundsekret aufnehmen, interaktive Wundauflagen, die den Heilungsprozess aktiv unterstützen sowie bioaktive Wundauflagen, zum Beispiel Hauttransplantate.

Inaktive Wundauflagen sind sehr saugfähig, was die Wunde auch austrocknen kann. Sie haben auch den grossen Nachteil, dass sie häufig mit dem Wundgrund verkleben, was das Ablösen mühsam und schmerzhaft macht. Deshalb müssen Mullkompressen mit Kochsalzlösung getränkt und mit einer wasserdichten Folie abgedeckt werden. Beim Verbandswechsel ist die Gefahr gross, dass neu gebildetes Gewebe mit abgerissen wird.

Interaktive Wundauflagen bestehen beispielsweise aus Schaumstoffen, Hydrogelen oder Hydrokolloiden und verkleben kaum. Ausserdem sorgen sie für ein konstant feuchtes Milieu, nehmen Zerfallsprodukte von Bakterien auf und schützen vor Infektionen. Interaktive Wundauflagen sind allerdings teurer als herkömmliche.

Chronische Wunden: Begleitende Massnahmen zur Unterstützung der Wundheilung

Zusätzlich zur Behandlung der Grunderkrankung und der Wundpflege werden verschiedene physikalische Verfahren angewandt. Sie sollen den Heilungsprozess beschleunigen. Ein Beispiel ist die häufig genutzte Vakuumversiegelung: In die offene Wunde wird ein Schwamm mit einem Unterdrucksystem angelegt, was folgende Effekte hat:

  • Verkleinerung der Wundfläche
  • verbesserte Gewebedurchblutung
  • Schutz vor Erregern
  • Abtransport von Wundsekret und Blut

Auch die Ganzkörperdruckkammertherapie (hyperbare Sauerstofftherapie) wirkt sich positiv auf chronische Wunden, insbesondere den diabetischen Fuss, aus. Der Patient atmet bei diesem Verfahren in einer Druckkammer reinen Sauerstoff ein.

Chronische Wunden: Behandlung von Schmerzen

Chronische Wunden gehen in der Regel mit starken Schmerzen einher, unter welchen die Patienten körperlich und seelisch sehr leiden. Eine adäquate Schmerztherapie ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der Wundversorgung. Leichtere Schmerzen können zum Beispiel durch örtlich betäubende Salben behandelt werden, bei stärkeren Schmerzen erhält der Patient eine systemisch wirksame Therapie (Schmerztabletten, - spritzen oder -infusionen). Manchmal erfolgt zusätzlich zum behandelnden Arzt die Einbindung eines geschulten Schmerztherapeuten.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Felicitas Witte
Quellen:
  • Lippert, H.: Wundatlas: Kompendium der komplexen Wundbehandlung. Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2006.
  • Rüttermann, M. et al.: Lokaltherapie chronischer Wunden. Deutsches Ärzteblatt Int 2013; 110(3): 25-31; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0025
  • S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung: „Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronische venöse Insuffizienz“ Stand: 2012.
  • Tomm, M.: Schmerzmanagement in der Pflege. Springer-Verlag, 2. Auflage, 2016.
  • Voggenreiter, G. & Dold, C.: Wundtherapie. Georg Thieme Verlag, 1. Auflage, 2004.
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