Schulterluxation

Von , Wissenschaftsjournalistin
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Schulterluxation oder Schultergelenkluxation bedeutet, dass sich der Betroffene die Schulter ausgekugelt (ausgerenkt) hat. Der Knochenkopf des Oberarms sitzt nicht mehr in der Gelenkpfanne. Eine Luxation der Schulter ist die häufigste Form von Verrenkung. Erfahren Sie hier, wie Sie bei einer Schulterluxation Erste Hilfe leisten, ob Sie damit zum Arzt müssen und wie dieser die Verrenkung behandelt.

Schulterluxation: Arzt renkt Schulter ein

Kurzübersicht

  • Symptome: Starke Schmerzen im betroffenen Bereich, veränderte Schulterform, mitunter Bluterguss und Schwellung an Schulter, Beweglichkeit des Arms eingeschränkt, Kribbeln im Arm durch Nervenverletzung möglich
  • Behandlung: Ruhigstellen, eventuell kühlen, Betroffenen zum Arzt bringen oder Rettungsdienst rufen, Arzt renkt Schulter manuell ein unter Schmerzmittelgabe, bei Komplikationen Operation
  • Untersuchung: Arzt prüft Beweglichkeit der Schulter und stellt Ausmass der Verletzung mithilfe bildgebender Verfahren (wie Röntgen, Kernspintomografie) fest, selten Gelenkspiegelung
  • Vorbeugen: Regelmässiges Aufbau- und Koordinationstraining der Schultermuskulatur, insbesondere, wenn bereits eine Schulterluxation vorgekommen ist

Achtung!

  • Achten Sie als Ersthelfer darauf, dass die ausgerenkte Schulter weder bewegt noch belastet wird.
  • Versuchen Sie niemals, ein herausgesprungenes Schultergelenk selbst wieder einzurenken! Möglicherweise ist der Oberarmknochen gebrochen. Zudem riskieren Sie, dass Nerven, Bänder oder Blutgefässe abreissen oder abklemmen und die Verletzung sich verschlimmert! Das Einrenken sollte nur von einem Arzt vorgenommen werden.
  • Wenn Sie die ausgerenkte Schulter mit Eis oder einem Coolpack kühlen möchten, achten Sie darauf, dass immer eine Stofflage zwischen Kühlelement und Haut liegt.
  • Eine Schulterluxation schränkt die Bewegungsmöglichkeiten ein. Unbehandelt entwickeln sich womöglich Fehlbelastungen und Gelenkverschleiss (Arthrose).

Was ist eine Schulterluxation?

Bei einer Schulterluxation springt der kugelförmige Oberarmkopf aus der Schultergelenkpfanne. Beim gewaltsamen Auseinanderweichen der Gelenkflächen im Rahmen der traumatischen Schulterluxation durch äussere Krafteinwirkung werden mitunter umliegende Strukturen verletzt. Gegebenenfalls reissen Bänder und Gefässe, Nerven werden beschädigt und Knochen brechen.

Beispiele sind:

    • Die vordere Schulterluxation ist die häufigste Form. Dabei kommt es womöglich zur sogenannten Bankart-Läsion. Dabei reisst die Gelenklippe, eine wulstartige Knorpelverdickung am vorderen Rand der Gelenkpfanne, teilweise ab. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für erneute Luxationen.
    • Die hintere Schulterluxation ist deutlich seltener und wird mitunter bei der Erstvorstellung beim Arzt übersehen.
    • Wird ein in unmittelbarer Nähe zum Schultergelenk verlaufender Nerv durch die Verrenkung verletzt, stört dies unter Umständen den Gefühlssinn an der Schulter oder lässt ihn ganz ausfallen.
    • Bei der Schulterluxation wird manchmal die Achselarterie verletzt, die unter anderem die Schultermuskeln mit Blut versorgt.
    • Gelegentlich wird die Sehne des Bizeps-Oberarmmuskels eingeklemmt oder abgerissen.

Bei der habituellen Schulterluxation liegt eine angeborene oder erworbene Gelenkinstabilität, etwa durch sehr lockere Bänder, vor. Oft reicht eine geringe Beanspruchung aus, um die Schulter auszukugeln. Eine unvollständige Verrenkung der Schulter, bei der sich die Gelenkknochen gegeneinander verschieben, nennt man Subluxation.

Manche Patienten berichten davon, dass die Schulter nach der Verrenkung sofort wieder zurückspringt. Hierbei handelt es sich vermutlich um eine Subluxation.Es ist empfehlenswert, dies ärztlich abklären zu lassen.

Die Heilungsdauer richtet sich nach dem Auftreten von Begleitverletzungen, der Therapie (Einrenken oder Operation) sowie dem Alter und der anschliessenden Mithilfe des Betroffenen beim Muskelaufbau.

Welche Symptome treten auf?

Ist die Schulter ausgerenkt, hat der Betroffene meist starke Schmerzen im betroffenen Bereich. Die normale Form der Schulter sieht verändert aus. Das knöcherne Schulterdach steht hervor, was die Schulterkontur eckig erscheinen lässt. An der Schulter entsteht häufig ein Bluterguss und die Stelle schwillt an.

Je nachdem, welche Strukturen zusätzlich verletzt sind, wie Sehnen oder Muskeln, ist die Beweglichkeit des Arms eingeschränkt. So ist es manchen Betroffenen nicht möglich, den Arm seitlich anzuheben oder den Unterarm zu beugen oder nach aussen zu drehen. Mitunter kommt es zu einem Ausfall der Sensibilität im Bereich des Armes, wenn Nerven in Mitleidenschaft gezogen sind.

Häufig halten Betroffene den Arm in einer Schonhaltung am Körper. Bei einer vorderen Luxation ist der Oberarm in leicht abgespreizter, nach vorn geführter und nach aussen gedrehter Stellung. Bei der hinteren Schulterverrenkung wird der Arm an den Körper geführt und nach innen gedreht (sogenannte "Hinkelsteinhaltung").

Was ist zu tun bei einer Schulterluxation?

Hat sich jemand die Schulter ausgerenkt, bringen Sie ihn in jedem Fall zum Arzt. Jede Schulterluxation ist ein Fall für die chirurgische Notaufnahme! Denn je mehr Zeit bis zur Behandlung vergeht, desto schwerwiegender sind oftmals die Folgen etwaiger Begleitverletzungen.

Bevor Sie als Ersthelfer den Betroffenen zum Arzt bringen oder den Rettungsdienst rufen, sind vorab folgende Massnahmen zu beachten:

Erste-Hilfe-Massnahme

  • Entfernen Sie, wenn möglich, enge Kleidungsstücke im Schulterbereich. Luxationen schwellen oft stark an. Der Druck der sich straff spannenden Kleidung verschlimmert dann oft die Schmerzen.
  • Beruhigen Sie den Betroffenen.
  • Der Betroffene wird instinktiv eine Haltung einnehmen, in der die Schmerzen nicht ganz so heftig sind. Unterstützen Sie diese Schonhaltung und zwingen Sie ihn nicht in eine Position, die für ihn unangenehmer ist.
  • Stabilisieren Sie die ausgerenkte Schulter. Am besten bitten Sie den Betroffenen, den Arm selbst zu halten. Alternativ lässt sich der Arm mit einer Binde oder einem Dreieckstuch stabilisieren. Zusätzlich kommt ein Polster als Stütze zwischen Rumpf und Arm infrage.
  • Kühlen Sie die Schulterpartie. Das lindert den Schmerz und wirkt einem (weiteren) Anschwellen des Gewebes entgegen.

Einrenken durch den Arzt

Ist das Schultergelenk vollständig verrutscht, renkt der Arzt es unter günstigen Bedingungen manuell wieder ein (geschlossene Reposition). Vor dem Einrenken erhält der Patient ein starkes Schmerzmittel. Oft verabreicht der Arzt dem Betroffenen eine örtliche Betäubung oder sogar eine Vollnarkose.

Beispiele für Methoden des Einrenkens sind:

  • Beim Manöver nach Arlt sitzt der Patient seitlich auf einem Stuhl und lässt den luxierten Arm über die gepolsterte Lehne hängen. Durch Längszug am Arm bei gebeugtem Ellbogen versucht der Arzt, den Arm schonend einzurenken.
  • Beim Manöver nach Hippokrates liegt der Patient auf dem Rücken. Der Arzt drückt seine Ferse als Gegengewicht in die Achsel des Patienten und zieht dessen ausgerenkten Arm nach fusswärts und nach aussen.

Operation

Operiert wird in der Regel dann, wenn Begleitverletzungen oder andere Komplikationen vorliegen, die nicht anders behandelbar sind. Ärzte operieren zum Beispiel bei gerissenen Bändern, Bankart-Läsion und Luxationsfrakturen (= die Verrenkung begleitender Knochenbruch). Der Arzt strafft dabei mitunter auch den überdehnten Bandapparat. Das senkt das Risiko für erneute Luxationen.

Nach einer Operation wird das Gelenk mit einem speziellen Verband für vier bis sechs Wochen ruhiggestellt. Anschliessend wird das Schultergelenk durch physiotherapeutische Massnahmen und selbstständiges Üben nach Anleitung rehabilitiert.

Welche Untersuchungen gibt es?

Der Arzt ertastet oftmals am Schultergelenk die leere Gelenkpfanne und den Gelenkkopf in seiner luxierten Position.

Versucht der Mediziner, den ausgerenkten Arm sanft wieder in seine natürliche Stellung zu führen, schnellt er beim Loslassen in die Fehlhaltung zurück. Dieses Phänomen wird federnde Fixation genannt. Es tritt bei vielen Luxationen auf.

Der Arzt prüft, wie beweglich Schulter und Arm sind. Zudem sucht er nach Hinweisen auf Verletzungen, die eine Schultergelenkluxation oft begleiten. Das sind beispielsweis Empfindungsstörungen (durch verletzte Nerven) oder Durchblutungsstörungen (bei Gefässverletzungen).

Bildgebende Untersuchungen

Um sicher festzustellen, ob eine Schulterluxation und Begleitverletzungen vorliegen, ist eine Röntgenaufnahme unverzichtbar. Weichteilverletzungen wie Schäden an Sehnen, Bändern und Knorpel lassen sich mithilfe der Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) erkennen.

Selten ist zudem eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) nötig. Dabei führt der Arzt feine optische Instrumente direkt in das Gelenk ein, um es genauer zu begutachten.

Sind vorbeugende Massnahmen möglich?

Das wirkungsvollste Mittel, um einer (erneuten) Schulterluxation vorzubeugen, ist ein gleichmässiges Aufbau- und Koordinationstraining der Schultermuskulatur. Ein kräftiger Stützapparat durch entsprechende Kräftigungsübungen verleiht dem Gelenk mehr Stabilität. Das regelmässige Training hilft, das Risiko für eine erneute Schulterluxation zu reduzieren.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Karlheinz Zeilberger, Marian Grosser
Autor:
Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

ICD-Codes:
S43
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich