Refluxkrankheit

Von 
Dr. med. Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Bei der Refluxkrankheit fliesst ein Anteil der Magensäure zurück in die Speiseröhre. Die Patienten leiden unter Sodbrennen und Schmerzen hinter dem Brustbein, die sich im Liegen oftmals verschlimmern. Etwa 20 bis 30 Millionen Europäer sind davon täglich betroffen. Die Refluxkrankheit lässt sich mit Hilfe einer Magenspiegelung oder einer 24-Stunden-pH-Messung bestimmen. Medikamente oder eine Ernährungsumstellung lindern die Beschwerden. Hier lesen Sie alles Wichtige zur Refluxkrankheit.

Refluxkrankheit: Magen

Kurzübersicht

  • Symptome: Sodbrennen, Druckgefühl hinter dem Brustbein, Schluckbeschwerden, Mundgeruch beim Aufstossen, geschädigter Zahnschmelz, Reizhusten und entzündete Atemwege
  • Ursachen: Schliessmuskel an der unteren Speiseröhre schliesst den Magen unvollständig, bestimmte Nahrung regt Produktion von Magensäure an, Zwerchfellbruch, anatomische Gründe, Schwangerschaft, organische Krankheiten
  • Diagnose: Magenspiegelung, Langzeit-pH-Messung über 24 Stunden
  • Therapie: Keine einengende Kleidung, Ernährung umstellen, Alkohol meiden, Medikamente gegen Säureproduktion einnehmen, Operationen, Hausmittel wie Kamillentee
  • Prognose: Unbehandelt und bei dauerhafter Säurebelastung Entzündungen der Speiseröhre, mögliche Komplikationen sind eine verätzte Luftröhre, eine Lungenentzündung, Blutungen in der Speiseröhre oder Speiseröhrenkrebs
  • Vorbeugen: Unklar, ob und welche Verhaltensänderungen dauerhaft helfen oder sogar vorbeugen, individuelles Ausprobieren verschiedener therapeutischer Massnahmen (wie Ernährungsumstellung), um möglichen Einfluss zu erkennen

Welche Symptome entstehen durch Reflux?

Bei der Refluxkrankheit gelangt saurer Magensaft vom Magen in die Speiseröhre. Die Schleimhaut der Speiseröhre ist im Vergleich zur Magenschleimhaut nicht für den Kontakt mit Säure geschaffen. Beim Kontakt zur Säure entsteht unter anderem ein brennender Schmerz – das bekannte Sodbrennen.

Sodbrennen

Die typischen Refluxkrankheit-Symptome sind Sodbrennen und ein Druckgefühl hinter dem Brustbein. Bei den meisten Patienten verschlimmern sich die Beschwerden im Liegen oder beim Bücken. Die Schwerkraft unterstützt bei den Lageänderungen des Körpers den ungewollten Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre. Der brennende Schmerz hinter dem Brustbein wird als äusserst unangenehm empfunden und verschlimmert sich häufig nach grossen Mahlzeiten. Patienten klagen zudem über einen salzigen oder seifigen Geschmack im Mund nach dem Essen.

Druckgefühl in der Brust

Betroffene ordnen das Reflux-Symptom Druckschmerz im Brustbereich oft zunächst dem Herzen zu. Die Reflux-Symptome sind ohne weitere Untersuchung meist schwer von einer akuten Erkrankung des Herzens (Herzinfarkt) abzugrenzen. Patienten mit einem Druckgefühl in der Brust sollten daher grundsätzlich einen Arzt aufsuchen. Neben Brustschmerzen klagen manche Patienten auch über Rückenschmerzen. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Refluxerkrankung und Rückenschmerzen gibt, ist bisher nicht ausreichend geklärt.

Schluckbeschwerden

Die Schleimhaut der Speiseröhre entzündet sich durch den vermehrten Säurekontakt bei der Refluxkrankheit deutlich leichter. Die gereizte Schleimhaut ist ein guter Nährboden für Bakterien, und Speisereste haften leichter an ihr. Die Schleimhautreizung führt oft dazu, dass Patienten unter Schluckbeschwerden (Dysphagie) leiden. Der Kontakt der Nahrung zur Schleimhaut setzt dabei dem entzündeten Gewebe zusätzlich zu und schmerzt.

Patienten berichten häufig von dem Gefühl, „einen Kloss im Hals zu haben“. Andere Betroffene fühlen ein anhaltendes Trockenheitsgefühl, das bestehen bleibt, obwohl sie genug trinken.

Mundgeruch und Aufstossen

Die dauerhafte Reizung der Speiseröhrenschleimhaut hat zur Folge, dass sich Bakterien und Nahrungsreste leichter auf der entzündeten Schleimhaut festsetzen. Das entzündete Gewebe bildet einen guten Nährboden für Bakterien. Die Keime produzieren dabei Substanzen, die mit dem Atem nach aussen gelangen und Mundgeruch (Halitosis) verursachen.

Trifft die Nahrung auf die Magensäure und Verdauungsenzyme im Magen, entstehen dabei Gase. Das ist ganz normal, allerdings bei vermehrter Magensäure besonders ausgeprägt. Bei Patienten, die unter einem schwachen unteren Schliessmuskel der Speiseröhre leiden, ist es für die Gase einfacher, „nach oben“ in Richtung Speiseröhre zu entweichen, als über den weiten Weg des Darms zu entkommen. Patienten mit Reflux-Symptomen stossen dadurch öfters sauer auf.

Schädigung des Zahnschmelzes

Klassische Reflux-Symptome sind ausserdem eine Säurebelastung der Zähne und die damit einhergehende Schädigung des Zahnschmelzes. Der Zahnschmelz ist normalerweise die härteste und robusteste Substanz des Körpers und schützt die Zähne vor äusseren Einflüssen. Wenn der saure Magensaft beim Aufstossen sogar in den Mund gelangt, greift dieser den Zahnschmelz an. In der Regel macht sich dies als Erstes an den Zahnhälsen bemerkbar.

Husten und geschädigte Atemwege

Bei einigen Patienten steigt die Magensäure so weit auf, dass sie in die Atemwege gelangt. Dadurch entstehen Reflux-Symptome, die mit einer Schädigung der Luftwege und einem daraus resultierendem Hustenreiz einhergehen. Die Betroffenen klagen über einen chronischen Reizhusten, vor allem nachts. Möglicherweise schädigt die aufsteigende Magensäure den Kehlkopf und ruft dadurch eine Kehlkopf-Entzündung (Laryngitis) mit Heiserkeit hervor.

Symptome bei Babys und kleinen Kindern

Reflux-Beschwerden sind bereits im Säuglingsalter möglich. Allerdings äussern sich die Symptome anders als bei einem Erwachsenen: Die Kinder haben beim Stillen oder beim Trinken Probleme mit der Nahrungsaufnahme. Sie verhalten sich dabei unruhig und schreien vermehrt. Einige Babys strecken den Kopf und den Oberkörper dabei nach hinten, um sich die Nahrungsaufnahme leichter zu machen. Andere Kinder erbrechen öfter nach dem Essen.

Da Kinder in diesem Alter nicht in der Lage sind, ihre Beschwerden auszusprechen, ist ein aufmerksames Auge seitens der Eltern gefragt. Da eine anhaltend geringe Nahrungsaufnahme das Wachstum und die Entwicklung beeinflusst, ist eine frühzeitige Behandlung der Reflux-Symptome bei Kindern sehr wichtig.

Reflux-Symptome erkennen und ernst nehmen

Die Symptome einer Refluxerkrankung sind meist leicht zu erkennen. Dennoch wird ein Reflux auch heute noch nicht immer behandelt, da die Betroffenen die Beschwerden häufig banalisieren. Wenn die Patienten die Refluxkrankheit ernst nehmen und behandeln, sind Komplikationen meist vermeidbar. Die Abgrenzung der Reflux-Symptome zu anderen Ursachen wie einer Herzerkrankung ist hingegen nur durch einen Arzt möglich.

Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es?

Die Refluxkrankheit beruht in den meisten Fällen auf einer Erschlaffung des unteren Speiseröhren-Schliessmuskels (unterer Ösophagussphinkter). Der Schliessmuskel dichtet dabei die Speiseröhre ausserhalb des Schluckaktes nicht mehr ausreichend gegenüber dem Magen ab. In anderen Fällen ist die Speiseröhre in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, wodurch sie nicht ausreichend in der Lage ist, sich zu reinigen. Die Magensäure hat deshalb längeren Kontakt zur Schleimhaut.

Es gibt eine primäre und eine sekundäre Form der Erkrankung.

Ursachen der primären Refluxkrankheit

Der genaue Mechanismus, der zu einem wiederholten Austritt des Mageninhaltes bei der primären Refluxkrankheit führt, ist bislang nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Faktoren, die eine vermehrte Magensäureproduktion und eine Erschlaffung des Ösophagussphinkters verursachen und somit die Refluxkrankheit begünstigen.

Einfluss der Ernährung auf die primäre Form

Die Ernährung hat auf die gastroösophageale Refluxkrankheit einen grossen Einfluss. Bestimmte Nahrungsmittel reizen die Schleimhaut und regen den Magen dazu an, mehr Säure zu produzieren. Zum einen reizen Kaffee, zu fette oder zu süsse Speisen sowie Alkohol die Schleimhaut der Speiseröhre und begünstigen eine Entzündung. Zusätzlich regen Koffein, Nikotin sowie Stress und Anspannung die Magensäureproduktion an. Alkohol hemmt ausserdem die Beweglichkeit des unteren Ösophagussphinkters und fördert so ein Fortschreiten der Refluxkrankheit.

Die Rolle des Zwerchfells und des His-Winkels bei der primären Form

90 Prozent der Betroffenen der Refluxkrankheit leiden zusätzlich an einem Zwerchfellbruch (axiale Hiatushernie). Das Zwerchfell ist ein grosser Atemmuskel, der den Brustkorb vom Bauchraum trennt. Die drei Öffnungen für die Speiseröhre, die Hauptschlagader (Aorta) und die Hohlvene (Vena Cava) sind natürliche Schwachstellen des Muskels. Bei einem Zwerchfellbruch schiebt sich der Magen durch die Zwerchfellöffnung der Speiseröhre nach oben in den Brustkorb, woraufhin der untere Schliessmuskel der Speiseröhre gedehnt wird und einen gastroösophagealen Reflux begünstigt. Auch wenn die meisten Reflux-Betroffenen eine axiale Hiatushernie aufweisen, leidet nicht jeder Patient unter der Refluxkrankheit. Laut Experten ist daher eine Hiatushernie nicht direkt die Ursache der Refluxkrankheit.

Ein weiterer Faktor, der eine Refluxkrankheit begünstigt, ist ein vergrösserter „His-Winkel“. Der His-Winkel ist der Winkel zwischen der Einmündung der Speiseröhre in den Magen und dem obersten Anteil des Magens. Normalerweise beträgt er etwa 50 bis 60 Grad. Ist er über 60 Grad vergrössert, fliesst der Magensaft leichter zurück in die Speiseröhre.

Ursachen der sekundären Form

Bei der sekundären Refluxkrankheit verursacht eine andere Erkrankung beziehungsweise eine Veränderung des Körpers die Schwäche der Speiseröhrenmuskulatur. Ursächlich sind dafür meist eine Druckerhöhung im Bauchraum oder anatomische Veränderungen der umliegenden Strukturen.

Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft führt bei 50 Prozent der Frauen dazu, dass durch die Druckerhöhung im Bauchraum der Mageninhalt leichter zurück in die Speiseröhre fliesst. Je weiter die Schwangerschaft fortschreitet und der Bauchumfang zunimmt, desto eher tritt die Refluxkrankheit auf. Der Schliessmuskel der Speiseröhre dichtet dabei nicht mehr ausreichend ab, und der saure Mageninhalt gelangt vermehrt in die Speiseröhre. Bei den meisten Frauen bildet sich die Refluxkrankheit nach der Entbindung von alleine wieder zurück.

Organische Erkrankungen

Es gibt verschiedene organische Erkrankungen, die eine Verengung des Magenausgangs (Pylorusstenose) begünstigen. Auch bei entsprechender Lage eines Magentumors ist der Abfluss des Mageninhaltes möglicherweise eingeschränkt. Der Mageninhalt gelangt dann nicht in den Dünndarm, sondern staut sich zurück. Dadurch erhöht sich der Druck, der Mageninhalt tritt leichter in die Speiseröhre über und führt so zu Reflux-Beschwerden.

Ausserdem führt eine seltene Verhärtung des Bindegewebes in der Speiseröhre, die systemische Sklerodermie, zu einer mangelnden Beweglichkeit der Speiseröhrenmuskulatur und damit zu einer beeinträchtigten Selbstreinigung der Speiseröhre. Dadurch ist die Selbstreinigung der Speiseröhre beeinträchtigt. Dies ist auch bei der sogenannten Achalasie der Fall, bei der durch eine dauerhafte Anspannung des unteren Ösophagussphinkters eine normale Beweglichkeit der Speiseröhre nicht möglich ist.

Welche Untersuchungen und Diagnosen gibt es?

Der richtige Ansprechpartner bei dem Verdacht auf eine Refluxkrankheit ist Ihr Hausarzt oder ein Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Durch eine detaillierte Schilderung Ihrer Beschwerden und eventueller Vorerkrankungen liefern Sie dem Arzt wichtige Informationen zu Ihrem aktuellen Gesundheitszustand (Anamnesegespräch). Um sich ein genaues Bild von Ihrer Erkrankung zu machen, stellt der Arzt Ihnen dabei unter anderem folgende Fragen:

  • Leiden Sie unter Sodbrennen?
  • Verstärken sich die Beschwerden im Liegen oder beim Bücken?
  • Müssen Sie vermehrt aufstossen?
  • Leiden Sie unter einem Druckgefühl im Hals?
  • Leiden Sie unter Schluckbeschwerden?
  • Haben Sie einen Reizhusten bemerkt, der vermehrt nachts auftritt?
  • Haben Sie öfter Mundgeruch bei sich bemerkt?
  • Haben Sie Vorerkrankungen in Speiseröhre oder Magen?
  • Nehmen Sie Medikamente?
  • Trinken Sie Alkohol und Kaffee, rauchen Sie und wie ernähren Sie sich?

Der Arzt wird Sie in der Regel zusätzlich körperlich untersuchen, um andere Ursachen für Ihre Beschwerden auszuschliessen. Indem er das Herz mit dem Stethoskop abhört, gewinnt er mögliche Hinweise darauf, ob beispielsweise ein Druckgefühl im Brustkorb durch ein erkranktes Herz und nicht durch eine Refluxkrankheit ausgelöst wird. Vermutet der Arzt eine Erkrankung des Herzens, sind weitere Untersuchungen wie ein Elektrokardiogramm (EKG) und Blutuntersuchungen angezeigt. Darüber hinaus ist eine visuelle Kontrolle Ihres Mund- und Rachenraumes sinnvoll, um beispielsweise eine Pilzinfektion auszuschliessen. Diese ruft manchmal ähnliche Beschwerden hervor. Für die sichere Diagnose einer Refluxkrankheit ist aber immer eine Magenspiegelung oder eine Langzeit-pH-Messung über 24 Stunden notwendig.

Magenspiegelung (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie)

Bei einer Magenspiegelung kontrolliert der Arzt den oberen Verdauungstrakt mithilfe einer Kamera, die in einem Schlauch steckt (Endoskop). Der Betroffene darf sechs Stunden vor der Untersuchung nichts essen und trinken, damit der Untersucher freie Sicht auf das Gewebe hat. Der Patient liegt dazu auf der linken Seite und erhält auf Wunsch eine kurzzeitige Narkose. Ein Mundstück zwischen den Zähnen verhindert, dass der Patient versehentlich auf das Endoskop beisst. Der Arzt schiebt den Schlauch durch die Speiseröhre in den Magen bis in den Dünndarm vor. Er schaut, ob und wie sehr die Refluxkrankheit bereits die Schleimhaut geschädigt hat, und sucht nach einer Ursache für die Refluxkrankheit. Ausserdem nimmt der Mediziner Gewebeproben von auffälligen Schleimhautbereichen. Diese werden im Anschluss von einem Pathologen unter dem Mikroskop beurteilt.

Langzeit-pH-Metrie (über 24 Stunden)

Die pH-Wert-Messung in der Speiseröhre über 24 Stunden gilt als Standardmethode, um eine Refluxkrankheit sicher zu diagnostizieren. Eine Langzeit-pH-Metrie ist insbesondere dann wichtig, wenn die Magenspiegelung keinerlei Hinweise für eine Schleimhautschädigung ergeben hat.

Bei der Langzeit-pH-Metrie schiebt der Arzt einen dünnen Schlauch (Sonde) durch die Nase bis in die Speiseröhre (und gegebenenfalls bis zum Magen). Über die Sonde wird der pH-Wert des Magens und der Speiseröhre einen Tag und eine Nacht lang gemessen. Bei starkem Würgereiz ist eine Rachenbetäubung hilfreich. Wichtig ist, dass gegebenenfalls eingenommene säurehemmende Medikamente mindestens 72 Stunden vor der Untersuchung abgesetzt werden, um falsch negative Ergebnisse zu vermeiden. In einigen Fällen hilft ein Röntgenbild, um die korrekte Lage der Sonde zu sichern. Die Sonde ist mit einem kleinen Aufzeichnungsgerät verbunden, welches der Patient 24 Stunden bei sich trägt. Zusätzlich führt er ein Tagebuch, in welchem er die Mahlzeiten und Aktivitäten des Tages vermerkt. Der Arzt wertet später die Aufzeichnungen zusammen mit den Notizen des Patienten aus. Die Refluxkrankheit gilt als bestätigt, wenn in mehr als acht Prozent der gemessenen Zeit in der Speiseröhre ein pH-Wert von vier oder weniger vorlag.

Wie wird die Refluxkrankheit behandelt?

Die Refluxerkrankung ist gut behandelbar. Allgemeine Massnahmen wie eine Umgestaltung der Ernährungsgewohnheiten und des Lebensstils führen bei vielen Betroffenen bereits zu einer deutlichen Linderung der Symptome. Eine medikamentöse Reflux-Behandlung hilft 90 Prozent der Betroffenen. Bei einem besonders schweren Verlauf der Refluxkrankheit kommen operative Massnahmen infrage.

Allgemeine Massnahmen

Das Tragen enger Kleidung, besonders am Bauch, ist bei der Refluxkrankheit zu vermeiden. Dadurch erhöht sich eventuell der Druck auf den Magen, so dass der Mageninhalt leichter in die Speiseröhre eintritt. Den meisten Patienten hilft es ausserdem, wenn sie nachts mit leicht erhöhtem Oberkörper und in Linksseitenlage schlafen. Dabei hilft die Schwerkraft, um dem Reflux natürlich entgegen zu wirken. Körperliche Aktivität und vor allem eine Gewichtsabnahme bei Übergewicht sind besonders förderlich, um den Druck im Bauchraum zu verringern und die Verdauung anzuregen.

Ernährung bei Refluxproblemen

Betroffene leiden oft unter Verdauungsstörungen im Rahmen ihrer Refluxkrankheit. Eine Ernährung mit proteinreicher Nahrung ist dagegen oftmals gut verträglich. Die Proteine regen den Magen zur Produktion des Peptidhormons Gastrin an. Gastrin erhöht einerseits die Muskelspannung des Schliessmuskels zur Speiseröhre, sodass dieser wieder besser schliesst. Andererseits steigert Gastrin die Magensäureproduktion. Neben der Wahl der richtigen Nahrungsmittel spielt die Nahrungsmenge eine wichtige Rolle: Günstig sind kleine, kohlenhydrat- und fettarme Portionen. Die letzte Mahlzeit des Tages ist bestenfalls einige Zeit vor der Nachtruhe einzunehmen, damit der Mageninhalt bereits überwiegend in den Dünndarm gelangt ist, wenn man sich ins Bett legt.

Schädliche Substanzen meiden

Der Konsum von Alkohol ist unbedingt zu vermeiden. Alkohol schädigt zum einen direkt die Schleimhaut, zum anderen führt er zur Erschlaffung des unteren Ösophagusschliessmuskels. Er ist damit ein ganz wesentlicher Einflussfaktor für die Refluxerkrankung. Die Wirkung von Kaffee auf die Refluxkrankheit ist hingegen umstritten. Einerseits regt Koffein den Magen zur Magensäureproduktion an, was die Schleimhaut eventuell weiter reizt. Andererseits verstärkt Koffein ebenfalls die Produktion von Gastrin, wodurch der Speiseröhrenschliessmuskel besser schliesst. Probieren Sie einfach aus, wie gut und wie viel Kaffee Sie vertragen. Verzichten sollten Sie auf das Rauchen. Insbesondere Nikotin führt zu einer übermässigen Magensäureproduktion und hat zahlreiche weitere negative Auswirkungen auf den gesamten Körper.

Medikamentös die Säureproduktion hemmen

Sogenannte Protonenpumpenhemmer (PPI) kommen sehr häufig als Medikament in der Reflux-Therapie zum Einsatz. Zu diesen Substanzen zählen beispielsweise Omeprazol oder Pantoprazol. Protonenpumpenhemmer gelten allgemein als gut verträglich und 90 Prozent der Betroffenen haben dadurch keine Beschwerden mehr. Patienten starten die Therapie mit höheren Dosen der Protonenpumpenhemmer, die sie im weiteren Verlauf reduzieren. Nach vollständigem Absetzen treten jedoch bei 50 Prozent der Patienten erneute Beschwerden auf. Es wird diskutiert, ob eine langfristige Einnahme von PPIs das Risiko von Knochenbrüchen erhöht. Möglicherweise tragen diese Medikament zu einer Lungenentzündung bei, aber auch dazu ist die Datenlage nicht eindeutig.

Daneben gibt es Medikamente, die die Magensäure binden und neutralisieren sollen (Antazida). Alginathaltige Mittel bilden zusammen mit Magensäure ein zähflüssiges Gel. Dieses Gel schwimmt auf dem Speisebrei und bildet so eine Schutzschicht zwischen Mageninhalt und Speiseröhre. Die bisherigen Untersuchungen zu Alginaten erlauben keine abschliessende Beurteilung, ob sie gegen Reflux zuverlässig helfen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, die Magenbewegungen in Richtung Dünndarm mit dem Wirkstoff Domperidon zu fördern. Dadurch fliesst die Magensäure besser ab, was die Reflux-Beschwerden eventuell verringert.

Operative Möglichkeiten

Wenn sich die Refluxkrankheit in einem sehr fortgeschrittenen Stadium befindet und sich nicht medikamentös behandeln lässt, kommt eine Operation in Betracht. Ein operativer Eingriff ist auch dann angezeigt, wenn es bereits zum Zurückfliessen von Magensaft in die Luftröhre (Aspiration) kommt. Unbehandelt führt dies unter Umständen zu einer Lungenentzündung. Bei der sogenannten Operationstechnik „Fundoplicatio nach Nissen“ wird eine Manschette aus dem oberen Bereich des Magens gebildet, um das untere Ende der Speiseröhre gelegt und festgenäht. Die Manschette dient als Stabilisator des Speiseröhrenschliessmuskels. Da dieser Eingriff einige Risiken mit sich bringt, ist eine ausführliche Beratung des Patienten sehr wichtig, um Nutzen und Risiko sorgfältig abzuwägen. Neben der Fundoplicatio nach Nissen stehen weitere operative Verfahren wie die Hiatoplastik und die Fundopexie zur Verfügung.

Hausmittel

Viele Menschen schwören bei Sodbrennen auf den Einsatz von Substanzen, welche die Säure neutralisieren (Antazida). Dazu gehört beispielsweise das sogenannte Bullrich-Salz. Dieses besteht zu 100 Prozent aus Natriumhydrogenkarbonat, welches die Magensäure ausgleicht. Zwar hilft Bullrich-Salz häufig gut gegen akutes Sodbrennen, es kurbelt aber erwiesenermassen die Säureproduktion im Magen erst so richtig an. Deshalb empfiehlt es sich nicht zum dauerhaften Einsatz.

Ein weiteres Hausmittel gegen Reflux ist Kamillentee. Dieser hat antientzündliche Eigenschaften und hilft möglicherweise, die Magensäureproduktion zu drosseln. Naturheilkundlich orientierte Ärzte empfehlen insbesondere eine Kamillentee-Rollkur. Der Betroffene trinkt zunächst etwas Kamillentee, anschliessend legt er sich für fünf Minuten auf den Rücken. Danach trinkt er wieder einige Schlucke Kamillentee und legt sich für fünf Minuten in Linksseitenlage. Nach diesem Prinzip verfährt er weiter mit der Bauch- und Rechtsseitenlage. Insgesamt dauert die Kamillentee-Rollkur etwa 20 Minuten. Der Sinn dieses Vorgehens liegt darin, die Magenwand möglichst vollständig mit Kamillentee zu benetzen.

Hausmittel haben ihre Grenzen. Wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, nicht besser oder sogar schlimmer werden, sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.

Wer ist betroffen?

In der westlichen Bevölkerung leiden zehn bis zwanzig Prozent der Menschen an der Refluxkrankheit. Es handelt sich daher um ein sehr häufiges Krankheitsbild, von dem Frauen öfter betroffen sind als Männer. Das Auftreten der Refluxkrankheit nimmt mit steigendem Alter zu, es sind jedoch in seltenen Fällen auch Babys und Kleinkinder betroffen.

Was ist die Refluxkrankheit?

Ein gelegentlicher Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre tagsüber ist eigentlich ganz normal. Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (auch GERD abgekürzt) ist die Menge des sauren Magensaftes, der wieder in die Speiseröhre (Ösophagus) aufsteigt, allerdings krankhaft gesteigert. Der Begriff "gastroösophageal" weist auf die Beteiligung von Magen und Speiseröhre hin. Die Magensäure hilft mit ihrem niedrigen pH-Wert zwischen eins und vier beim Verdauungsvorgang und dem Abtöten von schädlichen Stoffen im Magen. Der Magen selbst ist speziell vor der Säure geschützt, nicht jedoch die Speiseröhre.

Merkmale verschiedener Formen der Erkrankung

Unterscheidung von NERD und ERD

Besteht ein Reflux ohne Schleimhautveränderungen, spricht man von einer nicht-erosiven gastroösophagealen Refluxkrankheit (NERD). NERD machen etwa 60 Prozent aller Betroffenen mit gastroösophagealer Refluxkrankheit aus. Lassen sich in einer Gewebeprobe aus der Ösophagusspiegelung dagegen Schleimhautveränderungen nachweisen, wird dies als erosive Refluxkrankheit (ERD) bezeichnet.

Unterscheidung der primären und sekundären Form

Beide Formen der Erkrankung weisen einen Funktionsverlust des unteren Speiseröhren-Schliessmuskels (Ösophagussphinkter) und/oder eine Beweglichkeitseinschränkung der Speiseröhre auf. Das bedeutet, dass der körpereigene Reinigungsmechanismus der Speiseröhre beeinträchtigt ist. Normalerweise beseitigt die Speiseröhre Magensäure durch ihre Eigenbewegungen (Peristaltik). Ist die Beweglichkeit eingeschränkt, verlängert sich die Kontaktdauer der Säure zur Speiseröhrenschleimhaut, und es entstehen leichter Schädigungen.

Die primäre gastroösophageale Refluxkrankheit ist mit Abstand die häufigste Form der Refluxkrankheit. "Primär" bedeutet, dass dafür keine eindeutige Ursache gefunden wurde. Fest steht aber, dass der untere Schliessmuskel der Speiseröhre nach dem Schluckakt erschlafft und die Speiseröhre nicht mehr ausreichend gegenüber dem Magen abdichtet. Es gibt verschiedene Faktoren, die das Entstehen einer primären Refluxkrankheit begünstigen. Dazu gehören Übergewicht, bestimmte Ernährungsgewohnheiten (siehe Ursachen und Risikofaktoren), eine Schwächung des Zwerchfells oder unzureichende Schutzmechanismen der Speiseröhre (Bewegungseinschränkungen oder herabgesetzte Speichelproduktion).

Ein sekundärer gastroösophagealer Reflux entsteht als Folge einer bekannten körperlichen Veränderung – sie tritt seltener auf als die primäre Refluxkrankheit. Beispiele dafür sind eine Schwangerschaft mit der damit einhergehenden Druckerhöhung im Bauchraum. Des Weiteren sind Erkrankungen des Verdauungstraktes, die zu einer anatomischen Veränderung der Speiseröhre oder des Magens führen, mögliche Auslöser für eine sekundäre Refluxkrankheit.

Krankheitsverlauf und Prognose

Die aufgeführten Therapien mindern die Beschwerden bei den meisten Patienten. Unbehandelt sind durch die dauerhafte Säurebelastung verschiedene Komplikationen möglich.

Gastroösophageale Refluxkrankheit mit Ösophagitis

Die Ösophagitis ist eine Entzündung der Speiseröhre (Ösophagus), ausgelöst durch den vermehrten Säurekontakt in der Magenspiegelung mit Veränderungen der Schleimhaut. Typischerweise ist die entzündete Schleimhaut gerötet und geschwollen. Fallen bei einer Magenspiegelung und den dabei entnommenen Gewebeproben keine Schleimhautveränderungen auf, handelt es sich um einen nicht-erosiven gastroösophagealen Reflux (NERD).

Barrett-Ösophagus

Als Folge einer hohen Säurebelastung und wiederkehrenden Entzündungen verändert sich bei einigen Patienten die Schleimhaut und passt sich dem ständigen Kontakt mit der Magensäure an. Durch den Umbau des Gewebes entstehen belastbarere Zellen (Zylinderepithel) mit schleimproduzierenden Zellen (Becherzellen), die widerstandsfähiger gegenüber der Magensäure sind.

Dieser Zellumbau (Metaplasie) der Speiseröhre wird als Barrett-Ösophagus oder Barrett-Syndrom bezeichnet. Die Zellveränderungen erhöhen allerdings das Risiko für einen bösartigen Tumor (Adenokarzinom) der Speiseröhre. Ungefähr jeder zehnte Patient mit einem Barrett-Ösophagus entwickelt Speiseröhrenkrebs. Ist ein Barrett-Ösophagus bekannt, ist daher eine konsequente Reflux-Behandlung mit regelmässigen Kontrollen wichtig.

Weitere Komplikationen

Gelangt die Magensäure wiederholt in den Mundbereich, kommt es langfristig zu einer Schädigung des Zahnschmelzes. Da der Körper nicht in der Lage ist, den Zahnschmelz zu reparieren, sind die Schäden irreversibel. Zudem besteht die Gefahr, dass die Magensäure in die Luftröhre gelangt. Die ätzende Substanz wirkt reizend auf den Kehlkopf, was unter Umständen zu einer Entzündung führt (Laryngitis). Viele Patienten leiden unter Heiserkeit.

Das „Einatmen“ der Magensäure verursacht des Weiteren häufig einen chronischen Reizhusten. Durch eine säurebedingte Schädigung der Lunge entsteht zudem leichter eine Lungenentzündung (Aspirationspneumonie), da das geschädigte Gewebe ein guter Nährboden für Bakterien ist. Eine Aspirationspneumonie ist eine sehr ernsthafte Komplikation, die unter Umständen lebensbedrohlich ist. Durch die Schleimhautschädigung der Speiseröhre kommt es möglicherweise zu chronischen Blutungen und infolgedessen zu einer Blutarmut (Anämie).

Die Refluxkrankheit sollte daher stets behandelt werden, um Folgeschäden zu vermeiden.

Vorbeugen

Wer unter Reflux leidet, möchte gerne selbst etwas zur Vorbeugung tun. Es ist allerding nicht hinreichend untersucht, ob Verhaltensänderungen dauerhaft helfen oder vorbeugen. Trotzdem ist es einen Versucht wert. So lässt sich ausprobieren, ob bestimmte Lebensmittel wie Kaffee, stark gewürztes oder fettiges Essen, Zitrusfrüchte, Getränke mit Kohlensäure oder grosse Essensportionen die Beschwerden auslösen oder keinen Einfluss haben. Es gibt keine Garantie, dass eine Ernährungsumstellung oder eine Gewichtsabnahme die Beschwerden verschwinden lassen.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Martin Schäfer
Autor:
Dr. med.  Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

ICD-Codes:
K21
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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  • Herold, G.: Innere Medizin. Herold Verlag, 2022
  • HNO-Ärzte im Netz: Stiller Reflux (Abruf am 07.01.2021), unter: www.hno-aerzte-im-netz.de
  • Johnstone, J. et al.: Meta-analysis: proton-pump inhibitor use and the risk of community-acquired pneumonia. Aliment Pharmacol Ther 2010; 31 (11): 1165–1177
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  • S2k-Leitlinie 021/013: Gastroösophageale Refluxkrankheit (Stand: 2014), unter: www.awmf.org
  • Schneider, N. I., Langner, C.: Histologie der Refluxkrankheit und ihre Bedeutung für die Entstehung des Barrett-Ösophagus. Journal für Gastroenterologische und Hepatologische Erkrankungen 2014; 12 (1): 5–10
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