Präeklampsie

Von , Medizinredakteurin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Pascale Huber

Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Die Präeklampsie (früher: EPH-Gestose) ist eine ernste Erkrankung schwangerer Frauen. Sie zählt zu den sogenannten hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen. Das sind Erkrankungen mit Bluthochdruck in der Schwangerschaft. Frauen mit Präeklampsie haben zudem Eiweiss im Urin und Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme). Lesen Sie hier mehr über Symptome, Behandlung, Prognose und Vorbeugung der Präeklampsie.

Präeklampsie: Risiko in der Schwangerschaft

Kurzübersicht

  • Symptome: Bluthochdruck, Eiweiss im Urin, Wassereinlagerungen im Gewebe von Gesicht, Händen und Füssen; in schweren Fällen Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Sehstörungen oder Verwirrtheit, Krämpfe, starke Kopfschmerzen
  • Geburtseinleitung – wann?: Bei schwerer Präeklampsie möglichst bald nach Diagnose (meist per Kaiserschnitt), in leichten Fällen nicht zwingend notwendig
  • Untersuchungen und Behandlung: Engmaschige Überwachung von Mutter und Kind (z. B. mit Wehenschreiber, Blutdruckmessung, Blut- und Urinuntersuchung); Schonung, Bettruhe, in schweren Fällen blutdrucksenkende Medikamente, bei Komplikationen in der Kindesentwicklung auch schwangerschaftsfördernde Medikamente
  • Ursachen und Risikofaktoren: Ursachen nicht genau bekannt, vermutlich eine Durchblutungsstörung im Bereich Uterus und Plazenta mit Beteiligung des Immunsystems; höheres Risiko u. a. bei späten und Mehrlingsschwangerschaften, vorherigen Fehlgeburten, bestehendem Bluthochdruck, Adipositas, Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen
  • Prognose: Früh eintretende Präeklampsie verläuft häufiger ungünstig, Prognose ist in späteren SSW und mit sofortiger Behandlung besser; schwere Verläufe erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf- und Gefässerkrankungen
  • Vorbeugung: Vorsorgeuntersuchung mit Screening im ersten Trimenon, medikamentös nur bis zu einem gewissen Grad durch Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS)

Was ist Präeklampsie?

Die Präeklampsie gehört zu einer Reihe von Erkrankungen, die mit Bluthochdruck in der Schwangerschaft einhergehen (mit Werten über 140/90 mmHg). Sie wurde früher auch EPH-Gestose genannt, wobei E für "Edema" (englisch. für Ödem = Wasseransammlung), P für "Protein" und H für "Hypertension" (= Bluthochdruck) steht. Das Kürzel fasst die typischen Präeklampsie-Symptome zusammen. Der Begriff Gestose steht allgemein für eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung.

Grundsätzlich lassen sich mehrere Formen von Gestosen mit Bluthochdruck unterscheiden, je nach Zeitpunkt in der Schwangerschaft, an dem der Bluthochdruck auftritt.

  • Frühgestosen: Entstehen im ersten Schwangerschaftsdrittel (zweiter bis vierter Schwangerschaftsmonat)
  • Gestationshypertonie: Bluthochdruck ohne Proteinurie (= vermehrt Eiweiss im Urin) meist erst ab der 20. Schwangerschaftswoche (SSW); Blutdruck normalisiert sich nach der Geburt wieder (= vorübergehende Hypertonie). Aus der Gestationshypertonie entwickelt sich manchmal eine leichte, seltener eine schwere Präeklampsie.
  • Präeklampsie (Spätgestose): Eine Kombination aus arterieller Hypertonie und Proteinurie frühestens ab der 20. Schwangerschaftswoche

Was sind Symptome bei Präeklampsie?

Je nach Form der Gestose sind die auftretenden Symptome unterschiedlich. So ist eine Frühgestose oft von unstillbarem Erbrechen (Hyperemesis gravidarum) begleitet.

Typische Präeklampsie-Symptome sind:

  • Bluthochdruck (mehr als 140/90 mmHg)
  • Eiweissausscheidung über den Urin (Proteinurie über 300 Milligramm pro Tag)*
  • Wasseransammlungen (Ödeme) im Gewebe, dadurch Schwellungen an Gesicht, Händen und Füssen

* Fehlt die Proteinurie, ist dennoch eine Präeklampsie wahrscheinlich, wenn zum Bluthochdruck pathologische Befunde an Niere, Leber, Lunge, Blutsystem, Plazenta oder dem zentralen Nervensystem hinzukommen.

In schweren Fällen leiden Schwangere mit Präeklampsie unter weiteren Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Schwindel, Sehstörungen oder Verwirrtheit.

Eklampsie

Manchmal geht die Präeklampsie in eine Eklampsie über, was eine Komplikation der Präeklampsie ist. Dann kommen folgende Symptome dazu:

  • Starke Kopfschmerzen
  • Flimmern vor den Augen
  • Allgemeines Unwohlsein
  • Krampfanfälle, die keiner neurologischen Ursache wie z. B. Epilepsie zuzuordnen sind

Wann bei Präeklampsie die Geburt einleiten?

Bei einer Präeklampsie ist eine frühzeitige Entbindung nicht zwingend notwendig. Ob die Geburt vor dem ausgerechneten Geburtstermin eingeleitet wird, hängt im Wesentlichen vom Schweregrad der Präeklampsie ab. Ist sie leicht, ist sogar eine vaginale Entbindung möglich.

Eine Eklampsie ist ein Notfall und muss unverzüglich im Krankenhaus behandelt werden! In den meisten Fällen wird die Schwangerschaft dann durch einen Kaiserschnitt beendet.

Präeklampsie erkennen und behandeln

Meist erkennt der Arzt die Präeklampsie anhand der typischen Symptome: Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge kontrolliert der Gynäkologe bei jeder Schwangeren unter anderem Blutdruck, Urin und das Körpergewicht. Er achtet auch auf Risikofaktoren wie höheres Alter und Fettleibigkeit (Adipositas). Ein plötzlicher Anstieg des Blutdrucks, eine rasche Gewichtszunahme von 21 Kilogramm im dritten Trimenon (durch Wasseransammlungen), ein ausgeprägtes Gesichtsödem und Eiweiss im Urin sind deutliche Hinweise auf eine Präeklampsie.

Es gibt verschiedene Testverfahren, die im Zuge des Screenings im ersten Trimenon eine Vorhersage über eine Präeklampsie erlauben, insbesondere der frühen Form vor der 34. SSW. Sie erfassen bestimmte Parameter (Biomarker) wie das Schwangerschafts-assoziierte Plasmaprotein A (pregnancy-associated plasma protein A, kurz: PAPP-A) oder den Plazenta-Wachstumsfaktor (placental growth factor, kurz: PlGF). Mit diesen Biomarkern lässt sich ein mögliches Risiko abschätzen.

Besteht der Verdacht auf eine Präeklampsie, ist laut Leitlinie der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe eine engmaschige Überwachung der Schwangeren notwendig. Ab Blutdruckwerten von 150/100 mmHg ist dafür ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus meist unumgänglich.

Bei einer leichten Präeklampsie vor der 36. Schwangerschaftswoche (SSW) besteht die Therapie aus Ruhe und körperlicher Schonung (manchmal Bettruhe). Die Schwangere erhält ausserdem eine eiweissreiche Wunschkost und ausreichend Flüssigkeit. Ihr Zustand und der ihres Kindes stehen unter ständiger ärztlicher Beobachtung.

Blutdrucksenkende Medikamente sind je nach Wirkstoff problematisch für die kindliche Entwicklung. Sie kommen deshalb erst bei Blutdruckwerten von ≥ 150 mmHg systolisch und/oder ≥ 100 mmHg diastolisch infrage.

Zeigt das Ungeborene Stressreaktionen im Wehenschreiber (CTG), bekommt die Schwangere Medikamente, welche die kindliche Lungenreifung anregen (meist ein Kortisonpräparat) und eine frühzeitige Entbindung (meist per Kaiserschnitt) ermöglichen. Dabei versuchen Ärzte nach Möglichkeit, mindestens die abgeschlossene 37. SSW abzuwarten.

Bei schwerer Präeklampsie konzentriert sich die Therapie auf drei Ziele:

  • Das Verhindern eklamptischer Anfälle (meist mit Magnesiumsulfat)
  • Die Kontrolle des mütterlichen Blutdrucks (Bettruhe, Blutdrucksenker)
  • Die Entbindung (möglichst bald ab der vollendeten 34. SSW)

Die Entbindung erfolgt bei Präeklampsie nicht zwangsläufig per Kaiserschnitt. Wenn der Zustand der Schwangeren und des Kindes es erlauben, ist eine "normale" (vaginale) Geburt möglich. Das hängt unter anderem von dem Schweregrad und der Dynamik der Erkrankung sowie von den Erfolgsaussichten der vaginalen Geburt ab.

Ernährung bei Präeklampsie

Im Zusammenhang mit der Behandlung einer Präeklampsie empfehlen einige Experten, auf eine bestimmte Ernährung zu achten. So lassen sich Ödeme und die damit verbundene Blutdruckerhöhung mithilfe einer eiweiss- und bedingt salzreichen Nahrung günstig beeinflussen.

Die verstärkte Aufnahme von Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure sowie Vitamin D beugt offenbar Ödemen und Ablagerungen, die die Gefässe zusätzlich verengen (Arteriosklerose), vor und verringern bestehende Beschwerden.

Bei Bluthochdruck empfehlen viele Ärzte, auf natriumarme Nahrungsmittel zurückzugreifen. Einige Experten weisen aber auf die veränderte Stoffwechselsituation während der Schwangerschaft hin und darauf, dass zahlreiche Prozesse im Körper anders ablaufen. Sie glauben, dass es nicht notwendig und nicht ratsam ist, bei schwangerschaftsbedingten Erkrankungen wie einer Präeklampsie die Menge an Natrium zu reduzieren.

Eine entsprechend ausgewogene Ernährung heilt eine Präeklampsie nicht, aber verhindert mitunter mögliche Komplikationen und zögert eine Frühgeburt hinaus.

Was führt zur Präeklampsie?

Die genaue Ursache der Präeklampsie ist nicht bekannt. Es gibt aber verschiedene Erklärungsansätze zur Entstehung der Erkrankung. Vermutlich liegt bei den betroffenen Frauen eine gestörte Anpassung des Organismus an die Schwangerschaft vor.

Präeklampsie: Wer ist gefährdet?

Eine Präeklampsie tritt bei etwa drei bis fünf Prozent aller Schwangeren auf, die zum ersten Mal ein Kind erwarten (Erstgebärende). Bei Schwangeren, die bereits ein oder mehrere Kinder geboren haben (Mehrgebärende), beträgt das Präeklampsie-Risiko nur ungefähr 0,5 Prozent. Allerdings steigt es wieder, wenn Mehrgebärende einen neuen Lebenspartner haben und mit diesem erstmals ein Kind bekommen. Das deutet darauf hin, dass immunologische Faktoren an der Krankheitsentstehung beteiligt sind.

Weitere Risikofaktoren für eine Präeklampsie sind zum Beispiel:

  • Familiäre Veranlagung (wenn etwa die Mutter der Schwangeren ebenfalls eine EPH-Gestose hatte)
  • Mehrlingsschwangerschaft
  • Künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) beziehungsweise Eizellspende
  • Spätgebärende (> 40 Jahre)
  • Fettleibigkeit (Adipositas): Body-Mass-Index (BMI) 30 oder höher
  • Präeklampsie in einer vorangegangenen Schwangerschaft (Wiederholungsrisiko 11,5 bis 27 Prozent)
  • Bereits bestehender Bluthochdruck vor der Schwangerschaft
  • Nierenerkrankungen
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Antiphospholipidsyndrom oder andere Autoimmunerkrankungen
  • Fehlbildungen des Ungeborenen wie Hydrops fetalis (Flüssigkeitsansammlung im kindlichen Körper), Trisomien (wie Trisomie 21)
  • Erhöhter Gefässwiderstand in den Arterien der Gebärmutter

Prognose bei Präeklampsie

Je früher in der Schwangerschaft eine Präeklampsie auftritt, desto grösser ist die Gefahr, dass sie einen schweren Verlauf nimmt. Ohne Behandlung entwickelt sich die Erkrankung oft zu einer Eklampsie weiter: Die dabei auftretenden Krampfanfälle sind sowohl für die werdende Mutter als auch das Ungeborene lebensbedrohlich. Schwerere Verläufe gehen oft mit Spätfolgen sowohl für das Kind als auch die Mutter einher. So haben Frauen mit einer Hypertonie oder Präeklampsie in der Schwangerschaft nach der Geburt ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf- und Gefässerkrankungen, die mitunter auch die Nieren und Leber betreffen.

Nehmen Sie deshalb unbedingt die regelmässigen Vorsorgetermine beim Frauenarzt wahr: So erkennt dieser eine eventuelle Präeklampsie frühzeitig und behandelt diese.

Eine Präeklampsie verhindern

Mithilfe des Screenings im ersten Trimenon lässt sich das Risiko für Präeklampsie bestimmen. Besteht ein erhöhtes Risiko, ist es möglich, mit Präventionsmassnahmen das Einsetzen der Erkrankung zu verhindern oder hinauszuzögern.

Bei Frauen mit Risikofaktoren (wie zum Beispiel schwere Präeklampsie in einer früheren Schwangerschaft) ist die Vorbeugung einer Präeklampsie bis zu einem gewissen Grad medikamentös möglich: Die Schwangere beginnt in der Frühschwangerschaft (möglichst vor der 16. SSW) mit der täglichen Einnahme von 150 Milligramm Acetylsalicylsäure (ASS). Die Einnahme ist bis Ende der 34. – besser 36. – SSW fortzusetzen.

Diese ASS-Prophylaxe senkt das Risiko, dass die Frau vor der 37. SSW eine Präeklampsie entwickelt. Die Erkrankungsgefahr in der späteren Schwangerschaft bleibt davon aber unbeeinflusst.

Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Prof. Dr. med. Martin Kolben
Autoren:
Pascale Huber
Pascale Huber

Pascale Huber hat Tiermedizin an der Freien Universität Berlin studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre als praktizierende Tierärztin, bis sie im Jahr 2009 in den Medizinjournalismus wechselte. Aktuell ist sie Chefredakteurin von tiermedizinischen Fachkreise- und Laienportalen. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von human- und tiermedizinischem Content für Fachkreise und Patienten.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
O14
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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