Morbus Hodgkin

Von 
und , Biologin und Medizinredakteurin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Dr. med. Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

Dr. Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom) ist ein bösartiger Tumor des Lymph-Systems. Er geht von entarteten weissen Blutkörperchen im Knochenmark aus. Typische Symptome für Morbus Hodgkin sind schmerzlos geschwollene Lymphknoten. Die Erkrankung zählt zu den seltenen Krebsarten und tritt am häufigsten bei jungen Erwachsenen auf. Lesen Sie hier alles Wichtige zu Symptomen, Prognose und Therapie.

lymphdrüsenkrebs

Kurzübersicht

  • Symptome: Typischerweise schmerzlos geschwollene Lymphknoten, manchmal B-Symptomatik (Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiss) und/oder unspezifische Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Schwäche, Juckreiz; selten Lymphknotenschmerz nach Alkoholgenuss (Alkoholschmerz)
  • Prognose: Die Heilungschancen sind bei den meisten Erkrankten sehr gut. Wichtig ist aber eine möglichst frühzeitige Diagnose und Behandlung.
  • Ursachen und Risikofaktoren: Genaue Ursachen bisher unbekannt; verschiedene Faktoren wie Infektion mit Epstein-Barr-Virus, Immunschwäche, Erkrankungen des Immunsystems, giftige Substanzen oder genetische Veranlagung erhöhen das Risiko.
  • Untersuchungen und Diagnose: Erhebung der Krankengeschichte, körperliche Untersuchung, Blutuntersuchung, Analyse von Gewebeproben; Röntgen, Ultraschall, Computertomografie zur Analyse der Tumorausbreitung
  • Behandlung: Meist Chemotherapie und/oder Strahlentherapie; weitere Therapieoptionen sind Stammzelltransplantation sowie Antikörper- bzw. Immuntherapie.

Was ist das Hodgkin-Lymphom?

Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom) ist eine Form von Lymphdrüsenkrebs (malignes Lymphom), also eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Sie geht von entarteten Lymphzellen aus, und zwar von B-Lymphozyten. Dieser Typ von Abwehrzellen hat die Aufgabe, Antikörper gegen eingedrungene Krankheitserreger wie Bakterien und Viren zu produzieren.

Andere Formen von Lymphdrüsenkrebs sind unter dem Begriff Non-Hodgkin-Lymphome zusammengefasst. Sie gehen zum grössten Teil von B-Lymphozyten, manchmal aber auch von T-Lymphozyten aus. Letztere sind ein anderer Typ von Abwehrzellen, der wichtig für die Steuerung der Abwehrreaktionen und die Bekämpfung von Virus-Infektionen ist.

Das Lymph-System

Zum lymphatischen System (Lymph-System) gehören die Lymph-Gefässe (Lymph-Bahnen) und die lymphatischen Organe wie Thymus, Knochenmark und Milz. Die Lymph-Gefässe sammeln und transportieren die Gewebsflüssigkeit (Lymphe) aus dem Gewebe zurück in die venösen Blutgefässe. Im lymphatischen Gefässsystem sind die Lymphknoten – kleine, bohnenförmige Gebilde, die die Lymphe filtern. Bei Lymphdrüsenkrebs setzen sich entartete Lymphzellen bereits in einem frühen Krankheitsstadium in den Lymphknoten fest.

Häufigkeit von Morbus Hodgkin

Das Hodgkin-Lymphom ist eine seltene Krebsart. Im Jahr 2020 erkrankten in Europa 8.856 Frauen und 11.002 Männer neu daran. Am häufigsten tritt die Erkrankung im jungen Erwachsenenalter auf. Nicht ganz so häufig, aber dennoch häufiger als in anderen Altersgruppen tritt es auch im höheren Alter um die 60 Jahre auf.

Formen von Morbus Hodgkin

Nach feingeweblichen (histologischen) Gesichtspunkten lassen sich Hodgkin-Lymphome in zwei Hauptgruppen einteilen: das klassische Hodgkin-Lymphom (cHL) und das noduläre lymphozyten-prädominante Hodgkin-Lymphom (NLPHL) auch "noduläres Paragranulom" genannt.

Mit einem Anteil von etwa 95 Prozent ist das klassische Hodgkin-Lymphom am weitaus häufigsten. Es gibt vier Untertypen des cHL, diese haben jedoch keinen Einfluss auf die Therapieplanung.

Was sind die Symptome bei Morbus Hodgkin?

Typisches erstes Anzeichen bei den meisten Morbus Hodgkin-Patienten sind länger (mehr als vier Wochen) bestehende, schmerzlose Lymphknotenschwellungen. Die betroffenen Lymphknoten unter der Haut sind in der Regel schlecht verschiebbar, derb und von gummiartiger Konsistenz.

Am häufigsten (in ca. 70 Prozent der Fälle) sind die Lymphknoten im Halsbereich betroffen, seltener die in den Achselhöhlen oder in der Leistenregion. Diese Lymphknoten sind tastbar – im Unterschied etwa zu den Lymphknoten hinter dem Brustbein (mediastinal), die in etwa sechs von zehn Fällen ebenfalls bei einem Hodgkin-Lymphom geschwollen sind.

Die Schwellung dieser mediastinalen Lymphknoten lässt sich auf Röntgenbildern erkennen und macht sich oft durch eine behinderte Atmung, ein Druckgefühl hinter dem Brustbein und ständigen Reizhusten bemerkbar.

Möglich sind auch geschwollene Lymphknoten im Bauchraum. Hinweise darauf sind meist Schmerzen und Druckgefühl im Bauch sowie unklare Durchfälle.

Manchmal schmerzen befallene Teile der Lymphknoten kurz nach dem Genuss selbst kleinster Mengen Alkohol. Dieser sogenannte Alkoholschmerz ist recht charakteristisch für Morbus Hodgkin, tritt aber nur bei sehr wenigen Personen auf. Der genaue Mechanismus dahinter ist noch unbekannt.

Geschwollene Lymphknoten haben oft auch harmlose Ursachen. So sind Lymphknoten typischerweise bei einer Infektion vergrössert. Dann reagieren sie allerdings meist schmerzhaft auf Druck (etwa beim Abtasten), lassen sich unter der Haut gut verschieben und schwellen meist kurze Zeit nach dem Infekt wieder merklich ab.

Allgemeine und B-Symptome bei Morbus Hodgkin

Manche Morbus Hodgkin-Patienten entwickeln unspezifische Symptome wie Abgeschlagenheit, Leistungsabfall und starken Juckreiz am ganzen Körper.

Darüber hinaus gibt es die sogenannte B-Symptomatik. Dabei handelt es sich um das kombinierte Auftreten folgender drei Symptome:

  • Gewichtsverlust: Nicht erklärbarer Verlust von mehr als zehn Prozent des Körpergewichts innerhalb eines halben Jahres.
  • Nachtschweiss: Nicht erklärbares starkes Schwitzen in der Nacht. Betroffene wachen oft "klatschnass" auf und müssen ihre Nachtwäsche bzw. die Bettwäsche wechseln.
  • Fieber: Nicht erklärbares Fieber über 38 °C, evtl. als Pel-Epstein-Fieber (= wellenförmiger Fieberverlauf bei Patienten mit Hodgkin-Lymphom).

Die B-Symptomatik kommt nicht nur bei Morbus Hodgkin vor, sondern auch bei einigen anderen schweren Erkrankungen (zum Beispiel bei anderen Krebserkrankungen, Tuberkulose, HIV/AIDS).

Symptome im weiteren Verlauf

Im fortgeschrittenen Stadium (Stadium IV) befällt das Hodgkin-Lymphom manchmal auch andere Organe und verursacht entsprechende Symptomen.

Beispielsweise führen Ansammlungen von Krebszellen (Krebsabsiedelungen, Metastasen) im Skelett zu Knochenschmerzen. Ein Befall des Knochenmarks schlägt sich meist in Blutbild-Veränderungen nieder, die häufig zu Blutarmut (Anämie), erhöhter Blutungsneigung oder Infektanfälligkeit führen.

Ist die Leber vom Krebs betroffen, vergrössert sie sich oft (Hepato-Megalie), was ein Druckgefühl im Oberbauch und veränderte Leber- und Gallenwerte im Blut auslöst. Auch die Milz vergrössert sich durch Krebsbefall (Spleno-Megalie) und ruft dadurch Beschwerden im Bauchraum hervor. Neurologische Symptome drohen, wenn das Hodgkin-Lymphom auf das Nervensystem übergreift.

Wie ist die Lebenserwartung bei Morbus Hodgkin?

Die Heilungschancen bei Morbus Hodgkin sind grundsätzlich sehr gut. Das Hodgkin-Lymphom reagiert empfindlich auf Chemo- und Strahlentherapien und lässt sich daher in den meisten Fällen heilen. Dabei ist die Prognose umso besser, je früher Ärzte die Erkrankung entdecken und behandeln. Auch bei einem fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom (Grad IV) ist noch eine Heilung möglich. Wie hoch die Lebenserwartung letztlich ist, hängt aber vom Einzelfall ab.

Ohne Therapie bestehen bei einem Hodgkin-Lymphom kaum Heilungschancen und die Lebenserwartung sinkt entsprechend.

Bei einem Morbus Hodgkin-Rezidiv – also einer Rückkehr der Krebserkrankung – lassen sich ebenfalls oft noch gute langfristige Therapie-Ergebnisse und sogar Heilungen erzielen. Allerdings entwickelt sich manchmal Jahre oder Jahrzehnte nach der Morbus Hodgkin-Behandlung aufgrund der Chemo- und Strahlentherapie eine andere Krebserkrankung (zum Beispiel Non-Hodgkin-Lymphome, Leukämie).

Was führt zu einem Morbus Hodgkin?

Die genauen Ursachen von Morbus Hodgkin sind bislang nicht bekannt. Vermutlich sind es aber mehrere Faktoren, die aufeinandertreffen und die Krankheit auslösen.

Bei manchen Erkrankten ist eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, an der Entstehung von Morbus Hodgkin beteiligt.

Forscher untersuchen auch eine mögliche genetische Veranlagung für das Hodgkin-Lymphom. Kinder und Geschwister von Betroffenen haben demnach ein leicht erhöhtes Risiko an dieser Form von Lymphdrüsenkrebs zu erkranken.

Als Risikofaktor für Morbus Hodgkin gilt zudem eine angeborene oder (beispielsweise durch HIV) erworbene Immunschwäche, die teilweise die Entstehung entarteter B-Lymphozyten begünstigt.

Möglicherweise besteht auch ein Zusammenhang zwischen Morbus Hodgkin und langjährigem Rauchen. Verschiedene Substanzen im Tabakrauch schädigen das Erbgut von Körperzellen, sodass sie leichter entarten.

Inwieweit sonstige Faktoren aus Lebensstil und Umwelt eine Rolle bei der Entstehung von Morbus Hodgkin spielen ist derzeit unklar.

Wie wird Morbus Hodgkin festgestellt?

Der richtige Ansprechpartner bei Verdacht auf Morbus Hodgkin ist Ihr Hausarzt oder ein Facharzt für Innere Medizin und Onkologie.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Der Arzt befragt Sie in der Regel zuerst zur Krankengeschichte (Anamnese). Diese Informationen helfen ihm, die mögliche Ursachen Ihrer Beschwerden näher einzugrenzen. Mögliche Fragen des Arztes sind beispielsweise:

  • Welche Beschwerden haben Sie?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Sind Ihnen Schwellungen am Hals oder an anderen Körperstellen aufgefallen?
  • Sind Sie in letzter Zeit nachts stark verschwitzt aufgewacht?
  • Haben Sie in den letzten sechs Monaten Körpergewicht verloren, ohne dass Sie etwa weniger gegessen beziehungsweise sich mehr bewegt hätten?
  • Hatten Sie in der letzten Zeit Fieber?
  • Löst der Genuss von Alkohol bei Ihnen Schmerzen aus?
  • Sind bei Ihnen irgendwelche Grunderkrankungen bekannt?
  • Gibt es in Ihrer Familie Krebserkrankungen des blutbildenden Systems (Leukämie, Lymphome)?

Im Anschluss an das Anamnese-Gespräch erfolgt meistens eine körperliche Untersuchung. Dabei misst der Arzt Ihren Blutdruck und Puls und hört Ihre Lunge ab. Vor allem prüft er aber, ob irgendwo vergrösserte Lymphknoten zu ertasten sind. Auch Milz und Leber tastet er ab, denn sie sind häufig ebenfalls beim Hodgkin-Lymphom vergrössert.

Blutuntersuchung

Auch Blutanalysen gehören zur Diagnostik bei Verdacht auf Morbus Hodgkin. Das Blutbild von Erkrankten zeigt oft Entzündungszeichen wie eine Erhöhung der Blutsenkung (Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit, BSG), die aber nicht nur bei Morbus Hodgkin auftreten. Bestimmt werden unter anderem auch die Leberwerte (wie Gamma-GT, GPT), die Nierenwerte Kreatinin und Harnsäure sowie Bilirubin und Alkalische Phosphatase.

Wichtig ist zudem der Anteil der verschiedenen weissen Blutkörperchen (Leukozyten), wie er im Rahmen des grossen Blutbildes ermittelt wird. Beispielsweise stellt sich häufiger schon früh im Krankheitsverlauf ein Mangel an Lymphozyten ein (Lymphozytopenie). Manchmal entwickelt sich auch ein Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten), also eine Blutarmut (Anämie).

In etwa 20 Prozent der Fälle weist das Blutbild bei Morbus Hodgkin eine erhöhte Anzahl an eosinophilen Granulozyten auf, einer Unterform der weissen Blutkörperchen. Mediziner bezeichnen dies als Eosinophilie.

Im Rahmen der Laboruntersuchungen untersucht der Arzt das Blut auch auf Antikörper gegen HIV, Hepatitis B und Hepatitis C. Ausserdem misst er den Blutspiegel des Enzyms Laktatdehydrogenase (LDH) und des Hormons Humanes Choriongonadotropins (HCG).

Gewebeprobe von Knochenmark & Lymphknoten

Besteht ein Verdacht auf Morbus Hodgkin, weil eine Schwellung der Lymphknoten ungeklärt ist und länger als vier Wochen besteht, entfernt der Arzt zur Sicherung der Diagnose einen kompletten Lymphknoten (Lymphknoten-Exstirpation) und untersucht diesen unter dem Mikroskop auf charakteristische Zellveränderungen. (Ein zweiter Pathologe bestätigt in der Regel die Diagnose).

Eine weitere Möglichkeit zur Diagnose liefern Gewebeproben aus dem Knochenmark (Biopsie). Die Probe zieht der Arzt mit einer Punktionsnadel aus dem Mark des Beckenkamms heraus. Eine solche Knochenmark-Gewebeprobe enthält unter Umständen ebenfalls entartete Zellen und liefert so Hinweise auf einen Morbus Hodgkin. Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie von 2018 soll auf eine Knochenmarkbiopsie aber verzichtet werden, wenn in der Bildgebung mittels PET/CT ein Knochenmark-Befall ausgeschlossen ist.

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Untersuchungen helfen dabei, das Stadium der Erkrankungen zu bestimmen und eventuelle Tochtergeschwulste (Metastasen) in anderen Organen aufzuspüren. Zur Anwendung kommen bei Bedarf Röntgen, Ultraschall, Computertomografie (CT) und CT in Kombination mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET/CT). Je nach Bedarf sind noch andere Untersuchungen sinnvoll, wie etwa eine Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT).

Morbus Hodgkin – Stadieneinteilung (nach Ann-Arbor, modifiziert nach Cotswold (1989) und Lugano (2014))

Morbus Hodgkin wird in vier Stadien eingeteilt, abhängig davon wie stark sich die Krebszellen im Körper ausgebreitet haben. Je mehr Lymphknoten-Regionen befallen sind, desto fortgeschrittener ist die Krankheit und desto schlechter ist die Prognose. Grundsätzlich ist Morbus Hodgkin aber eine Krebserkrankung, die bei guten Bedingungen in jedem Stadium heilbar ist.

Stadium

Befall

I

Befall von nur einer Lymphknoten-Region oder ein einziger lokalisierter Befall ausserhalb des lymphatischen Systems

II

Befall von zwei oder mehr Lymphknoten-Regionen oder lokalisierter Befall ausserhalb des lymphatischen Systems und von Lymphknoten-Regionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells (also entweder im Brustkorb oder im Bauchraum)

III

Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen oder lokalisierter Berfall ausserhalb des lymphatischen Systems und von Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (also sowohl im Brustkorb als auch im Bauchraum)

IV

Nicht lokalisierter, diffuser oder disseminierter Befall einer oder mehrerer extralymphatischer Organe (wie Gehirn) mit oder ohne Befall von lymphatischem Gewebe

Das Stadium wird ausserdem mit dem Zusatz A oder B noch weiter beschrieben: Zusatz A steht für das Fehlen von B-Symptomatik, Zusatz B für das Vorhandensein von B-Symptomatik.

Definierte Risikofaktoren

Für die Therapieplanung ist es wichtig, neben der Stadieneinteilung auch weitere, genau definierte Risikofaktoren zu ermitteln. Zu diesen zählen:

  • Grosser Mediastinal-Tumor: ein Tumor hinter dem Brustbein, dessen Grösse mindestens einem Drittel des Brustkorb-Durchmessers entspricht
  • Extranodalbefall: Ausbreitung des Tumors über lymphatisches Gewebe (Lymphknoten, Milz, Thymus etc.) hinaus
  • Hohe Blutsenkung: wie schnell die roten Blutkörperchen einer Blutprobe absinken, gibt Hinweise auf Entzündungen
  • Befall von drei oder mehr Lymphknotenarealen: "Lymphknotenareale" sind nicht gleichbedeutend mit "Lymphknotenregionen" in der Ann-Arbor-Einteilung, sondern umfassen zum Teil mehrere solcher Lymphknotenregionen

Ann-Arbor-Stadium + Risikofaktoren = Risikogruppe

Je nach Stadium (Ann Arbor) des Hodgkin-Lymphoms und den vorhandenen definierten Risikofaktoren erfolgt die Einteilung in die Risikogruppen frühe, mittlere oder fortgeschrittene Stadien.

frühe Stadien

Hierunter fallen Hodgkin-Lymphome im Stadium I A oder B (also Stadium I ohne oder mit B-Symptomatik) nach Ann-Arbor, wenn keine der oben genannten definierten Risikofaktoren gegeben sind.

mittlere Stadien

Hierzu zählen Hodgkin-Lymphome folgender Charakterisierung:

  • Stadium I A oder B mit einem oder mehreren Risikofaktoren
  • Stadium II A mit einem oder mehreren Risikofaktoren
  • Stadium II B, wenn die Risikofaktoren hohe Blutsenkung und/oder Befall von drei oder mehr Lymphknotenarealen vorliegen

fortgeschrittene Stadien

Von einem Hodgkin-Lymphom im fortgeschrittenen Stadium spricht man in folgenden Fällen:

  • Stadium II B, wenn die Risikofaktoren Extranodalbefall und/oder grosser Mediastinaltumor vorliegen
  • Stadium III A oder B
  • Stadium IV A oder B

Die Risikogruppe (frühes, mittleres, fortgeschrittenes Stadium) hilft den behandelnden Ärzten bei der Therapieplanung.

Wie sieht die Therapie bei Morbus Hodgkin aus?

Die Therapie des Morbus Hodgkin wird individuell an jeden Patienten angepasst. Vor Therapiebeginn klärt der behandelde Arzt den Erkrankten umfassend und vollständig über die geplante Behandlung, ihre Wirkung und mögliche Nebenwirkungen auf. Soweit möglich, bietet er auch die Teilnahme an klinischen Studien an. Ausserdem klärt der Arzt ab, ob der Krebspatient eine psychologische Mitbetreuung (psychoonkologische Mitbetreuung) braucht.

Chemo- und Strahlentherapie

Die meisten Hodgkin-Lymphom-Patienten erhalten eine Chemotherapie und eine Strahlentherapie. Dabei gibt es Unterschiede je nach Krankheitsstadium und Alter des Patienten.

Andere Therapien

In bestimmten Fällen von Morbus Hodgkin stehen noch andere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Hier einige Beispiele.

Wenn die übliche Behandlung mit Chemo- und Strahlentherapie nicht erfolgreich war oder es zu einem Rückfall kommt, besteht die Möglichkeit einer autologen Stammzell-Transplantation. Dem Erkrankten entnimmt der Arzt dabei zunächst gesunde Blutstammzellen (von denen unter anderem die Lymphozyten abstammen). Dann zerstört er mittels einer Hochdosis-Chemotherapie das gesamte Knochenmark des Betroffenen einschliesslich vorhandener Krebszellen.

Anschliessend erhält der Erkrankte die zuvor entnommenen Blutstammzellen zurück, die dann für eine neue Blutbildung mit gesunden Zellen sorgen. Selten kommen für die Stammzell-Übertragung Blutstammzellen eines Spenders zum Einsatz (allogene Stammzell-Transplantation).

Mehr über den genauen Ablauf und mögliche Risiken einer Stammzell-Übertragung lesen Sie im Beitrag Stammzell-Transplantation.

Für ausgewählte Morbus-Hodgkin-Patienten besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie mit dem Wirkstoff Brentuximab Vedotin. Es handelt sich dabei um einen künstlich hergestellten Antikörper, der mit einem Chemotherapeutikum beladen ist.

Der Antikörper dockt an einem bestimmten Oberflächen-Eiweiss der Krebszellen an, woraufhin er ins Zellinnere aufgenommen wird. Dort wird das Chemotherapeutikum freigesetzt, sodass es seine Wirkung entfaltet – die Krebszelle teilt sich nicht mehr und stirbt ab. Möglich ist diese Behandlung aber nur bei Personen, deren Tumorzellen das erwähnte Oberflächen-Eiweiss aufweisen.

Bei einigen Betroffenen versuchen Ärzte, das Hodgkin-Lymphom mit einer Immuntherapie mit Checkpoint-Hemmern (anti-PD1-Antikörper) wie Nivolumab zu behandeln. Ein Hodgkin-Lymphom aktiviert teils bestimmte Kontrollpunkte des Immunsystems, die die Immunreaktionen bremsen (Immun-Checkpoints). Das schützt den Tumor vor einem Angriff der Körperabwehr. Checkpoint-Hemmer lösen diese "Bremsen" wieder und ermöglichen so den Kampf des Immunsystems gegen den Krebs.

Therapie bei Schwangeren mit Hodgkin-Lymphom

Junge Erwachsene erkranken am häufigsten an einem Hodgkin-Lymphom. Somit sind teilweise auch Schwangere betroffen. In diesen Fällen ist eine engmaschige geburtshilfliche Überwachung geboten. Dazu gehört, zusätzlich zu den Standard-Untersuchungen, eine Ultraschalluntersuchung mit Vermessung des Ungeborenen (Fetometrie), Fruchtwasser- und Ultraschallkontrolle des Ungeborenen alle drei Wochen.

Die Hodgkin-Lymphom-Behandlung in der Schwangerschaft mittels Chemotherapie hängt vom Stadium der Schwangerschaft ab:

  • Erkrankt eine Frau im ersten Schwangerschaftsdrittel (Trimenon / Trimester) an einem Hodgkin-Lymphom, ist eine notwendige Chemotherapie erst mit Beginn des zweiten Trimenons möglich. Der Grund: Chemotherapeutika bergen ein hohes Risiko für kindliche Fehlbildungen, was sich zu Beginn der Schwangerschaft besonders fatal auswirkt.
  • Erfolgt die Diagnose eines Hodgkin-Lymphoms im zweiten oder dritten Trimenon, ist prinzipiell gleich eine Chemotherapie möglich (bis ca. zwei Wochen vor der Entbindung). Der Arzt prüft aber individuell, ob sich die Krebsbehandlung nicht auch bis nach der Geburt verschieben lässt.

Als Ergänzung zur Chemotherapie wird, wie oben geschildert, sehr oft eine Strahlentherapie eingesetzt. Während der Schwangerschaft kommt diese aber nicht infrage, sondern erst nach der Geburt. Dabei beträgt der Abstand zwischen dem Abschluss der Chemotherapie und dem Beginn der Bestrahlung möglichst nicht mehr als 12 Wochen.

Sonstige Massnahmen

Wichtig bei der Therapie von Morbus Hodgkin ist auch die Behandlung von Therapie-Nebenwirkungen, zum Beispiel mit Medikamenten gegen Übelkeit (häufige Nebenwirkung einer Chemotherapie).

Während der Morbus-Hodgkin-Therapie empfiehlt es sich, eine doppelte Verhütung durchzuführen (zum Beispiel Verhütungspille und Kondom), um einer Schwangerschaft und einer möglichen Schädigung des ungeborenen Kindes durch die eingesetzten Medikamente vorzubeugen.

Erkrankte profitieren auch von sportlicher Aktivität während und nach der Krebsbehandlung. Sie hilft zum Beispiel gegen die anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung, die oftmals mit einer Krebserkrankung einhergeht (Fatigue-Syndrom).

Mit Betroffenen im fruchtbaren Alter sprechen Ärzte vor Therapiebeginn meist auch über Massnahmen zum Schutz der Fruchtbarkeit – die Krebstherapie beeinträchtigt teilweise auch die Fruchtbarkeit. Beispielsweise besteht die Möglichkeit, unbefruchtete Eizellen beziehungsweise Spermien vor Therapiebeginn zu entnehmen und für eine spätere künstliche Befruchtung einzufrieren.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Prof. Dr. med. Eckard Alt
Autoren:
Dr. med.  Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

Dr. rer. nat. Monique Amey-Özel
Dr.  Monique Amey-Özel

Dr. Monique Amey-Özel hat Biologie an der Universität Bonn studiert und in den Neurowissenschaften promoviert. Sie war mehrere Jahre in der Forschung und als Lehrbeauftragte u.a. im Fach Anatomie an medizinischen Ausbildungseinrichtungen tätig. Sie beriet als Pharmareferentin Ärzte in verschiedenen Indikationen und ist nun als Medizinredakteurin verantwortlich für die Erstellung medizinischer Texte sowohl für Fachkreise als auch interessierte Laien.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
C81
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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