Leberkrebs

Von 
und , Medizinredakteurin und Biologin
Dr. med. Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Leberkrebs ist ein bösartiger Tumor in der Leber. Meist handelt es sich um Leberzellkrebs, der sich oft als Folge von Leberzirrhose entwickelt. Er verursacht meist erst im fortgeschrittenen Stadium Symptome wie Oberbauchschmerzen und ungewollten Gewichtsverlust. Männer sind häufiger von Leberzellkrebs betroffen als Frauen. Lesen Sie hier mehr zu dieser Tumorart und anderen Formen von Leberkrebs.

Leberkrebs

Leberkrebs: Beschreibung

Leberkrebs ist eine bösartige Tumorerkrankung der Leber. Dieses Organ erfüllt viele Aufgaben im Körper:

  • Die Leber verwertet die aus dem Darm aufgenommenen Nährstoffe. Beispielsweise speichert sie überschüssigen Zucker (Glukose) in Form von Glykogen. Auch bestimmte Vitamine sowie Eisen werden in der Leber gespeichert, wenn der Körper sie gerade nicht benötigt.
  • Das Organ ist mitbeteiligt an der Steuerung des Zucker-, Eiweiss- und Fettstoffwechsel.
  • Die Leber produziert die Gallenflüssigkeit, die für die Fettverdauung im Darm notwendig ist.
  • Sie produziert die Faktoren der Blutgerinnung sowie die Ausgangsstoffe für die Bildung der Sexualhormone und körpereigener Fette.
  • Als zentrales Entgiftungsorgan baut die Leber Schadstoffe, Medikamente, Alkohol und bestimmte körpereigene Substanzen um und ab. Auch der Abbau alter roter Blutkörperchen findet hier statt.

Diese Aufgaben sind lebenswichtig für den Körper. Entsprechend gravierend kann sich eine Lebererkrankung wie Leberkrebs auswirken. Der bösartige Tumor entsteht, wenn Zellen in der Leber entarten, sodass sie – statt ihre Aufgaben zu erfüllen – sich unkontrolliert zu vermehren beginnen und dabei gesundes Gewebe verdrängen. Darunter leidet zunehmend die Funktionsfähigkeit der Leber.

Verschiedene Arten bösartiger Lebertumoren

Bösartige Tumoren innerhalb der Leber können unterschiedlichen Ursprungs sein. Dementsprechend unterscheidet man zwischen primären und sekundären Lebertumoren.

Primäre Lebertumoren

Ein primärer Lebertumor hat seinen Ursprung direkt in der Leber – Mediziner sprechen hier von Leberkrebs. Je nachdem, welche Zellen hierbei entarten, resultieren verschiedene Formen von Leberkrebs. Dazu zählen unter anderem:

  • Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC): In den allermeisten Fällen handelt es sich bei primärem Lebertumoren um ein hepatozelluläres Karzinom – also einen bösartigen Tumor, der aus entarteten Leberzellen (Hepatozyten) hervorgeht.
  • intrahepatisches Cholangiokarzinom (iCC): Dieser primäre Lebertumor entwickelt sich aus den Gallengängen innerhalb des Organs und kommt bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Ein Gallengangskrebs kann übrigens auch aus Gallenwegen ausserhalb der Leber entstehen und wird dann extrahepatisches Cholangiokarzinom (eCC) genannt.
  • Hämangiosarkom der Leber: Diese seltene Form von Leberkrebs geht von den Wänden der Blutgefässe in der Leber aus. Ein solcher bösartiger Blutgefässtumor kann aber nicht nur in der Leber entstehen, sondern auch in anderen Körperregionen.

Sekundäre Lebertumoren

Sekundäre Lebertumoren sind Lebermetastasen, also Absiedelungen (Tochtergeschwülste) eines Krebstumors in einer anderen Körperregion. Dieser ursprüngliche Tumor (Primärtumor) sitzt oft in der Lunge, Brust, Gebärmutter, Prostata oder dem Magen-Darm-Trakt. Über das Blut können einzelne Krebszellen des Primärtumors in die Leber gelangen und sich dort ansiedeln. In Europa sind solche Lebermetastasen häufiger als Leberkrebs.

Im Folgenden wird nur der Leberkrebs behandelt!

Häufigkeit von Leberkrebs

Leberkrebs ist relativ selten in Europa: Im Jahr 2020 erkrankten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 58.079 Männer und 29.551 Frauen neu daran. Die Erkrankung tritt überwiegend im höheren Alter auf.

In vielen europäischen Ländern und den USA ist die Leberkrebs-Häufigkeit in den letzten 35 Jahren deutlich angestiegen. Die Gründe dafür sind vermutlich die steigenden Fallzahlen für Leberzirrhose, Fettleibigkeit und Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sowie die in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren vielen Neuerkrankungen an Hepatitis C – allesamt Risikofaktoren für Leberkrebs.

Leberkrebs: Symptome

Mit welchen Beschwerden sich ein Leberkarzinom äussern kann, erfahren Sie im Beitrag Leberkrebs - Symptome.

Leberkrebs: Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für Leberkrebs sind bisher nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch zahlreiche bekannte Risikofaktoren, die das Entstehen von (primärem) Leberkrebs begünstigen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten von primärem Leberkarzinom. Hier die wichtigsten:

Hepatozelluläres Karzinom - Risikofaktoren

Leberzirrhose

Leberzellkrebs entsteht in mehr als 80 Prozent der Fälle als Folge einer Schrumpfleber (Leberzirrhose). Die Hauptursachen für eine Leberzirrhose und damit für ein Leberzellkarzinom sind:

Eine chronische Hepatitis-B-Infektion und eine nichtalkoholische Fettleber können auch direkt – ohne Leberzirrhose als "Umweg" – zu Leberkrebs führen.

Bei einer Leberzirrhose geht zunehmend Lebergewebe zugrunde und vernarbt (Leberfibrose). Die Leber versucht den fortschreitenden Verlust an funktionsfähigem Gewebe zu kompensieren, indem sie viele neue Leberzellen bildet – die Zellteilung wird also angekurbelt. Weil es grundsätzlich bei jeder Teilung einer Zelle zu Fehlern im genetischen Code kommen kann, steigt damit das Risiko, dass Krebszellen entstehen. Deshalb ist Leberzellkrebs eine häufige Folge von Leberzirrhose.

Für die Leber giftige Stoffe (Hepatotoxine)

Auch verschiedene Giftstoffe können Leberkrebs auslösen, so zum Beispiel Aflatoxine. Das sind sehr potente, krebsauslösende (kanzerogene) Giftstoffe, die vom Schimmelpilz (Aspergillus flavus) produziert werden. Der Pilz besiedelt oftmals Nüsse und Getreide, wenn diese unter schlechten Bedingungen (Dürre) wachsen und anschliessend feucht gelagert werden. In tropisch-subtropischen Ländern ist durch Schimmelpilzgift verursachter Leberkrebs deutlich häufiger als in Europa.

Andere Hepatotoxine, die ein Leberzellkarzinom begünstigen können, sind zum Beispiel das Halbmetall Arsen und das giftige Gas Vinylchlorid (Ausgangsstoff für Polyvinylchlorid, PVC).

Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose)

Die angeborene Erkrankung des Eisenstoffwechsels erhöht ebenfalls das Risiko, dass sich aus entarteten Leberzellen Leberkrebs entwickelt: Bei einer Hämochromatose lagert der Körper übermässig viel Eisen im Körper ab, unter anderem in der Leber. Der erhöhte Eisengehalt schädigt das Gewebe auf Dauer, und kann eine Leberzirrhose verursachen – wie oben erwähnt ein wesentlicher Risikofaktor für Leberzellkrebs.

Intrahepatisches Cholangiokarzinom (iCC) - Risikofaktoren

Das Risiko für Gallengangkrebs innerhalb (und ausserhalb) der Leber steigt vor allem durch chronische Entzündungen der Gallenwege, die verschiedene Ursachen haben können. Beispielsweise kommt ein Gallengangskarzinom oft bei Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) vor. Das ist eine chronische, autoimmun-bedingte Gallengangsentzündung.

Weitere mögliche Auslöser einer chronischen Gallengangsentzündung und damit ein Risikofaktor für Gallengangskrebs sind chronische Infektionen, etwa mit Typhus-Bakterien, Hepatitis B- oder Hepatitis-C-Viren, HIV oder diversen Parasiten (wie dem Chinesischen Leberegel).

Hämangiosarkom der Leber - Risikofaktoren

Diese Art von Leberkrebs entsteht hauptsächlich durch Kontakt mit verschiedenen Giftstoffen. So kann etwa das oben erwähnte Vinylchlorid nicht nur ein Leberzellkarzinom, sondern auch einen bösartigen Gefässtumor begünstigen. In anderen Fällen entpuppen sich Hämangiosarkome als Spätschäden des früher verwendeten Röntgenkontrastmittels Thorotrast oder aber als Folge eines Strahlenschadens.

Ein weiterer Risikofaktor für ein von den Blutgefässen ausgehender Krebstumor stellen anabole Steroiden dar, die von manchen Sportlern und Bodybuildern missbräuchlich zum Muskelaufbau eingenommen werden.

Leberkrebs: Untersuchungen und Diagnose

Der richtige Ansprechpartner bei Verdacht auf Leberkrebs ist Ihr Hausarzt oder ein Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie.

Bei Menschen mit bestimmten Risikofaktoren für Leberkrebs (wie Leberzirrhose, chronische Hepatitis-B- oder -C-Infektion) können regelmässige Untersuchungen zur Früherkennung von Leberkrebs sinnvoll sein.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Zu Beginn wird der Arzt in einem ausführlichen Gespräch Ihre Krankengeschichte erheben (Anamnese). Dazu bittet er Sie, ihm Ihre Beschwerden genau zu schildern, und befragt Sie zu Ihrem allgemeinen Gesundheitszustand, Ihrem Lebensstil und eventuellen Grunderkrankungen. Mögliche Fragen diesbezüglich sind zum Beispiel:

  • Ist bei Ihnen eine chronische Entzündung der Leber (Hepatitis) oder eine Leberzirrhose bekannt?
  • Haben Sie in den letzten Jahren Auslandsreisen nach Asien oder Afrika unternommen?
  • Wie viel Alkohol trinken Sie täglich? Gab es Zeiten im Leben, in denen Sie vermehrt getrunken haben?
  • Haben Sie häufig wechselnde Sexualpartner? (-> Erhöhtes Risiko für Hepatitis B und C)

Auf das Gespräch folgt eine körperliche Untersuchung: Bei Leberkrebs kann die Leber derart vergrössert sein, dass der Arzt sie unter dem rechten Rippenbogen ertasten kann. Bei einer Leberzirrhose – dem wichtigsten Risikofaktor für Leberkrebs (genauer: Leberzellkrebs) – ist die Leberoberfläche typischerweise höckerig und unregelmässig. Auch das lässt sich ertasten.

In der Regel klopft der Arzt auch den Bauch mit den Fingern ab (Perkussion). So kann er feststellen, ob sich Wasser im Bauchraum befindet (Bauchwassersucht = Aszites). Das ist oft bei schweren Lebererkrankungen wie Leberkrebs der Fall.

Anhand der Anamnese und der körperlichen Untersuchung kann der Arzt bereits grob einschätzen, ob möglicherweise Leberkrebs vorliegt. Für eine sichere Diagnose sind aber immer weiterführende Untersuchungen notwendig.

Blutuntersuchungen

Blutuntersuchungen bei Verdacht auf Leberkrebs dienen vor allem dazu, gegebebenfalls eine Hepatitis-Infektion und sogenannte Tumormarker nachzuweisen. Tumormarker sind Stoffe, die verstärkt von Tumorzellen gebildet werden. So ist im Falle von Leberzellkrebs – der häufigsten Form von Leberkrebs – das Alpha-1-Fetoprotein (auch: Alpha-Fetoprotein, AFP) im Blut erhöht. Der AFP-Spiegel allein erlaubt aber keine sichere Diagnose: Zum einen ist er im Frühstadium von Leberkrebs oft noch nicht erhöht. Zum anderen kann ein erhöhter AFP-Spiegel auch andere Gründe als Leberkrebs haben. Dazu zählen zum Beispiel eine Virus-bedingte Leberentzündung (Virushepatitis), Leberzirrhose, Hodentumor und Schwangerschaft.

Der AFP-Wert ist wichtiger für die Verlaufskontrolle als für die Diagnose von Leberkrebs.

Als allgemeine Parameter der Leberfunktion werden auch verschiedene Leberwerte im Blut gemessen. Dazu gehören die Leberenzyme (wie AST/GOT und ALT/GPT), die Lebersynthese-Parameter (Vitamin-K-abhängige Faktoren der Blutgerinnung, Albumin, Cholinesterase) sowie typischerweise bei einer Gallenstauung erhöhten Werte (Gamma-GT, AP, Bilirubin).

Bildgebende Verfahren

Eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) ermöglicht eine erste Einschätzung über den Zustand der Leber. Sie kann Strukturveränderungen des Organs und gegebenenfalls einen Tumor sichtbar machen. Deutlichere Bilder erhält man durch die Gabe eines Kontrastmittels (kontrastmittelverstärkter Ultraschall, CEUS).

Ergänzend kommen oft Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) und/oder Computertomografie (CT) zum Einsatz. Sie liefern detailliertere Bilder als ein normaler Ultraschall – besonders, wenn dem Patienten während der Untersuchung ein Kontrastmittel verabreicht wird, wie es meist der Fall ist.

MRT und CT helfen nicht nur bei der Abklärung eines Leberkrebs-Verdachts, sondern auch bei der Suche nach eventuellen Tochtergeschwülsten (Metastasen) in anderen Körperregionen.

Die Wichtigkeit der verschiedenen bildgebenden Verfahren richtet sich nach dem Einzelfall. Wenn etwa bei Patienten mit Leberzirrhose der Verdacht auf Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom) besteht, wird ein MRT mit Kontrastmittelgabe als bildgebendes Diagnoseverfahren empfohlen.

Darf ein MRT nicht durchgeführt werden (z.B. bei Patienten mit einem Herzschrittmacher) oder liefert es einen unklaren Befund, wird alternativ eine Computertomografie (CT) und/oder eine kontrastmittelverstärkter Ultraschall-Untersuchung (CEUS) zur Diagnose verwendet.

Biopsie

Manchmal lässt sich Leberkrebs nur dann sicher diagnostizieren, wenn eine Gewebeprobe entnommen und im Labor mikroskopisch untersucht wird. Die Entnahme der Gewebeprobe erfolgt mittels Punktion: Der Arzt führt unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle eine feine Hohlnadel über die Bauchdecke in die Leber ein und gewinnt damit Gewebe aus der verdächtigen Stelle. Der Patient erhält für den Eingriff eine örtliche Betäubung, sodass er dabei keine Schmerzen verspürt.

Leberkrebs: Klassifikation nach Ausbreitung

Leberkrebs wird – wie andere Tumorerkrankungen – nach der UICC (Union internationale contre le cancer) in verschiedene Stadien eingeteilt. Die Einteilung hängt von der Ausbreitung des Tumors ab. Diese wird wiederum anhand der sognannten TNM-Klassifikation definiert: T steht für Tumorgrösse, N für Befall der Lymphknoten (lat. nodus) in Tumornähre und M für Metastasen (Tochterabsiedelungen) in weiter entfernten Körperregionen (Fernmetastasen). Anhand der Klassifikation lässt sich genau beschreiben, wie weit sich ein Tumor bereits auf das umliegende Gewebe ausgebreitet hat. Die Stadieneinteilung nach UICC hängt somit direkt von der TNM-Klassifikation ab.

TNM-Klassifikation bei Leberkrebs:

Tumorgrösse (T):

  • T1: Ein einzelner (solitärer) Tumor, der noch keine Blutgefässe befallen hat.
  • T2: Solitärer Tumor mit Gefässbefall oder mehrere (multiple) Tumore mit maximal fünf Zentimeter Durchmesser.
  • T3: Mehrere Tumore mit mehr als fünf Zentimeter Durchmesser oder Tumore mit Befall eines grösseren Astes der Pfortader und der Lebervene.
  • T4: Tumor(e) mit Befall angrenzender Organe oder Tumor(e) mit Durchbruch des Bauchfells.

Lymphknoten (N):

  • NX: Lymphknotenbefall nicht beurteilbar.
  • N0: Lymphknoten sind nicht von Krebszellen befallen.
  • N1: .Lymphknoten sind von Krebszellen befallen.

Fernmetastasen (M):

  • MX: Fernmetastasen nicht beurteilbar.
  • M0: Keine Fernmetastasen.
  • M1: Fernmetastasen vorhanden (z.B. in der Lunge).

UICC-Stadien:

UICC Stadium

TNM-Klassifikation

Stadium I

Bis T1 N0 M0

Stadium II

Bis T2 N0 M0

Stadium III

Bis T4 N0 M0

Stadium IVa

Jedes T N1 M0

Stadium IVb

Jedes T, jedes N und ab M1

Leberkrebs: Behandlung

Die Leberkrebs-Therapie hängt von mehreren Faktoren ab, zu denen das Stadium der Krebserkrankung, das Alter und der Allgemeinzustand des Patienten zählen. Zur Verfügung stehen verschiedene Behandlungsmethoden, die allein oder in unterschiedlichen Kombinationen zur Anwendung kommen:

Eine Operation bietet die Chance, den Leberkrebs-Patienten zu heilen, indem der erkrankte Teil der Leber (Teilresektion) oder aber die gesamte Leber entfernt wird. Im zweiten Fall erhält der Patient als Ersatz eine Spenderleber (Lebertransplantation).

In den meisten Fällen aber ist Leberkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose für eine chirurgischen Eingriff schon zu weit fortgeschritten. Statt einer Operation oder aber zur Überbrückung der Zeit bis zur Lebertransplantation kommen dann örtliche Massnahmen in Betracht, die den Tumor zerstören (lokal-ablative Therapieverfahren).

Lässt sich Leberkrebs weder operativ noch lokal-ablativ vollständig beseitigen, können Patienten mittels transarterieller (Chemo- oder Radio-)Embolisation und/oder mit Medikamenten behandelt werden. Manchmal kommt auch eine Hochpräzisions-Strahlentherapie (Hochpräzisionsradiotherapie) in Betracht. Ziel dieser Behandlungen ist es, das Tumorwachstum zu bremsen und die Überlebenszeit der Betroffenen zu verlängern.

Operation / Lebertransplantation

Bei Leberkrebs versucht der Chirurg, das befallene Lebergewebe möglichst vollständig operativ zu entfernen. Bei einem kleinen Tumor genügt es dafür meist, einen Teil der Leber zu entfernen (Leberteilresektion). Da die Leber grundsätzlich ein grosses Regenerationspotenzial hat, können insgesamt bis zu 85 Prozent des Lebergewebes operativ entfernt werden. Sofern die restlichen 15 Prozent der Leber gesund und voll funktionsfähig sind, kann die Leber weiterhin ihre Aufgaben erfüllen. Die verbliebenen gesunden Leberzellen ersetzen das entfernte Gewebe nach und nach.

Hat sich der Leberkrebs auf so viele Bereiche des Organs ausgebreitet, dass eine operative Teilresektion nicht mehr möglich ist, kann eventuell das ganze Organ entfernt und durch eine Spenderleber ersetzt werden. Eine solche Lebertransplantation kommt allerdings nur für wenige Patienten in Betracht, weil dafür verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Beispielsweise muss der Tumor auf die Leber beschränkt sein und darf noch keine Tochtergeschwülste (Leberkrebs-Metastasen) – etwa in Lymphknoten – gebildet haben.

Lokal-ablative Verfahren

Es gibt verschiedene lokal-ablative Verfahren zur Behandlung von Leberkrebs. Hier die wichtigsten:

Bei der Radiofrequenz-Ablation (RFA, RFTA, RITA) führt der Arzt unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle eine Sonde in den bösartigen Tumor ein. Über diese wird dann das Tumorgewebe mithilfe von Radiofrequenzwellen auf über 100 Grad Celsius erhitzt. Auf diese Weise lassen sich Tumorareale mit einem Durchmesser von bis zu drei bis fünf Zentimetern zerstören. Bei mehreren Tumorherden sind meist mehrere Sitzungen nötig. Sie werden jeweils unter Kurznarkose durchgeführt.

Auch bei der Mikrowellenablation (MWA) wird das Tumorgewebe lokal erhitzt und dadurch zerstört. Es kommen dabei allerdings noch höhere Temperaturen (bis zu 160 Grad) zum Einsatz als bei der Radiofrequenz-Ablation (RFA).

Ein anderes lokal-ablatives Therapieverfahren bei Leberkrebs ist die perkutane Ethanol- oder Essigsäure-Injektion (PEI). Dabei spritzt der Arzt Alkohol (Ethanol) oder Essigsäure durch die Bauchdecke in das betroffene Leberareal. Beide Substanzen bewirken, dass die Krebszellen absterben. Das umliegende gesunde Gewebe bleibt dagegen weitgehend verschont. Die perkutane Ethanol- oder Essiginjektion wird meist in mehreren Sitzungen in mehrwöchigen Abständen wiederholt.

Experten empfehlen zur Behandlung von Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom) die Radiofrequenz- oder Mikrowellen-Ablation als lokal-ablatives Verfahren. Die perkutane Ethanol- oder Essigsäureinjektionen haben sich als weniger effektiv als etwa die RFA erwiesen.

Transarterielle (Chemo-)Embolisation (TAE/TACE)

Unter Embolisation versteht man den gezielten Verschluss von Blutgefässen. Im Rahmen der Leberkrebs-Therapie kann man das bei Gefässen machen, die den Tumor mit Blut versorgen:

Über einen Zugang in den Leistenarterien schiebt der Arzt unter Röntgenkontrolle eine biegsame Kanüle (Katheter) bis zur Leberarterie vor. Jeder Lebertumor wird über eine oder mehrere Verzweigungen dieser Arterie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Im nächsten Schritt spritzt der Arzt über den Katheter kleine Kunststoffteilchen in diese Gefässe und verschliesst sie dadurch – die Krebszellen, die nun von der Blutzufuhr abgeschnitten sind, sterben ab.

Dieses Therapieverfahren wird transarterielle Embolisation (TAE) genannt. Sie kann mit einer lokalen Chemotherapie kombiniert werden: Dazu spritzt der Arzt über den Katheter auch noch einen Wirkstoff in die Tumornähe, der Krebszellen abtötet (Chemotherapeutikum). Dann spricht man von transarterieller Chemo-Embolisation (TACE).

Transarterieller Radio-Embolisation (TARE)

Dieses Verfahren wird oft auch Selektive interne Radiotherapie (SIRT) genannt. Es handelt sich dabei um eine neuartige örtliche Strahlenbehandlung von innen. Sie kommt in Betracht, wenn Leberkrebs nicht operativ entfernt werden kann und noch keine Tocherabsiedlungen gebildet hat:

Auch hier wird wieder ein Katheter über die Leiste in die Leberarterie eingeführt. Über diesen Katheter schleust der Arzt dann zahlreiche winzige, radioaktive Kügelchen in jene Gefässe ein, die den Tumor versorgen. Das hat zwei Effekte: Zum einen werden die Gefässe verschlossen, sodass der Tumor von der Blutzufuhr abgeschnitten wird. Zum anderen werden die Krebszellen einer hohen lokalen Strahlendosis ausgesetzt, die sie abtötet.

Hochpräzisionsradiotherapie

Bei einer Hochpräzisionsradiotherapie wird eine hohe Strahlendosis von aussen sehr präzise auf ein genau umschriebenes Körperareal – den Tumor oder eine Metastase – gerichtet. Das Verfahren wird auch stereotaktische Bestrahlung (engl.: "Stereotactic Body Radiotherapy", SBRT) genannt. Sie kommt in Betracht, wenn andere lokale Therapieverfahren zur Behandlung von Leberkrebs nicht möglich sein.

Medikamente

Zielgerichtete Medikamente

Im Jahr 2007 wurde mit Sorafenib der erste zielgerichtete Wirkstoff zur Behandlung von Leberkrebs zugelassen. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Multi-Kinase-Hemmer (Multi-Kinase-Inhibitor): Durch die Blockade bestimmter Enzyme verzögert er das Wachstum des Tumors und der ihn versorgenden Blutgefässe. Sorafenib kann bei fortgeschrittenem Leberkrebs verordnet werden.

Neben Sorafenib stehen inzwischen noch weitere Enzymhemmer (Multi-Kinase- bzw. Tyrosinkinasehemmer) für die Leberkrebs-Therapie zur Verfügung, darunter Regorafenib und Lenvatinib.

Für bestimmte Patienten mit Leberzellkrebs kommt eine Kombinationstherapie mit den künstlich hergestellten monoklonalen Antikörpern Atezolizumab und Bevacizumab in Frage. Atezolizumab hemmt ein von den Krebszellen produziertes Protein (PD-L1), das dafür sorgt, dass das körpereigene Immunsystem nicht gegen die Tumorzellen vorgeht. Durch die Blockade von PD-L1 kann Atezolizumab diese "Bremse" der Immunabwehr aufheben, sodass der Körper effektiver gegen die bösartigen Zellen vorgehen kann.

Bevacizumab hemmt gezielt den Wachstumsfaktor VEGF. Dieser wird von Tumoren hergestellt, um die Neubildung von Blutgefässen anzuregen – für eine bessere Versorgung des Tumors. Durch die Hemmung von VEGF kann Bevacizumab also die Versorgung und damit das Wachstum der bösartigen Geschwulst verringern.

Der Wirkstoff Ramucirumab ist ein weiterer monoklonaler Antikörper, der in bestimmten Fällen von Leberzellkrebs gegeben werden kann. Er besetzt bestimmte Bindungsstellen (Rezeptoren) des Wachstumsfaktors VEGF und blockiert damit dessen Wirkung.

Die Behandlung mit zielgerichteten Medikamenten kommt nur für ausgewählte Patientengruppen in Betracht.

Systemische Chemotherapie

Gegen viele Krebserkrankungen setzen Mediziner eine systemische (= auf den ganzen Körper wirkende) Chemotherapie ein – also Medikamente, die allgemein das Wachstum sich schnell teilender Zellen (wie Krebszellen) hemmen.

Bei Erwachsenen mit Leberzellkrebs wird eine solche Chemotherapie aber nicht standardmässig angewendet, weil sie hier im Allgemeinen wenig wirkt. Im Einzelfall kann sie aber überlegt werden, etwa im Leberkrebs-Endstadium als schmerzlindernde (palliative) Massnahme. Der Leberkrebs-Verlauf lässt sich dadurch zwar nicht gänzlich stoppen, aber zumindest verlangsamen.

Kinder und Jugendliche mit Leberzellkrebs sprechen im Unterschied zu Erwachsenen in fast der Hälfte aller Fälle gut auf eine systemische Chemotherapie an. Deshalb gehört sie bei der Behandlung dieser Patientengruppe zum Standard.

Leberkrebs: Krankheitsverlauf und Prognose

Ob Leberkrebs heilbar ist, hängt vom Stadium der Erkrankung ab: Die Leberkrebs-Prognose ist umso besser, je früher die Krankheit erkannt wird.

Oft wird der bösartige Tumor aber erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Die therapeutischen Möglichkeiten sind dann begrenzt. Wie bei den meisten Tumorerkrankungen gilt dann auch bei Leberkrebs: Lebenserwartung und Heilungschancen sind bei später Diagnosestellung schlecht. Die Krebszellen haben sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf andere Organe ausgebreitet und Tochtergeschwulste (Leberkrebs-Metastasen) gebildet. Bei der häufigsten Form von Leberkrebs – dem hepatozellulären Karzinom (Leberzellkrebs) – leben fünf Jahre nach der Diagnose im Schnitt noch jeweils 15 Prozent der betroffenen Frauen und Männer (Fünf-Jahres-Überlebensrate).

Leberkrebs: Vorbeugung

Wer Leberkrebs vorbeugen möchte, sollte die bekannten Risikofaktoren (siehe oben) nach Möglichkeit vermeiden:

  • Trinken Sie nur mässig Alkohol bzw. bei einer chronischen Lebererkrankung (Zirrhose, chronische Hepatitis etc.) gar keinen Alkohol. Das Genussmittel kann die Leber massiv schädigen und innerhalb von Jahren eine Leberzirrhose nach sich ziehen – ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Leberkrebs.
  • Achten Sie auf eine ausgewogene, fettarme Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst sowie Getreide und Vollwertprodukten. Dadurch wird die Leber nicht übermässig belastet. Zudem beugt eine solche Ernährung – zusammen mit regelmässiger körperlicher Aktivität – Übergewicht und Diabetes vor, zwei weiteren Risikofaktoren für Leberkrebs.
  • Essen Sie keine verschimmelten Lebensmittel (wie Getreide, Mais, Erdnüsse oder Pistazien). Diese gehören in den Müll – nur sichtbar befallene Teile zu entfernen, reicht nicht. Der Schimmelpilz hat dann bereits lange, unsichtbare Fäden ausgebildet haben, die das Lebensmittel durchziehen.
  • Ratsam ist auch ein Verzicht auf Tabak. Der Genuss von Zigaretten & Co. steht ebenfalls in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Leberkrebs.
  • Menschen mit einer chronischen Lebererkrankung sollten Kaffee trinken, weil das bei diesen Patienten dem Fortschreiten einer Vernarbung (Fibrosierung) der Leber entgegen wirken und das Risiko für Leberkrebs (genauer: Leberzellkrebs) senken kann. Der Effekt scheint bei einer Kaffeemenge von drei oder mehr Tassen am Tag am deutlichsten zu sein.
  • Darüber hinaus ist die fachgerechte Behandlung chronischer Lebererkrankungen (wie Leberzirrhose, Hepatitis B oder C) wichtig, um das Risiko von Leberkrebs zu verringern.
  • Die Hepatitis-B-Impfung (HBV) schützt vor einer Leberentzündung durch Hepatitis-B-Viren. Sie wird standardmässig für alle Säuglinge ab dem zweiten Lebensmonat empfohlen. Ausserdem ist sie für bestimmten Risikogruppen ratsam. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Zur Vorbeugung von Hepatitis C gibt es bislang keine Impfung. Man kann aber durch andere Massnahmen (z.B. kein gemeinsames Benützen von Drogenbesteck wie Spritzen) das Risiko für eine Hepatitis-C-Infektion und damit für Leberkrebs senken.
  • Patienten mit nicht-insulinabhängigem Diabetes sollten nach Möglichkeit mit dem Blutzuckersenker Metformin behandelt werden. Er verringert bei den Betroffenen das Risiko für Leberkrebs (genauer: für Leberzellkrebs).

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Prof. Dr. med. Stefan Endres
Autoren:
Dr. med.  Julia Schwarz

Dr. med. Julia Schwarz ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
C22C24
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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