Knick-Senkfuß

Von , Medizinredakteurin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Lisa Vogel

Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Der Knick-Senkfuss (Pes planovalgus) ist eine der häufigsten Fussfehlstellungen. Genauer gesagt, sind hier zwei Fehlstellungen kombiniert: Zum einen ist die Ferse leicht nach innen geknickt (Knickfuss). Zum anderen ist das Fusslängsgewölbe etwas abgesenkt (Senkfuss). Diese dreidimensionale Fehlstellung kann angeboren oder erworben sein. Lesen Sie hier alles Wichtige zum Knick-Senkfuss: Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung!

Physiotherapie zur Behandlung eines Knickfußes

Kurzübersicht

  • Was ist ein Knick-Senkfuss? Angeborene oder erworbene Fussfehlstellung: Der Fuss kippt nach innen, das Fusslängsgewölbe ist abgesenkt. Es gibt eine flexible und eine rigide (kontrakte) Form. Letztere ist sehr selten.
  • Ursachen: Knick-Senkfuss bei Kindern ist meist eine normale Entwicklungsphase und seltener krankheitsbedingt (z.B. Bänder- oder Muskelschwäche, Trisomie 21). Erwachsene haben einen Knick-Senkfuss entweder noch aus der Kindheit oder erst später erworben - meist infolge einer Sehnenschädigung (etwa durch Rheuma oder eine Verletzung).
  • Symptome: Kinder haben meist keine Symptome. Jugendliche und Erwachsene leiden häufiger unter belastungsabhängigen Fussschmerzen. Weitere mögliche Beschwerden sind z.B. schnelle Ermüdbarkeit der Füsse, Verspannungen im Unterschenkel, Rückenschmerzen.
  • Diagnostik: körperliche Untersuchung, Ganganalyse, Messung des Fussabdruckes, bildgebende Verfahren
  • Therapie: Nicht notwendig beim entwicklungsbedingten kindlichen Knick-Senkfuss (v.a bei fehlenden Symptomen). Ansonsten wird die flexible Form bei Beschwerden behandelt. Die rigide Form sollte umgehend behandelt werden. Zur Verfügung stehen konservative (Schuheinlagen, Physiotherapie etc.) und operative Verfahren.
  • Vorbeugung: Möglich bei erworbenen Formen, z.B. durch Kräftigung der Fussmuskulatur und gutes Schuhwerk.

Was ist ein Knick-Senkfuss?

Der Knick-Senkfuss ist eine dreidimensionale Fussfehlstellung, die zwei Fehlstellungen miteinander kombiniert - Knickfuss und Senkfuss:

  • Knickfuss: Die Ferse ist leicht nach innen geknickt - der innere Fersenrand ist nach unten gedrückt und der äussere Rand leicht angehoben. Mediziner bezeichnen dies als Valgusstellung.
  • Senkfuss: Das Längsgewölbe des Fusses ist leicht abgesenkt.

Der Senkfuss ist ein leichtgradiger Plattfuss. Bei Letzterem ist das Fusslängsgewölbe vollständig aufgehoben - also komplett abgeflacht, sodass die gesamte Fusssohle am Boden aufliegt. In Kombination mit einem Knickfuss spricht man dann von Knick-Plattfuss.

Knickfuss und Senkfuss können auch isoliert auftreten. Meistens liegen sie aber kombiniert als Knick-Senkfuss vor.

Flexibler und kontrakter Knick-Senkfuss

Mediziner unterscheiden den flexiblen vom kontrakten (rigiden) Knick-Senkfuss. Der flexible Knick-Senkfuss ist die am weitaus häufigste Form: Hier korrigieren sich die Fehlstellungen - Einwärtsneigung der Ferse und Absenkung des Fussgewölbes - im Zehenspitzenstand (also wenn sich Betroffene auf die Zehenballen stellen und die Ferse anheben). Beim seltenen kontrakten Knick-Senkfuss ist das nicht der Fall.

Wie erkennt man einen Knick-Senkfuss?

Die Fussfehlstellung "Knick-Senkfuss" ist schon optisch erkennbar. Der Fuss knickt nach innen, was man besonders gut sehen kann, wenn man hinter dem Betroffenen geht oder steht. Die Fussfehlstellung kann die Beine auch in eine Schieflage zwingen im Sinne von X-Beinen.

Auf einen Knick-Senkfuss kann auch eine stärkere Abnutzung der Schuhsohle an der Innenkante hinweisen.

Schmerzen und andere Symptome verursacht ein Knick-Senkfuss bei jüngeren Patienten in der Regel nicht. Bei Erwachsenen dagegen rufen Knick-Senkfüsse oft deutlichere Beschwerden hervor. Das können neben Schmerzen im Fuss etwa auch Verspannungen und Krämpfe im Unterschenkel sowie schnelle Ermüdbarkeit der Füsse sein.

Wie entsteht ein Knick-Senkfuss?

Ein Knick-Senkfuss kann sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen auftreten. Bei Kindern jüngeren Alters ist er in der Regel eine normale Entwicklungsphase und wächst sich meist von allein aus. Manchmal stecken aber auch krankheitsbedingte (pathologische) Ursachen dahinter, die angeboren oder erworben sein können. Ein Knick-Senkfuss bei Erwachsenen kann seinen Ursprung bereits im Kindesalter haben oder erst später entstanden sein.

Knick-Senkfuss bei Kindern

Ein flexibler Knick-Senkfuss beim (Klein-)Kind ist nichts ungewöhnliches - fast alle Kinder unter sechs Jahren weisen die Fussfehlstellung auf. Sie ist in der Regel physiologisch bedingt, also eine normale Entwicklungsstufe. Muskeln und Bändern sind noch nicht in der Lage, die Ferse in der korrekten Position zu halten, und das Fusslängsgewölbe muss sich erst noch vollständig ausbilden. Mit dem Heranwachsen verschwindet die Fehlstellung im Allgemeinen von allein.

Manchmal ist ein flexibler Knick-Senkfuss beim Kind aber auch pathologisch bedingt. Er kann zum Beispiel auf einer angeborenen Bänderschwäche (Bandlaxizität) beruhen.

Starkes Übergewicht (evtl. in Kombination mit einer angeborenen Bänderschwäche) kann ebenfalls zur Entstehung eines flexiblen Knick-Senkfusses führen - das Fusslängsgewölbe und die Ferse geben quasi unter dem zu hohen Gewicht, das auf ihnen lastet, nach. In anderen Fällen sind X-Beine der Grund, dass der Fuss nach innen geneigt und das Fusslängsgewölbe abgesenkt ist.

Auch eine Muskelschwäche (Muskelhypotonie) kommt als Ursache für einen flexiblen Knick-Senkfuss in Betracht. Bei Kindern handelt es sich oft um eine gutartige Muskelschwäche, die erworben und rückläufig ist.

Es kann aber auch ernste Gründe für eine verringerte Muskelspannung geben, zum Beispiel Trisomie 21 (Down-Syndrom), das Rett-Syndrom (eine neurologische Entwicklungsstörung) oder eine infantile Zerebralparese. Darunter versteht man einen frühkindlichen Hirnschaden mit Störungen der Bewegung, Haltung und motorischen Funktion. Er geht anfänglich sehr oft mit einer Muskelschwäche einher, die unter anderem einen Knick-Senkfuss nach sich ziehen kann. Die für dieses Krankheitsbild oft typische stark erhöhte Muskelspannung (Spastik) entwickelt sich oft erst später (meist um das 4. Lebensjahr herum).

Fussfehlstellungen wie der Knick-Senkfuss entwickeln sich oftmals auch bei Kindern, die mit einer sogenannten Myelomeningozele zur Welt kommen. Der Begriff bezeichnet eine schwere Form von "offenem Rücken" (Spina bifida). Im Rahmen dieser gravierenden Fehlbildung, aber auch unabhängig davon kann ein Tethered-Cord-Syndrom auftreten (tethered cord = engl. für "angebundene Schnur"). Dabei ist der untere Teil des Rückenmarks mit seinen Hüllen oder Gewebe der Umgebung verwachsen, also gewissermassen angeheftet. Auch dies kann unter anderem zu Fussfehlstellungen führen.

Neuromuskuläre Erkrankungen sind weitere mögliche Ursachen für einen kindlichen Knick-Senkfuss. So können etwa primäre angeborene Muskelerkrankungen (primäre kongenitale Myopathien) ebenso wie Muskeldystrophien (Gruppe erblicher Muskelerkrankungen) schon in jungen Jahren zu Fehlstellungen im Fussbereich wie einen flexiblen Knick-Senkfuss führen.

Der rigide (kontrakte) Knick-Senkfuss ist selten. Er kann durch knöcherne Fehlbildungen oder neurologische Erkrankungen (z.B. mit früh einsetzender Spastik) verursacht werden.

In seltenen Fällen entwickelt sich der rigide Knick-Senkfuss aus einem pathologischen flexiblen Knick-Senkfuss.

Knick-Senkfuss bei Erwachsenen

Manche Betroffene haben ihren Knick-Senkfuss (oder Knick-Plattfuss) noch aus der Kindheit zurückbehalten. Andere entwickelten die Fussfehlstellung erst später.

Als häufige Ursache kommt eine Schädigung der Tibialis-posterior-Sehne in Betracht. Diese Sehne verbindet den hinteren Schienbeinmuskel mit dem Fuss und sorgt unter anderem für das Anheben der Fussinnenseite. Aus verschiedenen Gründen kann sie in ihrer Funktion beeinträchtigt sein, was einen Knick-Senkfuss oder sogar Knick-Plattfuss zur Folge hat.

Die Beeinträchtigung kann beispielsweise auf eine Verletzung, eine Sehnenscheidenentzündung oder rheumatische Erkrankung zurückzuführen sein. Auch eine Überlastung der Sehne kann eine fortschreitende Schädigung verursachen, die dann in einer Fussfehlstellung mündet.

Frauen haben deutlich häufiger einen Knick-Senkfuss als Männer. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck.

Der sehr seltene kontrakte Knick-Senkfuss kann durch eine angeborene Fehlbildung des Wadenbeins, rheumatoide Arthritis, Ungleichgewichte im Zusammenspiel der Muskeln (Muskeldysbalancen) oder Lähmungen bedingt sein. Manchmal ist er auch die Folge einer Verletzung (Trauma).

Knick-Senkfuss: Was sind die Folgen?

Der physiologische, flexible Knick-Senkfuss bei Kindern wächst sich meist folgenlos aus. Im Schulalter korrigiert sich die Fehlstellung meist von allein.

Ein länger bestehender Knick-Senkfuss kann dagegen negative Auswirkungen auf diverse Körperstrukturen haben. Dadurch, dass dei Füsse nach innen geknickt und die Fusslängsgewölbe abgesenkt sind, werden Gelenke (wie Knie, Hüfte) und Weichteile ungleichmässig belastet. Zu den möglichen Folgen zählen Gelenkschmerzen.

Die Fehlhaltung kann sich auch noch weiter nach oben auswirken. So kann ein Knick-Senkfuss auch Rückenschmerzen und sogar Kopfschmerzen hervorrufen.

Ein fortgeschrittener Knick-Senkfuss sollte auch deshalb frühzeitig behandelt werden, weil es sich sonst verschlimmern und durch die falsche Belastung von Gelenken zu einer schnelleren Abnutzung (Arthrose) führen kann.

Knick-Senkfuss: Wann zum Arzt?

Wenn Sie einen Knick-Senkfuss bei sich vermuten, sollten Sie mit Ihrem Hausarzt darüber sprechen. Bei Kindern mit Knick-Senk-Fuss ist der Kinderarzt der richtige erste Ansprechpartner. Bei Bedarf erfolgt in beiden Fällen eine Überweisung an einen Orthopäden.

Besonders ratsam ist ein Arztbesuch, wenn die Fussfehlstellen Beschwerden bereitet wie Fussschmerzen. Auch wenn sich das Gangbild verändert, sollten Sie medizinischen Rat einholen.

Knick-Senkfuss: Untersuchungen & Diagnose

Erster Schritt bei der Abklärung einer Fussfehlstellung ist das Arzt-Patient-Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Im Anschluss folgen körperliche Untersuchungen mit Ganganalyse und gegebenenfalls auch bildgebende Verfahren.

Anamnese

Im ausführlichen Erstgespräch mit dem Patienten (bzw. bei Kindern mit den Eltern) sammelt der Arzt Informationen, die ihm helfen, der Ursache der Beschwerden auf die Spur zu kommen. Mögliche Fragen dabei sind etwa:

  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Treten Schmerzen an der Fussinnenseite beziehungsweise unter körperlicher Belastung auf?
  • Wie lange können Sie / Ihr Kind ohne Beschwerden am Stück gehen?
  • Gibt es in der Familie Fälle von Fussfehlstellungen?
  • Liegt eine chronische Erkrankung wie Rheuma oder Diabetes vor?
  • Treiben Sie / Ihr Kind Sport?

Bei einem kindlichen Knick-Senkfuss kann der Arzt noch weitere Informationen einholen, zum Beispiel zu den Geburtsumständen und eventuellen Geburtskomplikationen sowie zur bisherigen Entwicklung des Kindes (v.a. wann das Kind begonnen hat, frei zu laufen).

Körperliche Untersuchungen

Im Rahmen der umfassenden körperlichen Untersuchung misst der Arzt Körpergrösse und Körpergewicht des Patienten und begutachtet dessen Körperhaltung und die Bewegungsabläufe beim Gehen (siehe unten: Ganganalyse).

Der Arzt tastet Strukturen wie Bänder und Sehnen im Fuss / Unterschenkel ab und schaut, ob die Füsse zum Beispiel Druckstellen vom Schuhwerk aufweisen. Besonders wichtig ist die Untersuchung der Fussgelenke wie der Sprunggelenke, inklusive Prüfung ihrer Beweglichkeit.

Auch der Bewegungsumfang und die Stabilität weiterer Gelenke (etwa im Vorfuss, der Knie- und Hüftgelenke) stehen auf dem Prüfstand. Dazu gibt es verschiedene Testverfahren. Zum Beispiel kann der Arzt den Patienten bitten, sich auf die Zehenballen zu stellen. So kann er sehen, ob das Fussgewölbe stabil ist.

Ganganalyse

Bei der Ganganalyse begutachtet der Arzt das Gangbild des Patienten, während dieser auf und ab geht. Dabei werden eventuell veränderte Bewegungsabläufe sichtbar. Der Arzt kann den Patienten auch anweisen, auf einem Laufband mit höherer Geschwindigkeit zu gehen oder sogar zu laufen.

Die Ganganalyse kann durch Videotechnik unterstützt werden. Der Arzt kann sich die Aufnahmen dann mehrfach und in Zeitlupe ansehen, um das Gangbild genauer auszuwerten. In bestimmten Fällen kann auch eine sogenannte 3D-Ganganalyse in einem speziellen Ganglabor notwendig sein.

Durch die Ganganalyse lässt sich ein Knick-Senkfuss meist leicht feststellen. Die beim Gehen oder Laufen nach innen geknickte Ferse ist besonders von hinten gut zu erkennen. Manchmal ist die Fussfehlstellung sogar hörbar: Die Füsse mit dem abgesenkten Längsgewölbe "platschen" bei jedem Schritt auf dem Boden auf.

Pedobarografie

Die Pedobarografie gibt Aufschluss darüber, wie sich die Kraft und das Gewicht beim Auftreten auf die Fläche des Fusses verteilen. Dazu kann der Arzt den Patienten bitten, barfuss über eine spezielle Platte zu gehen, die auf dem Boden liegt. Das Gerät analysiert dabei die Druckverteilung auf den Fuss. So lässt sich erkennen, welche Stellen besonders viel Druck ausgesetzt sind. Daraus kann der Arzt Rückschlüsse auf das Abrollverhalten und die Stabilität des Fusses ziehen.

Bildgebende Verfahren

Bilder des Fuss-Inneren liefern Klarheit und Art und Ausmass der Fussfehlstellung und eventuelle Abnutzungserscheinungen, die sich daraus ergeben (Arthrose). Zur Verfügung stehen verschiedene bildgebende Verfahren:

EineRöntgenuntersuchung ist das Standardbildverfahren, um Knick-Senkfüsse zu diagnostizieren. Der Patient steht bei der Untersuchung, damit der Fuss unter Belastung (Körpergewicht) abgebildet werden kann. Auf den Aufnahmen lassen sich die verschobenen Knochen erkennen.

Mittels Ultraschalluntersuchung (Sonografie) kann man die Gelenke sowie Muskeln in Fuss und Unterschenkel bildlich darstellen. Das hilft etwa, um eine Sehnenscheidenentzündung oder eine neuromuskuläre Erkrankung als Ursache der Fehlstellung zu erkennen.

Die Magnetresonanztomografie (MRT; auch Kernspintomografie genannt) liefert sehr präzise Bilder - nicht nur von den Knochen, sondern auch von anderen Strukturen. Sinnvoll ist das zum Beispiel bei der Abklärung eines angeborenen Knick-Senkfusses, bei dem eine Verwachsung von Knochen (z.B. Sprung- und Kahnbein im Bereich der Ferse) als Grund für die Fussfehlbildung vermutet wird.

Unter Umständen ist auch eine Computertomografie (CT) angezeigt. Sie kann knöcherne Details sehr präzise darstellen, ist aber mit einer Strahlenbelastung für den Patienten verbunden. Notwendig sein kann ein CT, wenn Röntgen- und MRT-Aufnahmen keinen eindeutigen Befund liefern.

Wie wird ein Knick-Senkfuss behandelt?

Nicht in jedem Fall muss ein Knick-Senkfuss behandelt werden. Vor allem die physiologische Form im frühen Kindesalter wächst sich in der Regel ohne Therapie aus. Mit einigen Tipps lässt sich dieser Prozess unterstützen (z.B. viel barfuss laufen).

Eine Behandlung kann aber angezeigt sein, wenn ein Knick-Senkfuss beispielsweise sehr ausgeprägt ist und/oder Beschwerden bereitet. Primär setzt man dann konservative Therapiemethoden (wie Einlagen) ein. In schweren Fällen kann aber auch eine Operation notwendig sein.

Steht der Knick-Senkfuss im Zusammenhang mit einer Grunderkrankung, muss diese nach Möglichkeit ebenfalls fachgerecht behandelt werden.

Physiologischer Knick-Senkfuss bei Kindern

Die Mehrzahl aller Babys und Kleinkinder haben physiologische Knickfüsse bzw. Knick-Senkfüsse. Die wenigsten davon müssen behandelt werden - die Fehlstellung wächst sich im Normalfall von allein aus.

Eltern können dies unterstützen, indem sie darauf achten, dass ihre Kinder sich viel bewegen und möglichst häufig barfuss laufen. Die Kinderschuhe sollten bequem sein und den Füssen genug Platz bieten.

Ebenfalls hilfreich ist eine spielerische Fussgymnastik, um die Muskeln zu kräftigen. Empfehlenswert ist es beispielsweise, wenn Kinder sich regelmässig auf die Zehenspitzen stellen oder versuchen, mit den Zehen etwas zu greifen (z.B. Stift, kleinen Stein).

Knick-Senkfuss: Konservative Therapie

Bei der konservativen Therapie versucht man, den Knick-Senkfuss ohne chirurgische Eingriffe auszugleichen und Symptome wie Fussschmerzen zu lindern. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Der behandelnde Arzt entscheidet im Einzelfall, welche Methode(n) am sinnvollsten ist/sind:

>> orthopädische Einlagen / Orthesen:

Individuelle Einlagen in den Schuhen können mit einer Erhöhung am Fussinnenrand dem Einwärtsknicken der Ferse entgegenwirken und zudem das Fusslängsgewölbe stützen. Sie werden nach einem dreidimensionalen Fussabdruck individuell für den Patienten angefertigt.

Bei jüngeren Patienten empfehlen Experten propriozeptive (sensomotorische) Einlagen. Mit ihren klar definierten Be- und Entlastungsflächen stimulieren sie gezielt die Fuss- und Beinmuskulatur, was die gesunde Fussentwicklung fördert und die Achsenkorrektur unterstützt. Die sensomotorischen Einlagen werden - wie andere orthopädische Einlagen - individuell passgenau angefertigt. Sie können auch für Erwachsene mit Knick-Senkfuss sinnvoll sein.

Manche Patienten erhalten für ihre Fussfehlstellung passende Orthesen. Eine Orthese ist ein orthopädisches Hilfsmittel, das äusserlich angelegt wird, um Gelenke, Knochen und Muskeln zu entlasten, zu korrigieren beziehungsweise zu stabilisieren.

Beispielsweise kann ein kontrakter (rigider) Knick-Senkfuss mit einer knöchelübergreifenden dynamischen Fussgelenksorthese (DAFO) mit sensomotorischem Design versorgt werden. Voraussetzung ist, dass die Wadenmuskulatur nicht strukturell verkürzt ist.

Patienten, bei denen Muskeln im Unterschenkel (wie die Wadenmuskulatur) zur Verkürzung neigen, können unter Umständen vom Tragen einer Nachtschiene mit Orthesengelenken profitieren.

Bei einem physiologischen Knick-Senkfuss, der keine Schmerzen bereitet, sind Einlagen und Orthesen nicht notwendig.

>> orthopädische Schuhe:

Manchmal sind orthopädische Schuhe erforderlich, um einen Knick-Senkfuss zu korrigieren. Sie werden massangefertigt, damit sie den Fuss an den richtigen Stellen stützen, stabilisieren beziehungsweise entlasten.

>> Physiotherapie:

Eine gezielte Physiotherapie bei einem Knick-Senkfuss kann die Muskulatur im Fuss-/Unterschenkelbereich stärken - eine gut ausgebildete Fussmuskulatur kann Fehlstellungen entgegen wirken. Ausserdem soll die physiotherapeutischen Übungen Druck auf überstrapaziertes Gewebe abbauen und die gesunde Haltung des Fusses verbessern.

Besonders bei Heranwachsenden zielt die Physiotherapie auf eine Wahrnehmungsschulung ab: Die Kinder bzw. Jugendlichen sollen lernen, Ungleichgewichte (Dysbalancen) im Gehen und Stehen zu erkennen und richtig zu korrigieren.

Hilfreich ist dabei auch ein Heimprogramm mit Fussgymnastik, das regelmässig zuhause durchgeführt wird (siehe auch unten).

Steht der Knick-Senkfuss in Verbindung mit Trisomie 21 ("Down-Syndrom") empfiehlt sich als begleitende Massnahme eine möglichst frühzeitige Physiotherapie auf neurophysiologischer Basis (Konzept nach Bobath oder Vojta). Das Gleiche gilt, wenn die Fussfehlstellung beispielsweise mit einer Zerebralparese, einer Myelomeningocele, einer Muskelerkrankung und/oder anderen angeborenen Erkrankungen zusammenhängt.

>> Fussgymnastik:

Verschiedene fussgymnastische Übungen können - regelmässig angewendet - bei Bewegungseinschränkungen und Muskelverspannungen helfen. Besonders wichtig sind Dehnungsübungen für die Wadenmuskulatur und Kräftigungsübungen für die Fusshebermuskulatur. Der behandelnde Arzt oder Physiotherapeut kann Betroffenen eine individuell passendes Trainingsprogramm für zuhause mitgeben.

Knick-Senkfuss: Operation

Bei sehr ausgeprägten Fussfehlstellungen mit Beschwerden wird im Allgemeinen operiert. Es kommen dafür verschiedene Verfahren in Betracht (ggf. auch in Kombination).

Beispielsweise kann bei einem sehr schweren flexiblen Knick-Senkfuss, der Schmerzen verursacht, der Ansatz der Sehne des vorderen Schienbeinmuskels (M. tibialis anterior) so verlagert werden (Sehnentransfer), dass sie das mittlere Fussgewölbe aufrichtet (normalerweise ist das die Aufgabe der Sehne des hinteren Schienbeinmuskels, M. tibialis posterior).

Neben solchen Weichteiloperationen sind auch knöcherne Operationen möglich, zum Beispiel die Calcaneusverlängerung nach Evans. Dabei wird das Fersenbein zuerst durchtrennt und dann durch eines Knochenkeils verlängert, um den Knick-Senkfuss zu korrigieren.

Man kann auch das hintere Fersenbein operativ verschieben (medialisierende Calcaneus-Osteotomie). Damit lässt sich in erster Linie der "Knick" bei einem Knick-Senkfuss beseitigen.

Die häufigste Knick-Senkfuss-Op bei Kindern ist die sogenannte subtalare Arthrorise. Dabei wird die Beweglichkeit des Sprunggelenks durch ein Hindernis eingeschränkt, sodass es nicht mehr nach innen einknickt. Im Ergebnis entwickelt sich das Längsgewölbe des Fusses in der Regel normal. Die Arthrorise wird minimalinvasiv durchgeführt, also nur mit einem kleinen Schnitt. Zwischen Sprungbein und Fersenbein setzt der Chirurg als Hindernis eine Schraube oder einen Knochenspan ein.

In sehr schweren Fällen ist unter Umständen eine Gelenkversteifung (Arthrodese) des unteren Sprunggelenks notwendig. Das kann etwa bei einem Knick-Senkfuss der Fall sein, der statt auszuwachsen auch nach Abschluss des Wachstumsalters noch besteht, sich durch andere Therapien nicht behandeln lässt und immer mehr Beschwerden verursacht. Die Gelenkversteifung schränkt zwar die Beweglichkeit im Fussbereich ein, kann aber die Beschwerden beseitigen.

Unabhängig vom Alter des Betroffenen und der gewählten Knick-Senkfuss-Therapie gilt: Bestehendes Übergewicht sollte nach Möglichkeit abgebaut werden. Es stellt nämlich eine grosse Belastung für die Füsse dar und verschlechtert mitunter Fehlstellungen wie einen Knickfuss, Senkfuss, Knick-Senkfuss oder Knick-Plattfuss.

Knick-Senkfuss: Tipps zur Vorbeugung

Gesunde Sehnen und Bänder sowie eine kräftige Muskulatur können allgemein erworbenen Fussfehlstellungen wie einem Knick- und Senkfuss beziehungsweise Knick-Senkfuss bis zu einem gewissen Grad vorbeugen.

Dabei helfen regelmässige Bewegung und Fussgymnastik. Für Letzteres lassen Sie sich am besten von Ihrem Arzt oder einem Physiotherapeuten geeignete Übungen zeigen, die Sie dann regelmässig (z.B. einmal täglich) zuhause durchführen. Hier einige Beispiele:

  • mit den Zehen greifen: Trainieren Sie Ihre Fussmuskulatur, indem Sie mit den Zehen leichte Gegenstände vom Boden aufheben und kurz festhalten (am besten im Sitzen). Das kann zum Beispiel ein Hand- oder Taschentuch oder eine Wäscheklammer sein. Wer den Schwierigkeitsgrad erhöhen möchten, versucht es mit einem Stift oder einer Murmel.
  • "Fussbrücke": Setzen Sie sich aufrecht auf einen Stuhl und stellen Sie die Füsse locker auf den Boden. Ziehen Sie dann die Zehen kräftig an (in Richtung Ferse), und zwar so, dass sich das Fusslängsgewölbe hebt (nur noch Ferse und Zehen berühren nun den Boden).
  • hoher Zehengang: Gehen Sie mit gestreckten Knien auf dem Vorfuss (Ferse und Mittelfuss sind vom Boden abgehoben).
  • Gang mit eingekrallten Zehen: Gehen Sie auf den Fussaussenkanten mit eingekrallten Zehen.

Wichtig für gesunde Füsse ist auch Barfusslaufen, vor allem im Kindesalter, wo es die Fussentwicklung unterstützt. Besonders wirksam ist das Barfusslaufen über wechselnde Untergründe wie Gras, Sand, Kieselsteinen, Erde oder Pflastersteinen. Die Fuss- udn Beinmuskulatur muss sich an die variierenden Böden jeweils anpassen - ein gutes Training. Gehen Sie auf einem solchen Barfussparcour langsam und bewusst und achten Sie dabei auf das Gefühl an Ihren Fusssohlen. So können den Parcour auch mal seitwärts oder rückwärts ablaufen - eine zusätzliche Herausforderung für Ihre Füsse und das Gehirn.

Ein weiterer Tipp, um die Füsse gesund zu halten und Fehlstellungen wie einem Knick-Senkfuss vorzubeugen, sind die passenden Schuhe.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

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Lisa Vogel hat Ressortjournalismus mit dem Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach studiert und ihre journalistischen Kenntnisse im Masterstudiengang Multimediale Information und Kommunikation vertieft. Es folgte ein Volontariat in der NetDoktor-Redaktion. Seit September 2020 schreibt sie als freie Journalistin für NetDoktor.

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

ICD-Codes:
M21Q66
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