Herzinfarkt liegt in der Familie

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Das Herzinfarktrisiko ist vererbbar, fanden Forscher bei der Untersuchung einer deutschen Großfamilie heraus.
Dass Herz-Kreislauferkrankungen erbliche Ursachen haben, wird schon länger vermutet. Die "Deutsche Herzinfarkt-Familienstudie" liefert jetzt Ergebnisse, die diese Annahme untermauern. Darüber hinaus geben die neuen Ergebnisse Einblick, welche Prozesse zum Herzinfarkt führen.
Forschung in der Risiko-Familie
Seit 1997 begleitete ein internationales Forscherteam eine deutsche Großfamilie, in der 23 Mitglieder einen Herzinfarkt erlitten. Mittels neuester Sequenzierungsmethoden entschlüsselten die Forscher die DNA-Sequenz der notorischen Infarkt-Familie und wurden fündig: die Gene GUCY1A3 und CCT7 waren mutiert. Zusammen sind diese DNA-Abschnitte für die Regulation von Gefäßdruck und Gerinnselbildung verantwortlich.
Mutation erhöht Infarkt-Risiko
Das Gen GUCY1A3 ist eine wichtige Schaltstelle im Signalweg, der den Herzmuskel reguliert und beeinflusst die Produktion des Signalmoleküls cGMP. Dieser Botenstoff ist für die Weitervermittlung von Information in der Zelle zuständig.
Tritt eine Mutation am Gen GUCY1A3 auf, ist die Herstellung von cGMP eingeschränkt. Kommt es daneben auch am Gen CCT7 zu Veränderungen, ist der Signalweg komplett blockiert.
Kommunikationsproblem im Herzmuskel
Die Blockade in der Signalweiterleitung hat fatale Folgen. Lagern sich zu viele Blutblättchen (Thrombozyten) an, so verstopfen die Blutgefäße. Der Herzmuskel bekommt nicht mehr genug Sauerstoff und es kommt zum Infarkt. Man könnte von einem zellulären Kommunikationsproblem sprechen. Die Kombination der beiden Genmutationen steigert das Risiko scheinbar enorm. Christian Hengstenberg vom Deutschen Herzzentrum München drückt das so aus: "Zusammengefasst konnten wir zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen der stickstoffmonoxid-abhängigen Hemmung der Thrombozytenaktivierung und dem Herzinfarktrisiko gibt."
Expertin: "haben eine Therapieoption"
Anders als oft bei genomischen Untersuchungen ist es den Forschern gelungen, nicht nur die betreffenden Gene zu identifizieren, sondern auch ihre Funktion aufzuklären. Nicht nur die Buchstaben des Codes wurden entziffert, es ist gelungen ihre Bedeutung zu verstehen.
"Wir kennen den krankmachenden Mechanimus und haben somit eine Therapieoption", sagt Professorin Jeanette Erdmann, die das Institut für Integrative und Experimentelle Genomik in Lübeck leitet.
Kein Grund zur Sorge
Die neu entdeckte Kombination von Mutationen ist allerdings kein Grund zur Sorge in der Gesamtbevölkerung. Im Gespräch mit netdoktor gibt Prof. Erdmann Entwarnung: Die Mutation beider Gene sei "extrem selten. Wir haben tausende Patienten untersucht, diese Kombination wird es kein zweites Mal geben." Häufige Mutationen des GUCY1A3 würden das Infarkt-Risko nur geringfügig erhöhen.
Menschen aus Familien, in denen Herzinfarkte in der Vergangenheit häufig aufgetreten sind, rät Erdmann, zum Kardiologen zu gehen."Der kann das individuelle Risiko untersuchen, in das auch die Familienanamnese eingeht". Was jeder Einzelne tun kann, um das eigene Risiko zu senken ist kein Geheimnis der Medizin: Bewegung machen, Gewicht reduzieren und nicht rauchen.
Autoren:
Mag. (FH) Axel Beer
Redaktionelle Bearbeitung:
Philip Pfleger
Weitere Artikel zum Thema
Herzinfarkt-Therapie: Jede Sekunde zählt
Nach einem Herzinfarkt zählt jede Sekunde. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Überlebenschancen.
Wie wird ein Herzinfarkt diagnostiziert?
Ein Herzinfarkt wird mithilfe einer EKG-Untersuchung sowie dem Nachweis von speziellen Biomarkern im Blut diagnostiziert.
Herzinfarkt genauer vorhersagen?
Einer Studie zufolge könnte ein bestimmter Blutwert gefährliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer vorhersagen.