Geschrumpftes Gehirn durch Diabetes?

Die Auswirkungen von Typ-2-Diabetes auf das Gehirn sind laut einer aktuellen Studie offenbar größer, als bisher angenommen wurde.
Je länger Patienten an Diabetes leiden und je höher ihre Blutzuckerspiegel sind, desto größer ist der Verlust an Gehirnmasse. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Forschungsarbeit der Perelman School of Medicine in Philadelphia (USA).
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An der Studie nahmen insgesamt 600 Patienten teil. Die Unterschiede zeigten sich vor allem in der grauen Hirnsubstanz. Über einen Zeitraum von zehn Jahren verloren Diabetiker durchschnittlich 4,28 von 463,9 Kubikzentimeter der grauen Substanz (Substantia grisea).
"Ihr Gehirn war nach dieser Zeit um zwei Jahre älter als das gleichaltriger Nicht-Diabetespatienten", kommentiert Professor Dirk Müller-Wieland, Sprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), das Studienergebnis.
Allerdings: Da die Kernspin-Untersuchungen nur zu Beginn der Studie durchgeführt wurden, blieb offen, ob sich eine strenge Kontrolle des Blutzuckers günstig auf die Entwicklung des zerebralen Zustands auswirkt.
Fest stehe jedoch: In der Eingangsuntersuchung hatten Teilnehmer mit den besseren Blutzuckerwerten die geringsten Einbußen bei den Nervenzellen.
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Bislang wurde das Schrumpfen des Gehirns bei Diabetikern auf andere Faktoren zurückgeführt. So sind bei vielen Betroffenen die Blutfett- und Blutdruckwerte erhöht, was die Gefäßverkalkung fördert. Dadurch werden kleine Hirninfarkte begünstigt, die auf MRT-Bildern sichtbar sind. Wissenschaftler sprechen hier von vaskulärer Demenz.
Die neue Forschungsarbeit deutet jedenfalls in eine andere Richtung. Der Schwund an Hirnsubstanz könne nicht allein auf eine frühzeitige Verkalkung der Blutgefäße zurückgeführt werden, zumal die Studie keine Zunahme der Hirninfarkte nachweisen konnte, schreibt die DDG.
"Die Atrophie (Gewebsschwund; Anm. d. red.) ist eher auf eine direkte Schädigung der Hirnzellen zurückzuführen, wie sie auch bei degenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer auftritt", zitiert die DDG Professor Dr. med. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen.
Autoren:
Philip Pfleger
Redaktionelle Bearbeitung:
Helga Quirgst, MSc
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