Churg-Strauss-Syndrom

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Das Churg-Strauss-Syndrom, auch „eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis“ (EGPA) genannt, ist eine seltene, schwere Erkrankung. Ein Überfluss an bestimmten weissen Blutzellen führt zu Entzündungen der kleinen und mittleren Blutgefässe. Zu Anfang treten vor allem Asthma bronchiale und andere allergische Erkrankungen als Symptome auf. Später sind neben der Lunge weitere wichtige Organe wie Herz oder Nieren von den Entzündungen betroffen. Mit der richtigen Therapie führen viele Erkrankte ein normales Leben. Lesen Sie hier mehr zu den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten!

Beim Churg-Strauss-Syndrom werden zu viele weiße Blutzellen gebildet

Kurzübersicht

  • Beschreibung: Seltene, schwere Erkrankung, anfangs vor allem durch allergische Erkrankungen wie Asthma bronchiale gekennzeichnet, führt unbehandelt zu schweren Funktionsstörungen wichtiger Organe
  • Ursachen: Unbekannt
  • Prognose: Nicht heilbar, jedoch meistens gut therapierbar
  • Behandlung: Mit Medikamenten, die die überschiessende Reaktion des Immunsystems abschwächen, behandelbar
  • Symptome: Asthma, Heuschnupfen, Nasenpolypen, später schwerwiegende Symptome möglich, je nach betroffenem Organ (Herz, Lunge, Nieren, Haut, Nerven)
  • Diagnose: Anhand der Symptome, Blutuntersuchungen, diverse umfassende Untersuchungen der betroffenen Organe, Nachweis durch Gewebeproben
  • Vorbeugen: Dem Churg-Strauss-Syndrom lässt sich nicht vorbeugen.

Was ist das Churg-Strauss-Syndrom?

Das Churg-Strauss-Syndrom zählt zu den seltenen Erkrankungen. Es kommt in Westeuropa und den USA bei etwa zwei bis vier Personen von einer Million vor. ­Seit 2012 wird die Erkrankung von Ärzten offiziell nicht mehr nach ihren Entdeckern als Churg-Strauss-Syndrom, Churg-Strauss-Granulomatose oder Churg-Strauss-Vaskulitis bezeichnet, sondern als eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, kurz EGPA.

Beim Churg-Strauss-Syndrom handelt sich um eine schwere Erkrankung, bei der sich kleine und/oder mittelgrosse Blutgefässe entzünden. Neben Asthma ist bei Betroffenen die Erhöhung bestimmter weisser Blutkörperchen – den eosinophilen Granulozyten – festzustellen. Mit entsprechenden Medikamenten ist das Syndrom gut zu behandeln.

Häufig verläuft das Churg-Strauss-Syndrom in verschiedenen Phasen: Zuerst zeigen sich vor allem allergische Erkrankungen (wie Asthma bronchiale, allergischer Schnupfen), danach erhöhen sich bestimmte weisse Blutkörperchen, die wiederum zu Entzündungen der Lunge oder der Verdauungsorgane führen. Zuletzt entzünden sich die Blutgefässe, was zu schwerwiegenden Störungen wichtiger Organe wie Herz, Nerven, Nieren oder Lunge führt.

In der Regel dauert es einige Zeit, bis Ärzte das Churg-Strauss-Syndrom diagnostizieren, durchschnittlich vergehen über zehn Jahre. Betroffen sind typischerweise Patienten zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Das Churg-Strauss-Syndrom zählt, wie die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), die früher als Wegener-Granulomatose bezeichnet wurde, zu den sogenannten ANCA-assoziierten systemischen Vaskulitiden.

Was sind ANCA-assoziierte systemische Vaskulitiden?

Laut Definition zählt das Churg-Strauss-Syndrom zur Gruppe der ANCA-assoziierten systemischen Vaskulitiden. Das bedeutet, sie gehört zu einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen es zu Gefässentzündungen in diversen Organen kommt. Die Abkürzung ANCA steht dabei für „antineutrophil cytoplasmic antibody“ – zu Deutsch: antineutrophile zytoplasmatische Antikörper. Diese speziellen Antikörper spielen bei Autoimmunerkrankungen eine Rolle. Autoimmunerkrankungen sind Krankheiten, bei denen durch eine Fehlsteuerung das Immunsystem körpereigene Strukturen (Organe, Gewebe) angreift.

Zu diesen ANCA-assoziierten systemischen Vaskulitiden zählen:

  • Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), früher Wegener-Granulomatose genannt
  • Mikroskopische Polyangiitis (MPA)
  • Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA), früher Churg-Strauss-Syndrom genannt

Welche Ursache hat das Churg-Strauss-Syndrom?

Die Ursache des Churg-Strauss-Syndroms bzw. der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) ist unbekannt. Bestimmte genetische Faktoren und Asthma erhöhen vermutlich die Wahrscheinlichkeit zu erkranken. Ausgelöst wird das Churg-Strauss-Syndrom unter Umständen durch Infektionen, Allergie verursachende Stoffe (Allergene) oder Medikamente.

Ärzte vermuten, dass es sich beim Churg-Strauss-Syndrom um eine Autoimmunerkrankung handelt. Das bedeutet, dass es zu einer überschiessenden Reaktion des Immunsystems kommt, wobei gesunde Körperzellen bekämpft werden. Bei einer normalen Immunreaktion richtet sich die körpereigene Abwehr nur gegen körperfremde Stoffe wie Krankheitserreger, beispielsweise Bakterien oder Viren.

Gibt es Heilung beim Churg-Strauss-Syndrom?

Das Churg-Strauss-Syndrom ist nicht heilbar. Mit der entsprechenden Therapie treten in vielen Fällen jedoch keine Symptome mehr auf. Ohne Behandlung allerdings sinkt die Lebenserwartung, und die Lebensqualität ist durch die Symptome eingeschränkt. Wird das Churg-Strauss-Syndrom entsprechend in einer Spezialklinik behandelt, ist von einer normalen Lebenserwartung auszugehen.

Je nachdem, wie schwer die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) ausgeprägt ist und wann die Erkrankung festgestellt wird, greift sie gegebenenfalls verschiedene Organe an, wie Lunge, Verdauungsorgane, Herz, Nerven oder Nieren. Auch die für die Behandlung wichtigen Medikamente lösen in manchen Fällen Folgeerkrankungen aus. Die Komplikationen, die sich daraus ergeben, reichen von Diabetes mellitus, Übergewicht, Osteoporose (Knochenschwund) und Unfruchtbarkeit bis hin zu einem erhöhten Blasenkrebs-Risiko. Die häufigste Todesursache beim Churg-Strauss-Syndrom sind Herzerkrankungen wie Herzschwäche oder Herzinfarkt.

Wie wird das Churg-Strauss-Syndrom behandelt?

Grundsätzlich wird die EGPA mit Medikamenten behandelt, die die überschiessende Reaktion des Immunsystems abschwächen (Immunsuppressiva). Die Ärzte orientieren sich bei der Behandlung meist an entsprechenden Leitlinien. Dies sind Zusammenfassungen von Ärzten und für Ärzte zu einzelnen Krankheiten, in denen aktuelle Handlungsempfehlungen zur Therapie und Diagnose aufgeführt sind.

Die Therapie des Churg-Strauss-Syndroms richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und danach, ob Organe betroffen sind oder nicht. Ist dies nicht der Fall – verläuft die Erkrankung also leichter – verschreibt der Arzt Glukokortikoide und Methotrexat. Beide Mittel wirken stark gegen entzündliche Prozesse im Körper. Sind Organe betroffen oder ist das Syndrom bereits lebensbedrohlich, setzen Ärzte andere Immunsuppressiva ein.

Geht die Erkrankung zurück und verbessern sich die Symptome, bezeichnen Ärzte dies als Remission. Tritt diese beim Churg-Strauss-Syndrom ein (meist nach etwa drei bis vier Monaten unter der Behandlung), passen Ärzte die Medikamente und deren Dosierung über die folgenden zwei Jahren an. Bleibt der Zustand stabil, verringern sie – sofern möglich – die Dosis langsam weiter.

Treten die Symptome erneut auf oder verschlechtert sich der Zustand, passt der Arzt die Medikamente wieder entsprechend an. Ob gegebenenfalls eine Reha bei der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) die Genesung unterstützt, ist individuell mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.

Die Medikamente, mit denen das Churg-Strauss-Syndrom behandelt wird, führen unter Umständen zu Komplikationen und Folgeerkrankungen. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Kontrolltermine beim Arzt regelmässig wahrzunehmen.

Welche Symptome verursacht das Churg-Strauss-Syndrom?

Die Symptome, die das Churg-Strauss-Syndrom verursacht, hängen vom Schweregrad der Erkrankung ab. Oft verläuft die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) in verschiedenen Phasen.

Allergische Phase des Churg-Strauss-Syndroms

Zu Beginn der Erkrankung zeigen sich vor allem allergische Erkrankungen, dazu gehören:

  • Asthma bronchiale
  • Allergische Rhinitis (Heuschnupfen)
  • Allergische Sinusitis (allergische Entzündung der Nasennebenhöhlen)
  • Polypen in der Nase

Diese Phase dauert meist über mehrere Jahre an.

Eosinophile Phase des Churg-Strauss-Syndroms

In der eosinophilen Phase des Churg-Strauss-Syndroms steigen im Blut die sogenannten Eosinophilen massiv an. Eosinophile oder eosinophile Granulozyten gehören zu den weissen Blutkörperchen und zeigen Allergien an. Diese lagern sich in dieser Phase unter Umständen auch im Gewebe ab und führen dort zu Entzündungen, beispielsweise in der Lunge oder in den Verdauungsorganen. Die Symptome sind sehr unterschiedlich und reichen von trockenem Husten oder Atemnot über diverse Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu allgemeinen Symptomen wie ungewolltem Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit oder Nachtschweiss.

Vaskulitische Phase mit Organbeteiligung des Churg-Strauss-Syndroms

In der letzten Phase des Churg-Strauss-Syndroms entzünden sich die kleinen und/oder mittleren Blutgefässe und führen zu schwerwiegenden Störungen wichtiger Organe. Je nachdem, welches Organ betroffen ist, zeigen sich folgende, oft ernste Symptome:

  • Lunge: Ist häufig betroffen, hier zeigen sich vor allem Asthma-Symptome
  • Herz: Bei bis zu 45 Prozent der Patienten im Rahmen der Erkrankung beteiligt, es liegen unterschiedliche Herzerkrankungen vor. Am häufigsten sind Herzbeutelentzündungen (Perikarditis) sowie verschiedene Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien).
  • Nieren: Bei bis zu 26 Prozent der Patienten betroffen, eingeschränkte Nierenfunktion bis hin zum Nierenversagen möglich (Pauci-Immun-Glomerulonephritis)
  • Haut: Bei etwa der Hälfte der Patienten zeigen sich kleine, pünktchenförmige Einblutungen (Petechien). Auch andere Hautveränderungen wie Knötchen treten bei etwa jedem dritten Betroffenen auf.
  • Nerven: Häufig betroffen, die Entzündungen schädigen die Nerven, es kommt zu Schwäche und Schmerzen in Armen und/oder Beinen, Lähmungserscheinungen sind möglich

Wie wird das Churg-Strauss-Syndrom festgestellt?

Die Diagnose der EGPA ist sehr umfassend. Als erstes erfragt der Arzt die Symptome. Hier stehen meist die allergischen Erkrankungen im Mittelpunkt. Zudem untersucht er den Patienten körperlich. Unter Umständen führt der behandelnde Arzt neurologische Untersuchungen durch, um zu prüfen, ob Nervenschädigungen vorliegen.

Anhand von unterschiedlichen Laboruntersuchungen, vor allem des Blutes, aber auch des Urins, lassen sich Hinweise auf das Vorliegen des Churg-Strauss-Syndroms bzw. der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) finden. Bei den Blutuntersuchungen sind es vor allem Laborwerte, die Aufschluss über Entzündungen geben, sowie spezifische Antigentests.

Um zu klären, wie stark die Erkrankung fortgeschritten ist und ob wichtige Organfunktionen einschränkt sind, wird ein umfassender Check-Up durchgeführt. Der Arzt untersucht Herz, Lunge, Nieren, unter Umständen auch Magen und Darm, und sucht nach Auffälligkeiten oder Funktionsstörungen.

Die Herzfunktion wird dabei mittels eines Elektrokardiogramms (EKG) und/oder eines Herzultraschalls geprüft. Ein Lungenfunktionstest und eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs geben Ärzten Aufschluss über den Zustand der Lunge. Auch Computertomografien (CT) sowie Magnetresonanztomografien (MRT) werden unter Umständen durchgeführt.

Gegebenenfalls nehmen die Ärzte eine Endoskopie (Magen-Darm-Spiegelung) vor, um Magen und Darm auf Hinweise zu untersuchen. Durch die Untersuchung einer Gewebeprobe sichert der Arzt die Diagnose des Churg-Strauss-Syndroms. Die Gewebeprobe wird im Rahmen bestimmter Untersuchungen, wie etwa einer Magen-Darm-Spiegelung, entnommen. In den meisten Fällen ist diese Untersuchung schmerzlos, und die Patienten spüren nichts von der Entnahme.

Wie kann man dem Churg-Strauss-Syndrom vorbeugen?

Da die Ursachen bislang unbekannt sind, lässt sich dem Churg-Strauss-Syndrom bzw. der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) nicht vorbeugen.

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