Plattfuß

Von , Arzt
Marian Grosser

Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.

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Der Plattfuss (auch Knick-Senk-Fuss) ist eine Fussfehlstellung, bei der die natürliche Längswölbung des Fussskeletts (Fussgewölbe) fehlt. Man spricht vom Plattfuss, wenn im Stehen die gesamte Fusssohle Kontakt mit dem Boden hat. Ein Plattfuss ist entweder angeboren oder entsteht im Laufe des Lebens. Je nach Ausprägung verursacht der Plattfuss Schmerzen und schränkt die Bewegung ein. Lesen Sie alles über Plattfüsse und wie man sie behandelt.

Fußspuren am Strand, Person läuft barfuß

Kurzübersicht

  • Behandlung: Bei Beschwerden geeignetes Schuhwerk, Barfusslaufen, Orthesen und/oder Einlagen, Physiotherapie, in bestimmten selteneren Fällen auch Operation; keine Therapie, wenn keine Beschwerden bestehen
  • Symptome: Nicht immer vorhanden; Schmerzen, die bei Belastung auftreten, Schmerzen am inneren Fussrand und an der Fusssohle, Druckstellen an den Füssen; unter Umständen auch Schmerzen in Knie oder Hüfte.
  • Untersuchung und Diagnose: Untersuchung des Fusses beim Gehen, Stehen und Liegen, veränderter Winkel zwischen Sprunggelenk und der Ferse, Beurteilung des Fussgewölbes in der Trittspur (Pedografie), Röntgenaufnahme
  • Ursache und Risikofaktoren: Flexibler Plattfuss (Knick-Senk-Fuss) bei Kindern normal (nicht krankhaft), sonst durch lockere Bänder, Muskelschwäche im Bereich der Wadenmuskulatur, Übergewicht, Fehlstellung im Kniegelenk (X- oder O-Beine), Trisomie 21 (Down-Syndrom), angeborene Erkrankungen des Bindegewebes
  • Prognose: Meist sehr gute Prognose (vor allem bei kindlichem, flexiblem Plattfuss), bei rigidem Plattfuss Risiko für Ballenzeh (Hallux valgus), Hammerzeh, Schmerzen in Knie und Hüfte, Rückenschmerzen
  • Vorbeugung: Kräftigung der Fussmuskulatur, z.B. Barfusslaufen auf Naturböden

Was ist ein Plattfuss?

Im Gegensatz zu einem gesunden Fuss fehlt dem Fussskelett beim Plattfuss (lat. pes planus) die Längswölbung oder die Wölbung ist zu flach. Es fehlt also die natürliche nach aussen gerichtete Krümmung von der Ferse bis zum Vorderfussballen. Dadurch sinkt der innere Fussrand ab, sodass im Stehen die gesamte Fusssohle „platt“ auf dem Boden aufliegt.

Bei einem Plattfuss verschwindet aber meist nicht nur die Längswölbung. Je nach Form und Ausprägung kommen weitere Fehlstellungen des Fussskelettes dazu. So ist etwa der äussere Fussrand angehoben (Pronation). Die Achillessehne ist häufig verkürzt, und ausserdem knicken die Ferse und der Vorfuss häufig zur Aussenseite ab (Valgisierung beziehungsweise Abduktion). In solchen Fällen sprechen Mediziner deshalb auch von einem Knick-Plattfuss oder Knick-Senk-Fuss.

Eine Vorstufe des Plattfusses ist der Senkfuss. Auch bei dieser Form verliert das Fussskelett seine Längswölbung, allerdings liegt die Fusssohle noch nicht vollständig auf dem Boden auf.

Welche Formen eines Plattfusses gibt es?

Ein Plattfuss ist entweder angeboren (selten) oder wird erworben, tritt also erst im späteren Lebensverlauf auf. Die angeborene Form unterscheidet sich wesentlich von den erworbenen Typen, vor allem, was die Häufigkeit, Entstehung und Behandlung angeht.

Angeborener Plattfuss (Pes planus congenitus)

Der angeborene Plattfuss (meist rigider Plattfuss) ist selten und tritt oft zusammen mit weiteren Fehlbildungen oder Erkrankungen auf. Es ist entweder ein Fuss alleine oder auch beide betroffen. Bei betroffenen Babys zeigt sich eine sehr stark ausgeprägte Fehlstellung am Fuss. So verliert er nicht nur seine natürliche Längswölbung, sondern ist an der Sohle sogar nach unten ausgewölbt.

Der Grund für diese Form des Plattfusses ist, dass bestimmte Fusswurzelknochen eine falsche Position haben. Das Sprungbein (Talus), das den Fuss mit dem Bein verbindet, steht zu steil und ist ausserdem in Richtung der Innenseite und Sohle des Fusses verschoben. Somit bildet das Sprungbein keine normalen Gelenkverbindungen mit anderen Fusswurzelknochen. Die Steilstellung des Sprungbeins bezeichnen Mediziner auch als „Talus verticalis“.

Erworbener Plattfuss (Pes planus valgus)

Patienten mit einem erworbenen (meist flexiblen) Plattfuss kommen zunächst mit einem gesunden Fussskelett auf die Welt und entwickeln erst später die Fehlstellung. Je nachdem, in welchem Alter sie auftritt, unterscheidet man verschiedene Typen eines erworbenen Plattfusses:

  • erworbener, kindlicher Knick-Plattfuss: Er tritt etwa mit Beginn des Laufalters auf.
  • Adoleszentenplattfuss : entwickelt sich im Jugendalter.
  • Erwachsenenplattfuss: kann auch erst im späteren Lebensalter auftreten.

Den erworbenen, kindlichen Knick-Plattfuss darf man nicht mit dem natürlichen (physiologischen) Knick-Senkfuss im Kindesalter verwechseln: Kinder haben bis etwa zum sechsten Lebensjahr eine andere Beinstellung als Erwachsene. Weil ihre Oberschenkelknochen anders ausgerichtet sind, gehen sie leicht x-beinig, was sich auch auf die Fussstellung auswirkt. Ein vorrübergehender Knick-Senkfuss ist die Folge.

Das kräftige Längsgewölbe bildet sich erst zwischen dem sechsten und zehnten Lebensjahr aus, wenn sich auch die Beinstellung normalisiert. Der erworbene, kindliche Knick-Plattfuss hat dagegen nicht-natürliche Ursachen und bleibt ohne Behandlung dauerhaft.

Was tun bei einem Plattfuss?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Plattfüsse zu behandeln. Während erworbene Formen oft keiner chirurgischen Eingriffe bedürfen, ist beim angeborenen Plattfuss eine OP in der Regel unumgänglich.

Therapie beim angeborenen Plattfuss

Generell ist ein behandlungsbedürftiger Plattfuss bei Kindern, die jünger als sechs Jahre alt sind, extrem selten. Ist eine Plattfuss-OP erforderlich, muss der Fuss auf diese zunächst vorbereitet werden. Dafür legt man ihnen am betroffenen Fuss einen Gips an, welcher der Fehlstellung entgegenwirkt. Diese Massnahme genügt alleine aber nicht. Deshalb operiert man die Kinder meist bis zum dritten Lebensjahr, um die falsche Position der Fusswurzelknochen zu korrigieren. Daran schliesst sich eine Nachbehandlung mit speziellen Einlagen und Gipsverbänden an, die Monate oder sogar Jahre dauert. Sollte nach Abschluss des Fusswachstums immer noch eine Fehlstellung vorhanden sein, ist eventuell ein erneuter Eingriff nötig.

Therapie beim erworbenen Plattfuss

Übungen aus dem Bereich der Krankengymnastik, welche die Muskeln im Fuss und Unterschenkel kräftigen, sind vor allem in frühen Stadien eines erworbenen Plattfusses hilfreich. Zudem wirkt sich Barfussgehen positiv auf die Fussmuskulatur aus. Auch spezielle orthopädische Schuheinlagen und Orthesen sind sinnvoll, wenn Beschwerden durch den Plattfuss bestehen. Verursacht der erworbene Plattfuss starke Schmerzen, verschreibt der Arzt Medikamente. Meistens verursachen Plattfüsse jedoch keine oder wenige Beschwerden.

Lassen sich die Beschwerden durch keine konservative Massnahme verbessern, kommt möglicherweise auch beim erworbenen Plattfuss eine Operation infrage. Vor allem Plattfüsse, die durch Arthrose oder eine gerissene Tibialis-posterior-Sehne entstehen, operiert man häufig.

Welche Symptome bestehen bei einem Plattfuss?

Welche Symptome Plattfüsse hervorrufen und welches Ausmass die Beschwerden haben, hängt massgeblich von der Ursache und Ausprägung der Fehlstellung ab. Während der angeborene Plattfuss ohne Therapie meist zunehmend Beschwerden verursacht, verlaufen milde erworbene Formen mitunter völlig symptomlos.

Symptome beim angeborenen Plattfuss

Der angeborene Plattfuss fällt sofort nach der Geburt auf. Die Fehlstellungen am Fuss – etwa die nach aussen gekrümmte Fusssohle, die abgeknickte Ferse und der nach aussen abgespreizte vordere Fussabschnitt – sind hier sehr ausgeprägt.

Die betroffenen Kinder lernen meist später zu gehen als ihre Altersgenossen. Ohne rechtzeitige Behandlung ist die Bewegung aber eingeschränkt. Manchmal verursacht der Plattfuss auch Schmerzen. Diese treten eher ab dem späteren Schulalter auf.   

Symptome beim erworbenen Plattfuss

Der erworbene, kindliche Plattfuss verläuft meist ohne Symptome. Die Kinder fallen lediglich aufgrund der sichtbaren Fehlstellung an den Füssen auf. Je nach Ursache ist eventuell die Bewegung beeinträchtigt.

Plattfüsse, die im Jugendalter auftreten, gehen meist mit starken, plötzlichen Belastungsschmerzen einher. Die Jugendlichen hinken, um den betroffenen Fuss zu schonen. Ohne Behandlung schränkt ein Adoleszentenplattfuss die Bewegung stark ein.

Erwachsene, bei denen sich ein Plattfuss entwickelt, klagen öfter über Schmerzen nach stärkerer Belastung. Vor allem solange sich das Fussgewölbe noch senkt, treten Schmerzen auf, liegt die Fusssohle einmal komplett auf, nehmen sie häufig wieder ab.   

Bei einem Plattfuss bestehen die Schmerzen meist am inneren Fussrand und an der Fusssohle. Die Fehlstellung führt mitunter aber auch zu Schmerzen in den Knien und an der Hüfte. Durch die starke Belastung bestimmter Teile des Fusses entwickeln sich in einigen Fällen Druckstellen, die manchmal zusätzlich Schmerzen bereiten und das Gehen erschweren. In vielen Fällen verursachen Plattfüsse aber keine Probleme beim Gehen.

Wie erkennt man einen Plattfuss?

Um einen Plattfuss zu erkennen, überprüft der Arzt, inwieweit das Fussgewölbe ausgebildet ist. Dazu betrachtet er die Füsse, wenn der Patient steht, geht und liegt. Je nachdem, wie stark ausgeprägt der Plattfuss ist, liegt die komplette Fusssohle im Stehen mehr oder weniger stark auf dem Boden auf. Betrachtet der Arzt die Füsse am stehenden Patienten von hinten, fällt bei Plattfüssen oft auch eine ausgeprägte Winkelung zwischen Ferse und Sprunggelenk auf. Ausserdem gibt die Fussstellung im Zehenspitzenstand Aufschluss über die Art des Plattfusses. Mitunter betrachtet der Arzt auch die Schuhe des Patienten: An den abgenutzten Stellen der Sohle lassen sich Rückschlüsse auf die Fehlstellung ziehen.

Meist tastet der Arzt den Fuss ab und prüft die Gelenke auf ihre Beweglichkeit.

Ein weiteres Verfahren ist der Fussabdruck (Pedografie) auf einer elektronischen Messplatte oder einer geeigneten Modelliermasse. Hier lässt sich die Gewichtsverteilung der Fusssohle gut nachvollziehen. Ist der Plattfuss äusserlich nicht sicher festzustellen, macht man ein Röntgenbild. Beim angeborenen Plattfuss erfolgt dies grundsätzlich zur Diagnose.

Eine gerissene Tibialis-posterior-Sehne, die oft die Ursache für einen einseitigen Plattfuss ist, erkennt der Arzt, indem er von hinten auf die am Boden stehenden Füsse schaut. Während am gesunden Fuss nur die Ferse zu sehen ist, erkennt man an dem verletzten Fuss auch die Zehen („too many toes sign“).

Plattfuss: Ursachen und Risikofaktoren

Der angeborene Plattfuss scheint vor allem erblich bedingt zu sein, da ihn häufig mehrere Mitglieder einer Familie haben. Allerdings bedeutet das nicht, dass ein Kind zwingend mit Plattfuss auf die Welt kommt, wenn ein Elternteil davon betroffen ist. Lediglich die Wahrscheinlichkeit steigt. Die genauen Ursachen für einen angeborenen Plattfuss sind noch nicht bekannt.

Für einen erworbenen Plattfuss gibt es viele Ursachen. Zu den häufigsten gehören:

  • Langanhaltende Fehl- und Überbelastung. Besonders bei Jugendlichen ist das oft der Grund für einen Plattfuss („Lehrlingsplattfuss“).
  • Übergewicht
  • Bindegewebs- und Muskelschwächen. Der erworbene, kindliche Knick-Plattfuss geht häufig auf Muskelschwächen zurück.
  • Erkrankungen des Bindegewebes (z.B. Marfan-Syndrom)
  • Gelenkentzündungen (rheumatoide Arthritis) treten häufig in höherem Lebensalter auf, betreffen aber auch junge Menschen.
  • Verletzungen nach Unfällen oder Abnutzungserscheinungen (Arthrose)
  • Nervenerkrankungen und Lähmungen
  • Das krankhafte Zusammenwachsen mehrerer Fussknochen
  • Zu enges Schuhwerk, das dem Fuss und den Zehen keinen Bewegungsspielraum erlaubt

Bei älteren Menschen ist manchmal eine krankhaft veränderte Sehne  im Unterschenkel (Tibialis-posterior-Sehne) die Ursache. Wird die Sehne ein Leben lang stark belastet, bildet sie sich zurück oder reisst und führt so zu einem einseitigen Plattfuss.

Ausserdem ist das Risiko für Plattfüsse bei Menschen mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) grösser.

Prognose

Auch wenn man einen Plattfuss nicht gänzlich wegbekommt, ist die Prognose in den meisten Fällen gut. Ob Beschwerden bestehen bleiben, hängt in erser Linie von der Form des Pes planus ab.

Der sehr seltene angeborene Plattfuss stört die Gehentwicklung und Mobilität des Kindes. Mithilfe einer rechtzeitigen Operation lässt sich die Fehlstellung in der Regel aber korrigieren.

Bei milden, erworbenen Formen haben die Betroffenen oft keine Beschwerden. Flexible Plattfüsse bei Kindern sind bis zu einem bestimmten Alter ganz natürlich und bedürfen zunächst keiner Behandlung. Sollten dennoch Probleme auftreten, lässt sich der erworbene Plattfuss mithilfe einer speziellen Schuheinlage meist gut behandeln. Physiotherapie hilft, die Fuss und Wadenmuskulatur zu kräftigen.

Vorbeugen

Gänzlich Vorbeugen lässt sich Plattfüssen nicht. Vor allem für den angeborenen Pes planus besteht keine Möglichkeit zur Vorbeugung.

Das Risiko, einen erworbenen Plattfuss zu bekommen, senkt man, indem man zu grosse und einseitige Belastungen auf die Füsse vermeidet. Ausserdem ist es hilfreich, die Fussmuskulatur zu kräftigen: Wer regelmässig barfuss geht, trainiert die Muskeln und Bänder am Fuss und beugt somit einem erworbenen Plattfuss vor. Ausserdem ist es empfehlenswert, auf ein gesundes Körpergewicht zu achten, um Sehnen, Bänder und Gelenke der Füsse zu entlasten. Dies schont zudem weitere Gelenke wie Knie und Hüfte.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Nina Buschek
Autor:
Marian Grosser
Marian Grosser

Marian Grosser studierte in München Humanmedizin. Daneben hat der vielfach interessierte Arzt einige spannende Abstecher gewagt: ein Philosophie- und Kunstgeschichtestudium, Tätigkeiten beim Radio und schließlich auch für Netdoktor.

ICD-Codes:
M21Q66
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Elsen, A., Eppinger, M.: Orthopädie und Unfallchirurgie für Studium und Praxis. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, 2019
  • Grifka J., Kuster M.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Springer-Verlag, 2011
  • S2k-Leitlinie: Kindlicher Knick-Senkfuß. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) unter: www.awmf.org (Stand: 31.01.2017)
  • Wirth C. J., Mutschler W.: Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie, Georg Thieme, 3. Auflage, 2014
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