Adhärenz

Von , Medizinredakteurin
MA Claudia Schneider

Claudia Schneider studierte in Innsbruck, Wien und Linz Philosophie, Theater-, Film- und Medienwissenschaften und Medientheorie. Ein großes Interesse für den Körper, wie er gesund bleibt und was ihn krank macht, begleitet sie seit ihrer Kindheit. Seit 2020 unterstützt sie die NetDoktor-Redaktion mit Begeisterung und verbringt die Freizeit gern mit viel Bewegung und einem guten Buch.

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Adhärenz beschreibt in der Medizin die sogenannte Therapietreue. Ihr liegt ein Behandlungsplan zugrunde, den sowohl Patient als auch Arzt gemeinsam erstellt haben. Folglich tragen beide Seiten massgeblich zur Adhärenz bei. Diese spielt vor allem für die Therapie chronischer Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Lesen Sie hier mehr über die Adhärenz und warum sie wichtig ist!

Ärtzin und Patientin im Gespräch.

Was bedeutet Adhärenz?

Der Begriff Adhärenz definiert, wie gut sowohl Patient als auch Arzt einen gemeinsam entwickelten Behandlungsplan einhalten (engl. adherence = Wahrung, Festhalten, Befolgung). Man spricht auch von „Therapietreue“. Da der aktive Anteil dabei zum Grossteil in der Hand des Patienten liegt, haben sich auch Begriffe wie Patientenadhärenz durchgesetzt.

Vor allem früher war der Begriff Compliance verbreitet. Wie Adhärenz steht er im Allgemeinen für die Therapietreue. Allerdings sehen Experten den Begriff als zu einseitig an. Compliance beschränkt sich demnach allein darauf, dass der Patient die vom Arzt verordnete Therapie ohne Weiteres befolgt.

Die Adhärenz setzt hier früher ein, nämlich bereits bei der Vereinbarung eines Behandlungskonzepts: Der Patient fügt sich nicht einfach einer vom Arzt auferlegten Behandlung, sondern bestimmt sie selbst mit. Am festgelegten Therapieplan halten dann beide Seiten bestmöglich fest, um das Behandlungsziel auch tatsächlich zu erreichen.

Was leistet der Patient?

Nachdem der Erkrankte und sein Ärzteteam eine Behandlung besprochen haben, liegt es zu grossen Teilen am Patienten, die abgesprochenen Therapiemassnahmen und -ziele einzuhalten. Dazu gehören seitens des Erkrankten beispielsweise:

  • korrekte Einnahme der Medikamente
  • Einhaltung bestimmter Vorgaben des Arztes (etwa vorübergehende Bettruhe)
  • Umstellung der Ernährung
  • Verzicht auf Suchtmittel wie Alkohol und Zigaretten
  • Änderung im Bewegungsverhalten

Die Patientenadhärenz misst sich schliesslich daran, wie erfolgreich der Betroffene seinen Part bewältigt.

Wie trägt der Arzt zur Adhärenz bei?

Für eine erfolgreiche Behandlung ist es wichtig, dass der Arzt den Patienten vorweg gründlich über jeden einzelnen Therapieschritt informiert und Unsicherheiten aus der Welt schafft. Zudem achtet er darauf, dass der Patient die Behandlung auch wirklich umsetzen kann. Hierfür berücksichtigt der Arzt zum Beispiel die Schwere der Erkrankung sowie Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Auch das alltägliche und soziale Umfeld des Patienten muss er im Blick behalten.

Plagen den Patienten Sorgen und Ängste auch während der Therapie, nimmt sich der Arzt diesen an. Überdies unterstützt und motiviert er, wenn nötig. Wichtig ist ausserdem, dass sich Arzt und Patient regelmässig besprechen. Das dient dazu, die Behandlung zu überwachen und Probleme frühzeitig zu erkennen. Dadurch können beide Seiten rechtzeitig notwendige Anpassungen vornehmen.

Wird die Behandlung hingegen abgebrochen oder nicht wie geplant angewendet, sprechen Experten von Non-Adhärenz.

Was beeinflusst die Adhärenz?

Inwieweit Patienten Massnahmen auch über einen längeren Zeitraum hinweg einhalten, hängt von mehreren Faktoren ab. So weisen Patienten, die unter einer symptomarmen oder symptomlosen Erkrankung leiden in der Regel eine geringere Adhärenz zur Therapie auf. Patienten, die gleichzeitig unter mehreren oder besonders starken Beschwerden leiden, sind hingegen therapietreuer.

Darüber hinaus wirkt sich auf die Therapietreue aus, wie verträglich und komplex eine Behandlung ist. Verursachen Medikamente wenig bis keine Nebenwirkungen und sind auch die weiteren Behandlungsmassnahmen gut in den Alltag des Patienten integrierbar, erhöht das die Adhärenz.

Allgemein gilt: Patienten, die eindeutige Behandlungserfolge spüren, sind durch die gesteigerte Lebensqualität motiviert, ihre Therapie fortzusetzen. Dabei ist die Abbruchtendenz im ersten Jahr der Behandlung besonders hoch.

Diese Faktoren sind für die Adhärenz wichtig

Die unterschiedlichen Faktoren, die die Therapietreue beeinflussen, kann man unterteilen in:

Indikationsbezogene Faktoren:

Dazu gehören etwa Krankheitsverlauf, Schweregrad der Erkrankung, psychische und soziale Folgen, Therapieverfügbarkeiten und deren Dauer. Ist der Leidensdruck gross, die Therapie leicht verfügbar und gut umzusetzen, fördert das die Adhärenz des Erkrankten.

Therapiebezogene Faktoren:

Hierunter fallen Nebenwirkungen, Komplexität einer Therapie, und, wie sich die Behandlung auf die Lebensqualität auswirkt. Verträgt der Patient seine Medikamente gut und erfährt noch dazu eine Besserung, motiviert ihn die gesteigerte Lebensqualität, die Behandlung weiterzuführen. Erfordert die Therapie jedoch die Einnahme vieler unterschiedlicher Präparate und treten starke Nebenwirkungen auf, erschwert das die Therapietreue.

Gesundheitssystemrelevante Faktoren:

Kostenerstattung, Ausbildung des medizinischen Personals, Erreichbarkeit der medizinischen Versorgung (z.B. Arzt- oder Physiotherapiepraxen) und das Arzt-Patienten-Verhältnis beeinflussen ebenfalls die Adhärenz. Unterstützung durch die Krankenkasse sowie die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit des behandelnden Arztes begünstigen beispielsweise den Therapieerfolg.

Individuelle, und Sozioökonomische Faktoren:

Hierzu gehören unter anderem die generelle Einstellung und Erwartung des Patienten, aber auch die Motivation des Arztes. Eine positive Einstellung und ein ehrlicher Umgang miteinander sind Voraussetzung, um besprochene Behandlungsziele zu erreichen. Bei älteren Patienten und Kindern ist auch deren soziales Umfeld, wie deren Kinder beziehungsweise Eltern, entscheidend.

Warum ist Adhärenz wichtig?

Die Adhärenz ist vor allem dann wichtig, wenn eine Erkrankung eine längerfristige Therapie erfordert. Das ist insbesondere bei chronischen Erkrankungen wie Asthma, Bluthochdruck oder Diabetes der Fall. Einzelne Massnahmen und Medikamente wirken oft erst nach einiger Zeit. Sie benötigen deshalb ein besonderes Mass an Therapietreue, damit die Besserung eintritt.

Generell ist wichtig, Behandlungserfolge realistisch zu bemessen. Hier liegt es vor allem am Arzt, den Betroffenen über wirklich erreichbare Ziele aufzuklären. Der Erfolg ist dabei nicht immer mit einer vollständiger Heilung gleichzusetzen, insbesondere bei chronischen Erkrankungen nicht. Hier ist vielmehr die Besserung der Beschwerden Anzeichen einer gut abgestimmten Therapie.

Doch auch dann ist Adhärenz nach wie vor entscheidend. Setzt der Betroffene etwa Blutdrucksenker ab, da er gute Werte misst, wird sein Blutdruck höchstwahrscheinlich wieder ein ungesundes Ausmass annehmen. Das Behandlungsziel ist also hier nicht nur die Senkung der Blutdruckwerte, sondern auch, der Therapie auch nach einer Besserung treu zu bleiben. Gleichwohl beinhaltet diese Adhärenz, dass Arzt und Patient sich austauschen und die Medikamente gegebenenfalls anpassen.

Setzten Sie Medikamente nicht selbstständig ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt ab!

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Claudia Schneider
MA  Claudia Schneider

Claudia Schneider studierte in Innsbruck, Wien und Linz Philosophie, Theater-, Film- und Medienwissenschaften und Medientheorie. Ein großes Interesse für den Körper, wie er gesund bleibt und was ihn krank macht, begleitet sie seit ihrer Kindheit. Seit 2020 unterstützt sie die NetDoktor-Redaktion mit Begeisterung und verbringt die Freizeit gern mit viel Bewegung und einem guten Buch.

Quellen:
  • Adhärenz in der spezifischen Immuntherapie; Hautarzt 2017, 68:282–286 DOI 10.1007/s00105-017-3946-z; (Abrufdatum: 22.7.2021)
  • COPD-Deutschland e.V.: Was bedeutet Patientencompliance?, unter: www.copd-deutschland.de (Abrufdatum: 22.7.2021)
  • Makatsori, M. et al.: Prospective adherence to specific immunotherapy in Europe (PASTE) survey protocol, in: Clinical and Translational Allergy, Volume 5, Issue 17, 2015
  • Schäfer, C.: Grundlagen der Patientencompliance und Adhärenz, Springer Gabler Wiesbaden, 2. Auflage, 2017
  • Seehausen, M. et Hänel, P.: Arzt-Patienten-Kommunikation: Adhärenz im Praxisalltag effektiv fördern (2011), in: Deutsches Ärzteblatt 2011; 108 (43): A-2276 / B-1918, unter: www.aertzteblatt.de (Abrufdatum: 22.7.2021)
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