Zuwendung heilt
Kolumne von Dr. Ludwig Kaspar über Empathie und Placebo.
Ein Placebo wirkt auch dann, wenn wir wissen, dass es sich um ein Placebo handelt – zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie. Das ist durchaus bemerkenswert. Es bedeutet: Ein vollkommen wirkstofffreies Medikament, das ein Arzt verordnet, um an die Selbstheilungskräfte des Körpers zu appellieren, macht auch jene Patienten gesund, die genau wissen, dass sie nur heiße Luft schlucken.
Mich erinnert das an einen Versuch, der vor Jahren an einer Wiener Krebsstation durchgeführt wurde: Eine Testgruppe hatte Kontakt mit einem (selbsternannten) "Wunderheiler", die andere Gruppe mit einem Schauspieler, der sich als Heiler ausgab. Das Ergebnis? Alle hatten weniger Schmerzen, die Patienten des Schauspielers sogar weniger als die des Wunderheilers.
Letztlich ist es nämlich nicht ein spezieller Wirkstoff, der den Schmerz lindert, sondern Zuwendung und Empathie. Daher: Wenn ich eine Meniskus-Operation vor mir habe, bin ich gut beraten mit einem Arzt, der diesen Eingriff schon 1000 Mal gemacht hat. Aber bei einer Krebs-Diagnose will ich einen Arzt mit Empathie.
Zugegeben, am besten wäre beides: ein Arzt mit Empathie und großem medizinischen Erfahrungsschatz.
Autoren:
Dr. Ludwig Kaspar
Redaktionelle Bearbeitung:
Nicole Kolisch, Mag. Julia Wild
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