Herdenimmunität

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Die Herdenimmunität schützt Ungeimpfte: Wenn ausreichend viele Menschen in der Bevölkerung gegen einen Krankheitserreger geimpft sind, desto geringer wird die Ansteckungsgefahr für jene, die etwa aufgrund ihres Alters oder einer Grunderkrankung keine Impfung erhalten haben - beispielsweise Babys. Ausserdem kann der Herdenschutz durch Impfung langfristig auf die Ausrottung einer Krankheit abzielen. Lesen Sie hier alles Wichtige zum Thema Herdenimmunität!

Immunität durch Impfung

Was ist Herdenimmunität?

Eine Herdenimmunität für eine Infektionskrankheit ist dann gegeben, wenn in einer Population so viele Menschen dank Impfung (oder früher durchgemachter Infektion) immun gegen den Erreger geworden sind, dass sich die Krankheit kaum noch ausbreiten kann. Dann sind einzelne Menschen mit fehlender Immunität weitgehend vor einer Ansteckung geschützt.

Falls doch vereinzelte Infektionen auftreten, können diese kaum um sich greifen - der Erreger "trifft" in seiner Umgebung hauptsächlich auf immune Menschen, denen er nichts anhaben kann - und die den Erreger daher auch nicht weitergeben. Die Infektionskette bricht ab.

Herdenimmunität wird auch Herdenschutz oder Gemeinschaftsschutz genannt.

Ziel: Schutz von Ungeimpften

Mit Erreichen der Herdenimmunität für eine bestimmte Infektionskrankheit schützt man in erster Linie jene Menschen, die nicht gegen den betreffenden Erreger geimpft werden können - etwa aufgrund ihres Alters oder einer chronischen Erkrankung. Das können zum Beispiel Babys, Schwangere oder Menschen mit einer Immunschwäche (z.B. infolge ihres hohen Alters oder einer Chemotherapie) sein.

Auch Impfgegner beziehungsweise ihre ungeimpften Kinder profitieren vom Herdenschutz durch Impfung: Wenn die meisten Menschen rundherum die von ihnen abgelehnte Impfung erhalten haben, sich mit dem Erreger also nicht infizieren und ihn weitergeben können, sind sie selbst weitgehend vor einer Ansteckung geschützt.

Ziel: Elimination einer Infektionskrankheit

Programme, die einen Herdenschutz durch Impfung anstreben, können neben dem unmittelbaren Schutz einzelner Ungeimpfter auch ein langfristiges Ziel haben - die "Ausrottung", also Eliminierung der betreffenden Infektionskrankheit in der Bevölkerung.

Als ausgerottet gilt eine Krankheit, wenn unter einem laufenden Impfprogramm weniger als eine Erkrankung pro einer Million Einwohner auftritt. In Deutschland ist das bei der Kinderlähmung (Poliomyelitis, kurz: Polio) gelungen:

Die letzte Meldung einer in Deutschland erworbenen Polio-Erkrankung durch ein Wildvirus stammt aus dem Jahr 1990. In anderen Ländern (wie Ägypten, Indien) kommt die Erkrankung aber noch vor und kann von dort nach Deutschland eingeschleppt werden. Um solche eingeschleppten Ausbrüche zu verhindern und die Herdenimmunität weiter aufrecht zu erhalten, wird hierzulande weiterhin gegen Polio geimpft - so lange, bis die Kinderlähmung weltweit eliminiert ist.

Eine solche globale Ausrottung ist bislang bei den "Blattern" (Pocken) gelungen, und zwar dank einer weltweiten Impfkampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Ab wann ist Herdenimmunität erreicht?

Herdenimmunität - genauer Herdenschutz durch Impfung - ist erst dann gegeben, wenn die sogenannte Durchimpfungsrate eine gewisse Höhe erreicht hat. Darunter versteht man jenen Prozentsatz an Menschen in einer Population, die gegen den betreffenden Erreger geimpft wurden.

Wie hoch diese Durchimpfungsrate sein muss, hängt von der Infektiosität des Erregers ab - also davon, wie ansteckend er ist: Je infektiöser ein Erreger ist, desto höher muss die Durchimpfungsrate für eine Herdenimmunität sein.

So strebt man bei den sehr ansteckenden Masern-Viren eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent an. Ab dann ist eine Herdenimmunität gegeben, die auch jene Menschen vor einer Ansteckung schützt, die nicht geimpft werden können (wie sehr junge Säuglinge). Bei der weniger ansteckenden Infektionskrankheit Diphtherie soll das schon ab einer Impfquote von etwa 80 Prozent möglich sein.

Allgemein gilt: Die für eine Herdenimmunität nötige Durchimpfungsrate schwankt je nach Infektiosität eines Erregers zwischen 75 und 95 Prozent.

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Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Quellen:
  • Bitzer, E.M. et al.: Kindergesundheit stärken, Springer-Verlag, 2009
  • Impf-Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): "Herdenimmunität: Schutz für den Einzelnen und die Gemeinschaft", unter: www.impfen-info.de (Abruf: 07.04.2020)
  • Pschyrembel Online, Klinisches Wörterbuch: www.pschyrembel.de (Abruf: 07.04.2020)
  • Robert Koch-Institut (RKI): "Schutzimpfung gegen Poliomyelitis: Häufig gestellte Fragen und Antworten" (Stand: 05.03.2019), unter: www.rki.de
  • Schlack, H.G. et al.: Sozialpädiatrie, Springer-Verlag, 2009
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.: "Herdenimmunität: Mit Impfungen sich selbst und andere schützen" (Stand: 28.02.2020), unter: www.vfa.de
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