Die Gene bestimmen, wie wir auf Stress reagieren

Jeder reagiert anders auf belastende Ereignisse. Dass diese Unterschiede genetisch bedingt sind, fand nun eine Forschergruppe der MedUni Wien heraus.
Manche Menschen entwickeln sich durch ein belastendes Lebensereignis weiter. Sie lernen daraus und gehen gestärkt aus der Krise hervor. Andere Menschen hingegen zerbrechen daran, erkranken im schlimmsten Falle an einer Depression.
Die unterschiedlichen Reaktionsmuster in Krisensituationen werden durch ein Wechselspiel von Gen-Varianten und Umweltfaktoren bestimmt. Dies fanden Wissenschaftler der Uni-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der MedUni Wien nun heraus. Die Studie wurde im "Journal of Neuroscience" publiziert.
Grundlage ist dabei folgende: im Zentrum der Emotionsverarbeitung des Gehirnes steht der sogenannte Hippocampus. Diese Region ist die zentrale Schnittstelle in der Stressverarbeitung. In negativen Stress-Situationen nimmt der Hippocampus an Volumen ab – dies ist bei depressiven Patienten häufig zu beobachten und für einen Teil der Symptome verantwortlich. In Situationen mit "positivem Stress" (emotional anregende Situationen) kommt es hingegen zu einer Volumenzunahme.
Die Teilnehmer der Studie wurden zu belastenden Lebenssituationen (z.B. Todesfall in der Familie, Scheidungen, Jobverlust, schwere Erkrankungen u.Ä.) befragt. Zusätzlich wurden hochauflösende MRT-Untersuchungen des Gehirns und spezielle Genanalysen durchgeführt. Untersucht wurde dabei das Vorliegen bestimmter depressionsfördernder Genvarianten.
Das Ergebnis: je mehr solcher Risiko-Gene ein Mensch besitzt, umso negativer wirken sich belastende Situationen auf die Größe des Hippocampus aus. Bei ähnlichen Lebensereignissen wiesen Teilnehmer mit mehreren Risiko-Genen einen deutlich kleineren Hippocampus auf als Teilnehmer ohne diese Risiko-Gene.
Es sind also die Gene, die bestimmen, ob ein und dieselbe Krisensituation zu einer Zu- oder Abnahme des Hippocampusvolumens führt, das heißt ob Stress uns krank macht oder unsere psychische Gesundheit fördert.
Für die Forschung bringen diese Ergebnisse große Fortschritte für das Verständnis der neurobiologischen Vorgänge stress-assoziierter Erkrankungen.
Autoren:
Dr.med. Kerstin Lehermayr
Redaktionelle Bearbeitung:
Philip Pfleger
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