Der zweifelnde Blick in den Spiegel

Patienten mit Körperdysmorpher Störung nehmen sich als hässlich wahr. Eine Studie hat nun erhoben, was ihnen beim Blick in den Spiegel durch den Kopf geht.
Der Blick in den Spiegel ist unerträglich, die ganze Zeit drehen sich die Gedanken nur um ein Thema: meinen Körper und was daran nicht perfekt, gar hässlich ist. Bei der Körperdysmorphen Störung (KDS) handelt es sich um eine psychische Erkrankung, bei der die Selbstwahrnehmung gestört ist. Schönheit liegt - so geht die alte Weisheit - im Auge des Betrachters. Patienten, die an einer KDS leiden, sind für die eigene Schönheit blind. KDS ist die ununterbrochene Sorge um einen minimalen oder gänzlich eingebildeten körperlichen Makel. Von der Störung Betroffene leiden zudem häufig an Zwangshandlungen, Wahrnehmungsstörungen und Depression.
Studie untersucht Blick in den Spiegel
Eine aktuelle Studie der Uniklinik Erlangen hat nun erhoben, was KDS-Patienten beim Blick in den Spiegel durch den Kopf geht. Um bessere Therapieansätze entwickeln zu können, ging es den Forschern darum, die Ängste und Sorgen der Patienten besser zu verstehen. Spannend ist dabei der methodische Ansatz, den die Forscher "thinking out loud"-Methode nennen. Die Testpersonen blicken 30 Minuten lang in den Spiegel und artikulieren währenddessen, was ihnen durch den Kopf geht. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, teilte Studienleiterin Dr. Ines Kollei die Testpersonen in drei Gruppen. Eine Gruppe bestand aus Patienten mit KDS, eine Gruppe litt an Depressionen und eine dritte Kontrollgruppe galt als psychisch nicht auffällig.
Hab ich die Haare schön?
Die Ergebnisse der Studie sind deutlich: während alle Gruppen negative Gedanken über ihr Spiegelbild äußern - wer gefällt sich selbst schon uneingeschränkt - sind KDS-Betroffene unfähig, Positives wahrzunehmen. Testpersonen, die an Depressionen litten, oder keine Diagnose hatten, äußerten neben negativen auch positive Gedanken über ihr Äußeres. "Ich habe schöne Haare", wird als ein Beispiel genannt. In der KDS-Gruppe wurden kaum positive Gedanken geäußert. "Zudem erlebten KDS-Betroffene nach der Spiegelbetrachtung ein starkes Ausmaß an Ärger sowie Traurigkeit und grübelten nach der Übung über das eigene Aussehen", so die Psychologin.
Neue Therapien
Die gestörte Körperwahrnehmung ist mit vielen Einschränkungen und Belastungen im Alltag verbunden. Betroffene blicken häufig in den Spiegel und werden in der Folge von der Sorge um das eigene Erscheinungsbild völlig eingenommen. Oft geht die Störung mit Depression, Selbstverletzung und Sozialangst einher. Von der Studie erwartet man sich nun neue Therapieansätze. Bisher wird bei KDS, ähnlich wie bei Depressionen, ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer verschrieben, der die Stimmung hebt.
Autoren:
Mag. (FH) Axel Beer
Redaktionelle Bearbeitung:
Helga Quirgst, MSc, Philip Pfleger
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