Rauchstopp - was wirkt und was nicht?

Wie kann man es schaffen, den Zigaretten zu entsagen? Die großen Metastudien der letzten Jahre zeigen, dass ein Mix aus mehreren Ansätzen am sinnvollsten ist.
Jährlich sterben mehr als fünf Millionen Menschen weltweit an den Folgen des Rauchens, das sind mehr als an HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose zusammen. Zigaretten töten laut aktuellen WHO-Daten fast jeden zweiten Raucher: Die Hälfte aller langjährigen Nikotinkonsumenten stirbt vorzeitig an den Folgen des Rauchens, die Lebenserwartung vermindert sich um bis zu 25 Jahre. Rauchen ist heute die wichtigste vermeidbare Ursache für Erkrankungen und vorzeitige Sterblichkeit. Und: Studien zeigen, dass jene Raucherinnen und Raucher, die sich der gesundheitlichen Folgen ihres Verhaltens bewusst sind, meistens aufhören wollen.
Doch der Rauchstopp ist ein Kraftakt, die Rückfallquote von Neo-Nichtrauchern ist hoch. Denn über Tabakrauch aufgenommenes Nikotin hat die Eigenschaften einer Droge mit hohem Abhängigkeitspotenzial. Menschen, die noch nie geraucht haben, sollten also auch in Zukunft die Finger von Zigaretten lassen.
Doch wie können es Raucherinnen und Raucher schaffen, den Zigaretten zu entsagen? Der Blick auf die großen Metastudien zu den diversen Rauchstopp-Maßnahmen zeigt, dass letztlich ein Mix aus mehreren Ansätzen am sinnvollsten ist. Bei allen Maßnahmen ist klar: Ohne eisernen Willen geht gar nichts.
Die Kombination von medikamentöser Behandlung und Unterstützung durch ein Tabakentwöhnungsprogramm – etwa eine Selbsthilfegruppe oder eine Verhaltenstherapie – zeigt die besten Effekte und ist wirksamer als eine Nikotinersatztherapie (z.B. Nikotinpflaster oder -kaugummi) alleine. Das zeigen großen zusammenfassenden Studien Metastudien der letzten Jahre.
Verhaltens- und Psychotherapie
Maßnahmen wie begleitende Verhaltensanalysen, Selbstbeobachtung, Entwicklung von Verhaltensalternativen, kognitive Umstrukturierung, Erlernen von besserem Umgang mit Stress und von Entspannungstechniken in der Gruppe sind unterstützend wirksam. In der Gruppe bringen sie mehr als im Alleingang.
Nikotinersatztherapie
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Nikotinersatztherapie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Rauchstopp gelingt, um 50 bis 70 Prozent erhöht. Im Rahmen der Nikotinersatztherapie wird dem Körper das Nikotin, das er bisher durch das Zigarettenrauchen aufgenommen hat, auf anderem Wege zugeführt.
Je nachdem, wie stark die Nikotinsucht ausgeprägt ist, stehen dafür unterschiedliche Darreichungsformen zur Verfügung:
Nikotinpflaster
Das Nikotinpflaster wird auf die Haut geklebt, das Nikotin direkt von der Haut aufgenommen und in den Blutkreislauf gebracht. Es ist vor allem bei regelmäßigem Rauchen ab zehn Zigaretten täglich sinnvoll. Die Behandlungsdauer beträgt acht bis zwölf Wochen, ist aber auch länger möglich. Nach der anfänglichen Höchstdosierung wird nach vier Wochen und dann alle zwei Wochen die Dosis reduziert. Als Nebenwirkung können u.a. Hautreizungen auftreten. Das Pflaster wird täglich ausgewechselt, sodass immer wieder neue Hautpartien beklebt werden können.
Nikotin-Kaugummi, Nikotin-Tabletten
Mit Kaugummi und Tabletten, die gelutscht oder unter die Zunge gelegt werden, gelangt das Nikotin über die Mundschleimhaut in den Blutkreislauf. Diese Darreichungsform ist vor allem bei unregelmäßigem Rauchen sinnvoll. Mögliche Nebenwirkungen sind Schleimhautreizungen im Mund.
Nikotinnasenspray
Mit dem Nasenspray wird der Nikotinspiegel rasch erhöht, weshalb sich die Nikotinersatztherapie in dieser Form für besonders stark abhängige Raucher eignet. Der Nikotinnasenspray ist rezeptpflichtig, seine Anwendung sollte auch durch einen Arzt überwacht werden.
Kombinationstherapie
Bei einer sehr starken Abhängigkeit können die verschiedenen Darreichungsformen miteinander kombiniert werden.
Antidepressiva
Unter den zahlreichen zugelassenen Antidepressiva haben sich zwei Substanzen als sehr hilfreich beim Rauchstopp erwiesen. Sie erhöhen die Chance, dass der Rauchstopp gelingt, um bis zu 100 Prozent, können sie also verdoppeln. Da andere Antidepressiva keine Wirkung bei der Raucherentwöhnung zeigen, dürften diese beiden Medikamente einen eigenen, vom antidepressiven Effekt unabhängigen, Wirkmechanismus haben.
Bupropion
Bupropion sollte acht Wochen lang eingenommen werden, wobei die Dosis ab der zweiten Woche erhöht wird. Da Schlafstörungen auftreten können, sollte die Einnahme nicht nach 17 Uhr erfolgen. Zu den weiteren möglichen, seltenen Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Übelkeit und Krampfanfälle.
Nortriptylin
Da Nortriptylin keine offizielle Zulassung für die Raucherentwöhnung hat, ist es nur "Medikament zweiter Wahl". Zu den möglichen seltenen Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Übelkeit und Verstopfung.
Das Medikament, das sich als am wirksamsten beim Rauchstopp erwiesen hat, ist Vareniclin, ein Nikotinrezeptor-Partialagonist, der die Wirkweise des Nikotins imitiert. Im Vergleich mit der nichtmedikamentösen Rauchentwöhnung gelingt der Rauchstopp unter Vareniclin zwei bis drei Mal häufiger. Da zu den Nebenwirkungen aber Depression, Aggressivität und Angstzustände zählen und Vareniclin bei Jugendlichen keine Wirksamkeit zeigt, ist der Einsatz des Medikaments eingeschränkt.
Internet-basierte Interventionen
Online-Beratung hat keinen klar nachweisbaren dauerhaften Effekt auf das Rauchverhalten. Es gibt aber Hinweise, dass Derartiges bei der spontanen Raucherentwöhnung helfen kann. Offenbar steigt die Wirksamkeit der Programme, je persönlicher und regelmäßiger die Beratung und der Kontakt mit dem aufhörwilligen User ausfallen.
Hypnose
eher nein. Studien zeigen keine große Wirkung dieser Methode auf das Rauchverhalten. Ausgewertete Studien dazu sind allerdings zu uneinheitlich, um eine große Meta-Analyse zu ermöglichen.
Akupunktur
Akupunktur scheint bei der Raucherentwöhnung nur auf dem Niveau anderer Placebobehandlungen zu wirken.
Ärztliche Unterstützung
Vor allem bei starken Rauchern ist aufgrund des starken Abhängigkeitspotentials von Nikotin eine begleitende Unterstützung durch die Ärztin oder den Arzt sinnvoll und anzuraten, um langfristig abstinent zu bleiben. Als einzige Maßnahme reicht das allerdings kaum.
Zur Wirksamkeit von Ansätzen oder Maßnahmen wie TCM, Autogenes Training und Phytotherapie beim Rauchstopp fehlen bis jetzt große Studien.
In folgendem Video erhalten Sie weitere, hilfreiche Tipps zum Rauchstopp:
Autoren:
Mag.(FH) Silvia Hecher, MSc
Medizinisches Review:
Peter Mahlknecht
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