Mehr als Würze und Heilkraft: So manches Kräutlein diente bereits als literarische Vorlage.
"Nichts führt zum Guten, was nicht natürlich ist", schrieb bereits Friedrich Schiller. Seine Meinung teilte so mancher Schriftsteller und nahm sich die Natur als Inspiration. Adalbert Stifters Landschafts-Schilderungen sind landläufig bekannt (und gefürchtet), auch Goethes Heidenröslein gehört zum Kanon.
Weniger bekannt ist, dass neben Blumen und Bäumen (z.B. Paul Celans Pappel) oft auch Kräuter den Weg zwischen zwei Buchdeckeln fanden – und durchaus nicht nur zum Pressen! Wir haben uns den Spaß gemacht und ein paar "Cameo-Auftritte" bekannter (Heil-)Kräuter in der Literatur gesammelt.
Das Bilsenkraut ist sicherlich eines der bekanntesten literarischen Kräuter, diente es doch dazu, Hamlets Vater, den unglückseligen König von Dänemark, zu ermorden. Der hohe Gehalt an Gift ist keine Erfindung Shakespeares, weshalb Bilsenkraut heute nur noch selten als Heilpflanze genutzt wird. (faustasyan, Fotolia.com)
Nicht nur Hamlets Vater, auch seine Geliebte Ophelia zeigt sich im Stück kräuterkundig. An den anwesenden Hofstaat verteilt sie Rosmarin (als Symbol für Treue und als Andenken an ihren Vater) und – weniger schmeichelhaft – Akelei (Bild). Diese steht für Undank und Ehebruch. (M.Schuppich)
Der Fenchel ist ebenfalls ein Gewächs, das Ophelia für ihren stillen Protest nützt: Er gilt als Symbol für Schmeichelei und Torheit. Das dürfte dem Publikum zu Shakespeares Zeiten bekannt gewesen sein, wodurch die Blumengabe an den König an Brisanz gewinnt. (lizakrum)
Auch in anderen Werken Shakespeares fällt seine Liebe zur Botanik auf. Im "Wintermärchen" lässt er das Mädchen Perdita sagen: "Lavendel, Minze, Salbei, Majoran,
die Ringelblum‘, die mit der Sonn‘ entschläft
und weinend mit ihr aufsteht: Das sind Blumen
aus Sommers Mitte, die man geben muß
den Männern mittlern Alters."
(Stihl024)
Und weiter: "Wenn das Jahr nun altert –
Noch vor des Sommers Tod und der Geburt
Des frost'gen Winters –, dann blühn uns am schönsten
Blutnelken und die streif'gen Liebesstöckel."
Wobei: Liebstöckl auch in jüngerer Literatur zu Ehren kommt: Harry Potter braut damit berauschende und verwirrende Zaubertränke. (juefraphoto)
Löwenzahn dient uns bloß als Salat, dem Schriftsteller Wolfgang Borchert jedoch als Inspiration: Er widmete dem Korbblütler 1946 seine Gefängniserzählung "Die Hundeblume". (K.Thalhofer)
So manche Pflanze wird auch besungen - und durchaus nicht nur die Rose! Johannes Brahms komponierte etwa das Lied "Brennessel steht am Wegesrand". (Auch in Grimm- und Andersen-Märchen spielt das stechende Kraut eine Rolle.) (Bits And Splits)
Dem Rosmarin wurde im gleichnamigen Lied von Robert Schumann ein Denkmal gesetzt. (Fotolia.com - womue)
Der deutsche Schriftsteller Hermann Löns brachte Ende des 19. Jahrhunderts seine Bewunderung für die gemeine Wegwarte (Chicorée) in Gedichtform: "Es steht eine Blume / wo der Wind weht den Staub / Blau ist ihre Blüte / Aber grau ist ihr Laub." (berezko)
Und zu guter Letzt: Die Malve.
"Wieder hab ich dich gesehen
blasse Malve! Blühst du schon?
Ja, mich traf ein schaurig Wehen
All mein Frühling welkt davon
Bist du doch des Herbstes Rose
der gesunkenen Sonne Kind
bist du starre, düftelose
deren Blüten keine sind."
– Uhland, Ludwig (1787-1847) (Heike Rau)