Muskelfaserriss

Von , Medizinredakteurin und Biologin
und , Wissenschaftsjournalistin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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Bei einem Muskelfaserriss reissen eine oder mehrere Fasern in einem Muskel. Grund ist eine starke Muskelbelastung, etwa beim Fussball oder Tennis. Der Muskelfaserriss macht sich mit einem plötzlichen, stechenden Schmerz bemerkbar. Der betroffene Muskel lässt sich nicht mehr maximal belasten. Lesen Sie hier mehr zum Thema: Wie entsteht ein Muskelfaserriss? Welche Symptome treten auf? Was tun bei einem Muskelfaserriss?

Muskelfaserriss

Kurzübersicht

  • Ursachen und Risikofaktoren: Extreme Belastung, z. B. durch ruckartige Bewegungen, abruptes Stoppen; oft bei Sportarten wie Tennis oder Fussball. Risikofaktoren sind etwa mangelnde Fitness, falsche Schuhe, muskuläre Ungleichheiten, Infektionen.
  • Symptome: Plötzlicher, stechender Schmerz, evtl. Blut-Erguss, Kraftverlust des betroffenen Muskels, eingeschränkte Beweglichkeit
  • Krankheitsverlauf und Prognose: Ein Muskelfaserriss heilt meist folgenlos aus. Das dauert mehrere Wochen.
  • Behandlung: Pausieren, Kühlen, Druckverband und Hochlagern des verletzten Körperteils als Akut-Massnahmen, ggf. Schmerzmittel und Krankengymnastik, in schweren Fällen Operation
  • Untersuchung und Diagnose: Patientengespräch (Anamnese), körperliche Untersuchung, evtl. Ultraschall und Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT)
  • Vorbeugen: Aufwärm- und Dehn-Übungen vor dem Sport, Ausgleich von muskulären Ungleichheiten durch Muskeltraining

Was ist ein Muskelfaserriss?

Bei einem Muskelfaserriss entsteht eine Verletzung der Muskelfasern. Dies sind die kleinsten strukturellen Einheiten des Muskels. Muskelfasern sind lange, zylindrische Zellen mit sehr vielen Zellkernen. Sie sind je nach Muskel und Beanspruchung bis zu 30 Zentimeter lang und zwischen zehn und 100 Mikrometer dick.

Jeweils zehn bis 20 Muskelfasern bilden ein Muskelfaser-Bündel. Dieses ist von Bindegewebe umhüllt. Ein Skelettmuskel besteht aus mehreren solcher Muskelfaser-Bündel.

So ist ein Muskel aufgebaut
Muskelfaserriss
Muskelfasern sind die Grundeinheiten eines Muskels. Mehrere Muskelfasern bilden jeweils ein Muskelbündel, zahlreiche Muskelbündel den gesamten Muskel.

Durch eine plötzliche Überbelastung des Muskels reissen die Muskelfasern. Überbelastung bedeutet: Es wirkt eine Kraft auf den Muskel ein, die grösser ist als die Kraft des Muskels selbst. Diesem Zuviel an Kraft-Einwirkung hält der Muskel nicht stand – Gewebe reisst.

Typischerweise kommt es zu einem Muskelfaserriss bei mehreren langen Sprints, plötzlichem Abstoppen, schnellen Richtungs-Wechseln, wenn die Muskulatur müde oder untrainiert ist oder extrem belastet wird. Je nach Ausmass der resultierenden Muskel-Schädigung spricht man von:

  • Muskelfaserriss: Eine oder (meist) mehrere Fasern eines Muskels reissen. Dabei entsteht häufig eine Einblutung (Blut-Erguss) in das Gewebe. Besonders oft betrifft ein Muskelfaserriss den Oberschenkel- (Musculus quadriceps femoris) und Wadenmuskel (M. gastrocnemius).
  • Muskelbündelriss: Bei dieser Form der Muskelschädigung werden ganze Faserbündel verletzt.
  • Muskelriss: Die schwerste Folge der Muskel-Überlastung. Beim Muskelriss wird der gesamte Muskel vollständig durchtrennt. Er ist dann nicht mehr funktionsfähig.

Überlastet die einwirkende Kraft den Muskel nur leicht, wird er lediglich gedehnt, reisst aber nicht. Es entsteht eine (ebenfalls schmerzhafte) Muskelzerrung.

Verletzungen wie ein Muskelfaserriss ereignen sich vor allem beim Sport – tatsächlich zählt der Muskelfaserriss zu den häufigsten Sport-Verletzungen. Besonders riskant sind Sportarten, die plötzliche, schnelle Beschleunigungen und Stopps erfordern. Dazu gehören etwa Fussball, Handball, Tennis, Squash und Kurzstrecken-Sprints.

Auch eine direkte Gewalt-Einwirkung (wie ein Tritt gegen die Wade) verursacht mitunter einen Muskelfaserriss. Meist entsteht er aber ohne Trauma von aussen.

Risikofaktoren für Muskelfaserriss & Co.

Verschiedene Faktoren begünstigen einen Muskelfaserriss, Muskelbündelriss, Muskelriss oder eine einfache Zerrung. Dazu zählen beispielsweise:

  • Ermüdete oder nicht ausreichend aufgewärmte oder dehnfähige Muskulatur
  • Gestörte Koordination der Bewegung
  • Muskuläres Ungleichgewicht in Extremitäten oder Wirbelsäule
  • Mangelnder Trainings-Zustand/mangelnde Fitness
  • Nicht ausgeheilte frühere Verletzungen
  • Ungewohnte Boden-Verhältnisse
  • Kalte Witterung
  • Falsche Schuhe
  • Mangel an Flüssigkeit, Vitaminen, Mineralien und Spuren-Elementen
  • Infektionen (wie Pfeiffersches Drüsenfieber)
  • Einnahme von Präparaten zum schnellen Muskelaufbau (Anabolika)

Wie äussert sich ein Muskelfaserriss in den unterschiedlichen Gliedmassen?

Ein Muskelfaserriss geht mit einem plötzlichen, messerstichartigen Schmerz einher. Der betroffene Muskel ist in seiner Funktion eingeschränkt und lässt sich nicht mehr maximal belasten. Der Patient muss die sportliche Aktivität unmittelbar abbrechen. Der natürliche Bewegungsablauf ist gestört.

Meist nehmen Betroffene eine Entlastungshaltung an. Wenn sie versuchen, den verletzten Muskel gegen Widerstand anzuspannen, treten Schmerzen auf. Zudem bestehen Druck- und Dehnungs-Schmerzen.

Je nach betroffener Gliedmasse treten die Schmerzen durch den Muskelfaserriss an verschiedenen Stellen auf, zum Beispiel:

  • An der Wade: Schmerzen beim Gehen, bzw. bei der Auf- und Abwärts-Bewegung des Fusses
  • An der Vorder- oder Rückseite am Oberschenkel: Schmerzen beim Beugen, bzw. Strecken des Knie- oder Hüftgelenks
  • Am Oberarm oder in der Schulter: Schmerzen beim Anheben des Armes

Direkt nach der Verletzung bildet sich mitunter eine sicht- und tastbare Delle an der betroffenen Stelle. Dies ist vor allem der Fall, wenn nicht nur Muskelfasern, sondern der gesamte Muskel gerissen ist (Muskelriss). Da das Gewebe aber für gewöhnlich anschwillt, ist die Delle bald nicht mehr fühlbar.

Manchmal bildet sich an der Stelle des Muskelfaserrisses auch ein sichtbarer Blut-Erguss (Hämatom).

Die geschilderten Symptome sind umso ausgeprägter, je schwerwiegender die Muskelverletzung ist – also, wenn mehr als eine Faser, ein Faserbündel oder sogar der ganze Muskel gerissen ist.

Wie lange dauert ein Muskelfaserriss?

Bei einem Muskelfaserriss ergeben sich im Allgemeinen keine Komplikationen. Die Verletzung heilt in der Regel folgenlos aus. Die Heilung bei einem Muskelfaserriss dauert aber: Je nach Schweregrad der Verletzung ist es ratsam zwei bis sechs Wochen lang keinen Sport zu treiben.

Bei einem Muskelriss wird eine Pause von vier bis acht Wochen empfohlen. Wenn man den Muskel belastet, bevor der Muskelfaserriss (Muskelbündelriss, Muskelriss) ausgeheilt ist, entsteht leicht eine erneute Verletzung (Retraumatisierung).

Wie lässt sich die Heilung beschleunigen?

Bei einem Muskelfaserriss oder einer schwerwiegenderen Muskelschädigung (Muskelbündelriss, Muskelriss) sind möglichst schnell Erste-Hilfe-Massnahmen nach dem PECH-Schema empfehlenswert:

  • P wie Pause: Sportliche Aktivität abbrechen, die verletzte Extremität ruhigstellen.
  • E wie Eis: Die verletzte Stelle für zehn bis 20 Minuten mit einer Eis-Packung oder einem kalten Umschlag kühlen.
  • C wie Compression: Einen Kompressions-/Druck-Verband anlegen.
  • H wie Hochlagerung: Oft betrifft der Muskelfaserriss Oberarm, Oberschenkel oder Wade. Die verletzte Extremität sollte hochgelagert werden, damit weniger Blut ins verletzte Gewebe strömt.

Diese Massnahmen zielen darauf ab, die Einblutung ins Gewebe zu stoppen, Schmerzen und Schwellung zu verringern und weitere Schäden zu verhindern. Es ist wichtig das Gewebe nicht zu erwärmen und nicht zu massieren. Beides führt dazu, dass sich die Einblutung verstärkt.

Muskelfaserriss: Therapie beim Arzt

Der Arzt verordnet unter Umständen bei einem Muskelfaserriss nicht-steroidale, entzündungshemmende Schmerzmittel (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Eine dosierte physikalische Therapie (Lymphdrainage, Kälte-Therapie etc.) fördert die Regenerierung des verletzten Muskels.

Sobald die Beschwerden zurückgehen, ist es sinnvoll mit Krankengymnastik zu beginnen. Empfehlenswert sind Funktionsübungen, die den betroffenen Muskel allmählich zunehmend beanspruchen. Manchmal legt der Therapeut einen speziellen Tape-Verband an der verletzten Stelle an.

Achten Sie darauf, dass die Übungen zur Therapie eines Muskelfaserrisses keine Schmerzen verursachen!

Bei einem grossen Blut-Erguss im Gewebe ist eventuell eine Punktion erforderlich. Dabei sticht der Arzt eine Hohlnadel in den Bluterguss. Das Blut fliesst dann entweder von selbst ab oder der Arzt saugt es ab (Drainage).

Bei einem ausgeprägten Muskelfaserriss beziehungsweise bei einem Muskelbündelriss oder einem kompletten Muskelriss ist mitunter eine Operation erforderlich. Dabei werden die gerissenen Muskelpartien genäht. Der Chirurg verwendet dafür Naht-Material, das sich mit der Zeit von selbst auflöst und vom Körper resorbiert wird.

Welche Untersuchungen sind bei einem Muskelfaserriss erforderlich?

Bei Verdacht auf einen Muskelfaserriss ist es ratsam zum Hausarzt oder gleich zu einem Sportmediziner zu gehen. Er wird sich zuerst nach den Beschwerden und dem Verletzungs-Mechanismus erkundigen (Erhebung der Krankengeschichte = Anamnese). Mögliche Fragen dabei sind:

  • Wobei ist die Verletzung passiert?
  • Wie lange ist das her?
  • Wo genau treten die Beschwerden auf?

Dann folgt die körperliche Untersuchung. Der Arzt begutachtet die verletzte Stelle auf eine eventuelle Muskel-Delle oder Schwellung. Er prüft, ob das Dehnen und Belasten des Muskels Schmerzen bereitet und ob der Muskel an Kraft eingebüsst hat.

Mittels Ultraschall (Sonografie) und gegebenenfalls Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie) lässt sich die Diagnose Muskelfaserriss unterstützen. Ausserdem erkennt der Arzt mit Hilfe der bildgebenden Verfahren eine eventuelle Einblutung ins Gewebe.

Besteht der Verdacht, dass zusätzlich ein Knochen verletzt wurde, lässt sich dies mittels einer Röntgen-Untersuchung überprüfen.

Wie lässt sich einem Muskelfaserriss vorbeugen?

Das Risiko einer Muskelverletzung durch Überbelastung lässt sich senken, indem Sie sich vor sportlicher Aktivität aufwärmen und regelmässig Übungen für eine ausgeglichene Statik/Muskulatur machen. Gegebenenfalls lassen sich gefährdete Muskeln mit einer Bandage oder einem Tape-Verband unterstützen – das verhindert unter Umständen einen Muskelfaserriss.

Autoren- & Quelleninformationen

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Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:
Dr. med. Karlheinz Zeilberger
Autoren:

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

ICD-Codes:
T14
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
  • Maibaum S. et al. Therapielexikon der Sportmedizin. Springer-Verlag. 2. Auflage 2006
  • Mayer C. & Siems W. 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie. Springer-Verlag. 2. Auflage 2019
  • Müller M. et al. Orthopädie und Unfallchirurgie. Medizinische Verlags- und Informationsdienste. 4. Auflage 2021
  • Plesch C. et al. Handbuch Sportverletzungen, Meyer & Meyer Verlag. 3. Auflage 2015
  • Schumpelick V. et al. Kurzlehrbuch Chirurgie. Thieme Verlag. 8. Auflage 2010
  • Siebert C. H. et al. Tipps und Tricks für den Sportmediziner. Springer-Verlag. 2. Auflage 2013
  • Wessinghage T. et al. Sportverletzungen von A – Z. Thieme Verlag. 1. Auflage 2009
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