Power-Nap

Von , Medizinredakteurin und Biologin
Dr. Andrea Bannert

Dr. Andrea Bannert ist seit 2013 bei NetDoktor. Die promovierte Biologin und Medizinredakteurin forschte zunächst in der Mikrobiologie und ist im Team die Expertin für das Klitzekleine: Bakterien, Viren, Moleküle und Gene. Sie arbeitet freiberuflich zudem für den Bayerischen Rundfunk und verschiedene Wissenschaftsmagazine und schreibt Fantasy-Romane und Kindergeschichten.

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Mitten am Tag einfach mal abschalten, die Augen schliessen und sich ein Schläfchen gönnen? Nur wenige Menschen in Deutschland halten ein Power-Nap. Dabei ist das Nickerchen zwischendurch ein hervorragender Energiespender - im Homeoffice genauso wie im Büro. Lesen Sie hier, warum ein Power-Nap so gut tut und welche Vorteile es hat.

Powernapp

Power-Napping: Warum der Kurzschlaf so gut tut

Jeder Mensch hat natürlicherweise auch tagsüber Leistungstiefs. In dieser Zeit machen wir mehr Fehler, können uns schlechter konzentrieren, sind müder, sogar unsere Körpertemperatur sinkt. Diese Müdigkeit lässt sich auch mit Kaffee oder längerem Nachtschlaf nicht bekämpfen – unsere innere biologische Uhr gibt sie vor.

Wann das Tief eintritt, ist individuell unterschiedlich. Bei Frühaufstehern meist zwischen 12 und 14 Uhr, bei Morgenmuffeln etwas später.

Wer sich dann ein kurzes Nickerchen gönnt, tankt neue Energie und wacht erfrischt und leistungsfähig auf. Schlafforscher bestätigen, dass ein Schläfchen zwischendurch gesund ist und die Leistungsfähigkeit fördert. Der Kurzschlaf ausserhalb der nächtlichen Hauptschlafphase wird auch als Power-Napping bezeichnet.

Experten der Universität Athen beobachteten über sechs Jahre fast 24.000 Männer und Frauen zwischen 20 und 86 Jahren. Wer sich dreimal wöchentlich tagsüber eine halbe Stunde Schlaf gönnte, senkte sein Herzinfarktrisiko um 37 Prozent. Der Kurzschlaf stärkt ausserdem die Immunabwehr und hilft beim Abnehmen. Denn müde Menschen haben öfter Appetit auf fettige und süsse Lebensmittel.

Die kleinen Pausen verbessern darüber hinaus das Reaktionsvermögen, die Konzentration und das Gedächtnis, vor allem das Kurzzeitgedächtnis. Das ergab eine Studie der Harvard Medical School. Die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde NASA konnte zudem zeigen, dass sich die Aufmerksamkeit nach einem Nickerchen um stolze 100 Prozent steigert.

Durch den Schlaf erhöht sich ausserdem die Konzentration des Hormons Serotonin im Blut - das hebt die Stimmung und beugt Erschöpfungszuständen vor. Zusammenfassend lässt sich sagen: Power-Napping steigert die Leistung.

Power-Napping: So geht's

Wer die Gelegenheit hat, sich eine erfrischende Minischlafpause im Homeoffice oder im Büro vor Ort zu gönnen, sollte sie nutzen. Diese Tipps machen den Mittagsschlaf zum Power-Nap:

  • Schlafen Sie nur kurz. Wer in den Tiefschlaf fällt, ist nach dem Aufwachen erst einmal schlapp und müde, statt frisch und wach. Der Grund: Bei längerem Schlaf sinkt der Blutdruck. Deshalb sollte der Mittagsschlaf 10 bis maximal 30 Minuten dauern.
  • Um rechtzeitig wieder aufzuwachen, stellen Sie sich am besten einen Wecker. Alternativ nehmen Sie einen Schlüsselbund oder einen anderen Gegenstand in die Hand. Der Grund: Kurz vor dem Eintritt in die Tiefschlafphase entspannt sich der Körper, der Schlüsselbund fällt herunter, und Sie wachen auf. Diese Methode hat übrigens schon Friedrich der Grosse verwendet. Er schlief tagsüber regelmässig auf einem Stuhl und hielt dabei in jeder Hand einen Apfel.
  • Experten empfehlen, vor dem Power-Napping eine Tasse Kaffee zu trinken. Das Koffein wirkt erst nach 30 Minuten und fungiert dann als innerer Wecker.
  • Verdunkeln Sie den Raum nicht. Das hilft Ihnen, leichter wieder aufzuwachen.
  • Die beste Zeit für das Büronickerchen ist individuell unterschiedlich. Die meisten haben nach dem Mittagessen ein Leistungstief, zwischen 13 und 14 Uhr. Wenn Sie dann ruhen, kann der Körper seine Energie auf die Verdauung konzentrieren.
  • Auch wenn Sie zu Hause arbeiten: Der beste Platz für das Power-Napping ist auf keinen Fall Ihr Bett – es verführt dazu, lange zu schlafen. Besser geeignet ist eine Liege oder ein Ruhesessel. Sie können sich auch eine dünne Matte auf den Boden legen. Wichtig ist, dass der Kopf gestützt ist. Wer im Bürostuhl schläft, kann den Kopf auf der Rückenlehne ruhen lassen und eventuell die Füsse auf den Tisch hochlegen. Wenn die Lehne zu kurz ist, legen Sie den Kopf vielleicht auf den Schreibtisch.
  • Wenn Sie sich durch Geräusche gestört fühlen, kann entspannende Musik helfen, etwa klassische Musik.
  • Für viele ist es nicht einfach, auf Knopfdruck einzuschlafen. Aber das kann man lernen. Zum Beispiel durch Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, einem Training zur Tiefenentspannung. Auch durch Autogenes Training oder Yoga können Sie das Einschlafen trainieren.

Power-Napping: Im Ausland normal

Power-Napping hat viele Vorteile. Dennoch schlafen viele Menschen hierzulande - wenn überhaupt - nur am Wochenende auch mal tagsüber. Denn wer im Büro zwischendrin unterm Schreibtisch verschwindet, gilt schnell als lethargischer Faulpelz. Dieser soziale Druck verhindert allzu oft den erholsamen Kurzschlaf im Büro.

Selbst im Homeoffice gönnen sich viele Menschen keine Kurzschlafpause. Der eigene Leistungsanspruch steht dem entspannten Wegnicken oft entgegen - wer sich doch traut, hat anschliessend häufig ein schlechtes Gewissen.

In den südlichen Ländern Europas wie Italien oder Spanien sowie in Asien sieht das ganz anders aus - hier gehört die Siesta zum normalen Tagesablauf. In China und Japan sind Tagschläfer ein gewohntes Bild in Bus und Zug, in Restaurants beim Essen oder sogar in Meetings.

Bis es hierzulande soweit ist, wird es vermutlich noch etwas dauern. Wenn Sie derzeit im Büro oder im Homeoffice (noch) keine Möglichkeit für ein Power-Napping haben, berücksichtigen Sie vielleicht zumindest bei Ihrer Terminplanung Ihre tagesrhythmischen Leistungstiefs.

Legen Sie die Termine für wichtige Meetings zum Beispiel nicht direkt nach dem Mittagessen. Und schliessen Sie doch einfach einmal zwischendurch am Arbeitsplatz kurz die Augen und lassen die Gedanken kreisen - schon eine Minute wirkt entspannend.

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Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Andrea Bannert
Dr.  Andrea Bannert

Dr. Andrea Bannert ist seit 2013 bei NetDoktor. Die promovierte Biologin und Medizinredakteurin forschte zunächst in der Mikrobiologie und ist im Team die Expertin für das Klitzekleine: Bakterien, Viren, Moleküle und Gene. Sie arbeitet freiberuflich zudem für den Bayerischen Rundfunk und verschiedene Wissenschaftsmagazine und schreibt Fantasy-Romane und Kindergeschichten.

Quellen:
  • Naska A.: Siesta in Healthy Adults and Coronary Mortality in the General Population, University of Athens Medical School, Arch Intern Med. 2007 Feb 12;167(3):296-301
  • Neurobiology of Learning and Memory, “Daytime napping: Effects on human direct associative and relational memory”, 2010 May;93(4):554-60. Epub 2010 Feb 20.
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