Rettungsgriff (Rautekgriff)

Von , Wissenschaftsjournalistin
und , Notfallsanitäter und Dozent im Rettungsdienst
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Andreas Fromm

Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.

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Mit dem Rettungsgriff kann man Menschen aus einem Gefahrenbereich bergen oder sie von einer sitzenden in eine liegende Position bringen, um Erste Hilfe leisten zu können. Er wird auch Rautekgriff, Rautek-Handgriff oder Rautek-Rettungsgriff genannt. Mehr über diese Erste Hilfe-Massnahme erfahren Sie hier.

Autounfall; Verletzte bergen; Rautekgriff

Kurzübersicht

  • Was ist der Rettungsgriff (Rautekgriff)? Eine Erste Hilfe-Massnahme, um bewegungsunfähige Menschen aus einem Gefahrenbereich oder vom Sitzen ins Liegen zu bringen. Benannt nach seinem Erfinder, dem österreichischen Jiu-Jitsu-Lehrer Franz Rautek (1902-1989).
  • So geht der Rettungsgriff: Von hinten Kopf und Schultern des Betroffenen anheben, Rücken mit dem eigenen Knie bzw. Oberschenkel abstützen. Unter den Achseln durchgreifen, den Betroffenen am Unterarm fassen und aus der Gefahrenzone ziehen bzw. hinlegen.
  • In welchen Fällen notwendig? Wenn sich jemand nicht allein aus einem Gefahrenbereich bewegen kann oder wenn die Erstversorgung im Sitzen/an dieser Stelle nicht möglich wäre und der Patient bewegungsunfähig ist.
  • Risiken: Verletzungsrisiko beim Betroffenen (z.B. Knochenbruch, Wirbelsäulenverletzungen) sowie beim Ersthelfer (indem er sich in einen Gefahrenbereich begibt).

Achtung!

  • Bei Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung sollte der Ersthelfer den Betroffenen nur bewegen, wenn dieser sich in akuter Lebensgefahr befindet!
  • Es gilt immer, das Risiko des Gefahrenbereichs gegen das für sein eigenes Wohl als Ersthelfer und das des Verletzten abzuwägen. Im Zweifelsfall gilt: Wenn der Betroffene sicherer ausserhalb des Gefahrenbereichs wäre und/oder man ihm nur dort die notwendige Erste Hilfe leisten kann, überwiegt dies das Risiko einer möglichen Verletzung durch den Rautekgriff.
  • Manchmal muss der Ersthelfer den Rettungsgriff der Situation anpassen und sich z. B. seitlich neben der Autotür zum Verletzten bücken.
  • Wenn ein zweiter Helfer zugegen ist, sollte dieser die Beine des Patienten tragen, während der erste Helfer den Oberkörper mittels Rautekgriff packt.

Wie funktioniert der Rettungsgriff (Rautekgriff)?

Der Rautekgriff ermöglicht es Ihnen als Ersthelfer, durch die Hebelwirkung auch Personen zu bewegen, die deutlich schwerer sind als Sie selbst, zumindest über kurze Distanzen. Und so gehen Sie dabei vor:

  1. Ziehen Sie sich Einmalhandschuhe an, um Infektionen zu vermeiden
  2. Überprüfen Sie, ob der Verletzte bei Bewusstsein ist, indem Sie ihn ansprechen und gegebenenfalls sanft schütteln (nicht bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzungen!)
  3. Falls der Betroffene im Auto sitzt: Machen Sie den Motor aus, aber lassen Sie den Schlüssel stecken
  4. Reagiert der Betroffene nicht oder kann er sich nicht eigenständig bewegen, wenden Sie den Rautek-Rettungsgriff an, um ihn aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Öffnen Sie dazu gegebenenfalls zuerst den Sicherheitsgurt und überprüfen Sie, ob die Beine des Verletzten feststecken
  5. Begeben Sie sich nach Möglichkeit hinter den Betroffenen. Reden Sie ruhig mit ihm, wenn er bei Bewusstsein ist – es gibt Vertrauen, zu wissen, was mit einem geschieht
  6. Heben Sie vorsichtig zuerst den Kopf, dann die Schultern des Betroffenen an, sodass dieser leicht nach vorn gebeugt ist, und stützen Sie seinen Rücken mit Ihrem Knie oder Oberschenkel
  7. Schieben Sie Ihre Arme unter den Achseln des Betroffenen hindurch nach vorne, greifen Sie mit beiden Händen einen seiner Unterarme und winkeln Sie ihn im 90-Grad-Winkel vor der Brust des Verletzten ab
  8. Für das Zugreifen am Unterarm empfiehlt sich der sogenannte Affengriff: Sie packen den Unterarm also nicht mit dem Daumen auf einer und den anderen vier Fingern auf der anderen Seite des Unterarms, sondern legen den Daumen auf den Arm neben die anderen Finger. So vermeiden Sie, dass Sie den Arm (zu) kräftig zusammendrücken
  9. Ziehen Sie den Betroffenen nun auf Ihre Oberschenkel, richten Sie sich auf und bringen Sie ihn vorsichtig rückwärtsgehend aus dem Gefahrenbereich
  10. Legen Sie den Verletzten an einem sicheren Ort auf dem Rücken ab, bestenfalls auf eine (Rettungs-)Decke
  11. Ist der Patient bewusstlos, sollten Sie seine Atmung kontrollieren. Beginnen Sie gegebenenfalls mit der Wiederbelebung (Reanimation)
  12. Rufen Sie spätestens jetzt den Rettungsdienst oder bitten Sie einen Umstehenden, dies zu tun
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Rettungsgriff
Anleitung Rautekgriff, Rautek-Griff, Rautek-Rettungsgriff
1. Von hinten Kopf und Schultern des Betroffenen anheben. / 2. Rücken mit dem eigenen Knie bzw. Oberschenkel abstützen (roter Pfeil). / 3. Unter den Achseln durchgreifen, den Betroffenen am Unterarm fassen. / 4. Hilfebedürftigen aus der Gefahrenzone ziehen, ggf. den eigenen Oberschenkel unterstützend zu Hilfe nehmen (roter Pfeil).

Wenn Sie sich durch das Erste Hilfe-Leisten selbst in Gefahr bringen würden oder der Betroffene eingeklemmt ist, sollten Sie sofort den Rettungsdienst und gegebenenfalls die Feuerwehr rufen. Warten Sie dann, bis diese eintreffen.

Wann mache ich den Rettungsgriff (Rautekgriff)?

Der Rautekgriff kommt zum Einsatz, wenn

  • Sie einen sitzenden oder liegenden Verletzten, der nicht mehr in der Lage ist, selbst zu gehen, aus einem Gefahrenbereich bringen müssen
  • in der Position, in der sich der Patient befindet, notwendige Sofortmassnahmen (z. B. Reanimation, Wundversorgung) nicht durchführbar sind

Der Rautek-Rettungsgriff lässt sich sowohl bei bewusstlosen als auch bewegungsunfähigen „wachen“ Patienten durchführen. Er ist zudem bei Sitzenden ebenso anwendbar wie bei Liegenden. Aber: Da er eine akute Verletzungsgefahr birgt, sollte er nur angewendet werden, wenn ansonsten Lebensgefahr besteht.

Risiken des Rettungsgriffs (Rautekgriffs)

Der Rautekgriff ist zielführend, aber nicht unbedingt schonend. Es wird dabei zum Beispiel die Wirbelsäule des Patienten bewegt und nicht stabilisiert. Das kann zu Verletzungen in diesem Bereich führen oder bereits vorhandene Verletzungen verschlimmern.

Ausserdem kann der Ersthelfer dem Betroffenen durch den Rettungsgriff ungewollt Rippenbrüche und Verletzungen im Bereich von Arm und Schulter zufügen.

Für den Ersthelfer besteht das Risiko, sich selbst zu verletzen, wenn er sich - ohne Absicherung oder gewisse Schutzmassnahmen - in den Gefahrenbereich begibt, um bei einem Verletzten den Rettungsgriff anzuwenden.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Andreas Fromm
Andreas Fromm

Andreas Fromm ist Fachautor für Notfallmedizin und lehrt seit 2018 als Dozent an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter und -sanitäterinnen der Feuerwehr Hamburg.

Quellen:
  • Beichler, H.: Erste Hilfe für Gesundheitsberufe, 2. Auflage, facultas Universitätsverlag 2019
  • Kandioler, R. et al.: Erste Hilfe - ein Lehrbuch für die Gesundheits- und Krankenpflege, 3. Auflage, facultas Universitätsverlag 2019
  • Pschyrembel Online: Rautekgriff, unter: www.pschyrembel.de (Abruf vom 02.11.2021)
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