Reanimation bei Kindern

Von , Wissenschaftsjournalistin
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

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Eine Reanimation beim Kind umfasst wie beim Erwachsenen Herzdruckmassage und Atemspende. Rechtzeitig durchgeführt, kann sie bei einem Atem- und Kreislaufstillstand das Leben des Kindes retten. Erfahren Sie hier, wie Sie bei der Reanimation von Kindern vorgehen und welche Unterschiede es zur Wiederbelebung bei Erwachsenen gibt.

Reanimation Baby

Kurzübersicht

  • Ablauf: Prüfen, ob das Kind reagiert und atmet, Notruf absetzen. Wenn das Kind nicht reagiert und nicht normal atmet, Herzdruckmassage und Atemspende durchführen, bis der Rettungsdienst eintrifft oder das Kind wieder Lebenszeichen aufweist.
  • Besonderheiten: Bei Kindern sollte die Frequenz der Herzdruckmassage etwas höher sein als bei Erwachsenen (generell gilt aber für alle 100 bis maximal 120 pro Minute). Ausserdem wird erfahrenen und bei mindestens zwei anwesenden Helfern ein 15:2-Zyklus empfohlen (15-mal Herzdruckmassage und 2 Beatmungen im Wechsel) anstelle des 30:2-Zyklus, wie er bei Erwachsenen angewendet wird. Bei Babys werden für die Herzdruckmassage nur zwei Finger verwendet. Die Atemspende erfolgt bei Babys und kleinen Kindern über Mund und Nase gleichzeitig.
  • Risiken: Durch die Herzdruckmassage können Rippen brechen und innere Organe verletzt werden.

Achtung!

  • Oft sind bei Kindern verschluckte Gegenstände der Grund, warum sie nicht mehr atmen. Kontrollieren Sie den Mund- und Rachenraum, ob Sie etwas entdecken.
  • Schütteln Sie niemals ein bewusstloses/nicht atmendes Kind, besonders nicht ein Baby! Sie könnten es dadurch schwer verletzen.
  • Überstrecken Sie zum Freimachen der Atemwege den Kopf des Kindes nicht zu weit bzw. bei Babys gar nicht, sonst verengen sich die Atemwege.
  • Alarmieren Sie so schnell wie möglich den Rettungsdienst!

Wie funktioniert die Reanimation beim Kind?

Wenn ein Kind das Bewusstsein verliert und nicht richtig oder gar nicht atmet, müssen Sie sofort mit der Wiederbelebung (kardiopulmonale Reanimation) beginnen!

Prüfen Sie bei Kindern über einem Jahr ausserdem (oder lassen Sie prüfen), ob ein Defibrillator (AED-Gerät, Automatisierter Externer Defibrillator) in der Nähe ist. Schliessen Sie das Gerät bei Kindern bis etwa acht Jahren mit kleineren Kinderelektroden an das betroffene Kind an. Folgen Sie dann den Sprachanweisungen des Geräts und beginnen Sie unverzüglich mit der Reanimation.

Dass Sie dabei möglicherweise nervös oder fast panisch sind, ist normal. Aber denken Sie daran: Lieber einen Fehler bei der Reanimation riskieren (etwa aus Panik), als gar nichts tun!

Reanimation: Baby

Mit „Baby“ oder „Säugling“ sind Kinder bis zum Ende des ersten Lebensjahres gemeint. Bei ihrer Reanimation gehen Sie wie folgt vor:

  1. Reaktion prüfen: Prüfen Sie, ob das Baby reagiert, am besten durch einen leichten Schmerzreiz. Sie können das Baby zum Beispiel sanft in die Innenseite des Oberarms kneifen.
  2. Rückenlage: Legen Sie das Baby flach auf den Rücken, am besten auf eine harte Unterlage (wie den Boden).
  3. Kopf in neutraler Position: Bringen Sie den Kopf des Säuglings in eine normale, also neutrale Position (nicht überstrecken!).
  4. Atmung überprüfen: Halten Sie das Kinn des Babys mit zwei Fingern fest. Legen Sie dann bei geöffneten Atemwegen Ihr Ohr über Mund und Nase des Säuglings, um eventuelle Atemgeräusche hören zu können. Richten Sie beim Horchen Ihren Blick auf den kindlichen Brustkorb, um eventuelle Atembewegungen zu erkennen.
  5. 5 x Atemspende zu Beginn: Wenn das Baby nicht oder nicht richtig atmet oder Sie sich diesbezüglich unsicher sind, sollten Sie es sofort beatmen, und zwar über Mund und Nase gleichzeitig: Beginnen Sie dabei mit fünf Atemhüben.
  6. 30 x bzw. 15 x Herzdruckmassage: Nach den fünf Atemhüben legen Sie zwei Finger mittig auf das Brustbein des Babys und drücken sie nach unten, aber nicht tiefer als 2 bis 4 Zentimeter. Wiederholen Sie dies 30-mal in einer Frequenz von ca. 100-120 pro Minute (dazu drücken Sie etwa zweimal pro Sekunde auf das Brustbein des Babys). Dieses Vorgehen eignet sich vor allem für ungeschulte Helfer, die sich in erster Linie mit der Reanimation von Erwachsenen auskennen, oder wenn man allein helfen muss. Erfahrene Helfer, die eine hochwertige Reanimation gewährleisten können und Mithelfende haben, drücken 15-mal.
  7. Atemspende und Herzdruckmassage im Wechsel: Spenden Sie nun weitere zweimal Atem, bevor Sie erneut eine Herzdruckmassage machen (ungeschulte Helfer 30-mal, erfahrene Helfer 15-mal). Diesen 30:2- bzw. 15:2-Zyklus setzen Sie so lange fort, bis entweder der Notarzt eintrifft oder das Baby wieder von allein atmet. Im zweiten Fall sollten Sie es in die stabile Seitenlage bringen, wenn es weiterhin bewusstlos ist.

Der Rettungsdienst sollte möglichst schnell alarmiert werden! Bitten Sie einen Anwesenden, den Notruf zu tätigen, während Sie mit der Wiederbelebung beim Baby beginnen. Wenn Sie mit dem Kind allein sind, rufen Sie den Notarzt, nachdem Sie das Baby etwa eine Minute reanimiert haben. Nach dem Anruf sofort weiter wiederbeleben.

Reanimation: Kind (ab einem Jahr)

Die kardiopulmonale Reanimation (Herzdruckmassage und Beatmung) bei Kindern ab einem Jahr verläuft ähnlich:

  • Atemwege öffnen und Atmung überprüfen: Gehen Sie dabei wie bei Babys vor. Allerdings können Sie bei Kindern ab einem Jahr den Kopf gegebenenfalls ganz leicht überstrecken.
  • 5 x Atemspende zu Beginn: Beginnen Sie die Beatmung (wie bei Babys) mit fünf Atemhüben. Spenden Sie den Atem bei kleinen Kindern über Mund und Nase gleichzeitig, bei älteren Kindern über Mund oder Nase.
  • 30 x bzw. 15 x Herzdruckmassage: Führen Sie (als ungeschulter Helfer) 30-mal die Herzdruckmassage durch, indem Sie rhythmisch mit dem Handballen auf die Mitte des kindlichen Brustkorbs (eher untere Brustbeinhälfte) drücken (ca. 4-5 cm tief). Dabei wird wie bei Babys eine Frequenz von bis zu 120 pro Minute (aber mindestens 100/Min.) empfohlen, also etwa zweimal pro Sekunde. Als geschulter Helfer und bei mehreren Mithelfern drücken Sie 15-mal.
  • Atemspende und Herzdruckmassage im Wechsel: Setzen Sie Atemspende und Herzdruckmassage im Wechsel fort. Erfahrene Helfer sollten sich dabei wie medizinisches Personal an den 15:2-Zyklus halten (15-mal Herzdruckmassage und 2 Beatmungen im Wechsel), sofern noch weitere Helfer anwesend sind. Ungeschulte und Einzel-Helfer wenden den von der Reanimation von Erwachsenen bekannten 30:2-Zyklus an. Hören Sie mit der Wiederbelebung erst auf, sobald der Notarzt eintrifft oder das Kind wieder zu atmen beginnt. Im zweiten Fall sollten Sie das Kind in die stabile Seitenlage bringen, falls es weiterhin bewusstlos ist.

Der 15:2-Zyklus (15-mal Herzdruckmassage im Wechsel mit 2-mal Beatmung) wird bei der Reanimation von Kindern vorrangig empfohlen. Wenn ein Helfer aus Unkenntnis oder Unerfahrenheit stattdessen den für Erwachsene empfohlenen 30:2-Zyklus anwendet, ist das besser, als den kleinen Patienten gar nicht zu reanimieren! Zudem sollten beim 15:2-Zyklus immer mehrere Helfer anwesend sein. Für Einzelhelfer bietet sich der 30:2-Zyklus an.

Wann mache ich eine Reanimation bei Kindern?

Wie bei Erwachsenen gilt: Sie müssen ein Kind wiederbeleben, wenn es bewusstlos ist und nicht (ausreichend) atmet. Bei Kindern ist der Grund dafür meist eine behinderte Atmung, etwa weil ein verschluckter Gegenstand die Luftröhre blockiert. Deshalb beginnt man die Reanimation beim Kind mit der Atemspende, bevor man eine Herzdruckmassage macht.

Bei Erwachsenen dagegen ist häufiger das Herz für Atem- und Kreislaufstillstand sowie Bewusstlosigkeit verantwortlich. Deshalb startet man bei ihnen die Wiederbelebung mit der Herzdruckmassage (gefolgt von Beatmung).

Risiken der Reanimation bei Kindern

Bei der Herzdruckmassage können Sie dem Kind einige Rippen brechen und sogar innere Organe verletzen. Bedenken Sie aber: Die Konsequenzen, wenn Sie zu zögerlich oder gar nicht wiederbeleben, sind schlimmer als Verletzungen, die Sie dem Kind eventuell durch den Druck auf den Brustkorb zufügen. Schrecken Sie daher im Notfall nicht vor einer Reanimation bei Kindern zurück!

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Quellen:
  • Bachmann Holzinger, I.I.: Das ABC der Kinderreanimation, in: Pädiatrie 2012; 3: 33-37
  • Deutscher Rat für Wiederbelebung - German Resuscitation Council e.V.: Reanimation 2015 - Leitlinien kompakt
  • Flake, F. et Scheinichen, F.: Kindernotfälle im Rettungsdienst, 2. Auflage, Springer-Verlag, 2007
  • Köhler, J.: Kardiopulmonale Reanimation, 1. Auflage, Kohlhammer, 2017
  • Kretz, F. J. et al.: Kinder Notfall-Medizin - Lebensrettendes Know-how, 4. Auflage, Urban & Fischer/Elsevier, 2020
  • Nicolai, T. und Hoffmann, F.: Kindernotfall-ABC - Kompendium für Notärzte und Kindernotärzte, 3. Auflage, Springer-Verlag, 2019
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