Die Wahrheit über Alkohol

Sogar von Ärzten hört man es: Das tägliche Gläschen Wein oder Bier soll vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Ausgeschlossen ist das nicht. Doch überwiegen die Schäden, die das Zellgift Alkohol im Körper anrichtet - auch in geringen Mengen. „Die gesündeste Menge Alkohol ist null Alkohol“, ist das Fazit amerikanischer Forscher.

So erhöhen zehn Gramm Alkohol pro Tag das Risiko, alkoholbedingt zu erkranken, um 0,5 Prozent. Bei 20 Gramm täglich steigt es um sieben Prozent. Und mit jeder zusätzlichen Alkoholeinheit werden es mehr.

Das Team um Max Griswold von der University of Washington in Seattle wertete akribisch 694 Studien über Alkoholkonsum und 592 Studien über Gesundheitsrisiken durch den Genuss von Alkohol aus. Sie umfassten Daten aus fast 200 Ländern. Die Bilanz des Giftkonsums: 2,8 Millionen Tote weltweit jährlich gehen allein auf das Konto von Bier, Wein und Schnaps. Dabei wogen die Forscher Nutzen und Risiken von Alkoholgenuss unterschiedlicher Menge gegeneinander ab.

Jüngeren Menschen droht vor allem unmittelbare Gefahr durch den Konsum: In westliche Ländern sterben sie vorzeitig, weil sie verunglücken. In Ländern mit weniger guter medizinischer Versorgung erhöht Alkohol das Risiko an Infektionskrankheiten wie Tuberkulose zu sterben – denn Alkohol schwächt die Abwehrkräfte. Die traurige Bilanz: Rund 20 Prozent aller Todesfälle der 15- bis 49-Jährigen gehen auf das Konto von Alkohol.

Jenseits der 50 hat der jahrzehntelange Konsum das Krebs-Risiko steigen lassen: 27,1 Prozent der weiblichen Tumoren und 18,9 Prozent der Krebserkrankungen bei Männern werden durch Alkohol verursacht. Darunter sind Darm-, Magen-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bei Frauen lässt Alkohol zudem Brustkrebsrisiko erheblich steigen. Hinzu kommen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei starkem Konsum, Leberschäden, Demenz oder auch Diabetes.

Wie sieht die Lage in Deutschland aus? Obwohl der Konsum hierzulande etwas rückläufig ist, wird noch immer viel gebechert: 94,3 Prozent der Männer und 90 Prozent der Frauen trinken zumindest gelegentlich Alkohol. Übertroffen werden die Deutschen von den Dänen: Hier nehmen 97,1 Prozent der Männer und 95,3 Prozent der Frauen mindestens ab und zu alkoholische Getränke zu sich.

Männer in Deutschland trinken im Schnitt täglich vier Einheiten (40 Gramm) reinen Alkohol, das entspricht etwa einem Liter Bier oder 400 Milliliter Wein. Das ist doppelt so viel wie der Richtwert von 20 Gramm für Männer (10 Gramm für Frauen). Am meisten trinken rumänische Männer (durchschnittlich 8,2 Einheiten) gefolgt von Portugiesen und Luxemburgern (je 7,3 Einheiten).

Frauen in Deutschland konsumieren mit 2,9 Einheiten etwas weniger als die Männer. Im internationalen Vergleich liegen sie aber auf Rang 9. Den meisten Alkohol konsumieren Frauen in der Ukraine (4,2 Einheiten) sowie Luxemburg und Andorra (je 3,4 Einheiten). Den wenigsten Alkohol trinken übrigens Männer in Pakistan (0,8 Prozent) und Frauen in Bangladesch (0,3) Prozent.

Die Forscher fordern auf Basis der Daten, von Seiten der Gesetzgeber mehr zu tun, um den Konsum zu reduzieren – beispielsweise durch höhere Preise, Werbeverbote oder strengere Regulierung beim Verkauf. Andere Experten reagieren gelassen: Zumindest bei mässigem Konsum seien die gesundheitlichen Gefahren gering.