Stillprobleme

Von , Biologin
Dr. Nicole Wendler

Nicole Wendler ist promovierte Biologin aus dem Bereich Onkologie und Immunologie. Als Medizinredakteurin, Autorin und Lektorin ist sie für verschiedene Verlage tätig, für die sie komplizierte und umfangreiche medizinische Sachverhalte einfach, prägnant und logisch darstellt.

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Stillprobleme haben schon so manche Mutter zum Abstillen gebracht. Dabei gibt es für die meisten eine einfache Lösung. Durchhalten zahlt sich oft aus, denn Mutter und Kind profitieren vom Stillen. Lesen Sie hier, welche Stillprobleme häufig sind, was sie verursacht und mit welchen Tipps und Hilfsmitteln Sie die Beschwerden in den Griff bekommen können.

Stillprobleme: Schmerzen beim Stillen

Als innigster Moment zwischen Mutter und Kind wird oft die Stillzeit beschrieben. Doch nicht selten ist das Stillen mit Problemen verbunden, die der Mutter Schmerzen bereiten. Fast jede stillende Frau erlebt Zeiten, in denen beim Stillen Schmerzen in der Brust auftreten, vielleicht nur als leichtes Spannungsgefühl oder aber so, dass schon die leichteste Berührung weh tut. In dem Fall ist die Brust meist hart, warm und gerötet.

Neben Brustschmerzen verspüren die meisten Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt beim Stillen Bauchschmerzen. Bei diesen sogenannten Nachwehen bildet sich die Gebärmutter zurück und zieht sich zusammen. Beim zweiten Kind verstärkt sich das sogar, sodass die Schmerzen etwas heftiger ausfallen können.

Nicht selten treten bei Müttern, die stillen, Kopfschmerzen auf. Diese können durch die hormonelle Umstellung, Flüssigkeitsmangel, Stress, Schlafmangel oder Verspannungen entstehen.

Gründe für Stillprobleme

Oft sind es nur Kleinigkeiten, die Frauen beim Stillen falsch machen oder einfach nicht bemerken. Die Auslöser für Stillprobleme sind vielfältig:

  • Falsches Anlegen des Kindes, falsches Lösen von der Brust
  • Falsches Stillmanagement: zu häufiges/seltenes Stillen
  • Anatomische Besonderheiten beim Kind: kurzes Zungenband, Kieferfehlstellung, erste Zähne
  • Ungünstige Brustwarzenform: Flach- oder Hohlwarze
  • Verstopfter Milchgang durch dünne Haut oder Fettablagerung (Milchbläschen)
  • Stress, Schlafmangel, psychische Probleme, Alkohol und Rauchen
  • Schlecht sitzender oder zu enger Still- oder Bügel-BH

Stillprobleme: Zu wenig Milch?

Stillprobleme rund um die Milchmenge sind selten tatsächlich problematisch. Saugprobleme, die zusätzliche Gabe von Flüssigkeit, Lärm und Unruhe beim Stillen oder Stillpausen in der Nacht können die Milchbildung beeinträchtigen, doch oft ist die Milchmenge völlig ausreichend.

Meist ist es die Angst der Mutter, zu wenig Milch zu produzieren. Frauen, die innerhalb von 24 Stunden acht bis zwölf Mal stillen und täglich etwa sechs nasse Windeln ab dem vierten Tag nach Geburt und ein paar Wochen später drei bis vier Stuhlgänge zählen, brauchen sich aber nicht zu sorgen.

Stillprobleme und die Folgen

Vor allem, wenn das Verhältnis von "Angebot und Nachfrage" durcheinander gerät, werden Stillprobleme schmerzhaft. Meistens trifft es Mütter zum Stillbeginn oder beim Abstillen. In diesen Phasen wird das Brustgewebe stark beansprucht. Brustimplantate können die Situation noch verkomplizieren.

Die häufigsten Folgen von Stillproblemen sind:

  • Wunde Brustwarzen, mit oder ohne Blut aus der Brust
  • Milchstau
  • Milcheinschuss (Initiale Brustdrüsenschwellung)
  • Brustentzündung (Mastitis)
  • Abszess der Brust
  • Hefepilzinfektion: Soormastitis, Candida-albicans-Infektion

Es beginnt meist mit wunden Brustwarzen (Mamillen) durch ein fehlerhaftes Anlegen oder fehlerhaftes Ablösen des Kindes von der Brust. Sind die Brustwarzen stark in Mitleidenschaft gezogen, tritt beim Stillen oder Abpumpen manchmal sogar Blut aus. Erschrecken Sie nicht, wenn Ihrem Baby beim "Bäuerchen" dann blutige Milch aufstösst.

An den offenen Stellen wunder Brustwarzen können sich Bakterien leicht ansiedeln. Sie können eine bakterielle Brustentzündung mit Rötung, Schwellung und Fieber verursachen. Im schlimmsten Fall bildet sich ein Abszess.

Neben Bakterien können auch Pilze die Ursache für wunde und gereizte Brustwarzen oder für juckende Brüste beim Stillen sein. Weitere typische Anzeichen für eine Candida-Infektion sind trockene Mamillen und ein geröteter Warzenvorhof mit weissen Pickelchen. Aktuelle Studien legen allerdings nahe, dass eine Candida-Infektion oft fälschlich diagnostiziert wird. Deshalb sollte bei verdächtigen Symptomen immer auch eine bakterielle Infektion in Betracht gezogen werden.

Stillprobleme: Infektionskrankheiten

Vor Infektionskrankheiten ist auch eine stillende Mutter nicht gefeit. Fühlt sich die Mutter sehr schlecht, kann das die Pflege eines Säuglings natürlich erschweren. Sofern es sich aber nicht um HIV oder eine andere, ähnlich problematische Virusinfektion handelt, ist es kein Problem, wenn Sie Ihr Kind weiter stillen: Halsschmerzen, Schnupfen, Durchfall und Erbrechen sind dafür kein Hindernis.

Lassen Sie sich aber, wenn Sie sich krank fühlen, bei der Versorgung des Babys helfen, damit Sie noch Kraft haben, zu stillen. Durchfall und Erbrechen bringen den Wasserhaushalt Ihres Körpers durcheinander und auch beim Stillen geht Flüssigkeit verloren: Achten Sie bei Magen-Darm-Infekten daher besonders auf eine gute Flüssigkeits- und Nährstoffzufuhr!

Stillprobleme: Blähungen

Auch Blähungen bei Mutter und Kind können im weitesten Sinne zu den Stillproblemen gezählt werden. Gerade nach der Geburt kann die Hormonumstellung Verdauungsprobleme bei der Mutter auslösen oder es treten nach dem Stillen Blähungen beim Kind auf. Auch wenn das qualvoll sein kann, hilft es nur selten, auf bestimmte Nahrungsmittel zu verzichten.

Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie im Text Stillen - Ernährung.

Stillprobleme: Frühchen stillen

Frühchen sind meist zu schwach, um die Brust der Mutter vollständig zu leeren. Mit speziellen Stillpositionen oder Abpumpen kann man daraus erwachsende Stillprobleme verhindern.

Wird das Baby viel zu früh geboren, ist der mütterliche Körper möglicherweise noch nicht bereit für das Stillen, und die Milchproduktion verzögert sich. Eine Lösung bieten die seit einigen Jahren bundesweit etablierten Muttermilchbanken. Ähnlich wie bei einer Blutspende, können gesunde Mütter mit Milchüberschuss ihre Milch dort spenden, um Müttern, die nicht stillen können oder dürfen, zu helfen.

Was tun bei Stillproblemen?

Die meisten Stillprobleme können Sie mit den folgenden Tipps vermeiden oder in den Griff bekommen:

  • Anlegetechnik überprüfen
  • Gesunde Ernährung mit ausreichend Flüssigkeit
  • Stress, Alkohol und Nikotin meiden
  • Entspannte und ruhige Stillatmosphäre schaffen
  • Brustseite wechseln
  • Richtige Körperhaltung als Vorbegugun gegen Verspannungen und Muskelschmerzen: Kind zur Brust und nicht Brust zum Kind!
  • Wunde Brustwarzen: Einreiben mit Muttermilch oder Wollfett (Lanolin), nach dem Stillen an der Luft trocknen. Stillhütchen können kurzfristig helfen, sind aber keine Dauerlösung.
  • Gute Hygiene: Nur saubere, trockene Stilleinlagen verwenden, Hände vor dem Stillen waschen.
  • Milchstau: regelmässig stillen, mit dem Kinn des Babys zur gestauten Stelle, Brust vollständig leeren, gegebenenfalls sanft ausstreichen; mässige Wärme vor und Kühlung der Brust nach dem Stillen
  • Milchbläschen: warme Auflagen vor dem Stillen; gegebenenfalls muss ein Arzt das Bläschen mit einer Kanüle öffnen (nicht selber machen!)

Stillprobleme: Wann zum Arzt?

Wenn sich Stillprobleme verstärken und Schüttelfrost und Fieber hinzukommen, sollten Sie nicht lange zögern, einen Arzt aufzusuchen. Handelt es sich um eine bakterielle Brustentzündung, sind entzündungshemmende Schmerzmittel oder Antibiotika nötig. Ein Abszess muss mitunter sogar operiert werden. Bei einer Pilzinfektion helfen antimykotische Salben und Cremes.

Soweit muss es aber nicht kommen. Das Stillen klappt nicht richtig oder Sie fühlen sich mit der Situation schlicht überfordert? Bevor sich schwerwiegende Probleme beim Stillen entwickeln oder Sie vorschnell abstillen, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen. Die richtigen Ansprechpartner für alle Stillprobleme sind Hebammen und Stillberaterinnen.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Dr. Nicole Wendler
Dr.  Nicole Wendler

Nicole Wendler ist promovierte Biologin aus dem Bereich Onkologie und Immunologie. Als Medizinredakteurin, Autorin und Lektorin ist sie für verschiedene Verlage tätig, für die sie komplizierte und umfangreiche medizinische Sachverhalte einfach, prägnant und logisch darstellt.

Quellen:
  • Bundesverband Deutscher Laktationsberaterinnen e. V.: Mythen zum Stillen - Ammenmärchen, unter: www.bdl.de (Abruf vom 13.08.2021)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Reihe Gesundheitsförderung konkret: Band 3: Stillen und Muttermilchernährung (Stand: 2001), unter: www.bzga.de
  • Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Brustsoor in der Stillzeit, unter: www.stillen-institut.com (Abruf vom 13.08.2021)
  • Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Stillprobleme, unter: www.stillen-institut.com (Abruf vom 13.08.2021)
  • Frauenmilchbank Initiative, FMBI: Frauenmilchbanken in Deutschland, unter: www.frauenmilchbank.de (Abruf vom 13.08.2021)
  • Heller, A.: Nach der Geburt – Heller Konzept: Wochenbett und Rückbildung - Therapie des weiblichen Beckenbodens, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2021
  • La Leche Liga Deutschland e.V.: Stillprobleme, unter: www.lalecheliga.de (Abruf vom 13.08.2021)
  • Weyerstahl, T. & Stauber, M.: Duale Reihe – Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2013
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