Kinder, gesund ernährt

Von Isabel Kirchhof, Diplom-Oecotrophologin
und , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Familie beim Frühstück

Das Morgen-Theater

"Milch ist eklig!", "Das Käsebrot mag ich nicht!" oder "Ich will aber…", motzen manche Kinder in einer Tour und stampfen mit den Füssen auf den Boden. Wer kennt das nicht? Gesundes Essen ist nicht gerade interessant für Kinder. Und was andere Mamas kochen, schmeckt sowieso immer besser. Am besten allerdings schmecken die in der Werbung mit coolen Sprüchen angepriesenen Leckereien.

Manchmal fällt es nicht leicht, sich in Kinder hineinzufühlen. Eltern meinen es in aller Regel gut, die Kinder denken und empfinden es aber ganz anders. "Kinder - gesund ernährt", wie schaffen Sie es leicht(er)?

Bringen Sie Abwechslung auf den Tisch

Mögen Sie selber alles? Bestimmt nicht. Erlauben Sie daher auch Ihrem Kind, zu manchen Speisen "nein" zu sagen. Womöglich verweigert es pure Milch und Käse, greift aber zu Kakao und Joghurt. Beides liefert ebenfalls das für die Knochen wichtige Kalzium - so wie übrigens auch Sesam.

Bevor Sie aber akzeptieren, dass Ihr Kind ein Lebensmittel nicht mag, sollte es dieses zumindest probiert haben. Dabei sollten Sie aber nicht mit Druck vorgehen, sonst erreichen Sie eher das Gegenteil: Ihr Kind bekommt Aufmerksamkeit, es steigert seine Abwehrhaltung und vielleicht entwickelt sich irgendwann ein Machtspiel. Trotz- und Nein-Phasen gehören zur normalen Entwicklung eines Kindes. Lob und Zuspruch stabilisieren ein bestimmtes Verhalten, während Schimpfen und Nichtbeachtung es seltener werden lassen. Lassen Sie sich nicht provozieren. Lehnt Ihr Kind heute beispielsweise Karotten ab, probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt nochmals. Es heisst: Immer wieder anbieten und dabei selbst Vorbild sein! Was häufig auf den Tisch kommt, wird meist auch gerne gegessen: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Geben Sie Ihrem Kind auf keinen Fall zwischendurch etwas Süsses (wie Riegel oder Kekse), selbst wenn es bei der letzten Hauptmahlzeit trotzig einen Teil verweigert hat. Der Snack stillt den Hunger, und bei der nächsten Mahlzeit beginnt das Theater von vorne. Sollte ihr Kind zwischendurch wirklich Hunger haben, sind Obst oder Joghurt das Mittel der Wahl.

Essen - gemeinsam und in Ruhe

Manchmal ist die Familie den ganzen Tag unterwegs. Umso wichtiger ist es, dass alle sich einmal am Tag zum Essen zusammenfinden. Gemeinsam essen, erzählen, lachen - das steigert die Esslust und fördert ein intaktes Familienleben. Essen und Trinken sind ein Genuss und sollen Spass machen. Wenn Ihr Kind nicht will: Oft hilft es, ein geliebtes Plüschtier spielerisch genau das machen zu lassen, was Sie sich von Ihrem Kind wünschen. Vor allem kleine Kinder schauen sich lieber das Verhalten ihres Schmusetiers ab, als den Eltern zuzuschauen.

Hauptmahlzeiten sind Fixpunkte, die zeitliche Orientierung geben. Kinder brauchen Ordnung, Rituale und Rhythmus, weil diese Sicherheit geben. Ruhe spielt eine ebenso grosse Rolle. Schauen Sie, dass der Tisch wirklich fertig gedeckt ist, bevor Sie zum Essen rufen. Das Kind sollte sich auf das Essen konzentrieren können, was unmöglich ist, wenn Sie noch ständig fehlende Dinge holen müssen.

Seit Maria Montessori ist bekannt, dass Kinder am besten durch konzentriertes Beobachten ohne Worte lernen. Zu viel Einreden auf das Kind und ständige Erklärungen stören die Konzentration. Fernsehen beim Essen ist ebenfalls ein Tabu!

Eine gemütliche Tischatmosphäre lädt auch ein, länger zu bleiben und sich Zeit für das Essen zu nehmen. Das ist wichtig, denn der Magen kann erst 15 bis 20 Minuten nach dem Essbeginn signalisieren, ob er ausreichend gefüllt ist.

Essen "erlernen"

"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr": Ernährungserziehung beginnt bereits im Säuglingsalter. Je länger ein Säugling gestillt wurde, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind später übergewichtig wird. Gestillte Kinder lassen die Brust los, wenn sie satt sind. Sie lernen zu schreien, um etwas Angenehmes zu bekommen: Die Mutter kommt und beruhigt, wechselt die volle Windel oder gibt die Brust oder Flasche. Wenn das Baby nun allerdings bei jedem Schrei mit einer Flasche ruhig gestellt wird, lernt es, alles Unangenehme mit beruhigendem Essen und Trinken abzustellen beziehungsweise zu unterdrücken. Damit ist der erste Baustein für Übergewicht gelegt.

Die traditionelle Ernährungserziehung legte Wert auf das "Wie", zum Beispiel Tischmanieren und Aufessen müssen. Heute geht es meistens darum, aus dem reichen Lebensmittelangebot das Richtige auszuwählen (siehe unten) und nicht zu grosse Portionen zu verzehren. Lassen Sie Ihr Kind frei entscheiden, wie viel es isst. Kinder haben noch ein funktionierendes natürliches Sättigungsgefühl. Sie sollten zunächst eine kleine Portion auf den Teller bekommen und können jederzeit nachnehmen. Zwingen Sie Ihr Kind nicht zum Essen, lassen Sie lieber mal einen Rest auf dem Teller. Jedes Kind hat mal mehr und mal weniger Hunger. Bei einem Kind, das für kurze Zeit schlecht isst, besteht nur selten Grund zur Sorge. Auch kann es sein, dass Ihr Kind plötzlich einen gesegneten Appetit verspürt und tagelang mehr isst, als es seinem Bedarf entspricht. Deshalb muss es noch lange nicht dick werden, vielleicht befindet es sich in einer Wachstumsphase. Nur wenn die Essgewohnheiten über einen längeren Zeitraum auffällig anders sind, sollten Sie mit dem Kinderarzt darüber sprechen.

Ihr Kind kann auch beim Einkaufen helfen. Überlegen Sie gemeinsam, welche Lebensmittel Sie einkaufen wollen und was es später zu essen gibt. Mit älteren Kindern können Sie die Zutatenliste auf den Lebensmitteln studieren. Vielleicht hat Ihr Kind sogar Lust, beim Kochen oder Tischdecken zu helfen. Kinder wollen ihren Eltern oft eine Freude machen, sie zum Beispiel mit einem gedeckten Frühstückstisch überraschen - zuvor müssen Sie es ihnen allerdings beigebracht haben.

Fertiggerichte sollten selten auf dem Speiseplan stehen, damit Sie wissen, was die Familie tatsächlich zu sich nimmt. Mahlzeiten, die man selbst aus möglichst frischen Zutaten zubereitet, sind gesünder und ohne Zusätze und Aromastoffe. Gemeinsam mit dem Kind kann es viel Spass machen, einfache Gerichte selbst zuzubereiten. Obst und Rohkost zu waschen (welches Kind spielt nicht gerne am Wasserhahn?) und kleinzuschneiden sind für das Kind schöne Erlebnisse. Es schult auch die Sinne, wenn das Kind merkt, dass es zum Beispiel weinen muss, wenn Zwiebeln geschnitten werden. Gerade Vorschulkinder sind besonders neugierig und probieren gerne Neues aus. Der Vielfalt bei Obst und Gemüse sind keine Grenzen gesetzt. Und Gerichte, bei denen man selber mitgehofen hat, müssen ja schmecken. Vielleicht bekommen sie noch einen lustigen Namen wie "Pippi Langstrumpf-Salat" oder "Klabautermenü"?

Die richtige Auswahl an Lebensmitteln

Das überreichliche Lebensmittelangebot macht vielen Eltern die Lebensmittelauswahl nicht ganz leicht. Kinder sind noch im Wachstum und brauchen eine bestimmte Mindestmenge an Energie und Nährstoffen. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund empfiehlt, bei pflanzlichen Lebensmitteln und Getränken reichlich zuzugreifen, bei tierischen Lebensmitteln nur mässig zuzugreifen und mit fett- und zuckerreichen Lebensmitteln sparsam umzugehen.

Eine warme Mahlzeit am Tag, bei der frische Kartoffeln, Naturreis oder Vollkornnudeln und Gemüse (gekocht, als Rohkost oder Salat) überwiegen, sollte das Minimum sein. Kombinieren Sie die Mahlzeit zwei- bis dreimal pro Woche mit ein wenig Fleisch, einmal wöchentlich mit Fisch. Auch vegetarische Mahlzeiten aus Hülsenfrüchten oder Getreide etwa als Eintopf, Auflauf oder Bratling sind willkommen.

Die anderen beiden Hauptmahlzeiten dürfen kalt sein und bestehen oft aus Brot oder Müsli kombiniert mit fettarmen Milch- und Milchprodukten, Wurst, Obst oder Rohkost. Bieten Sie Kindern zu jeder Mahlzeit ein Getränk an: Energiefreie oder energiearme Getränke wie Trinkwasser, Mineralwasser, ungesüsste Kräuter- oder Früchtetees oder stark verdünnte Saftschorlen.

Zwei Zwischenmahlzeiten wie Brot, ein Milchprodukt oder Obst runden den täglichen Speiseplan ab. Ein Teller mit mundgerecht geschnittenen Früchten lädt zum Zugreifen ein. Ab und zu Gebäck, Kuchen oder Süssigkeiten als Zwischenmahlzeit sind auch in Ordnung. Denn: Verbotenes reizt Kinder (und Erwachsene) umso mehr. Sie naschen heimlich und völlig masslos. Süssigkeiten in Massen gegessen, haben dagegen in einer ausgewogenen Ernährung durchaus ihren Platz.

Nach dem ersten Lebensjahr können Kinder gut am Familienessen teilnehmen. Spezielle Produkte für Kinder oder nährstoffangereicherte Lebensmittel sind überflüssig. Kritische Mineralien und Vitamine bei Kindern sind Vitamin D, Kalzium, Folsäure und Jod. Sie fehlen oft im Essen. Würzen Sie ab und zu mit Salz, das Jod und Folsäure enthält - vor allem, wenn es gerade keine frischen Kräuter und Gewürze gibt.

Sätze, die weiter helfen...

  • Wenn ein Kind nur negative Kritik erlebt, lernt es, zu verurteilen.
  • Wenn ein Kind Feindseligkeiten erlebt, lernt es, rücksichtslos zu kämpfen.
  • Wenn ein Kind Spott erleben muss, lernt es, schüchtern zu sein.
  • Wenn ein Kind in Furcht lebt, lernt es, sich Sorgen zu machen.
  • Wenn einem Kind Schuld oder Schande vermittelt wird, lernt es, sich schuldig zu fühlen.
  • Wenn ein Kind Toleranz erfährt, lernt es, geduldig zu sein.
  • Wenn ein Kind ermutigt wird, lernt es, zuversichtlich zu sein.
  • Wenn ein Kind Angenommensein erfährt, lernt es, zu lieben.
  • Wenn ein Kind bestätigt wird, wächst sein Selbstvertrauen.
  • Wenn ein Kind anerkannt wird, lernt es, dass es gut ist, ein Ziel zu haben.
  • Wenn ein Kind ehrlich behandelt wird, lernt es, was Wahrheit ist.
  • Wenn für ein Kind unparteiisch entschieden wird, lernt es Gerechtigkeit.
  • Wenn ein Kind nicht verunsichert wird, lernt es, sich und anderen zu vertrauen.
  • Wenn ein Kind Freundlichkeit erfährt, lernt es, dass die Welt ein schöner Ort ist, an dem es sich lohnt zu leben, zu lieben und geliebt zu werden.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Isabel Kirchhof

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Quellen:
  • Eugster, G.: Kinderernährung gesund & richtig: Essen am Familientisch genießen. Urban & Fischer bei Elsevier. 1. Auflage 2007
  • Themenportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): http://www.kindergesundheit-info.de (Abruf: 19.11.2018)
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