Bauchmuskulatur

Von , Studentin der Humanmedizin
Julia Kerkhoff

Julia Kerkhoff studiert Humanmedizin am Medizincampus Oberfranken in Bayreuth. Sie interessiert sich vor allem für das Fachgebiet der Kinderheilkunde, beschäftigt sich aber auch eingehend mit der allgemeinen Krankheitslehre und Krankheitsprävention. Seit 2023 schreibt sie für NetDoktor und möchte mit ihrer Leidenschaft für das Wunderwerk Mensch Leserinnen und Leser für Gesundheitsthemen begeistern.

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Die Bauchmuskulatur begrenzt den Bauchraum nach vorne, zur Seite und nach hinten. Man unterscheidet zwischen den vorderen, seitlichen und hinteren Bauchmuskeln. Die Anatomie der Bauchmuskulatur ist seitensymmetrisch angelegt, sie ist links und rechts gleich aufgebaut. Die Bauchmuskeln stabilisieren und entlasten die Wirbelsäule, bewegen den Rumpf und das Becken, unterstützen die Atmung und die Bauchpresse. Lesen Sie hier mehr über den Aufbau und die Funktion der Bauchmuskulatur.

Bauchmuskulatur: Allgemein

In der Medizin wird der muskuläre Anteil der Bauchwand als Bauchmuskulatur bezeichnet. Abzugrenzen von der Bauchmuskulatur ist die Brustmuskulatur. Die Brustmuskeln befinden sich am Brustkorb und erfüllen andere Aufgaben als die Bauchmuskeln.

„Bauchmuskulatur“ ist eigentlich ein ungenauer Begriff. Schliesslich gibt es im Inneren des Bauchraums auch Muskeln, sie werden organspezifische Muskulatur genannt. Der Magen zum Beispiel besteht aus Muskelschichten, die nichts mit den Bauchwandmuskeln zu tun haben.

Wenn im Volksmund der Begriff der Bauchmuskulatur fällt, ist also meistens die Bauchwandmuskulatur gemeint.

In der medizinischen Fachsprache werden einzelne Muskeln mit einem „M.“ für „Musculus“ abgekürzt, das vor dem eigentlichen Namen steht. Sind mehrere Muskeln gemeint, wird mit „Mm.“ für „Musculi“ abgekürzt. Sie alle werden dann unter dieser Muskelgruppe zusammengefasst.

Die Anatomie der Bauchmuskulatur der Frau unterscheidet sich nicht von den Bauchmuskeln beim Mann. Die Muskeln sind gleich aufgebaut.

In der Schwangerschaft dehnen sich die Bauchmuskeln, um Platz für das wachsende Kind zu schaffen. Dabei dehnen sich besonders die weissen Sehnen. An diesem Bindegewebe sind die roten Muskeln befestigt (Ursprung und Ansatz). Die Muskeln verlaufen dann nicht anders als sonst, sie „driften“ nur auseinander, erfüllen aber weiterhin ihre Aufgaben.

Bauchmuskulatur: Aufbau

Die Bauchmuskulatur bezeichnet im engeren Sinne die Bauchwandmuskulatur. Sie begrenzt den Bauchraum nur nach vorne, zu den Seiten und nach hinten, aber nicht nach oben oder unten. Oben begrenzt das Zwerchfell den Bauchraum, unten das Becken und seine Organe.

Die Bauchmuskulatur setzt sich aus drei Gruppen zusammen: den vorderen Bauchmuskeln, den seitlichen Bauchmuskeln und den hinteren Bauchmuskeln. Die Bauchmuskeln sind paarig aufgebaut. Das bedeutet, dass sie sich über die senkrechte Mittellinie des Bauches spiegeln.

Als Ursprung wird bei Muskeln der Ort bezeichnet, von dem aus der Muskel wegzieht. Er zieht dann zum Ansatz hin. Sind mehrere Stellen angegeben, liegt das daran, dass Muskeln aus mehreren Muskelsträngen bestehen. Diese können sich im Verlauf voneinander trennen, neu zusammenfinden oder einen sehr breiten Ursprungs- oder Ansatzort haben, der über eine einzelne Körperstelle hinausgeht.

Zum Beispiel setzt der äussere schräge Bauchmuskel (M. obliquus externus abdominis) an der Hüfte und im Bauchraum an mehreren Stellen an, er hat einen sehr breiten Ansatz.

In der Mitte der vorderen Bauchwandmuskulatur verläuft senkrecht Bindegewebe vom Brustbein zum vorderen Beckenring. Dieser Bindegewebsstrang heisst Linea alba. Das Bindegewebe der Linea alba setzt sich aus den (weissen) Sehnen der (roten) Bauchmuskeln zusammen. Das ist deshalb möglich, weil die Bauchmuskeln nicht flächig über die Bauchwand verlaufen, sondern symmetrisch aufgebaut sind und sich an der senkrechten Mittellinie „spiegeln“.

Die Linea alba ist ein natürlicher Spalt zwischen den Bauchmuskeln, der nicht stark durchblutet ist. Daher ist bei Operationen der Zugang zur Bauchhöhle über die Linea alba mit weniger Risiken und Komplikationen verbunden

Aufbau der vorderen Bauchmuskulatur

Die vordere Bauchwandmuskulatur setzt sich aus zwei Muskeln zusammen, die senkrecht verlaufen. Eine „untere Bauchmuskulatur“ gibt es zum Beispiel nicht wirklich, weil sich diese Bauchmuskulatur vorne vom Brustbein bis zum Becken durchzieht.

Deshalb werden die vorderen Bauchwandmuskeln im Volksmund auch als „gerade Bauchmuskulatur“ bezeichnet. Ein medizinischer Fachausdruck ist das jedoch nicht.

Der gerade Bauchmuskel (M. rectus abdominis) hat seinen Ursprung bei den mittleren Rippen am Brustbein und am unteren Ende des Brustbeins. Er zieht zum vorderen Becken und setzt am Schambein (Os pubis) an.

Der M. rectus abdominis ist der Muskel, der als „Sixpack“ bei entsprechend trainierten Menschen sichtbar ist. Er befindet sich mittig unter dem Brustkorb. Die Mittellinie des M. rectus abdominis bildet die Linea alba. An dieser Stelle befindet sich Bindegewebe, das den Muskel einbettet.

Der Pyramidenmuskel (M. pyramidalis) hat seinen Ursprung am vorderen Becken und zieht vom Schambein (Os pubis) zu seinem Ansatz an der senkrechten Bindegewebsnaht in der vorderen Körpermitte (Linea alba).

Die Linea alba verläuft senkrecht nach unten vom Brustbein zur Mitte des Beckens. Sie teilt den Bauch in zwei seitliche Hälften ein. An dieser Bindegewebslinie setzt er an.

Aufbau der seitlichen Bauchmuskulatur

Die seitliche Bauchwandmuskulatur ist gemeint, wenn von der schrägen Bauchmuskulatur die Rede ist. Das liegt daran, dass diese Muskeln nicht senkrecht, sondern waagerecht oder eben „schräg“ verlaufen.

Die seitlichen Bauchmuskeln setzen alle auch an der Rektusscheide an. Damit ist die Hülle der vorderen Bauchwandmuskeln gemeint, die eine Vorder- und eine Rückseite hat.

Der äussere schräge Bauchmuskel (M. obliquus externus abdominis) hat seinen Ursprung an den unteren Rippen. Von dort aus zieht er zur Linea alba, zum Hüftkamm und zur Vorderseite der Rektusscheide.

Der innere schräge Bauchmuskel (M. obliquus internus abdominis) hat seinen Ursprung an der Hülle der unteren Rückenmuskulatur (Fascia thoracolumbalis), an Hüfte, Becken und am Leistenband. Er zieht zur Linea alba, zur Vorder- und Rückseite der Rektusscheide und zu den unteren Rippen.

Der quer verlaufende Bauchmuskel (M. transversus abdominis) hat seinen Ursprung an den unteren Rippen, an der Hülle der unteren Rückenmuskulatur (Fascia thoracolumbalis), an Hüfte, Becken und am Leistenband. Er zieht zur Linea alba und zur Vorderseite der Rektusscheide.

Aufbau der hinteren Bauchmuskulatur

Es ist schwierig, sich vorzustellen, wo genau sich die hinteren Bauchmuskeln befinden. Leichter wird es, wenn man sich bewusst macht, dass der Bauch ein Raum ist. Während der Rücken eher eine Fläche ist, die dem Rumpf (Brust und Bauch) hinten aufliegt, hat der Bauch eine sogenannte Bauchhöhle.

Die hintere Begrenzung des Bauchraumes ist daher nicht die Rückenmuskulatur. Sie liegt dem Bauchraum nur von hinten auf. Stattdessen hat der Bauchraum eine eigene muskuläre Begrenzung nach hinten. Sie markiert den Bereich, hinter dem sich der Rücken befindet.

In Bezug auf die Wirbelsäule bedeutet das, dass die Bauchmuskeln eher seitlich-vorne und an der Vorderseite der Wirbelkörper verlaufen. Die Rückenmuskulatur dagegen verläuft eher seitlich-hinten und an der Rückseite der Wirbelsäule und sie bedeckt die Wirbelkörper auch teilweise.

Der quadratische Lendenmuskel (M. quadratus lumborum) hat seinen Ursprung am Hüftkamm und zieht zur untersten Rippe und zu den Knochenfortsätzen der oberen Lendenwirbelkörper (Processus costalis)

Der grosse Lendenmuskel (M. psoas major) hat seinen Ursprung an den Wirbelkörpern der unteren Brustwirbelsäule und der oberen Lendenwirbelsäule sowie an den Knochenfortsätzen der oberen Lendenwirbelkörper (Processus costalis). Er zieht zu seinem Ansatz am Knochenfortsatz des Oberschenkels hin.

Welche Funktion hat die Bauchmuskulatur?

Die Muskeln der Bauchwand stabilisieren und entlasten die Wirbelsäule: Ziehen sich die Bauchmuskeln, die Beckenbodenmuskulatur und das Zwerchfell zusammen, erhöht sich der Druck in der Bauchhöhle. Durch diese sogenannte Bauchpresse versteift sich der Rumpf, und die Lendenwirbelsäule wird entlastet. Die Bauchpresse wird beispielsweise benötigt beim Stuhlgang oder unter Presswehen bei der Geburt. Die Bauchmuskulatur sorgt auch für die Bewegung von Rumpf und Becken und unterstützt die Atmung.

Funktion der vorderen Bauchmuskulatur

Der gerade Bauchmuskel (M. rectus abdominis) richtet das Becken auf und unterstützt das Beugen des Rumpfes nach vorne, beispielsweise beim Aufrichten aus dem Liegen. Er ermöglicht die Bauchpresse und unterstützt das Ausatmen.

Der Pyramidenmuskel (M. pyramidalis) befestigt die Linea alba und die Sehnen des geraden Bauchmuskels (M. rectus abdominis) zusätzlich am vorderen Beckenring. Die Linea alba verläuft senkrecht in der Mitte der Bauchvorderseite.

Dieser kleine Muskel ist kaum an Bewegungen beteiligt. Bei 10-25 Prozent der Menschen fehlt er sogar. Die Betroffenen merken das in der Regel nicht, weil keine Funktionen eingeschränkt sind. Auch bei ihnen befindet sich Bindegewebe in der Mitte des Bauches. Dieser Strang ist nur nicht zusätzlich am vorderen Beckenring gesichert.

Funktion der seitlichen Bauchmuskulatur

Der äussere schräge Bauchmuskel (M. obliquus externus abdominis) sorgt dafür, dass der Oberkörper sich zu der Körperseite beugt, wo der Muskel aktiviert wird. Er hilft auch bei der Drehung (Rotation) des Oberkörpers zur anderen Seite, die dem aktivierten Muskel gegenüberliegt. Werden beide Seiten aktiviert, kann sich der Bauch nach vorne zusammenziehen, zum Beispiel beim Aufrichten aus dem Liegen. Die beidseitige Aktivierung sorgt auch dafür, dass das Becken sich aufrichtet. Ausserdem wird die Bauchpresse ermöglicht und es hilft beim erzwungenen, besonders intensiven Ausatmen.

Der innere schräge Bauchmuskel (M. obliquus internus abdominis) muss ebenfalls aktiviert werden, damit der Oberkörper sich zu der Körperseite beugen und drehen kann, wo der Muskel aktiviert wird.

Damit sich der Bauch nach vorne zusammenziehen und das Becken aufrichten kann, müssen wieder beide Seiten aktiviert werden. Die beidseitige Anspannung ist auch notwendig für die Bauchpresse und sie wird für das intensive Ausatmen benötigt.

Der quer verlaufende Bauchmuskel (M. transversus abdominis) ermöglicht die Rotation des Oberkörpers zu der Seite hin, wo der Muskel aktiviert wird.

Wird der quer verlaufende Bauchmuskel beidseitig aktiviert, unterstützt er die Bauchpresse und hilft beim aktiven Ausatmen.

Funktion der hinteren Bauchmuskulatur

Der quadratische Lendenmuskel (M. quadratus lumborum) sorgt dafür, dass der Oberkörper zu der Seite gebeugt werden kann, wo der Muskel aktiviert wird. Um die Bauchpresse und das aktive Ausatmen zu unterstützen, müssen beide Seiten des quadratischen Lendenmuskels aktiviert werden.

Der grosse Lendenmuskel (M. psoas major) ermöglicht die Beugung der Hüfte und ihre Drehung nach aussen. Ausserdem sorgt er für die Beugung des Oberkörpers zu der Seite hin, wo der Muskel aktiviert wird.

Werden beide Seiten des grossen Lendenmuskels aktiviert, zieht sich der Bauch nach vorne zusammen und der Oberkörper kann sich aus dem Liegen aufrichten.

Bauchmuskulatur: Mögliche Probleme

Die Bauchmuskulatur ist wesentlich an der Haltung und Bewegung des Rumpfes beteiligt, auch wenn man das im Alltag meist gar nicht merkt. Bereitet die Bauchmuskulatur aber Probleme, führt das zu Beschwerden.

Wie bei allen Muskeln sind Verspannungen auch in der Bauchmuskulatur nicht selten. Die verhärteten Muskeln schränken die Bewegungen ein und lösen ein unangenehmes Gefühl aus. Zur Therapie eignen sich spezielle Salben, Wärme, Massagen und der Abbau von Stress.

Bei stark übergewichtigen (adipösen) Patienten und in der Schwangerschaft dehnt sich die Bauchmuskulatur. Eine leichte Dehnung ist unproblematisch, doch ab einem bestimmten Grad entstehen zwischen den Muskelfasern kleine muskelfreie Bereiche. Das lässt sich als Erstes an der Mittellinie der Bauchmuskulatur fühlen. Bei dieser sogenannten Rektusdiastase driften die Bauchmuskeln auseinander.

Schwache Bauchmuskeln lassen sich einfacher auseinanderschieben. Teil ihrer Aufgabe ist es aber, dem Druck der inneren Organe standzuhalten, damit die Organe an ihrem Platz bleiben. Sind die Bauchmuskeln allerdings zu schwach, kann sich das sogenannte Bauchfell zwischen den Bauchmuskeln nach aussen schieben. Solch ein Vorfall dieser dünnen Gewebeschicht wie Hernie genannt und verursacht Beschwerden.

Arme und Beine sind zwar häufiger von Muskelfaserrissen betroffen, aber sie treten auch am Bauch auf. Dabei handelt es sich meistens um eine Sportverletzung, wenn die Bauchmuskulatur übermässig oder falsch belastet wurde.

Wie beim Muskelfaserriss kommt es in seltenen Fällen auch am Bauch zu Muskelzerrungen. Die Bauchmuskulatur ist dann überdehnt, aber nicht so stark, dass es zu einem Muskelfaserriss kommt.

Schwache Bauch- und Rückenmuskeln verursachen ausserdem Haltungsprobleme. Um das auszugleichen, wird die Belastung auf umliegende Gelenke, Bänder und Bandscheiben verteilt. Eine geschwächte oder geschädigte Bauchmuskulatur kann also durchaus für Rücken- und Gelenkschmerzen oder andere Beschwerden verantwortlich sein.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:

Julia Kerkhoff studiert Humanmedizin am Medizincampus Oberfranken in Bayreuth. Sie interessiert sich vor allem für das Fachgebiet der Kinderheilkunde, beschäftigt sich aber auch eingehend mit der allgemeinen Krankheitslehre und Krankheitsprävention. Seit 2023 schreibt sie für NetDoktor und möchte mit ihrer Leidenschaft für das Wunderwerk Mensch Leserinnen und Leser für Gesundheitsthemen begeistern.

Quellen:
  • Aumüller, G. et al.: Duale Reihe Anatomie, Thieme Verlag, 5. Auflage, 2020
  • Kretz, O. et Keller, H.: Sobotta Malbuch Anatomie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 5. Auflage, 2021
  • Spirgi-Gantert, I. et Oehl, M.: FBL Klein-Vogelbach Functional Kinetics – Therapeutische Übungen, Springer Verlag, 7. Auflage, 2018
  • Waschke, J. et al.: Kurzlehrbuch Anatomie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 1. Auflage, 2017
  • Waschke, J. et Paulsen, F.: Atlas der Anatomie Band 1: Allgemeine Anatomie und Bewegungsapparat, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 25. Auflage, 2022
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