Immunsystem bei Kindern stärken

Von , Medizinredakteurin
und , Wissenschaftsjournalistin
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Alle NetDoktor.ch-Inhalte werden von medizinischen Fachjournalisten überprüft.

Kinder kommen mit einem unreifen Immunsystem auf die Welt und sind deshalb anfälliger für Infektionen. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder machen durchschnittlich bis zu zwölf Infekte pro Jahr durch. Dadurch lernt ihr Immunsystem neue Krankheitserreger kennen und findet einen Weg, sie zu bekämpfen. So wird die Körperabwehr trainiert und schrittweise gestärkt. Erfahren Sie hier, wie Sie das Immunsystem von Babys und Kindern bei seiner natürlichen Entwicklung unterstützen können.

So lässt sich bei Babys das Immunsystem stärken

Nach der Geburt muss sich das kindliche Immunsystem mit Viren, Bakterien und anderen Keimen auseinandersetzen, die ihm noch fremd sind. Die unreife Körperabwehr von Babys hat noch keine Antikörper gegen diese Krankheitserreger gebildet. Trotzdem sind Neugeborene ihnen nicht schutzlos ausgeliefert. Denn der sogenannte Nestschutz wird durch Antikörper der Mutter gestärkt, die während der Schwangerschaft über die Plazentaschranke in den Körper des Kindes gelangt sind.

Diese Antikörper werden zwar mit der Zeit abgebaut, stärken bis dahin aber die Abwehrkräfte des Säuglings. Und der Nestschutz lässt sich verlängern, z. B. durch das Stillen. Ausreichend Schlaf und frische Luft stärken ebenfalls das Immunsystem, auch bei Babys.

Warum Muttermilch das Immunsystem stärkt

Stillen fördert eine optimale Darmflora und somit ein gesundes Immunsystem beim Kind. Entscheidend dafür sind Humane Milch-Oligosaccharide (HMO). Sie bilden – nach Milchzucker (Laktose) und Fetten – den drittgrössten festen Bestandteil der Muttermilch. HMO fördern das Wachstum der nützlichen Bifidobakterien, stärken die kindliche Darmschleimhaut gegenüber Krankheitserregern, beseitigen sogar Krankheitskeime und unterstützen das Immungleichgewicht.

Zusätzlich enthält Muttermilch die ideale Mischung aller wichtigen Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente, die Ihr Baby braucht. Darüber hinaus finden sich in der Muttermilch bioaktive Komponenten. All diese Stoffe fördern das gesunde Wachstum des Kindes und die Entwicklung eines starken Immunsystems.

Besonders wichtig ist es, direkt nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen. Zwar produzieren die Brustdrüsen dann noch keine cremige weisse Muttermilch, aber die gelbliche Vormilch (Kolostrum). Jeder Tropfen davon ist unheimlich kostbar für das Neugeborene! Kolostrum enthält nicht nur alle wichtigen nahrhaften Inhaltsstoffe in hoher Konzentration, sondern ist auch entscheidend für die Infektionsabwehr:

  • Bis zu zwei Drittel der Zellen im Kolostrum sind weisse Blutkörperchen (Leukozyten). Sie bilden Antikörper, die Bakterien und Viren neutralisieren.
  • Zudem enthält Kolostrum einen besonderen Antikörpertyp, das sIgA (sekretorisches Immunglobulin A). Es legt sich wie ein Schutzfilm auf die Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt und in den Atemwegen des Neugeborenen und schützt dort vor Infektionserregern, mit denen die Mutter bereits Kontakt hatte.
  • Kolostrum enthält präbiotische Bestandteile, die das Wachstum der nützlichen Bakterien im kindlichen Körper unterstützen. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag Präbiotika.

Nicht nur frühzeitiges Stillen stärkt die Abwehrkräfte Ihres Kindes, sondern auch langes Stillen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, neben der Beikost zwei Jahre oder länger zu stillen. Denn die Muttermilch passt sich im Laufe der Zeit in ihrer Zusammensetzung an die Bedürfnisse des Kindes an. Sie enthält zum Beispiel mehr Antikörper und weisse Blutkörperchen, wenn Mutter oder Kind mit einem Erreger infiziert sind.

Längeres Stillen schützt Kinder auch gegen Infektionen der unteren Atemwege, Ohrinfektionen, Durchfall, Typ-1-Diabetes und Übergewicht. Forscher vermuten sogar, langes Stillen könnte das Risiko für Krebsarten wie akute lymphatische Leukämie und Hodgkin-Lymphom senken.

Weitere Tipps zur Immunstärkung beim Baby

Neben dem Stillen gibt es viele weitere Möglichkeiten, wie Sie das Immunsystem Ihres Babys im ersten Lebensjahr natürlich stärken können:

  • Achten Sie darauf, dass Ihr Kind ausreichend schläft. Der Körper verbraucht viel Energie, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Im Schlaf kann er sich erholen. Ausserdem fördert ausreichend Schlaf die Produktion von Abwehrzellen und Antikörpern. Schlafmangel erhöht die Infektanfälligkeit, auch bei Kindern.
  • Trockene Heizungsluft macht die Schleimhäute anfälliger für Krankheitserreger. Achten Sie auf ein gutes Raumklima und lüften Sie regelmässig. Verlassen Sie das Zimmer mit Ihrem Baby, während Sie lüften, damit es sich nicht erkältet.
  • Auch im Winter sind Spaziergänge mit einem Baby unproblematisch. Frische Luft tut Ihrem Kind – und Ihnen – gut!
  • Ob Probiotika im Säuglingsalter helfen, um die Immunabwehr zu stärken, konnte bislang nicht ausreichend belegt werden, auch wenn es Hinweise auf einen möglichen Nutzen gibt. Lassen Sie sich hierzu immer von Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin beraten!

Vitamin-D-Prophylaxe

Für Säuglinge reicht das Sonnenlicht nicht aus, um genügend Vitamin D zu bilden. Deshalb erhalten sie in den ersten 12 bis 18 Lebensmonaten ein entsprechendes Präparat zur Vorbeugung von Rachitis und zur Stärkung der Knochengesundheit. Es gibt Hinweise darauf, dass die Gabe von Vitamin D sich auch positiv auf die Abwehrkräfte auswirkt. Diese Effekte sind aber noch nicht ausreichend belegt.

Geben Sie Ihrem Kind nicht eigenmächtig ein Vitamin-D-Präparat, sondern besprechen Sie dies vorab mit dem Kinderarzt.

Immunsystem stärken bei Kleinkindern: So geht‘s

Was Babys gut tut, stärkt auch das Immunsystem von kleineren und grösseren Kindern – und noch einiges mehr: Bewegung an der frischen Luft, soziale Kontakte, eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung, ausreichend Schlaf und Impfungen gegen Masern, Mumps und Co. sorgen für starke Abwehrkräfte.

Hygiene nicht übertreiben

Um das Immunsystem von Kindern zu stärken, sollte der Nachwuchs keiner übertriebenen Hygiene ausgesetzt sein. Durch unsere moderne hygienische Lebensweise nimmt nach Meinung von Expertinnen und Experten die Vielfalt an Keimen in der Umgebung und im menschlichen Körper ab. Das entstehende Ungleichgewicht des Mikrobioms verändert auch das Immunsystem und begünstigt so wahrscheinlich die Entwicklung von Allergien und chronisch-entzündlichen Erkrankungen.

Deshalb ist es ist nicht sinnvoll, Kinder mit übertriebener Sauberkeit vor Keimen zu schützen. Stattdessen ist ein gesundes Mittelmass bei der Hygiene wichtig. Einige Beispiele dazu:

  • Die Wohnung muss nicht perfekt von Staub befreit sein, Bad und Küche sollten allerdings regelmässig geputzt werden – vor allem dort können sich nämlich gefährliche Keime wie Durchfallerreger breitmachen.
  • Kinder sollten möglichst nicht aus der gleichen Trinkflasche trinken. Sich ein Spielzeug zu teilen, ist dagegen unbedenklich.
  • Ständiges Händewaschen und Desinfizieren sind nicht nötig. Nach dem Toilettengang, dem Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel sowie vor dem Essen sollten sich Kinder (und Erwachsene) aber immer die Hände gründlich waschen.

Ungünstig ist auch eine falsche Hautpflege. Sie kann die mikrobielle Barriere auf der Haut gegen krank machende Keime stören. Für eine gesunde Hautbarriere sollten Sie die Haut Ihres Kindes schonend reinigen und möglichst milde, pH-neutrale Produkte verwenden.

Raus in die Natur

Der regelmässige Aufenthalt in der Natur kann das Immunsystem stärken – bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen (mehr darüber, wie Sie Ihr eigenes Immunsystem stärken, lesen Sie im genannten Artikel). Gehen Sie mit Ihrem Kind am besten täglich hinaus in die Natur. Damit ermöglichen Sie ihm Kontakt zu neuen Keimwelten, was seine Abwehrkräfte trainiert. Darüber hinaus kann Ihr Nachwuchs sich im Freien gut austoben und Stress abbauen – zwei wichtige Bausteine, um schon bei Kleinkindern das Immunsystem zu stärken.

Richtige Bekleidung

Achten Sie auf die richtige Bekleidung. In der kalten Jahreszeit sollte Ihr Kind warm angezogen sein, vor allem an Kopf, Hals, Unterleib und Füssen. Damit beugen Sie Erkältungen oder Blasenentzündungen vor. Im Sommer sollten Sie auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten.

Vitamin D

Zusätzlich lässt sich das Immunsystem Ihres Kleinkinds stärken, indem es draussen Sonnenlicht tankt. Das ist essenziell für die Vitamin-D-Produktion und somit auch für eine intakte Immunabwehr. Ein Vitamin-D-Präparat, wie es Babys in den ersten 12 bis 18 Lebensmonaten erhalten, benötigen gesunde Kinder nach dem zweiten Geburtstag dagegen nur in besonderen Fällen, etwa bei chronischen Magen-Darm-Erkrankungen.

Kontakt zu Tieren

Fellnasen zur Immunstärkung? Ja! Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, entwickeln seltener Asthma oder allergische Erkrankungen. Den Grund dafür vermuten Wissenschaftler in der Keimvielfalt dieser Umgebung. Den gleichen Effekt können scheinbar auch Haustiere haben. Ob der Kontakt zu Haustieren nun aber vor Allergien schützt oder sie im Gegenteil fördert, ist unterschiedlich. Kinder mit einem erhöhten Risiko für Allergien, weil mindestens ein Elternteil eine allergische Erkrankung hat, sollten jedenfalls keine Katze als Haustier haben. Die Haltung von Hunden gilt Experten zufolge jedoch als unproblematisch bezüglich des Allergierisikos.

Kontakt zu anderen Kindern

Kinder brauchen Kinder – und das nicht nur aus sozialer, sondern auch aus immunologischer Sicht. So haben Kinder mit vielen Geschwistern eine stärkere Immunabwehr und weniger Allergien.

Ähnlich verhält es sich bei Kindern, die eine Kinderkrippe und einen Kindergarten besuchen, statt hauptsächlich zu Hause betreut zu werden. Durch den Kontakt mit anderen Kindern lässt sich auch das Immunsystem von Ihrem Nachwuchs stärken, da es neue Keime kennenlernt und sein immunologisches Gedächtnis erweitert.

Infiziert sich das Kind erneut mit einem bekannten Krankheitserreger, kann sein Immunsystem effektiver reagieren. Auch wenn Kinder in den ersten drei Wintern in der Kindertagesstätte also oft eine Erkältung nach der anderen mit nach Hause bringen, profitiert langfristig ihr Immunsystem. Es ist nicht sinnvoll, Kinder aus Angst vor Erkältungen von anderen Menschen abzuschotten.

Hinzu kommt, dass es die Abwehrkräfte Ihres Kindes stärkt, wenn es sich wohlfühlt, viel mit anderen lacht, spielt, singt, tanzt und kuschelt.

Gehen gefährlichere Krankheiten wie schwere Magen-Darm-Infekte, Grippe oder COVID-19 um, ist ein Abstand zu anderen Menschen bis zum Abklingen der Krankheitswelle sinnvoll. Infizierte Personen im Umfeld des Kindes sollten auf die nötigen Hygienemassnahmen achten.

Abwechslungsreich ernähren und ausreichend trinken

Eine vielseitige Ernährung schützt das Mikrobiom im Darm. Bieten Sie Ihrem Kind vor allem frisches Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukte, Fisch und gesunde Fette an. Die darin enthaltenen immunwirksamen Nährstoffe, Ballaststoffe und Vitamine sind für Kinder wichtig, um das Immunsystem zu stärken. Das kann zu einer gesunden Darmflora beitragen und die Abwehrkräfte fördern.

Ihr Kind sollte ausserdem über den Tag verteilt genügend trinken (am besten stilles Wasser oder auch einmal Kräutertee), damit die Schleimhäute nicht austrocknen. Im Winter ist der Flüssigkeitsbedarf durch Kälte und Heizungsluft sogar noch erhöht. Fehlt den Schleimhäuten Feuchtigkeit, klappt der Abtransport von Viren und Bakterien nicht so gut – und man ist anfälliger für Infekte.

Da das Immunsystem die Toleranz gegenüber Nahrungsmitteln erst erlernen muss, wird in der medizinischen Leitlinie zur Allergieprävention empfohlen, ein Baby vier Monate lang voll zu stillen (wenn das nicht möglich ist, mit hypoallergener Säuglingsnahrung zu ernähren), danach mit der Beikost anzufangen und parallel weiter zu stillen, wenn auch mit der Zeit weniger. Lebensmittel wie Kuhmilch, Fisch oder Eier, die früher als Allergieauslöser verteufelt wurden, sollten nicht vermieden werden – ausser natürlich, es besteht bereits eine entsprechende Allergie.

Natürliche Helfer für das Immunsystem können für Erwachsene sinnvoll, für Kinder aber ungeeignet sein: So dürfen Kinder unter einem Jahr keinen Honig bekommen. Auch Echinacea und Nahrungsergänzungsmittel, zum Beispiel mit Zink oder Vitamin C, sollten Sie dem Nachwuchs nur nach ärztlicher Rücksprache geben.

Passivrauch verhindern

Verzichten Sie auf das Rauchen in der Umgebung von Kindern. Nikotin ist Gift für den Körper, fördert Krebserkrankungen, beeinträchtigt die Funktion von Zellen und Organen und schwächt das Immunsystem. Bitte bedenken Sie dabei auch, dass der Rauch sich in der Wohnung und in der Kleidung festsetzt.

Gesund schlafen

Damit Kinder ihr Immunsystem stärken, sollten sie (ebenso wie Erwachsene) ausreichend schlafen. Im Schlaf können sich der Körper und mit ihm das Immunsystem erholen. Das senkt das Risiko für Infektionskrankheiten.

Kalte Güsse, Sauna und Kneipp-Therapie

Nicht nur Erwachsene können mit regelmässigen kalten Güssen und Sauna ihr Immunsystem stärken, auch für Kleinkinder ab etwa drei Jahren gilt das. Fragen Sie vorher am besten Ihren Kinderarzt oder Ihre Kinderärztin, ob und ab wann diese Massnahmen sinnvoll sind.

Und: Der Nachwuchs sollte dazu nicht gezwungen werden, sondern freiwillig mitmachen. Sie können Ihr Kind für die Sauna begeistern, wenn Sie einige Regeln beachten:

  • Anfangs höchstens fünf Minuten lang, auf der unteren Bank und für maximal zwei Gänge,
  • nicht mit kalten Füssen in die Sauna,
  • vor dem Abkühlen mit kaltem Wasser kurz an die frische Luft gehen und dann an den Beinen mit dem kalten Guss beginnen,
  • vor und nach dem Saunagang viel trinken.

Als Massnahme zum Immunaufbau können Kinder auch schon abgeschwächte Formen der Kneipp-Therapie ausprobieren. Sie können beispielsweise regelmässig barfuss gehen, auch mal für zwei bis fünf Minuten im nassen Gras oder im Morgentau. Ganz Mutige laufen für einige Sekunden bis maximal zwei Minuten im Schnee oder stecken die Füsse in einen kalten Bach.

Danach müssen die Füsse aber wieder gut aufgewärmt werden. Wer friert oder fröstelt, sollte allerdings nicht am Tau-, Wasser- oder Schneetreten teilnehmen! Möglich sind ebenso kalte Güsse, vorsichtig und behutsam angewendet an Unterarmen und Beinen bis kurz übers Knie.

Bei einer Erkältung, Harnwegsinfektion und vor allem bei Fieber sollte man auf kalte Güsse, Sauna sowie Kneipp-Therapie verzichten!

Impfempfehlungen einhalten

Bestimmte Infektionskrankheiten können vor allem für Kinder sehr gefährlich werden (wie Masern oder Mumps). Gegen einige dieser Erkrankungen sind Impfungen verfügbar. Sie schützen vor den jeweiligen Krankheitserregern und können in den meisten Fällen einen Krankheitsausbruch verhindern. Lassen Sie Ihre Kinder daher regelmässig nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts impfen.

Dürfen Eltern den Schnuller ablutschen?

Zahnmediziner warnen davor, dass Eltern den Schnuller oder Löffel der eigenen Kinder in ihren Mund nehmen, damit keine Kariesbakterien übertragen werden. Tatsächlich könnte die Mundflora der Eltern die ihrer Kinder auch positiv beeinflussen und ein Training zur Stärkung ihres Immunsystems sein.

Untersuchungen zeigen: Lutschen Eltern den Schnuller häufiger ab, entwickeln 18 Monate alte Kinder seltener allergisch bedingte Ekzeme und Asthma als Kleinkinder, deren Eltern den Schnuller nie in den Mund nahmen und ihn stattdessen wuschen oder abkochten.

Das Immunsystem bereits in der Schwangerschaft stärken

Bereits in der Schwangerschaft können Sie das Immunsystem Ihres ungeborenen Kindes stärken, indem Sie:

  • sich gesund ernähren,
  • Stress vermeiden,
  • nicht rauchen und
  • keinen Alkohol trinken.

Auch der Impfstatus der werdenden Mutter spielt eine Rolle: Um den späteren Nestschutz für das Baby zu stärken, ist es sinnvoll, schon bei bestehendem Kinderwunsch einen Blick in den Impfpass zu werfen. Manche Impfungen können auch während der Schwangerschaft noch nachgeholt werden.

Die Geburt spielt ebenfalls eine Rolle für das Immunsystem des Kindes. Auf dem Geburtsweg entscheidet sich, wie das Mikrobiom – die Darmflora –zusammengesetzt sein wird. Denn die Mikroben, mit denen der Säugling als Erstes Kontakt hat, siedeln sich am besten an: Wird das Baby auf natürlichem Weg geboren, wird seine Haut zunächst mit den Mikroorganismen der mütterlichen Vaginalflora bedeckt. Bei Kaiserschnittbabys machen das Hautkeime der Mutter. Diese ersten Keime beeinflussen auch die Darmflora des Kindes, die wichtig für die Immunabwehr ist. Die Folge: Per Kaiserschnitt geborene Kinder scheinen ein erhöhtes Risiko für Allergien, Asthma, Fettleibigkeit (Adipositas) und entzündliche Darmerkrankungen zu haben – und das verunsichert viele Eltern.

Eine neuere Studie konnte jedoch zeigen, dass auch Kuscheln einen positiven Einfluss auf die kindliche Immunabwehr hat: Der sofortige Hautkontakt nach einem Kaiserschnitt, wenn das Neugeborene noch im OP auf die Brust der Mutter gelegt wird, verringert mögliche Anpassungsschwierigkeiten des Babys und sorgt ebenfalls für die Übertragung von gesundheitsförderlichen mütterlichen Keimen.

Autoren- & Quelleninformationen

Jetzt einblenden
Datum :
Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Sabrina Kempe

Sabrina Kempe ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Biologie studiert und sich dabei besonders in die Molekularbiologie, Humangenetik und Pharmakologie vertieft. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinredakteurin in einem renommierten Fachverlag hat sie Fachzeitschriften und eine Patientenzeitschrift betreut. Jetzt verfasst sie Beiträge zu Medizin- und Wissenschaftsthemen für Experten und Laien und redigiert wissenschaftliche Fachbeiträge von Ärzten.

Carola Felchner
Carola Felchner

Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.

Quellen:
  • Allan, M. A. et Arroll, B.: Prevention and treatment of the common cold: making sense of the evidence, in: CMAJ 2014, Band 186, Ausgabe 3, S. 190-199; doi: 10.1503/cmaj.121442
  • Andreas, N. J. et al.: Human breast milk: A review on its composition and bioactivity, in: Early Human Development 2015, Band 91, Ausgabe 11, S. 629-635; doi: 10.1016/j.earlhumdev.2015.08.013
  • Bogaert, Debby et al.: Mother-to-infant microbiota transmission and infant microbiota development across multiple body sites, in: Cell Host & Microbe, Volume 31, Issue 3, 447-460.e6
  • Bufe, A. et al.: Konsequenzen für die Praxis – Unterschiede zwischen kindlichem und erwachsenem Immunsystem, in: Haut 2013, Ausgabe 2
  • Carsetti, R. et al.: The immune system of children: the key to understanding SARS-CoV-2 susceptibility?, in: The Lancet Child & Adolescent Health 2020, Band 4, Ausgabe 6, S. 414-416; doi: 10.1016/S2352-4642(20)30135-8
  • Deutsche Haut- und Allergiehilfe: Babyhautpflege – Pflege empfindlicher Babyhaut; unter: https://www.dha-hautpflege.de/ (Abrufdatum: 07.09.2023)
  • Duijts, L. et al.: Prolonged and exclusive breastfeeding reduces the risk of infectious diseases in infancy 2010, in: Pediatrics, Band 126, Ausgabe 1, S. e18-e25; doi: 10.1542/peds.2008-3256
  • Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ e. V.)., Koletzko, B.: Säuglingsnahrungen mit Zusatz von „Probiotika“. Monatsschr Kinderheilkd 164, 1110–1111 (2016) (Abrufdatum: 21.09.2023)
  • Fancourt, D. et al.: Singing modulates mood, stress, cortisol, cytokine and neuropeptide activity in cancer patients and carers, in: Ecancermedicalscience 2016, Band 10, Ausgabe 631; doi: 10.3332/ecancer.2016.631
  • Gensollen, T. et al.: How colonization by microbiota in early life shapes the immune system, in: Science 2016, Band 352, Ausgabe 6285, S. 539-544; doi: 10.1126/science.aad9378
  • Goenka, A. et Kollmann, T. R.: Development of immunity in early life, in: Journal of Infection 2015, Band 71, Beilage 1, S. 112-120; doi: 10.1016/j.jinf.2015.04.027
  • Gollwitzer, E. S. et Marsland, B. J.: Impact of Early-Life Exposures on Immune Maturation and Susceptibility to Disease, in: Trends in Immunology 2015, Band 36, Ausgabe 11, S. 684-696; doi: 10.1016/j.it.2015.09.009
  • Hassiotou, F. et al.: Maternal and infant infections stimulate a rapid leukocyte response in breastmilk, in: Clinical & Translational Immunology 2013, Band 2, Ausgabe 4, S. e3; doi: 10.1038/cti.2013.1
  • Heinzlmeier, A.: Schlaf stärkt das Immunsystem, in: Erfahrungsheilkunde 69/04: S. 230-232, Haug Verlag, 2020 (Abrufdatum: 21.09.2023)
  • Hesselmar B et al.: Pacifier Cleaning Practices and Risk of Allergy Development, in: Pediatrics 2013, Band 131, Ausgabe 6, S. e1829-e1837; doi: 10.1542/peds.2012-3345
  • Levy, O.: Innate immunity of the newborn: basic mechanisms and clinical correlates, in: Nature Reviews Immunology 2007, Band 7, Ausgabe 5, S. 379-390; doi: 10.1038/nri2075
  • Murphy, K. M. et Weaver, C.: Janeway Immunologie; Springer-Spektrum, 7. Auflage, 2014
  • Nahas, R.: Complementary and alternative medicine for prevention and treatment of the common cold, in: Canadian Family Physician 2011, Band 57, Ausgabe 1, S. 31-36; PMCID: PMC3024156
  • Notarbartolo, V. et al.: Composition of Human Breast Milk Microbiota and Its Role in Children’s Health, in: pghn – Pediatric Gastroenteology, Hepatology & Nutrition 2022, Band 25, Ausgabe 3, S. 194-210; doi: 10.5223/pghn.2022.25.3.194
  • Offenbächer, M. et al.: Infekte vermeiden, Immunsystem stärken – Gesund durch die Erkältungssaison, in: MMW – Fortschritte der Medizin, Ausgabe 1/2017
  • Podbielski, A.: Die Hygienehypothese im Licht aktueller Mikrobiomforschung, in: hautnah dermatologie 2020, Band 36, Seite 38-43; doi: 10.1007/s15012-020-4028-y
  • Pribylova, J. et al.: Colostrum of healthy mothers contains broad spectrum of secretory IgA autoantibodies, in: Journal of Clinical Immunology 2012, Band 32, Ausgabe 6, S. 1372-1380; doi: 10.1007/s10875-012-9733-9
  • Radke, M.: Was macht die Muttermilch mit dem Mikrobiom?, in: Pädiatrie 2019, Band 31, Ausgabe 53; doi: 10.1007/s15014-019-1579-7
  • Reinehr, T. et al.: Vitamin D supplementation after the second year of life: joint position of the Committee on Nutrition, German Society for Pediatric and Adolescent Medicine(DGKJ e.V.), and the German Society for Pediatric Endocrinology and Diabetology (DGKED e.V.), in: Molecular and Cellular Pediatrics 2019, Band 6, Artikel 3; doi: 10.1186/s40348-019-0090-0
  • S3-Leitlinie des Deutschen Zentrums für Lungenforschung et al.: Allergieprävention, Stand: November 2022, unter: www.register.awmf.org (Abrufdatum: 07.09.2023)
  • Simon, A. K. et al.: Evolution of the immune system in humans from infancy to old age, in: Proceedings of the Royal Society B 2015, Band 282; doi: 10.1098/rspb.2014.3085
  • Uhlemayr, U.: Wickel & Co – Bärenstarke Hausmittel für Kinder, Urs-Verlag, 15. Auflage, 2012
  • Wicinski, M. et al: Human Milk Oligosaccharides: Health Benefits, Potential Applications in Infant Formulas, and Pharmacology, in: Nutrients 2020, Band 12, Ausgabe 1, S. 266; doi: 10.3390/nu12010266
  • World Health Organisation (WHO): Breastfeeding, unter: www.who.int (Abrufdatum: 07.09.2023)
Teilen Sie Ihre Meinung mit uns
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie NetDoktor einem Freund oder Kollegen empfehlen?
Mit einem Klick beantworten
  • 0
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
0 - sehr unwahrscheinlich
10 - sehr wahrscheinlich