Vorsorgevollmacht - Daten und Fakten

Von Dr. med. Johannes Pichler
und , Medizinredakteurin und Biologin
Martina Feichter

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

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Mit einer Vorsorgevollmacht (Schweiz: Vorsorgeauftrag) können Sie lange vor dem Eintreten eines Ernstfalles festlegen, wer in Ihren Angelegenheiten handeln und entscheiden darf, wenn Sie selber dazu nicht mehr in der Lage sind. Erfahren Sie hier mehr darüber!

Vollmacht ausfüllen

Vorher entscheiden

Wenn Sie vertrauenswürdige Menschen an Ihrer Seite haben, können Sie in einer Vorsorgevollmacht (Schweiz: Vorsorgeauftrag) vorab festlegen, wer später in Ihrem Auftrag handeln darf und soll - etwa wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr für sich selbst entscheiden können. Die Voraussetzung ist natürlich, dass die betreffende Vertrauensperson auch bereit ist, die Vollmacht zu übernehmen.

Mit einer Vorsorgevollmacht verhindern Sie, dass im Notfall von den Behörden ein gesetzlicher Betreuer (Deutschland) beziehungsweise eine Erwachsenenvertretung (Österreich) für Sie verfügt wird. In der Schweiz wird für Personen, die unverheiratet sind beziehungsweise nicht in einer eingetragenen Partnerschaft leben, bei fehlendem Vorsorgeauftrag ein sogenannter Beistand ernannt.

Gültigkeit der Vollmacht

Jede Vorsorgevollmacht sollte schriftlich erteilt werden. Sie legen fest, in welchen Bereichen die Vollmacht gültig ist. Sie kann sich auf alle Lebensbereiche erstrecken (Generalvollmacht) - der Bevollmächtigte verfügt dann in allen Lebenslagen über die volle Entscheidungsgewalt. Das Gegenstück dazu wäre eine Spezialvollmacht (Einzelvollmacht), die nur bestimmte Zuständigkeiten regelt, zum Beispiel:

  • Verwaltung des Vermögens
  • Verfügung über Grundbesitz
  • Regelung aller Bankgeschäfte
  • Vertretung in Renten-, Versorgungs- und Steuerangelegenheiten
  • Gesundheitsfragen (z.B. Einwilligung in Operationen) --> Gesundheitsvollmacht (siehe unten)
  • Entscheidungen über freiheitsentziehende Massnahmen (z.B. Anbringen von Bettgittern oder Gurten nur mit Zustimmung des Gerichts)
  • Bestimmung des Aufenthalts einschliesslich einer Unterbringung im Pflegeheim
  • Einsicht in Krankenunterlagen und Kontaktaufnahme zu den behandelnden Ärzten

In der Schweiz kann man im Vorsorgeauftrag die Kompetenzen der Vertretungsperson in folgenden Bereichen regeln:

  • Personensorge (persönliche Angelegenheiten), z.B. Unterbringung, Behandlung, Pflege. Ist auch eine Patientenverfügung vorhanden, sollte im Vorsorgeauftrag vermerkt sein, dass diese gegenüber dem Vorsorgeauftrag Vorrang hat.
  • Vermögensvorsorge (finanzielle Angelegenheiten)
  • Rechtsverkehr (rechtliche Angelegenheiten)

Sonderfall Gesundheitsvollmacht

In Deutschland gibt es als mögliche Spezialvollmacht die Gesundheitsvollmacht: Wenn Sie als Vollmachtgeber nicht mehr entscheidungsfähig sind, kann der von Ihnen vorab Bevollmächtigte entscheiden, welche Untersuchungen und Behandlungen durchgeführt werden dürfen und welche nicht. Er erhält auch die Aufklärung durch die Ärzte und muss seine Einwilligung zu allen medizinischen Massnahmen geben, die Sie betreffen. Notfälle sind davon ausgenommen - hier entscheidet der Arzt nach medizinischer Notwendigkeit.

Bitte beachten Sie: Eine Gesundheitsvollmacht ist nicht identisch mit einer Patientenverfügung.

Vollmacht erstellen und hinterlegen

Für Deutschland gilt: Die Voraussetzung für das Ausstellen einer Vorsorgevollmacht ist, das Sie als der Erteilende (Vollmachtgeber) im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte ist. Sie müssen also uneingeschränkt geschäftsfähig sein. Ein ärztliches Attest oder ein Notar sollte dies dokumentieren. Viele Behörden und Banken erkennen eine Vollmacht ohnehin nur an, wenn sie notariell beglaubigt ist. Sind Grundstücksgeschäfte Teil der Vollmacht, ist eine notarielle Beurkundung sogar zwingend vorgeschrieben. Sie können die Vorsorgevollmacht aber auch bei der örtlichen Betreuungsbehörde beglaubigen lassen.

Wenn Sie nicht explizit einen Zeitpunkt festlegen, ab dem die Vollmacht wirksam werden soll, ist sie ab der Unterzeichnung gültig. Verwahren Sie das Dokument sicher an einem Ort auf, der auch allen Bevollmächtigten bekannt ist. Dies kann bei einer Bank, einem Rechtsanwalt oder Notar sein.

Alternativ können Sie die Vorsorgevollmacht gegen eine geringe Gebühr bei der Bundesnotarkammer in Berlin* hinterlegen. Dort gibt es ein zentrales Vorsorgeregister. Im Notfall kann man dort nachfragen, ob eine Vollmacht existiert und wer die Ansprechpartner sind. Denn: Eine im Akutfall nicht auffindbare Vollmacht ist nicht wirksam!

* Bundesnotarkammer (Kammer des öffentlichen Rechts), Zentrales Vorsorgeregister, E-Mail: info@vorsorgeregister.de, Internet: www.vorsorgeregister.de Telefon: 0800 - 35 50 500 (gebührenfrei)

Auch in Österreich muss jemand zum Zeitpunkt, an dem er die Vorsorgevollmacht errichtet, noch die erforderliche Entscheidungsfähigkeit (Geschäftsfähigkeit) besitzen. Die Vollmacht muss der Betreffende persönlich in Anwesenheit eines Notars oder Rechtsanwalts schriftlich erstellen. Wenn es keine bestimmten Vermögenswerte gibt oder für die Errichtung der Vollmacht keine besonderen Rechtskenntnisse erforderlich sind, kann man die Vollmacht auch vor einem Erwachsenenschutzverein errichten.

Die Vorsorgevollmacht ist in Österreich nicht schon ab der Unterzeichnung wirksam. Vielmehr braucht es dafür noch einen weiteren Schritt, und zwar in dem Moment, wenn der Vollmachtgeber für die in der Vollmacht festgelegten Angelegenheiten die Entscheidungsfähigkeit verliert (belegt durch ein ärztliches Zeugnis). Dann muss die Vollmacht im im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZV) registriert werden. Danach ist sie wirksam.

In der Schweiz kann jede handlungsfähige (volljährige und urteilsfähige) Person einen Vorsorgeauftrag errichten. Der Auftrag muss handschriftlich verfasst, datiert und unterzeichnet werden. Wer ihn nicht selber mit der Hand schreiben kann oder will, muss ihn von einem Notar öffentlich beurkunden lassen.

Den Vorsorgeauftrag (Original) bewahrt man am besten an einem einfach auffindbaren Ort auf. In einigen Kantonen kann man ihn gegen Gebühr auch bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hinterlegen. Dem Bevollmächtigten kann man eine Kopie aushändigen - mit der Info, wo das Original aufbewahrt wird.

Gültig wird der Vorsorgeauftrag, sobald er von der KESB geprüft und validiert wurde. Der Bevollmächtigte bekommt dann eine entsprechende Urkunde ausgehändigt.

Eine Vorsorgevollmacht bzw. einen Vorsorgeauftrag können Sie auch jederzeit widerrufen.

Ein Fall für einen oder mehrere

Es ist sinnvoll, wenn Sie einen etwas jüngeren Menschen mit der Vollmacht ausstatten, der auch auf Jahre hinaus höchstwahrscheinlich belastbar sein wird und ein gewisses organisatorisches Talent besitzt. Ihr Lebenspartner mag vielleicht Ihr höchstes Vertrauen geniessen, er kann aber vielleicht schon früher als Sie selbst durch eine plötzliche Krankheit entscheidungsunfähig werden.

Besprechen Sie mit den Menschen Ihres Vertrauens, wer bereit ist, im Ernstfall die Vollmacht zu übernehmen. Sie können auch mehreren Vertrauenspersonen eine Vollmacht erteilen. Ordnen Sie die Zuständigkeiten genau zu, damit es keine Unklarheiten und Kompetenzprobleme gibt. Legen Sie ausserdem fest, ob jeder Bevollmächtigte allein entscheiden und handeln darf oder ob dies nur gemeinschaftlich möglich sein soll.

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autoren:
Dr. med.  Johannes Pichler

Martina Feichter hat in Innsbruck Biologie mit Wahlfach Pharmazie studiert und sich dabei auch in die Welt der Heilpflanzen vertieft. Von dort war es nicht weit zu anderen medizinischen Themen, die sie bis heute fesseln. Sie ließ sich an der Axel Springer Akademie in Hamburg zur Journalistin ausbilden und arbeitet seit 2007 für NetDoktor (zwischenzeitlich als freie Autorin).

Quellen:
  • Bundesamt für Gesundheit, Schweizerische Eidgenossenschaft: "Ihr Recht auf Willensäußerung" (Stand: 08.07.2020), unter: www.bag.admin.ch (Abruf: 03.05.2022)
  • Bundesministerium der Justiz, Deutschland: "Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung" (Stand: 02.08.2021), unter: www.bmj.de (Abruf: 03.05.2022)
  • Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Österreich: "Vorsorgevollmacht", unter: www.oesterreich.gv.at (Abruf: 03.05.2022)
  • Bundesministerium für Justiz, Österreich: "Vorsorgevollmacht", unter: www.justiz.gv.at (Abruf: 03.05.2022)
  • Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister: "Die Vorsorgevollmacht", unter: www.vorsorgeregister.de (Abruf: 03.05.2022)
  • Humanistischer Verband Deutschlands: "Unsere Vorsorgevollmachten: Wenn Sie einmal nicht mehr selbst entscheiden können", unter: www.patientenverfuegung.de (Abruf: 03.05.2022)
  • Österreichische Notariatskammer: "Vorsorgevollmacht", unter: www.notar.at (Abruf: 03.05.2022)
  • Schweizerisches Rotes Kreuz: "Selbstbestimmt bleiben - Vorsorgeauftrag", unter: https://vorsorge.redcross.ch (Abruf: 03.05.2022)
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