Normalwerte und Referenzbereich

Von Dr. Steffen Witte
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Gemessene Laborwerte werden im Vergleich zu Normalwerten beziehungsweise Referenzbereichen beurteilt. Lesen Sie hier, was Normalwerte, Normwerte und Referenzwerte sind, wie sie festgelegt werden und in welchen Einheiten man Laborwerte angibt.

Was Normalwerte und Referenzbereich bedeuten

Um Krankheiten festzustellen oder den Verlauf zu beobachten, kann der Arzt Messwerte im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten oder in Gewebproben im Labor bestimmen lassen. Als Richtgrösse, welche Werte auffällig sein könnten, gibt das Labor Normalwerte oder Referenzbereiche an. Die Wörter "Normalwerte", "Normwerte" und "Referenzbereich" bedeuten im Grund das gleiche.

Misst man bei gesunden Menschen einen bestimmten Laborwert, ist dieser Wert bei anderen gesunden Menschen und auch bei der gleichen Person zu verschiedenen Zeitpunkten selten genau gleich. Alle Werte unterliegen einer natürlichen Schwankung und können als „normal“ gelten. Sie liegen innerhalb eines bestimmten Bereiches, dieser heisst Referenz-, Norm- oder Normalbereich. Man ermittelt diesen Bereich für einen bestimmten Laborwert, indem man den Wert bei sehr vielen gesunden Menschen misst. Der Bereich, in dem dann 95 Prozent der Werte liegen, ist der Referenzbereich. Dies bedeutet, dass 5 Prozent der gesunden Menschen einen höheren oder einen geringeren Messwert haben. Deshalb sollte man eher von Referenz- als Normal- oder Normwerten sprechen.

Der Normalbereich kann von vielen Faktoren abhängen, vor allem von Alter und Geschlecht. So gelten beispielsweise für Frauen, Männer, Kinder und Neugeborene unterschiedliche Normalwerte für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin). Ausserdem können sich die Grenzen des Normalbereiches von Labor zu Labor unterscheiden.

Wenn ein Laborwert die Grenzen des Referenzbereiches über- oder unterschreitet, sollte die Meesung (mehrfach) wiederholt werden, um eine Fehlinterpretation zu vermeiden. Bestätigt sich die Abweichung, ist in der Regel eine sorgfältige Überwachung des Wertes ratsam.

Laborwerte allein erlauben keine Diagnose

Wie oben erwähnt, können Menschen mit einem Laborwert ausserhalb des Normbereichs dennoch gesund sein. Umgekehrt kann ein Mensch mit einem Wert innerhalb des Normalbereichs durchaus krank sein. Eine Laborwert-Bestimmung allein reicht also nicht aus, um zu erkennen, ob jemand gesund oder krank ist. Es sind auch noch eine Befragung des Patienten zu seiner Krankheitsgeschichte (Anamnese), eine körperliche Untersuchung und manchmal noch andere Untersuchungsmethoden notwendig. Erst alle Befunde zusammen erlauben eine Diagnose.

Alte Einheiten und SI-Einheiten

In der Medizin galten über Jahrhunderte sehr unterschiedliche Normsysteme, die sich an verschiedenen Messsystemen orientierten. Dies sorgte häufig für Verwirrungen wegen unterschiedlicher Einheiten. Deshalb einigte man sich im Jahre 1971 auf ein international gültiges System, das Système International d’Unité (kurz SI). Die SI-Einheiten umfassen nur noch die Kenngrössen Meter (m), Kilogramm (kg), Sekunde (s) und Stoffmenge (mol).

Statt der früher häufig verwendeten Volumeneinheiten Milliliter (ml) und Deziliter (dl), sollte man demnach Liter verwenden, Stoffmengen in Femtomol pro Liter (fmol/l) bis Mol pro Liter (mol/l) und Stoffmassen in Picogramm pro Liter (pg/l) bis Gramm pro Liter (g/l). angeben.

In Deutschland wird das SI-System bislang vor allem in wissenschaftlichen Artikeln verwendet. Im Krankenhausalltag oder in der Praxis verwenden viele Fachkräfte noch die alten Einheiten. So geben Labore beispielsweise den Hämoglobinwert häufig in der "alten" Einheit g/dl an, nicht in der SI Einheit mmol/l.

Beispiele von Einheiten

Abkürzung

steht für...

entspricht...

g/dl

1 Gramm pro Deziliter

1 Gramm pro 100 Milliliter

mg/dl

1 Milligramm pro Deziliter

1 Tausendstel Gramm pro Deziliter

µg/dl

1 Mikrogramm pro Deziliter

1 Millionstel Gramm pro Deziliter

ng/dl

1 Nanogramm pro Deziliter

1 Milliardstel Gramm pro Deziliter

mval/l

1 Milligrammäquivalent pro Liter

1 Tausendstel der Stoffmenge, die einem Referenzatom (Wasserstoff) gleichgesetzt ist, pro Liter

ml

1 Milliliter

1 Tausendstel Liter

µl

1 Mikroliter

1 Millionstel Liter

nl

1 Nanoliter

1 Milliardstel Liter

pl

1 Pikoliter

1 Billionstel Liter

fl

1 Femtoliter

1 Billiardstel Liter

pg

1 Pikogramm

1 Billionstel Gramm

mmol/l

1 Millimol pro Liter

1 Tausendstel Mol pro Liter

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Quellen:
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik, Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 4. Auflage, 2009
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