Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Von , Studentin der Humanmedizin
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (Laurell-Eriksson-Syndrom) ist eine Erbkrankheit, bei der im Körper das Enzym Alpha-1-Antitrypsin fehlt. Das führt oft zu Gewebeschäden in Lunge und Leber. Im Extremfall ist ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sogar lebensbedrohlich. Lesen Sie hier, was die typischen Symptome für Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sind und wie Sie mit der Erkrankung dauerhaft leben.

Darstellung eines DNA-Stranges

Kurzbeschreibung

  • Symptome: Ein Grossteil der Symptome hängt mit der eingeschränkten Lungenfunktion zusammen, etwa Atemnot. Bei einem Teil der Patienten ist stattdessen eher die Leber betroffen. Generell geht ein AAT-Mangel oft mit Folgeerkrankungen einher, insbesondere einem Lungenemphysem.
  • Krankheitsverlauf und Prognose: Der Verlauf der Erkrankung hängt davon ab, wie früh diese erkannt wurde. Je früher eine Therapie eingeleitet wird, desto höher ist die Chance, eine weitere Schädigung des Lungengewebes zu verhindern.
  • Vorbeugen: Da es sich bei der Erkrankung um einen genetischen Defekt handelt, ist eine Vorbeugung nicht möglich. Da Rauchen den Verlauf jedoch stark negativ beeinflusst und die Wirkung einiger Therapieoptionen beeinträchtigt, wird eine Rauchentwöhnung dringend empfohlen.
  • Ursachen und Risikofaktoren: Ursache der Erkrankung ist eine Genmutation. Das entsprechende Gen wird weitervererbt, und es ist nicht ausgeschlossen, dass Kinder symptomfreier Eltern Symptome eines AAT-Mangels entwickeln.
  • Diagnostik: Der Verdacht auf einen AAT-Mangel entsteht oft bereits aufgrund der Krankheitsgeschichte und wird durch einen Bluttest bestätigt. Um die genaue Mutation festzustellen, ist anschliessend noch ein Gentest notwendig.
  • Behandlung: Die Therapie besteht aus drei Komponenten: Vorsorge, unterschiedlichen Medikamenten und nicht-medikamentösen Behandlungsoptionen. In sehr schweren Fällen kommen teilweise Infusionen mit gesundem Alpha-1-Antitrypsin zum Einsatz.

Was ist Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (auch Laurell-Eriksson-Syndrom oder AAT-Defizit) ist eine Erbkrankheit. Eine falsche genetische Information bewirkt, dass das Enzym Alpha-1-Antitrypsin (AAT) nicht richtig, vermindert oder gar nicht mehr gebildet wird.

Bei gesunden Menschen wird Alpha-1-Antitrypsin in der Leber produziert, wirkt aber im gesamten Körper als Teil der Immunantwort. Eine sehr wichtige Rolle spielt das Immunsystem in der Lunge, da dieses direkt mit der Aussenwelt in Verbindung steht. Viele Stoffe gelangen mit jedem Atemzug in die Lunge, unter anderem auch potenzielle Krankheitserreger.

Um diese abzutöten oder wieder heraus zu transportieren, besitzt die Lunge verschiedene Abwehrmechanismen. Hierzu zählen beispielsweise die Neutrophilen Granulozyten, eine Unterart der weissen Blutkörperchen. Sie zerstören Krankheitserreger, indem sie zum Beispiel ein Enzym, die sogenannte Neutrophile Elastase, freisetzen. Diese ist allerdings nicht spezifisch gegen die Krankheitserreger gerichtet und ist dazu in der Lage, auch Lungengewebe zu zerstören.

Um dies zu verhindern, produziert der Körper Alpha-1-Antitrypsin, das die Neutrophile Elastase unschädlich macht und somit das Lungengewebe schützt. Wird nicht genügend Alpha-1-Antitrypsin hergestellt, besteht die Gefahr, dass die Neutrophile Elastase das körpereigene Lungengewebe nach und nach zerstört, und es drohen Folgeerkrankungen wie etwa ein Lungenemphysem.

Durch AAT-Mangel verursachte Gewebeschäden machen sich zuerst an der Lunge bemerkbar. Später sind auch die Leber und die Haut betroffen.

Die häufigste Folgeerkrankung bei einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit Überblähung der Lunge und in der Folge der Entwicklung eines Lungenemphysems. Die Atmung der Betroffenen wird dadurch erheblich erschwert. Da immer weniger Gewebe für den Gasaustausch bzw. die Atmung zur Verfügung steht, wird ein Lungenemphysem unter Umständen lebensbedrohlich.

Charakteristisch für Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist, dass ein Lungenemphysem meist schon zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auftritt und damit viel früher als bei einer durch Rauchen verursachten COPD. Mögliche Leberschäden durch einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel machen sich in der Regel schon im Kindes- und Jugendalter bemerkbar.

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel: Häufigkeit

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist selten. Der Anteil der Erkrankten in Europa, bei denen beide Allele die krankhafte Veränderung aufweisen, wird auf 0,01 bis 0,02 Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. In der Schweiz gibt es etwa 1.600 Menschen mit schwerem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Die genaue Anzahl der Erkrankten zu ermitteln, ist sehr schwierig. Denn viele Betroffene werden nur unter den Begleiterkrankungen wie COPD oder Leberzirrhose erfasst und nicht auf den angeborenen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel getestet. Experten schätzen deshalb die eigentliche Zahl der Betroffenen weit höher ein. Man geht davon aus, dass nur bei ungefähr zehn Prozent aller Betroffenen der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wirklich diagnostiziert wird.

Welche Symptome treten auf?

Bei Erwachsenen sind die Symptome eines Lungenemphysems und einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) typisch für einen AAT-Mangel. Beide Erkrankungen werden teils lebensbedrohlich, wenn sie nicht behandelt werden. Erstes Anzeichen ist meist eine zunehmende Atemnot bei körperlicher Belastung. Später kommt es zu Atemnot in alltäglichen Situationen wie Treppensteigen oder Tütentragen. In einem fortgeschrittenen Stadium tritt die Atemnot auch ganz plötzlich und ohne Belastung auf.

Da all diese Symptome auch bei anderen chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD oder Asthma auftreten, wird die Diagnose Alpha-1-Antitrypsin-Mangel oft erst spät oder gar nicht gestellt. Behandlung und ärztliche Betreuung setzen somit oft zu spät ein, und das Fortschreiten der Erkrankung ist nicht mehr aufzuhalten.

Alpha-1-Antitrypsin wird hauptsächlich in der Leber hergestellt. Es ist jedoch nicht möglich, das fehlerhafte Alpha-1-Antitrypsin in die Blutbahn abzugeben, weshalb es sich in der Leber ansammelt. Daher zählen auch Leberentzündungen (Hepatitis) und in schweren Fällen eine Schrumpfung der Leber (Leberzirrhose) zu den möglichen Symptomen eines AAT-Mangels.

Eine Leberentzündung äussert sich durch Symptome wie Fieber, Müdigkeit und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Teilweise kommt es zusätzlich zu Gelbsucht (Ikterus). Anzeichen einer Leberzirrhose sind Leistungsminderung, Müdigkeit und eine anhaltende Konzentrationsschwäche. Eine Leberzirrhose gilt als mögliche Vorstufe von Krebs (fakultative Präkanzerose). Das bedeutet, dass sich daraus im Extremfall ein Tumor entwickelt.

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist die häufigste Ursache für eine genetisch bedingte Lebererkrankung im Kindesalter. Dass Leber- und Lungenschäden gleichzeitig auftreten, wurde bisher nur in seltenen Fällen beobachtet. Generell sind Lungenschäden weit häufiger und besser untersucht als Leberschäden.

Welche Risiken birgt ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Wesentlich für die Prognose bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist, in welchem Stadium die Erkrankung diagnostiziert wird. Bestehen zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine Folgeerkrankungen, ist die Prognose gut und Lebenserwartung und Lebensqualität werden kaum eingeschränkt.

Begleitend zu einer Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Therapie sollte in jedem Fall auf das Rauchen verzichtet werden. Der Verzicht auf Tabak erhöht die Lebenserwartung und senkt das Risiko für Folgeerkrankungen.

Betroffene müssen ihren Lebensstil der Krankheit anpassen. Dazu gehört zum Beispiel auch, Berufe mit einer hohen Feinstaubbelastung wie Schweisser oder Handwerker nicht auszuüben.

Wenn Sie am Arbeitsplatz oder zu Hause regelmässig Staub oder Dämpfen ausgesetzt sind, sollten Sie auf jeden Fall eine geeignete Atemschutzmaske tragen. Auch Smog, Ozon, Passivrauchen und Rauch aus offenen Kaminen schädigen die Lunge langfristig!

Eine ausgewogene Ernährung und ein regelmässiges Sportprogramm beeinflussen das Allgemeinbefinden in vielen Fällen positiv. Betroffene sollten ausserdem um Infektionen einen grossen Bogen machen. Kommen Sie mit einem Kranken in Kontakt oder verspüren Sie erste Anzeichen einer Grippe, sollten Sie sofort den Arzt aufsuchen, da eine schnelle Behandlung häufig das Risiko für Komplikationen senkt.

Ausserdem sollten Sie sich jedes Jahr der Grippeimpfung und der Impfung gegen Pneumokokken unterziehen. Eine konsequente Impfprophylaxe senkt nachweislich das Risiko eines neuen Krankheitsschubs (Exazerbation), der die Gesundheit der Betroffenen nachhaltig verschlechtert.

Die mittlere Lebenserwartung bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel liegt bei 60 bis 68 Jahren. Bei Rauchern beträgt sie nur 48 bis 52 Jahre. Wird der Mangel früh erkannt und durchgehend therapiert, haben Betroffene eine gute Prognose und ein nahezu beschwerdefreies Leben ist möglich.

Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es?

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist erblich. Das defekte Gen ist jedoch rezessiv. Das bedeutet, die Erkrankung tritt im Normalfall nur dann in starker Ausprägung auf, wenn kein gesundes Gen vorhanden ist. Zeigen Eltern keine Symptome eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels, ist es trotzdem nicht ausgeschlossen, dass sie Träger eines defekten Gens sind. So ist es möglich, dass auch symptomfreie Eltern, die Träger eines solchen Gens sind, die Erkrankung an ihre Kinder weitergeben, wenn diese defekte Kopien des Gens von einem oder beiden Elternteilen erhalten.

Wie wird der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel vererbt?

Jeder Mensch besitzt für jedes Merkmal zwei Erbinformationen (Allele), auf denen zum Beispiel die Information festgelegt ist, dass ein bestimmter Stoff vom Körper produziert wird. Für die Produktion des Alpha-1-Antitrypsins existiert ebenfalls ein Allel. Ist es gesund, wird es von Medizinern mit dem Buchstaben „M“ abgekürzt. Es existieren aber auch defekte Allele. Bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wird das am häufigsten an einer Erkrankung beteiligte Allel mit dem Buchstaben „Z“ benannt.

Jeder Mensch erbt jeweils von Vater und Mutter ein Allel. Bekommt er zwei gesunde Allele, also MM, so wird genug Alpha-1-Antitrypsin von der Leber gebildet, und er ist gesund. Dieser Befund wird mit „PiMM“ abgekürzt.

Bekommt er ein gesundes und ein fehlerhaftes Allel, also MZ, so liegt ein sogenannter heterogener Gendefekt vor (PiMZ). Es wird nun weniger Alpha-1-Antitrypsin produziert. Meist ist die Produktion aber nur gering vermindert, und Betroffene leiden selten unter schweren Symptomen, weshalb die Krankheit bei heterogenen Trägern selten diagnostiziert wird. Unter Umständen geben sie allerdings das defekte Gen an ihre Kinder weiter.

Die schwerste Form des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels liegt vor, wenn der Betroffene von jedem Elternteil ein defektes Allel geerbt hat, also ZZ. Man nennt das einen „homogenen Defekttyp“ (PiZZ). Zeugen diese Betroffenen selbst Kinder, tragen diese ebenfalls mindestens ein defektes Allel.

Ausserdem gibt es verschiedene Mischformen der Vererbung sowie Formen, bei denen gar kein  Alpha-1-Antitrypsin hergestellt wird. Durch diese Art der Vererbung zeigt sich Alpha-1-Antitrypsin-Mangel bei Menschen in verschiedenen Ausprägungen. Nicht jeder Mensch mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel entwickelt also notwendigerweise ein Lungenemphysem. Bei vielen Trägern des Gendefekts sind die Auswirkungen so gering, dass die Krankheit nie festgestellt wird.

Wenn Sie bereits einen Fall von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel in der Familie haben, sollten Sie sich bei Ihrem Arzt einer Untersuchung unterziehen. Ausserdem senken Sie als Träger des Gens das Risiko für mögliche Folgeerkrankungen, indem Sie grundsätzlich auf das Rauchen verzichten.

Weitere Risikofaktoren

Grösster Risikofaktor für eine Lungenerkrankung bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist das Rauchen. Tabakrauch schädigt einerseits das Lungengewebe, und er zerstört andererseits das noch im Körper vorhandene Alpha-1-Antitrypsin.

Übergewicht und Adipositas sollten vermieden werden. Übergewicht beeinträchtigt die Beweglichkeit und bewirkt, dass Lunge und Herz mehr arbeiten müssen. Das erhöht die Gefahr, in akute Atemnot zu geraten oder eine Stoffwechsel- oder Herzkreislauf-Erkrankung zu erleiden.

Auch Mangelernährung oder ein plötzlicher Gewichtsverlust stellen Risikofaktoren dar, da hier die Gefahr besteht, dass sie die Lungenfunktion und die Atemmuskulatur schwächen und so den Allgemeinzustand bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel verschlechtern. Ausserdem schwächt eine unzureichende Nährstoffzufuhr das Immunsystem und die Anfälligkeit für Infekte wird erhöht.

Wie wird ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel diagnostiziert?

Der Verdacht auf Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ergibt sich manchmal bereits aus der Krankengeschichte (Anamnese) oder wenn dem Arzt bei der körperlichen Untersuchung Veränderungen der Lunge, Leber oder Haut oder andere Symptome der Begleiterkrankungen des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels auffallen.

COPD-Patienten müssen untersucht werden

Ausserdem sollten alle Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD mindestens einmal im Leben auf einen AAT-Mangel hin untersucht werden. Die Erbkrankheit wird nämlich etwa bei der Diagnose einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphysems sehr oft nicht als mögliche Ursache in Betracht gezogen. Dabei hängen Krankheitsverlauf und Prognose stark von einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung ab.

Bei bekannten Fällen von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel in der Familie und bei manchen Asthmatikern ist ebenfalls oft eine Vorsorge-Untersuchung sinnvoll.

Bluttest und Gentest

Um einen möglichen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel festzustellen, wird zunächst eine Blutuntersuchung des Betroffenen veranlasst. Für den Schnelltest reicht ein Blutstropfen, der, ähnlich wie bei einer Blutzuckermessung, auf einen speziellen Mess-Streifen aufgetragen wird. Ist der Test positiv, wird der genaue Defekt mithilfe eines Gentests bestimmt.

Wenn ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel nachgewiesen worden ist, empfiehlt es sich, dass sich alle Angehörigen der gleichen Generation (Brüder und Schwestern) und der nachfolgenden Generationen (Kinder und Enkel) im Rahmen eines Familien-Screenings einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Test unterziehen. So lassen sich im Fall eines AAT-Mangels frühzeitig Massnahmen ergreifen, um Folgeerkrankungen zu vermeiden. 

Wie behandelt man Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Die Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Behandlung ist ein Leben lang nötig. Wenn die Erkrankung mit schweren Lungenerkrankungen einhergeht, erfolgen regelmässige Kontrolltermine bei einem Lungenfacharzt (Pneumologe). Wichtig sind bei der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Therapie drei Bestandteile: die Vorsorge (Prävention), die medikamentöse Therapie und die nicht-medikamentösen Therapien.

Vorsorge

  • Hören Sie in jedem Fall mit dem Rauchen auf! Passivrauchen hat die gleichen negativen Effekte wie das aktive Rauchen. Der Tabakkonsum beeinträchtigt manchmal auch eine bereits begonnene medikamentöse Behandlung in ihrer Wirkung.
  • Vermeiden Sie bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel so weit wie möglich Schadstoff- und Feinstaubbelastung am Arbeitsplatz und zu Hause.
  • Vermeiden Sie den Kontakt zu Personen, die an Virus- oder Bakterieninfekten leiden. Lassen Sie sich regelmässig gegen Grippe und Pneumokokken impfen. Wenn Sie an einem Infekt erkranken, sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen, um unverzüglich mit der Behandlung zu beginnen.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen. Achten Sie besonders bei einer durch Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ausgelösten Lungenerkrankung auf eine ausreichende Vitaminzufuhr. Vor allem die Vitamine A, C, D und E sollten Sie mit der Nahrung reichlich zu sich nehmen. Lassen Sie Ihren Vitaminstatus regelmässig mit einer Blutuntersuchung kontrollieren. Falls Sie nicht genug Vitamine mit der Nahrung zuführen, besteht die Option, dass Ihnen Ihr Arzt Nahrungsergänzungspräparate verschreibt.
  • Auch eine Einschränkung des Alkoholkonsums ist im Zusammenhang mit Leberproblemen empfehlenswert.

Medikamentöse Therapien

Zur medikamentösen Therapie werden verschiedene Arzneimittel eingesetzt. Die beiden häufigsten Klassen sind Bronchodilatatoren und Kortikosteroide. Kortikosteroide, oft schlicht Kortison genannt, wirken entzündungshemmend. Sie werden entweder über Inhalatoren verabreicht, um lokal zu wirken, oder in Tablettenform, um eine körperweite (systemische) Entzündungshemmung zu erreichen. Systemisch wird Kortison vor allem verwendet, wenn sich der Allgemeinzustand verschlechtert.

Zu Beginn einer Kortison-Therapie ist ein Krankenhausaufenthalt von einigen Tagen nötig. Bronchien-erweiternde Substanzen wie Beta-2-Sympathomimetika oder Anticholinergika werden als Spray bei Atemnot eingesetzt.

Nicht-medikamentöse Therapien

Auch nicht-medikamentöse Ansätze stellen einen wesentlichen Bestandteil der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-Behandlung dar. Betroffene neigen zum Beispiel häufig dazu, auf Sport vollkommen zu verzichten, da sie fürchten, dass dieser Atemnot auslöst. Durch den Verzicht auf Sport nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit aber langfristig ab. Ausserdem werden dadurch Probleme wie Osteoporose (durch fehlende Belastungsreize auf die Knochen) und eine reduzierte Belastbarkeit des Herz-Kreislauf-Systems begünstigt. Ein guter Anfang ist es, zweimal pro Woche für 30 Minuten spazieren zu gehen, zu schwimmen oder Rad zu fahren.

Auch eine Physiotherapie hilft, dem körperlichen Leistungsverlust entgegenzuwirken. Im Einzel- oder Gruppentraining wird dort regelmässig ein- bis zweimal pro Woche ein leichtes Fitnessprogramm unter fachlicher Anleitung durchgeführt. Dazu gehören Muskelaufbau und Krafttraining. Ausserdem werden die Kondition und die Koordination verbessert. Dadurch werden Betroffene allgemein belastungsfähiger und die Lebensqualität steigt. Auch das Immunsystem wird durch mässig dosierte sportliche Aktivität gestärkt und schützt die Betroffenen besser vor Infekten.

Bei einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung ist es möglich, dass der Hausarzt eine Physiotherapie verordnet. Die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse getragen.

Verschlechtert sich die Krankheit und kommt es selbst in Ruhe zu Atemnot, wird unter Umständen eine Sauerstofftherapie verordnet. In besonders schweren Fällen benötigen Patienten manchmal eine Spenderlunge, um durch die Transplantation ihr Leben zu retten.

Substitutionstherapie

Je nach Schwere des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels ist es notwendig, das fehlende Protein künstlich zuzuführen. Diese sogenannte Substitutionstherapie wird eingesetzt, wenn Patienten mit Alpa-1-Antitrypsin-Mangel unter Folgeerkrankungen der Lunge leiden. Dabei erhalten Betroffene wöchentlich Infusionen mit AAT, um so den Spiegel im Blut auf ein normales Mass anzuheben. Dadurch erhofft man sich, eine weitere Zerstörung der Lunge aufzuhalten oder zu verlangsamen.

In welchen Fällen eine Substitutionstherapie sinnvoll ist, entscheidet der Arzt nach offiziellen Richtlinien. Das verwendete AAT wird aus Spenderblut gewonnen. Die Herstellung ist langwierig und aufwendig; eine Substitutionstherapie ist daher recht teuer.

Rehabilitation

In manchen Fällen ist eine Rehabilitationsmassnahme sinnvoll. Darunter versteht man ein Therapiekonzept, das es den Betroffenen erleichtern soll, trotz Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ein normales Leben zu führen. Eine Reha wird zum Beispiel bei einer Raucherentwöhnung empfohlen, nach einer Behandlung im Krankenhaus wegen einer schweren Atemwegserkrankung oder bei anhaltenden Krankheitszeichen, die trotz ambulanter Behandlung nicht besser werden.

Auch wenn die Erwerbsfähigkeit bedroht ist oder wenn seelische Folgen wie Depression und Angst Betroffene im Alltag stark einschränken, ordnet der Arzt unter Umständen eine Rehabilitation an. Die Massnahmen der Rehabilitation sollten im Anschluss an den Klinikaufenthalt ambulant weitergeführt werden. Für Betroffene bietet es sich ausserdem an, Selbsthilfegruppen und sogenannte Alpha-1-Centern aufzusuchen, um Rat und Hilfe zu finden.

Autoren- & Quelleninformationen

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Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Autor:
Sophie Matzik

Sophie Matzik ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

ICD-Codes:
E88
ICD-Codes sind international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungen.
Quellen:
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